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Archiv "In dieser Praxis werden Sie geholfen" (30.07.1999)

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A

ktientips sind schwer in Mode, und täglich steigt die Zahl der Auguren, ob berufen oder bloß größen- wahnsinnig, munter weiter.

Die Wirtschaftspresse erwei- tert ihre Anleger-Spalten, weil alles, was mit Börse zu tun hat, derzeit von den Leu- ten gierig aufgesogen wird.

Aber taugen die Aktien- tips der Experten auch wirk- lich was? Es ist wohl wahr, daß sich Heerscharen von Analysten in der Kunst der Vorhersage versuchen, dies mit durchaus wechselndem Erfolg, wie etliche Betroffene zu vermelden wissen.

Der interessanten Fra- gestellung nach der Progno- següte hat sich vor kurzem auch die Wissenschaft ange- nommen. Professor Hans-Pe- ter Möller, Betriebswirt- schaftler der RWTH Aachen, nahm mit seinem Team in einer Querschnittsuntersu- chung 1 300 Gewinnprogno-

sen verschiedener Analysten unter die Lupe. Die Meß- größe „Gewinn je Aktie“

nahmen die Wissenschaftler aus dem schlichten Grund, weil eben auf eine Verände- rung dieser Zahl der Aktien- kurs mit einer hohen Korrela- tion reagiert. Normalerweise.

Zentrales Ergebnis der Arbeit: Finanzanalysten sind bei ihren Gewinnprognosen in aller Regel viel zu optimi- stisch. Das typische Beispiel eines Aktienexperten für Volkswagen verdeutlicht sehr schön, wie schief teilweise ge- schätzt wurde.

Der Analyst meinte im Juli 1991, VW werde wohl 48 Mark

je Aktie verdienen. Ein halbes Jahr korrigierte er die Progno- se auf 29 Mark und hievte die Schätzung nach wiederum sechs Monaten auf 38 Mark.

Mit der Realität hatte dies aber alles herzlich wenig zu tun, denn VW erwirtschaftete in der Tat nur vier Mark je Aktie.

Schlechterdings darf man nicht davon ausgehen, daß Aktienanalysten etwa dumm wären oder nichts vom Ge- schäft verständen. Aber es kann durchaus sein, daß bei unserem Universalbank- system der Druck auf einen Börsenexperten, seine Studie schönzuschreiben, schon exi- stent ist.

Und es gibt auch die per- sönliche Angst, ein Unterneh- men nicht zu schlecht daste- hen zu lassen. Der Vorstand könnte einen ja beim nächsten Unternehmensbesuch „hän- gen“ lassen, also nicht mehr mit guten Informationen ver- sorgen. Wie auch immer, der Anleger sollte wissen, daß im illustren Kreis der Analysten auch nur mit Wasser gekocht wird. Börsebius

[88] Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 30, 30. Juli 1999

S C H L U S S P U N K T

Post Scriptum

F

reitag nachmittag, der letzte Patient für heute.

Es ist Herr Müller, den ich aufgrund eines das letzte Mal diagnostizierten Hyper- tonus auf eine Monothe- rapie eingestellt hatte, um seiner gesundheitlichen Zu- kunft ein Zuhause zu geben.

Ich erkundige mich nach der Verträglichkeit der neuen Medikation. „Finden Sie ein Mittel, das weniger Neben- wirkungen hat als dieses“, bittet mich Herr Müller.

Wir unterhalten uns über therapieunterstützende Maßnahmen. Weil er es sich wert ist, wolle er nun nicht immer, aber immer öfter die Kalorienzahl seines Früh- stückchens morgens um halb zehn in Deutschland redu- zieren. Auch wenn körper- liche Inaktivität die zarteste Versuchung für ihn darstelle, entdecke er nun die Möglich- keiten und wird mit Fitneß- übungen den Weg freima- chen, wenn der kleine Hun- ger kommt. „Der tut was“,

bild ich mir meine Meinung.

Um Fakten, Fakten, Fakten zu gewinnen, schließe ich noch eine klinische Untersu- chung an. Der Patient ist et- was adipös, ein

ganzer Kerl dank der vie- len wertvol- len kleinen Steaks, die er zu sich ge- nommen hat.

Nach Mes- sen des Blut- drucks teile ich ihm das Er-

gebnis von 165/95 mit:

„Mann ist der hoch, Mann.“

Ich und mein Stethoskop führen eine Auskultation durch, wobei einmal ein un- definierbares Herzgeräusch auftritt. „Komm, mach noch mal blupp“, denke ich mir, es

wiederholt sich jedoch nicht.

„Gut, besser, EKG“, be- schließe ich daraufhin und werte es auch gleich aus: Für die einen ist es wahrschein-

lich die längste P-Welle der Welt, für die anderen ist es ein unauffälliger Befund.

Zum Vor-EKG zeigt sich kei- ne Änderung, aber dennoch gut, daß wir verglichen ha- ben. Das Belastungs-EKG, wozu Herr Müller auf das

Fahrrad steigt und dessen Resultat ebenfalls in der Regel liegt, weckt den Tiger in mir, nichts bringt ihn ins Schwitzen. Er verlangt nun noch ein Röntgenbild, eine Herzszintigraphie und eine Herzkatheteruntersu- chung, man gönnt sich ja sonst nichts. „Aber das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal, das geht nun wirklich nicht“, muß ich ihn ent- täuschen und auf die Lang- zeitblutdruckmessung ver- trösten, deren Ergebnis uns sicher ebenfalls Horizonte öffnen wird.

Ich stelle erst einmal ein Rezept für ein neues Medi- kament aus, ein Kombina- tionspräparat mit der Extra- portion Diuretikum, die Freiheit nehm’ ich mir, und rate ihm: „Nimm zwei, da weiß man, was man hat.“

Als Herr Müller gegan- gen ist, kann es nun endlich auch für mich hinein ins Weekendfeeling gehen.

Brigitte Poleck

In dieser Praxis

werden Sie geholfen

Börsebius zu Expertentips

Stochern

im Heuhaufen

Leserservice: Börsebius- Telefonberatung –Wie an je- dem 1. Samstag im Monat können Sie auch am 7. Au- gust in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Reinhold Rombach) anrufen. Wenn Sie also rund ums Geld der Schuh drückt, wählen Sie bitte die 02 21/35 15 87. Die Telefonberatung ist kosten- los und ein Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.

Zeichnung: Reinhold Löffler

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