A1110 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 16⏐⏐20. April 2007
W I R T S C H A F T
Ä
rzte nehmen sich wegen ihrer aufwendigen beruflichen Tä- tigkeit häufig nicht ausreichend Zeit, um wichtige Versicherungsverträge, die sowohl den Privatbereich als auch die Praxis betreffen, zu prü- fen. Die „schwarzen Schafe“ der Branche haben dann leichtes Spiel.Kunden sollten insbesondere hell- hörig werden, wenn ihnen empfoh- len wird,
>bestehende Versicherungsver- träge zu ändern („umzudecken“), weil Versicherungssumme und -um- fang angeblich nicht mehr ihren per- sönlichen und beruflichen Verhält- nissen entsprechen.
Tipp: Der Arzt sollte in diesem Fall um die Nennung konkreter Mängel bitten (zum Beispiel zusätz- liche Risiken bei der Berufshaft- pflichtversicherung, zu niedriger Versicherungswert bei Hausrat- und Praxisversicherung) und sich nicht mit Allgemeinplätzen zufrieden ge- ben („Die Inflationsrate ist schließ- lich auch gestiegen.“).
>von einem Direktversicherer zu einem herkömmlichen Versiche- rer zu wechseln, weil hier angeblich besser beraten wird.
Tipp: Da auch bei Direktversiche- rern telefonisch, per Fax oder Brief beziehungsweise per E-Mail beraten wird, ist dieser Hinweis meist wenig
wert. Wenn der Arzt dagegen an einer persönlichen Beratung vor Ort inter- essiert ist, sollte er über die Em- pfehlung nachdenken. Diese Form der Beratung besitzt in aller Regel aber eben auch ihren Preis, der sich meist im Beitrag widerspiegelt.
> ihre Versicherungen bei einer Gesellschaft zu konzentrieren, weil dort im Schadensfall angeblich groß- zügiger reguliert wird.
Tipp: Man kann sich zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen (www.
vzbv.de) oder bei der Versicherungs- aufsicht (www.bafin.de) erkundigen, ob die empfohlene Gesellschaft tat- sächlich zu den regulierungsfreund- lichen Unternehmen gehört.
> ihre private Lebensversiche- rung vor Ablauf zu kündigen und gleichzeitig eine neue abzuschlie- ßen, weil diese neue Versicherung angeblich besser verzinst wird.
Tipp: Zunächst gilt, dass verbind- liche Zinszusagen über die Mindest- verzinsung hinaus nicht möglich sind. Deshalb muss man bei einer vorzeitigen Kündigung mit Verlusten ebenso rechnen wie bei einem Neu- abschluss mit höheren Beiträgen.
> die Kfz-Versicherung zu wech- seln, weil ihnen bei einem Neuab- schluss angeblich ein „Mengenra- batt“ gewährt wird, da dort bereits andere Versicherungen bestehen.
Tipp: Den „Mengenrabatt“ über die gesamte Vertragslaufzeit sollte man sich exakt ausrechnen lassen und außerdem den Umfang des künftigen mit dem jetzigen Versi- cherungsschutz vergleichen.
> den Versicherungsumfang der Wohngebäude- beziehungsweise Pra- xisversicherung zu erhöhen, weil angeblich „Elementarschäden“, wie Überschwemmungen oder Erdbe- ben, drohen.
Tipp: Der Arzt sollte den Versi- cherer um einen schriftlichen Nach- weis bitten, dass seine Immobilie beziehungsweise seine Wohnung in einem Gebiet liegt, in dem Elemen- tarschäden zu erwarten sind. Versi- cherer sind in der Lage, mithilfe des Computerprogramms „Zürs“ („Zo- nierungssystem für Überschwem- mung, Rückstau und Starkregen“) derartige Regionen zu benennen.
> eine zusätzliche Restschuld- versicherung abzuschließen, um an- gebliche Kreditrisiken abzusichern.
Tipp: Grundsätzlich gilt zwar, dass eine Restschuldversicherung zur Absicherung der Familie bei ei- ner Kreditaufnahme durchaus sinn- voll ist. Allerdings gibt es bei dieser Versicherungsform erhebliche Prä- mien- und Leistungsunterschiede, sodass man zunächst selbst sorgfäl- tig vergleichen sollte. Darüber hin- aus ist zu prüfen, ob nicht bereits Lebensversicherungen bestehen, die einen zusätzlichen Schutz überflüs- sig machen.
> zusätzliche Altersvorsorgepro- dukte, wie eine Kapitallebens- oder eine Rentenversicherung, abzuschlie- ßen, weil trotz Zusatzversorgung angeblich eine Rentenlücke droht.
Tipp: Eine Rentenlücke kann spä- ter zwar tatsächlich drohen. Aller- dings sollte den Arzt das nicht dazu veranlassen, vorschnell eine Versi- cherung abzuschließen. Sinnvoller ist es, zunächst einmal sehr sorgfäl- tig die mögliche persönliche Ren- tenlücke zu ermitteln, zum Beispiel gemeinsam mit der Hausbank oder einem neutralen Wirtschaftsberater.
Danach ist gegebenenfalls über ei- ne zusätzliche Absicherung zu ent- scheiden, dem ein ebenso sorgfälti- ger Vergleich verschiedener Anbie- ter vorausgehen sollte. I Michael Vetter
VERSICHERUNGSVERTRÄGE
Vorsicht bei Änderungen
So mancher Ratschlag eines Vermittlers ist mit Vorsicht zu genießen.
Kritisches Nachfragen schützt vor bösen Überraschungen.
Foto:Keystone