MEDIZIN
hängigkeit oder Einfluß der Rauch- gewohnheit festgestellt. Lediglich Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder scheinen niedere Se- lenspiegel als ältere Kinder und Er- wachsene zu haben (31).
Die ebenfalls bestimmten Glutathionperoxidaseaktivitäten zeigten für die beiden verwendeten Substrate nur geringe Unterschiede (Tabelle, Abbildung 2); daraus ist zu schließen, daß die Gesamt-Gluta- thionperoxidaseaktivität (Cumolhy- droperoxid) etwa zu 90 Prozent durch die selenabhängige Gluta- thionperoxidaseaktivität (H 2 02) re- präsentiert wird. Hierbei ergaben sich hinsichtlich Alter, Geschlecht und Rauchgewohnheit keine signifi- kanten Unterschiede zwischen den Versuchspersonen (Tabelle). Aus der in Abbildung 3 dargestellten Korrelationsanalyse ergibt sich kei- ne Abhängigkeit zwischen den Se- len-Plasmakonzentrationen und der selenabhängigen Glutathionperoxi- daseaktivität.
Dies zeigt, daß im Bereich ei- ner Normalversorgung mit Selen (Plasmakonzentration > 344/1) ausreichend Selen für die Synthese einer normalen Glutathionperoxi- daseaktivität zur Verfügung steht;
erst unterhalb dieses Wertes kann eine Abhängigkeit der selenabhän- gigen Peroxidaseaktivität von dem Selenstatus erwartet werden. Die Untersuchungen bestätigen die Voruntersuchungen anderer Auto- ren (12, 26), daß wir in Deutschland aufgrund unserer Ernährung in ei- nem selennormalversorgten Gebiet leben, womit eine Selensupplemen- tierung durch selenangereicherte Düngemittel, Nahrungsmittel oder frei verkäufliche Arzneimittel als nicht gerechtfertigt erscheint. Sie belegen weiterhin, daß Selengehal- te im Plasma oberhalb von 30 ii,g/1 keinen Einfluß mehr auf die Gluta- thionperoxidaseaktivität besitzen, so daß zumindest dieses wichtige se- lenabhängige Enzymsystem eine Selensupplementierung oberhalb dieses Bereiches nicht erfordert.
In zwei Studien (15, 29) wurde gezeigt, daß eine längerfristige Be- handlung mit Selen über vier bis acht Monate sowohl die Selenblut- spiegel als auch die Glutathionper-
DIE ÜBERSICHT / FÜR SIE REFERIERT
oxidaseaktivität anzuheben ver- mochte. Die Selensupplementie- rung mit vorzugsweise natriumse- lenithaltigen Arzneimitteln sollte jedoch der gezielten Therapie von diagnostizierten Selenmangelzu- ständen und Folgekrankheiten vor- behalten bleiben. Um diese jedoch eindeutig zu definieren, bedarf es unseres Erachtens weiterer Unter- suchungen an Patienten mit beson- ders hohen Belastungssituationen (Schwangerschaft, Stillzeit) sowie definierten Erkrankungen (Erkran- kungen des rheumatischen Formen- kreises, Schilddrüsenerkrankungen, Kardiomyopathien und Krebser- krankungen). Wegen der geringen therapeutischen Breite von Selen ist
Verletzung
des Operateurs bei Behandlung
von HIV-Patientinnen
Die Zahl HIV-positiver Patien- tinnen, die zur Behandlung in Frau- enkliniken kommen, hat seit An- fang 1992 zugenommen. Meistens handelt es sich um jüngere Frauen, die sich in der Schwangerschaft am- bulant untersuchen lassen oder zur Entbindung stationär aufgenom- men werden.
Im gynäkologischen Bereich sind es in der überwiegenden Zahl der Fälle Patientinnen mit verdäch- tigem zytologischen Befund, bei welchen in der Folge eine Portioab- schabung, fraktionierte Curettage, Konisation oder Hysterektomie vorgenommen werden muß.
Trotz besonderer Sorgfalt sind bei der operativen Behandlung HIV-positiver Frauen Verletzungen des Operateurs nie ganz auszu- schließen. Bei einer Stichverletzung mit der scharfen Nadel hängt das Risiko, sich eine HIV-Infektion zu- zuziehen, vom Infektionsstatus der Patientin ab. Dieser Status ist be- züglich der HIV-Infektion unzufrie- denstellend definiert. Zum Zeit- punkt der Serokonversion und bei
die Einführung der Rezeptpflicht für selenhaltige Arzneimittel zu er- wägen.
Deutsches Ärzteblatt
91 (1994) A-3032-3036 [Heft 44]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. habil.
Claus-Peter Siegers Institut für Toxikologie Medizinische Universität zu Lübeck
Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
„full blown AIDS" ist bekannt, daß in 1 1.4,1 Plasma mindestens eine in- fektiöse Einheit vorkommen kann.
Das allgemeine Infektionsrisiko bei HIV-Antikörper positiven Patien- tinnen durch Nadelstich beträgt 0,4 Prozent. Bei der Verletzung muß die Nadel zwei Latexschichten der doppelt zu tragenden Handschuhe durchdringen, um in die Epidermis des Fingers und das Stratum papil- lare des Koriums zu gelangen. Die Nadel wird dabei von potentiell in- fektiösem Blut „gereinigt". Unab- hängig von besonderen Schutzmaß- nahmen wird die Erhebung des HIV-Antikörperstatus aller Patien- tinnen gefordert. Begründung ist die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik. Bei positivem Test ope- riert ein besonders erfahrener Kol- lege mit gut ausgebildetem Team.
Den Operateuren ist jedoch klar, daß die größere Gefahr von opera- tiv zu behandelnden, infizierten Pa- tientinnen ausgeht, deren Antikör- per-Status nicht bekannt ist und so- mit das aktuelle Problembewußt- sein fehlt. ptr
Paterok, E. M., et al.: Verletzung des Operateurs bei der Behandlung einer HIV-Infizierten Geburtshilfe- und Frau- enheilkunde, 1994; 54: 532-533
Prof. Dr. E. M. Paterok, Universitäts- straße 21, Universitäts-Frauenklinik, 91054 Erlangen
A-3036 (68) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 44, 4. November 1994