Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 1–2|
10. Januar 2011 A 5RANDNOTIZ
Eva Richter-Kuhlmann
Einfühlsam und zuverlässig sollte ein Au-pair sein, wenn es die Kinder der Gastfamilie betreut. Und natürlich frei von Tuberkulose. Das ist selbst- verständlich. So selbstverständlich, dass dieses Kriterium gar nicht so selten von Familien sowie Ärztinnen und Ärzten unbeachtet bleibt.
Doch dreiviertel aller Au-pairs in Deutschland stammen aus Ländern mit einer hohen Tuberkulose-Präva- lenz und -inzidenz und können die
Erkrankung (trotz Gesundheitszeug- nis) in die Familien bringen. Ein Tu- berkulose-Screening ist im Gegen- satz zu Asylbewerbern und Spätaus- siedlern nicht vorgeschrieben.
„Durch eine Befragung der Ge- sundheitsämter konnten wir in den letzten Jahren Daten zu Au-pairs mit Tuberkulose zusammentragen“, be- richtet Dr. med. Hilte Geerdes-Fenge dem Deutschen Ärzteblatt. Die iden- tifizierten 22 jungen Frauen kamen aus Kenia, Georgien, der Mongolei, Indonesien, Nepal, Russland, Rumä- nien und Peru. „17 Au-pairs hatten einen positiven Sputumausstrich mit Nachweis von Mycobacterium tuber- culosis“, erklärt die bis März 2010 am Gesundheitsamt München-Land tätige Ärztin. Da eine Tuberkulose teilweise differenzialdiagnostisch nicht oder erst spät in Betracht ge- zogen wurde, seien je nach Dauer der unbehandelten Erkrankung viele Menschen angesteckt worden. Zwei Frauen hätten jeweils zehn bezie- hungsweise elf Personen infiziert.
„Insgesamt infizierten die 17 Au- pairs 46 Personen, darunter 21 Kin- der“, berichtet Geerdes-Fenge. Ihr Rat zur Infektionsprävention: Bei län- ger als drei Wochen anhaltendem Husten sollten die Lungen von Men- schen aus Ländern mit hoher Tuber- kulose-Prävalenz geröntgt werden.
Auch Screening-Untersuchungen seien ratsam.
Mit der Hilfe kam die Tbc
Der Patientenbeauftragte der Bun- desregierung, Wolfgang Zöller (CSU), schlägt einen Fonds für Op- fer von Behandlungsfehlern vor.
„Er sichert eine schnelle Hilfe für die Betroffenen und könnte auch dazu beitragen, jahrelange Gerichts - prozesse mit unsicherem Ausgang zu vermeiden“, sagte er. Die Bun - desärzte kammer (BÄK) wies die Idee zurück. Das bisherige Verfah- ren habe sich bewährt, sagte BÄK- Vizepräsident Dr. med. Frank Ul- rich Montgomery.
Zöller kündigte für Anfang 2011 Eckpunkte für ein Patientenrechte- gesetz an. Er werde dann auch ei- nen Entschädigungsfonds anregen, wie es ihn in Österreich bereits gibt.
Finanziert wird der Fonds dort von Ärzten, Patienten und Haftpflicht- versicherern. „Stellt eine Gutach- terkommission fest, dass es einen Behandlungsfehler gab, könnte der BEHANDLUNGSFEHLER
Patientenbeauftragter will Entschädigungsfonds
Fonds sofort eine Entschädigung zahlen“, erläuterte Zöller. Die Ver- sicherungswirtschaft zeigte sich mit Blick auf den Vorschlag grundsätz- lich gesprächsbereit.
Bisher landen nach Angaben der BÄK jährlich etwa 10 000 Fälle möglicher Ärztefehler vor soge- nannten Schlichtungsstellen. Aus Sicht Zöllers haben diese aber ein Akzeptanzproblem, weil Patienten dort Mauscheleien zugunsten der Mediziner vermuteten. Der Patien- tenbeauftragte regte deshalb an, auch Patientenvertreter in den Schiedsstellen mitentscheiden zu lassen. Montgomery wies dies zu- rück: „Die Schlichtungsstellen ha- ben kein Akzeptanzproblem.“ Ihre Entscheidungen würden in 90 Pro- zent der Fälle von beiden Seiten ak- zeptiert. So sei eine schnelle Ent- schädigung möglich. Den Fonds brauche man nicht. dapd
Die Deutsche Hauptstelle für Sucht- fragen, die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchtthera- pie und der Fachverband Glücks-
spielsucht (fags) sehen sich durch ein Urteil des Europäischen Ge- richtshofs (EuGH) in ihrer Forde- rung nach einer strikten Regulie- rung des Glücksspielmarktes be - stätigt. „Wer den Glücksspielmarkt liberalisiert, fördert die Spielsucht“, betonte Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des fags.
GLÜCKSSPIEL
Suchtverbände fordern strikte Regulierung
Der EuGH hatte im September das deutsche Glücksspielmonopol kritisiert: Ein staatliches Monopol könne nur dann Bestand haben, wenn es konsequent an der Sucht- prävention ausgerichtet sei. Intensi- ve Werbekampagnen für staatliche Glücksspiele ständen der Glaub- würdigkeit entgegen.
Glücksspiele sind in Deutsch- land verboten, bis auf die staatli- chen Angebote Lotto, Toto, Spiel- banken und bestimmte Sportwetten.
Geregelt werden diese Spiele im 2008 geschlossenen Glücksspiel- staatsvertrag (GlüStV) der Länder, der nur noch bis Ende 2011 gilt und nun novelliert werden muss.
Als gefährlich stufen die Verbän- de auch gewerbliche Geldspielauto- maten ein, die in Spielhallen oder Gaststätten stehen. Sie unterliegen bisher nicht dem staatlichen Mono- pol, sind aber weit verbreitet und durch eine schnelle Taktung ge- kennzeichnet (Gewinn oder Verlust sind sofort erkennbar). pb Weit verbrei-
tet und ge- fährlich: Spiel- automaten können süchtig machen.
Foto: dpa