mutlich noch immer verkündet. Je- doch gehört eine solche Auffassung und Behauptung bereits nicht mehr in das Gebiet der Sozialmedizin oder der Medizin überhaupt, sondern in der Gebiet Sozialrecht!
Zwar ist unbestreitbar, daß ein Unfall, also auch ein Arbeitsunfall, oft tatsächlich ein außergewöhn- liches Ereignis ist. Ob dies jedoch Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist, kann nicht etwa schon der Unfallarzt oder Ver- trauensarzt entscheiden. Diese Ent- scheidung ist Sache des Sozialrechts.
Dazu schreibt A. Erlenkämper (3), Richter am Landessozialgericht Nie- dersachsen: „Unter den Versiche- rungsschutz fallen auch (u. a.) durch Kraftanstrengung des Versicherten hervorgerufene Verrenkungen, Zer- rungen und Zerreißungen an Glied- maßen und Wirbelsäule. Vgl. ferner:
§ 27 Abs. 2 SVG (S. 489)".
Unter „Allgemeine Rechtsbe- griffe" führt Erlenkämper noch aus:
„Das Unfallereignis kann aber auch unauffälliger auftreten. So können zum Beispiel Infektionen oder Ein- wirkungen von Kälte, Nässe, Zugluft usw. einen Unfall bilden, sofern alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Auch Vergiftungen durch Dämpfe oder Gase und Strahlen- schäden werden vielfach schleichend und zunächst unbemerkt verlaufen.
Voraussetzung ist ferner nicht, daß eine außergewöhnliche Belastung vorgelegen hat, ein Unfall kann auch durch gewöhnliche Belastung und bei alltäglichen Verrichtungen ein- treten, . . . auch Ereignisse wie Aus- gleiten, Umknicken, Sturz sowie das Heben und Tragen und Bewegungen von Gegenständen gelten als von au- ßen kommend". (Dazu Literaturan- gaben auf gleicher Seite unten).
Lauterbach (4) kommentiert
§ 548 RVO (Arbeitsunfall): „Der äu- ßere Tatbestand (Unfallereignis) setzt weder ein normwidriges Ereignis noch eine außerhalb des Betriebsübli- chen liegende schädigende Tätigkeit voraus. . . . Ein sogenannter Unfall des täglichen Lebens ist zu entschädi- gen, wenn im übrigen die Vorausset- zungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls vorliegen". Es folgen Literaturangaben. Unfälle des täg- lichen Lebens (also ohne „Außerge-
wöhnliches Ereignis") wurden als Ar- beitsunfälle anerkannt, zum Beispiel vom LSG Hamburg, 2. Senat im Urteil vom 13. März 1959 — Az. 2 Ru 167/57 sowie vom Bayer. Landesversiche- rungsamt in der Entscheidung vom 11.
Mai 1951, U e 405/50 (5).
Besonderer Dank für wertvolle Hinweise zu diesem dritten Aspekt gebührt Herrn Arnold Erlenkämper, Richter am LSG Niedersachsen, Celle!
Nachbemerkung:
Diese Problematik entstammt der Praxis mehrerer Jahrzehnte ärzt- licher und sozialmedizinischer Tätig- keit. Sie ergab sich nicht nur aus we- nigen Einzelfällen.
Herr Kollege Dr. Seffrin/Darm- stadt hat uns darauf aufmerksam ge- macht, daß die gehäuften Nebenwir- kungen durch den Ethylendiamin-
NOTIZ
Zusatz zu Theophyllin bei fehlenden Vorteilen dazu raten, die Kombina- tion nicht mehr zu verwenden. Das Deutsche Ärzteblatt ist gerade für solche Hinweise aus der Praxis be- sonders dankbar.
Eingehende eigene Recherchen dazu ergaben folgendes:
® Ich selbst habe in rund 40 Jahren ärztlicher Tätigkeit, darun- ter einem Jahr auf einer Asthma- Station, nie einen Zwischenfall mit der Additionsverbindung erlebt.
© Die Rote Liste des Bun- desverbandes der pharmazeuti-
Literatur
1. Ulmer, W. T.: Handbuch der inneren Medi- zin, 5. Auflage, Band 4, Atmungsorgane, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, 1979
2. Schmidt, 0. P.; Günthner, W.; Bottke, H.:
Das Bronchitische Syndrom, J. F. Lehmann- Verlag München, 1965
3. Erlenkamper: „Sozialrecht", Carl-Hey- manns-Verlag Köln, 1984, S. 31-34 4. Lauterbach: Unfallversicherung 3. Auflage,
20. Lfg. Erg.-Blatt Sept. 1971, Anm. 25 und 26
5. Breithaupt, Sammlung von Entscheidungen sowie BSG in Breithaupt 1958 S. 527
Anschrift des Verfassers:
Dr. med Hans Händel Med.-Direktor a. D.
Martin-Luther-Platz 2 8800 Ansbach
schen Industrie für 1989 führt auf Seite 85 (blaue Seiten) 29 reine Theophyllinpräparate und 15 Verbindungen mit Ethylendiamin auf.
® Eine Rückfrage bei der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat erge- ben, daß dieser Ethylendiaminall- ergien bekannt sind, aber — relativ zum Gesamtregister — in geringer Häufigkeit, allerdings vor allem bei i. V.-Applikation häufiger als nach reinen Theophyllin-Präpara- ten.
Nach dem Prinzip des „nil nocere"
möchten wir uns der Meinung von Herrn Dr. Seffrin anschließen und empfehlen, Theophyllin-Monoprä- parate zu verwenden, obwohl auch von diesen unerwünschte Wirkungen bekannt geworden sind.
Rudolf Gross
Bronchialasthma —
eine vorzugsweise nächtliche Erkrankung?
Zu dem Editorial von Prof. Dr. med.
Dr. med. h. c. Rudolf Gross in Heft 33/1989
A-208 (42) Dt. Ärztebl. 87, Heft 4, 25. Januar 1990