MITARBEITERFÜHRUNG
Führen mit Herz und Verstand
Weil die Emotionen bei jeder Entscheidung eine Rolle spielen, gehen auch manche Ärzte dazu über, ihre Prozesse und Abläufe in der Praxis zu emotionalisieren. Dies gilt auch für die Führungsarbeit.
W
enn ein Arzt das Ziel for- muliert, den gesamten Pa- tientenbetreuungsprozess zu emo- tionalisieren, den Patienten zu be- geistern und emotional zu bewe- gen, sollte er dies in der Praxisstra- tegie verankern. Das Vorgehen ist dasselbe wie bei anderen Aspekten der Strategieentwicklung: Wie sich die Praxis das Patientenwohl als Ziel auf die strategische Flagge schreibt, nimmt es auch die Emo- tionalisierung der Praxisabläufe dort auf. Da die Strategie als Leit- stern der Praxisführung fungiert und eine Orientierungsfunktion für die Mitarbeiter hat, ist die Wahr- scheinlichkeit groß, dass Arzt und Mitarbeiter bei all ihren Aktivitä- ten und vor allem im Umgang mit den Patienten diese Ausrichtung berücksichtigen.Der Arzt sollte mit gutem Bei- spiel vorangehen und die emotiona- le Führungsarbeit als trojanisches Pferd nutzen. Was heißt das? Indem
er ein emotionales Führungsmana- gement implementiert, zeigt er den Mitarbeitern: „Seht her, liebe Mit- arbeiter, emotionales Führen heißt für mich, die emotionale Verfasst- heit meiner Gesprächspartner zu beachten und mit Verstand und Herz zu führen. Beachtet dies auch bei den Patientenkontakten – zur Nachahmung empfohlen!“
Führen mit Visionen – aber ohne rosarote Brille
Die emotionale Führungskunst be- steht darin, die Mitarbeiter von le- diglich Betroffenen zu emotional Beteiligten zu entwickeln. Ob Teammeeting oder Mitarbeiterge- spräch – der Arzt stellt den Zusam- menhang her zwischen Mitarbeiter- aufgabe und Praxisvision, weiß er doch, dass Menschen motivierter zu Werke gehen, wenn sie wissen, dass ihre Tätigkeit durch einen überge- ordneten und fundamentalen Zweck einen tieferen Sinn erhält.
Wer im Dienste der Verwirklichung einer Vision arbeitet, lässt sich selbst dann, wenn das Tagesge- schäft wieder einmal stressig, hek- tisch und nervenaufreibend ver- läuft, nicht entmutigen.
Keine Angst vor großen Gefühlen
„Wenn wir alle die Ärmel hoch- krempeln und jeder seine Aufgaben bestmöglich erfüllt, dann wird sich unsere Praxis prächtig entwickeln!“
Der Arzt sollte sich nicht scheuen, die Zukunft der Praxis in leuchten- den Farben zu malen und in einer bildhaft-eingängigen Sprache zu beschreiben. Allerdings: Dies darf kein Aufruf zur Wahrnehmung der Realität durch die rosarote Brille sein. Denn natürlich muss eine aus- formulierte und glaubwürdige Pra- xisvision vorliegen, das ist die Vor- aussetzung. Und die Vision muss durch die Realität abgedeckt sein.
Denn ansonsten handelt es sich um eine Utopie, die die Mitarbeiter – und den Arzt – nur blendet und täuscht.
Emotionales Führungsmanage- ment – dies widerspricht dem Selbstverständnis vieler Füh- rungskräfte, denen es unangemes- sen erscheint, Gefühle gegenüber den Mitarbeitern zu zeigen oder Emotionen bei ihnen zu wecken.
Gerade wenn dies der Fall ist, sollte der Arzt folgende Hinweise beherzigen:
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Tipp 1: Keine Zielvereinba- rung ohne emotionale Verknüpfung.Der Arzt führt mit Zielen, Zahlen, Daten, Fakten – und mit Herz und Emotionen. Es geht nicht darum, ei- ne Zielvereinbarung mit Gefühlen zu überzuckern und in Watte zu ver- packen. Jedoch: Er berücksichtigt das emotionale Warum und erarbei- tet mit dem Mitarbeiter die Konse-
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2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 48 I 28. November 2014
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FRAGE DER WOCHE AN . . .
Dr. med. Donata von Dellingshausen, Medical Director von BetterDoc quenzen einer Zielerreichung – auf
der beruflichen und auf der privat- persönlichen Ebene.
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Tipp 2: Seele statt Packeis.Der Arzt betrachtet die Mitarbeiter nicht als Rädchen im Getriebe, die zu funktionieren haben, sondern als eigenständige Individuen. Er be- gegnet ihnen als Vorgesetzter – aber auf Augenhöhe, wenn es um die Festlegung von Zielen und Aktivi- täten geht.
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Tipp 3: Ziel ist es, die Zustim- mung des Mitarbeiters zu erhalten und eine persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen: „Wie haben Sie sich beim letzten Patientengespräch gefühlt? Welche Konflikte gab es?Wie haben Sie es geschafft, diesen schwierigen Patienten doch noch zu überzeugen?“ Vielleicht sind an dieser Stelle auch Fragen angemes- sen, die das Privat-Persönliche be- rühren.
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Tipp 4: Der Arzt berücksich- tigt bei seiner Führungsarbeit das emotionale So-Sein seiner Mitar- beiter: Der dominante Feuerkopfwill anders geführt, motiviert und kritisiert werden als der scheu- schüchterne Beziehungsmanager oder der intellektuell angehauchte Sachtyp. Er führt also strikt mitar- beiterbezogen und stimmt die Emo- tionalisierung der Mitarbeiter auf den jeweiligen Mitarbeitertypus ab.
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Tipp 5: Der Arzt nutzt die„Was wäre, wenn …“-Frage: „Was wäre, wenn Ihr größter (berufli- cher) Wunsch in Erfüllung ginge?
Beschreiben Sie das bitte einmal.“
Jetzt kann er Themen zur Sprache bringen, von denen er weiß, dass sie seitens des Mitarbeiters emotional besetzt sind und ihn begeistern.
Natürlich muss der Arzt immer wieder den Sprung zurück ins sachlichere Fahrwasser schaffen.
Die Emotionalisierung dient der Verstärkung des Engagements und der Motivation des Mitarbeiters, seinem emotionalen Beteiligtsein.
Die so entfachte Begeisterung mündet jedoch immer in die Festle- gung und Vereinbarung konkreter Aktivitäten.
Natürlich ist für jeden Mitarbeiter – und für den Arzt – auch wichtig,
was am Ende des Tages finanziell übrig bleibt. Der materielle Aspekt muss stimmen. Die meisten Men- schen aber sind noch leistungsfä- higer und vor allem noch leis- tungsbereiter, wenn sie spüren und wissen, dass der Chef sie ernst nimmt, respektiert, wertschätzt und ihnen vertraut. Und darum sollte der Arzt bei der Mitarbeiter- bewertung nicht nur quantitative, sondern zugleich qualitative As- pekte berücksichtigen und mit Werten wie Wertschätzung und Vertrauen führen.
Ein Beispiel: Welcher Mitarbei- ter ist schätzenswerter? Derjeni- ge, der immer Topp-Ergebnisse bringt, aber das „Geheimnis des Erfolgs“ für sich behält? Oder der, der sein Wissen ans Team weiter- gibt, jedoch nicht kontinuierlich die besten Ergebnisse aufzuwei- sen hat? Zumindest sollte der Arzt bei seiner Führungsarbeit beide Seiten der Medaille beachten und die Mitarbeiter darüber informie- ren, dass es ihm nicht allein um die Erreichung quantitativer Ziele
geht.
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Dr. Michael Madel