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Schnelle Hilfe für den Weg aus der Krise

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Bayerisches Ärzteblatt 11/2004 671

KVB informiert

Hilfe vor Ort bei seelischen Krisen – das ver- spricht ein neuer Service in der Landeshaupt- stadt München. Seit Juli können Patienten unter der Nummer 089 7295960 die Unterstützung des mobilen psychiatrischen Krisendienstes München anfordern. Die Träger und Beteiligten des Dienstes zogen Anfang Oktober auf einer Pressekonferenz eine erste Zwischenbilanz.

Eine „großartige Geschichte“ sei dieser neue Dienst, wie Bezirkstagspräsident Franz Jung- wirth eingangs erklärte. Schließlich sei es hier gelungen, die verschiedenen Kräfte, die bis- lang in diesem Bereich tätig sind, zu bündeln und eine Versorgungslücke zu schließen, denn, so Jungwirth: „Ein Mensch, bei dem akut eine Krise ausgebrochen ist, kann häufig nicht mehr aus eigener Kraft eine Praxis auf- suchen.“ Deshalb betreibt der Bezirk Ober- bayern mit der Landeshauptstadt München sowie weiteren Projektpartnern nun den mo- bilen Krisendienst, der an sieben Tagen pro Woche jeweils zwischen 13 und 21 Uhr er- reichbar ist. Ein 24-Stunden-Dienst ist mo- mentan noch nicht finanzierbar, der gewählte Zeitraum fällt Studien zufolge jedoch auf die besonders brisanten Phasen am späten Nach- mittag und am frühen Abend, wenn Krisen gehäuft auftreten. Mit rund 35 bis 40 Krisen- fällen pro Tag müsse man in einer Stadt wie München täglich mindestens rechnen, so der Gesundheitsreferent der Landeshauptstadt, Joachim Lorenz. Bereits in den späten Acht- zigerjahren habe man deshalb Initiativen ge- startet, um die Menschen in kritischen Situa- tionen besser aufzufangen. Dies sei in einer Großstadt aufgrund der steigenden Anony- mität ungleich schwerer als auf dem Lande, wo man sich oft noch auf funktionierende nachbarschaftliche Verbindungen verlassen könne. Lorenz setzt darauf, dass sich der neue Krisendienst auch über die einjährige Probe- phase hinaus etabliert: „Ich hoffe, dass wir al- le länger durchhalten und dass wir diesen Service in der ganzen Stadt längerfristig an- bieten können.“

Dass dies durchaus notwendig ist, zeigten die Erfahrungen aus den ersten drei Monaten des Projektbetriebs. Dr. Michael Welschehold, Oberarzt der Ambulanz des Krisenzentrums Atriumhaus und Vorsitzender des Sprecher- rates des mobilen Krisendienstes, schilderte anhand einiger Beispiele, was sich hinter dem Begriff „seelische Krise“ in der Realität ei- gentlich verbirgt und wie in diesen Fällen ge- holfen werden kann:

• Ein Mann rief beim Krisendienst an, um für seinen Bruder Hilfe anzufordern. Die- ser konnte die Trennung von seiner Ehe- frau nicht verkraften, war völlig verzwei- felt und drohte mit Suizid. Das mobile Krisenteam traf den Mann in seiner Woh- nung alkoholisiert an. Es gelang rasch, ei- nen Zugang zu ihm zu finden und ihn zu einem stationären Aufenthalt zu bewegen.

Nach fünf Tagen konnte er – in „gut ge- ordneten Verhältnissen“, so Welschehold – wieder nach Hause.

• Eine Frau meldete sich per Telefon und berichtete über einen Einbruch in ihre Wohnung. Vor Ort stellte der Krisendienst fest, dass es keine Spuren eines Einbruchs gab und die Frau offensichtlich seit länge- rem unter psychischen Problemen leidet.

Die verordneten Medikamente hatte sie jedoch nicht genommen. Das Krisenteam überzeugte sie, dass sie einen Arzt aufsu- chen sollte, und half bei der raschen Ter- minvereinbarung.

• Der Nachbar einer allein erziehenden Frau mit zwei kleinen Kindern rief besorgt an.

Die Frau verhalte sich neuerdings auffäl- lig, beschimpfe die Nachbarn und fühle sich offensichtlich bedroht. Das Krisen- team stellte fest, dass die Frau unter aku- ten Wahnvorstellungen litt. Innerhalb kür- zester Zeit gelang es, sie von einer Be- handlung zu überzeugen und zugleich ein engmaschiges Netz der Nachbetreuung zu knüpfen.

Diese drei Beispiele zeigen laut Welschehold den typischen Ablauf bei der Bewältigung der Krisen. Meist komme der erste Kontakt durch den Anruf eines Bekannten oder Nach- barn zustande, anschließend werde entschie-

den, ob eine telefonische Beratung ausrei- chend oder ein Besuch vor Ort notwendig ist.

Die geschulten Krisenteams könnten sich dann um die Erstversorgung kümmern, den Arzt oder Psychotherapeuten jedoch nicht er- setzen. „Früher wurde es als Konkurrenz ge- sehen, wenn in solchen Fällen nicht-ärztli- ches Personal zu den Patienten ausrückt.

Heute ist das nicht mehr so, das gegenseitige Verständnis ist gewachsen“, so die Feststel- lung von Dr. Axel Munte, dem Vorstandsvor- sitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, die ebenfalls an dem Projekt aktiv beteiligt ist. Er habe sich von Beginn an für eine Kooperation eingesetzt, denn: „Mich hat die Tatsache überzeugt, dass hier vorhandene Strukturen zielführend miteinander verbun- den werden.“ Schließlich führe das zu einem sinnvollen Umgang mit den Ressourcen, die im Gesundheitswesen bekanntlich knapp sind.

Martin Eulitz (KVB)

Schnelle Hilfe für den Weg aus der Krise

Dr. Michael Welschehold: „Es gibt in München ein dichtes Netz bei allen Formen somatischer Er- krankungen, bei psychischen Erkrankungen hin- gegen einige Lücken.“

Sie stellten sich den Fragen der Journalisten: Dr. Axel Munte, Joachim Lorenz, Franz Jungwirth und Susanne Büllesbach, die Moderatorin der Veranstal- tung (v. li.).

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