KZ-HÄFTLINGE
Zur Leserzuschrift von Ernst- Günther Schenck, in Heft 45/1986, Seite 3074 ff., die sich auf die Be- sprechung des von Fridolf Kudlien herausgegebenen Buches „Ärzte im Nationalsozialismus" in Heft 17/1986, Seite 1187, bezog:
Beweis
Der Artikel . . . veranlaßt mich, folgende Äußerung ab- zugeben, was den Abschnitt auf Seite 3076 betrifft:
„Wenn der Kreis um Kudlien u. a. den Eindruck zu erwek- ken versucht, das gesamte Dichten und Trachten der deutschen Ärzte sei damals auf Vernichten, Quälen und Ausbeuten abgestellt gewe- sen . . ."
Dieser Vorwurf muß ent- schieden zurückgewiesen werden. Als Beweis dafür kann der nachfolgende Brief dienen:
Sehr geehrter Herr Dok- tor!
„Im Februar und März dieses Jahres haben Sie mich ärztlich betreut, da ich als jü- discher Mischling im Zwangs- lager gesessen habe. Wir wa- ren einer Firma in Vienen- burg für Tiefbauarbeiten zu- geteilt.
Unbeachtet des Zeugnis- ses von Dr. X, vom 6. De- zember 1944, über meinen Gesundheitszustand, war ich von der Gestapo in Braun- schweig gezwungen worden, weiter die gleiche Arbeit zu machen. Als Sie dann im Fe- bruar 1945 mich untersuch- ten, sagten Sie mir, daß Ih- rerseits die notwendigen Schritte unternommen wer- den, um mich zu befreien, weil auch nach Ihrer Auffas- sung mein Gesundheitszu- stand es unbedingt verlangte.
Und tatsächlich, trotz negati- ver Stellungnahme der Ge- stapo haben Sie meine Ent- lassung durchgesetzt.
Sie haben Ihr Wort gehal- ten. Für Ihren diesbezüg- lichen Einsatz Ihre Energie und Schritte bei der Gestapo in Frage meiner Befreiung spreche ich Ihnen meinen be- sten Dank aus. Sie haben mir sehr viel geholfen."
Auch bin ich fest über- zeugt, daß viele andere Kol- legen während der damaligen schweren Zeit sogar unter großer eigener Gefahr Pa- tienten geholfen haben, die von der nationalsozialisti- schen Herrschaft bedroht und verfolgt wurden, und zwar in größerem Umfang als allgemein bekannt ist oder angenommen wird. — Im üb- rigen kann ich aus eigener Erfahrung berichten, daß ärztliche Zeugnisse von den damals „Regierenden" unter grober Mißachtung einfach ignoriert und somit unter- schlagen wurden .. .
Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß es sich bei dem Patienten um eine Lungentuberkulose gehan- delt hat, und daß sein Brief unaufgefordert bei mir einge- gangen ist. Seine Heimatan- schrift war mir überhaupt nicht bekannt.
Reg. -Med.-Direktor a. D . , Dr. Otto Müller, Berliner Straße 8, 7120 Bietigheim- B issingen
AUGUST BIER
Zu dem Artikel von cand.
med. Claus Levacher: „August Biers Ideen gewinnen in zeitgemä- ßen Konzepten wieder an Kraft", in Heft 47/1986, Seite 3305:
Andenken gepflegt
Der Beitrag über August Bier, Inhaber des seinerzeit berühmtesten chirurgischen Lehrstuhls in Deutschland, ist sehr verdienstvoll, da die- ser bedeutende Arzt und For- scher in der jungen Ärztege- neration nahezu unbekannt ist.
Es hätte jedoch auch noch erwähnt werden können, daß Bier eine der aktivsten Kräf- te im 1912 gegründeten Sportärztebund darstellte und sich 1920 als erster Rek- tor der ersten Sporthochschu- le der Welt — in Berlin — zur Verfügung stellte. Dieses Rektoramt hielt er bis 1932 bei. Dadurch ist Bier den heutigen Sportstudenten be- kannter als den Medizinstu- denten, zumal die Deutsche
HERZKRANKHEITEN
Zu dem Artikel von Prof. Dr.
med. Gerd Assmann: „Die Prä- vention der koronaren Herzkrank- heit", Heft 9/1987:
Ein Tip
Ich habe da noch einen Tip. Ich träume den Tag, wo sämtliche namhaften Kardio- logen und Herzchirurgen der Bundesrepublik Deutschland einen gemeinsamen Brief an Gesundheitsministerin Prof.
Süssmuth richten, etwa des Inhalts, man wäre die Sisy- phus-Arbeit leid, wenn nicht in einem schnellstmöglichen Zeitraum die Tabak-Rekla- me radikal verboten werde, sähe man sich leider dazu ge- zwungen, eine einwöchige Pause für alle elektiven kar- diologischen Eingriffe einzu- legen, weil auf vernünftige Argumente anscheinend nie- mand hören mag. Daß einer- seits mit modernsten Mitteln Arterioskleroseschäden the- rapiert werden, andererseits mit höchsten Künsten der
Sporthochschule Köln für den jeweils besten Studenten eines Semesters eine „Au- gust-Bier-Plakette" vergibt.
So wird an der Deutschen Sporthochschule Köln das Andenken von August Bier gepflegt.
Prof. Dr. med. Dr. h. c.
Wildor Hollmann, Präsident des Deutschen und des Welt- Sportärztebundes, Deutsche Sporthochschule Köln, Carl- Diem-Weg, 5000 Köln 41
Werbepsychologie der Niko- tinverbrauch hochgehalten wird — dies gleiche einem Nullsummenspiel, wo mit enormem Trara NICHTS produziert wird letztendlich.
Dr. med. Eberhard Gül- lich, Allgemeinarzt, Ammer- landstraße 1, 8000 München 71
ABTREIBUNG
Zum Leserbrief von Dr. Eber- hard Schaetzing („Müssen Chri- sten so sein?"), insbesondere zum
„Tagebuch der kleinen Eva Frank", Heft 1/2 1987:
Grausames Tagebuch . . .
Mit Ihrem in den 50er Jahren erschienenen Buch„Die verstandene Frau" ha- ben Sie, Kollege Schaetzing, der Forderung von I. H.
Schultz zur „Psychologisie- rung des „Arztens" Nach- druck verliehen, und viele Ärzte und noch mehr Patien- tinnen sind Ihnen dafür dank- bar . . .
Und nun sollen die Ärzte Ihr (ich finde grausames) Ta- gebuch der Eva Frank in ihr Wartezimmer hängen, für je- den zugänglich, d. h. nicht nur für die von Ihnen verur- teilten „Abtreibungsappel- lantinnen". Schon vor der Neufassung des Paragraphen 218 war die Schwangerschafts- unterbrechung (das ist keine Abtreibung, und der Gesetz- geber verwendet diesen Aus- druck auch nicht mehr) indi- ziert, wenn Leib und Leben der Mutter gefährdet war.
Und nun wird diesen „Men- schen in Not" im Wartezim- mer des Arztes, von dem sie Hilfe erwarten, „Rabenmut- ter" und „Mörderin" entge- gengeschleudert.
Müssen da nicht Schuld- gefühle geweckt und vorhan- dene gesteigert werden? Sol- len zu den ekldesiogenen nun auch noch die gynagogenen Neurosen kommen? Ich wür- de keinem Kollegen empfeh- len, Ihr „Tagebuch der Eva Frank" . . . in sein Warte- zimmer zu hängen .. .
Dr. med. Fritz Pensel, Ketschendorfer Straße 76, 8630 Coburg
A-1106 (10) Dt. Ärztebl. 84, Heft 17, 23. April 1987