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Sequenzanalysen bei Faktor V-Mangel und Pseudohomozygotie der Faktor V-Leiden-Mutation

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Aus dem Werlhof-Institut in Zusammenarbeit mit

der Hämostaseologie

der Medizinischen Hochschule Hannover

Sequenzanalysen bei Faktor V-Mangel und Pseudohomozygotie der Faktor V-Leiden-Mutation

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Frank Oberthür aus Mühlhausen

Hannover, 2009

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 07.04.2010

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover.

Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann

Betreuer: PD Dr. med. Mario von Depka Prondzinski

Referent: Prof. Dr. med. Manfred Stuhrmann-Spangenberg

Korreferent: Prof. Dr. med. Karl-Walter Sykora

Tag der mündlichen Prüfung: 07.04.2010

Promotionsausschussmitglieder:

Prof. Dr. Hermann Haller

Prof. Dr. Klaus Otto

Prof. Dr. Rainer Nustede

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Meinen Eltern und meiner Freundin

(4)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Einleitung 1

1.1 Physiologie des Gerinnungssystems 1

1.1.1 Vaskuläre Komponente 1

1.1.2 Zelluläre Komponente 2

1.1.3 Plasmatisches Gerinnungssystem 4

1.1.3.1 Plasmatische Gerinnung 4

1.1.3.2 Antagonisten der plasmatischen Gerinnung 7

1.2 Faktor V 9

1.2.1 Faktor V-Mangel 13

1.2.2 Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C (APCR) 14

1.2.3 Pseudohomozygotie der Faktor V-Leiden-Mutation 17

2 Zielsetzung 18

3 Materialien 20

3.1 Blutproben 20

3.2 Allgemeine Chemikalien 20

3.3 Biologische Substanzen 20

3.4 Primer 21

3.5 Kits 22

3.6 Standardlösungen, -medien, -puffer 22

3.7 Kleinmaterialien 23

3.8 Geräte 23

4 Methoden 25

4.1 Rekrutierung der Patienten 25

4.2 Isolation und Aufreinigung der DNA 25

4.3 Konzentrations- und Reinheitsbestimmung der Nukleinsäuren 27

4.4 Polymerasekettenreaktion (PCR) 28

4.4.1 Grundlagen der PCR 28

4.4.2 Optimierung der PCR 30

4.4.3 Durchführung der PCR 32

4.5 Gelelektrophoretische Auftrennung des PCR-Produktes 35

4.5.1 Prinzip der Gelelektrophorese 35

4.5.2 Durchführung der Gelelektrophorese 36

4.5.3 Gelauswertung 37

4.6 Aufreinigung der PCR-Produkte 37

(5)

Inhaltsverzeichnis

4.7 Sequenzierung 38

4.7.1 Grundlagen der Fluoreszenz-Sequenzierung 38

4.7.2 Durchführung der Sequenzierungsreaktion 39

4.7.3 Aufreinigung der Sequenzansätze 41

4.7.4 Kapillar-Elektrophorese für die DNA-Sequenzierung 42

4.8 Subklonierung von PCR-Produkten 42

4.9 DNS-Mini-Präparation 44

5 Ergebnisse 47

5.1 Ergebnisse nach Patienten 47

5.2 Zusammenfassung 57

6 Diskussion 60

6.1 Diskussion der einzelnen Mutationen / Patienten 60

6.1.1 Mutation Tyr91Asn (Patient 1a/b) 60

6.1.2 Mutationen Arg1698Trp und Arg413Cys (Patient 2, 15 und 17) 61 6.1.3 Mutationen Arg2187Cys, Ile2049Thr, Pro393Ser und Ile2105Thr

(Patient 3 und 12) 61

6.1.4 Mutation Val1813Met (Patient 4) 62

6.1.5 Reduzierte Faktor V-Aktivität bei unauffälligem Mutationsscreening (Patient 5) 63 6.1.6 Mutationen 139delG (cDNA) und Arg2027Gln (Patient 6a/b) 64

6.1.7 Mutation Gly1715Val (Patient 7a/b) 65

6.1.8 Polymorphismen Met2120Thr und Met1736Val (Patient 8) 65 6.1.9 Mutation -428C>C/T (cDNA) (Patient 9 und 10) 66

6.1.10 Mutation Pro1376Ser (Patient 11) 67

6.1.11 Mutationen Tyr324Stop und Val1813Met (Patient 13) 68

6.1.12 Mutation 1072delG (cDNA) (Patient 14) 68

6.1.13 Mutation Arg 2187His (Patient 16) 69

6.2 Schlussfolgerung 70

7 Zusammenfassung 72

8 Referenzen 75

8.1 Journals 75

8.2 Bücher 80

8.3 Abbildungsverzeichnis mit Quellenangaben 80

9 Anhang 83

9.1 Genetischer Code 83

9.2 Aminosäurencode 83

(6)

Inhaltsverzeichnis

9.3 Danksagung 84

9.4 Lebenslauf 85

9.5 Erklärung nach §2 Absatz 2 Nummern 5 und 6 86

(7)

1 Einleitung

1 Einleitung

1.1 Physiologie des Gerinnungssystems

Unter Hämostase versteht man das komplexe Zusammenspiel von Prozessen und Systemen, welche auf der einen Seite für die Fließfähigkeit des Blutes und auf der anderen Seite für die Gerinnbarkeit bei Verletzungen sorgen.

An der Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichtes sind mehrere Systeme beteiligt:

- Vaskuläre Komponente: Blutgefäße mit Endothel und Subendothel - Zelluläre Komponente: Thrombozyten, Erythrozyten und Leukozyten - Plasmatische Gerinnung: Gerinnungskaskade und ihre Inhibitoren - Fibrinolytisches System: Fibrinolyse und ihre Inhibitoren

Die Komponenten sind für die Aufrechterhaltung, aber auch für die Wiederherstellung der Gefäßintegrität von Bedeutung. Durch ihre enge Verknüpfung bilden diese Systeme eine funktionelle Einheit, die sich gegenseitig ergänzen.

Gefäßwand, Thrombozyten und plasmatische Gerinnung wirken dabei auf der prokoagulatorischen Seite zusammen, während auf der antikoagulatorischen Seite Gerinnungsinhibitoren und das fibrinolytische System die Gerinnungsreaktion limitieren und die Ablagerung überschüssiger Fibringerinnsel und eine intravasale Gerinnung verhindern (Schmidt et al., 2005; von Depka Prondzinski et al., 2002).

1.1.1 Vaskuläre Komponente

Nach einer Verletzung mit Eröffnung kleiner Blutgefäße kommt die Blutung beim Gesunden nach ein bis zwei Minuten zum Stillstand. Dafür ist unter anderem eine sofortige reflektorische Vasokonstriktion verantwortlich. Diese wird durch das Prostaglandin Thromboxan A2, welches von den Thrombozyten an der Verletzungsstelle freigesetzt wird, und Endothelmediatoren wie beispielsweise Endothelin oder Plättchen aktivierender Faktor (PAF) ausgelöst. Durch diese Vasokonstriktion reduziert sich der Blutfluss und es kommt zum kurzfristigen

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1 Einleitung

mechanischen Verschluss der kleinen Gefäße. Allerdings ist dieser lokale muskuläre Reflex nur in Arterien und Arteriolen möglich und nicht in muskelfreien Gefäßen wie Kapillaren und Venolen. Dort ist eine Blutflussverzögerung nur durch lokalen Gewebsdruck oder reduzierten intravasalen Druck und daraus resultierendem Kollaps des Gefäßes möglich (Schmidt et al., 2005; von Depka Prondzinski et al., 2002).

1.1.2 Zelluläre Komponente

Die Thrombozyten erfüllen bei der Blutstillung zwei wichtige Aufgaben:

1. Verschluss der Gefäßwandverletzung durch Ausbildung eines hämostatisch wirksamen Thrombozytenpfropfes.

2. Bereitstellung von für die plasmatische Gerinnung bedeutsamen Phospholipiden.

Die Ausbildung des initialen Plättchenpfropfes besteht aus getrennt bestimmbaren, aber dennoch fließend ineinander übergehenden morphologischen und funktionellen Veränderungen der Thrombozyten.

Adhäsion:

Während am intakten Gefäßendothel Thrombozyten nur einige Sekunden adhärieren, binden sie nach Verletzung vermehrt an der Läsionsstelle. Dies wird unter anderem durch den an subendotheliale Strukturen bindenden von-Willebrand- Faktor (vWF) und die nachfolgende Adhäsion der Plättchen ermöglicht.

Die Thrombozytenadhäsion wird durch zur Familie der Integrine gehörende Glykoproteinrezeptoren ermöglicht. Das Glykoprotein GPIb, stellt den wichtigsten Adhäsionsrezeptor für den vWF dar, und das Glykoprotein GPIIb/IIIa erlaubt eine Verbindung der Thrombozyten untereinander.

Formwandel und Degranulation:

Nach der Aktivierung durch Fremdoberflächen oder gewisse Agonisten wie beispielsweise Kollagen, Thrombin, ADP und Adrenalin geht die Scheibenform der

(9)

1 Einleitung

Thrombozyten in eine sphärische Form mit Pseudopodien über. Infolge der Strukturänderung der Thrombozyten werden innere Phospholipoproteine der Zellmembran von außen zugänglich. Aus den Granula der aktivierten Thrombozyten werden Fibrinogen, die Gerinnungsfaktoren V und VIII sowie Calcium, ADP, Serotonin und verschiedene andere Proteine wie Plättchenfaktor 4, β-Thromboglobulin oder „platelet derived growth factor“ (PDGF) freigesetzt. Aus den Phospholipiden der Thrombozytenmembran wird Thromboxan A2 abgespalten. Dies führt zu weiterer Aktivierung von Thrombozyten, Vasokonstriktion und lokaler Anreicherung von Gerinnungsfaktoren.

Thrombozytenaggregation:

Zur irreversiblen Vernetzung der aktivierten Thrombozyten ist Fibrinogen erforderlich, welches über GPIIb/IIIa die Plättchen fest miteinander verknüpft.

Eine Ausbreitung über der Plättchenaggregation wird dadurch verhindert, dass das umgebende – intakte - Endothel kontinuierlich Prostazyklin freisetzt, welches an den Plättchen bindet und die Thrombozytenaggregation hemmt (Schmidt et al., 2005; von Depka Prondzinski et al., 2002).

Abb. 1.1: Entstehung eines Thrombo- zytenpfropfes am Ort der Gefäßläsion.

(10)

1 Einleitung

1.1.3 Plasmatisches Gerinnungssystem

Nach Abschluss der Bildung des Thrombozytenpfropfes lässt die Vasokonstriktion im Verletzungsbereich nach und es bestünde die Gefahr einer erneuten Blutung durch das Herausspülen des Verschlusspfropfes. Inzwischen ist jedoch in der plasmatischen Gerinnung die Fibrinbildung so weit fortgeschritten, dass die verletzten Gefäße durch das Blutgerinnsel endgültig verschlossen sind (Schmidt et al., 2005).

1.1.3.1 Plasmatische Gerinnung

Die plasmatische Gerinnungskaskade setzt sich aus komplexen Reaktionen von Plasmaproteinen zusammen. Bei den meisten handelt es sich um Serinproteasen mit der Aminosäure (AS) Serin im aktiven, katalytischen Zentrum (Faktoren II (FII), VII (FVII), IX (FIX), X (FX), XI (FXI) und XII (FXII)). Sie liegen im Blut als inaktive Vorstufen (sog. Zymogene) vor und werden während des Gerinnungsvorgangs aktiviert, was mit dem Zusatz „a“ bezeichnet wird. Bei den Faktoren V (FV) und VIII (FVIII) handelt es sich nicht um Enzyme, sondern um Cofaktoren, die die Geschwindigkeit des Gerinnungsablaufes beeinflussen.

Der Gerinnungsprozess läuft in der Regel im Bereich einer Endothelläsion ab. Hier befinden sich anionische Phospholipide, die aus dem Subendothel oder von den aktivierten Thrombozyten stammen. Diese Phospholipide wirken als Cofaktor und bewirken eine lokale Beschleunigung des Gerinnungsprozesses sowie eine Anreicherung von Gerinnungsfaktoren. Die negativ geladenen Phospholipide binden das von den aktivierten Thrombozyten freigesetzte Calcium und dienen als Matrix für die ebenfalls negativ geladenen Gerinnungsfaktoren, welche von den positiven Calciumionen angezogen werden. Es kommt dadurch zu einer erheblichen Konzentrationsanreicherung der Faktoren, welche sonst zum Teil nur in Spuren im Blut vorkommen.

(11)

1 Einleitung

Im Komplex mit Cofaktoren, Calcium, Phospholipiden und ihren Substraten entfalten Serinproteasen ihre volle Wirkung. Das gilt besonders für die Vitamin K-abhängigen Faktoren II, VII, IX und X.

Abb. 1.2: Zellbasierendes Schema des Gerinnungssystems.

Die Abbildung zeigt die vereinfachte heutige Vorstellung des Gerinnungssystems.

Ausgangspunkt ist ein Endotheldefekt, an den sich die Thrombozyten anlagern können (Adhäsion) und einen Plättchenthrombus durch Aggregation bilden.

Nach ihrer Aktivierung präsentieren die Thrombozyten ihre negativ geladenen Phospholipidoberflächen, welche sich auch in der subendothelialen Matrix finden. Bei Kontakt zu extravaskulärem Tissue Factor (TF), der sich an die Oberfläche aktivierter Thrombozyten anhaften kann, bildet sich calciumabhängig ein Komplex mit FVII oder FVlIa (TF-FVIIa-Komplex), welcher die Faktoren VII, IX und X aktiviert. Im Rahmen der als "Initiation" bezeichneten Gerinnungsaktivierung wandelt FXa zusammen mit FVa calciumabhängig Prothrombin (FII) zu Thrombin (FIla) um.

Gleichzeitig wird die Gerinnungsinitiation über die Josso-Schleife verstärkt. Der TF- FVIIa-Komplex aktiviert den FIX, der zusammen mit FVIIIa (als Cofaktor) FX aktiviert.

Dies wird als Tenase-Komplex bezeichnet, führt über FXa zu einer weiteren Bereitstellung von Thrombin und somit zur "Amplifikation".

(12)

1 Einleitung

Abb. 1.3: Modell des Tenase-Komplexes. FIXa (Enzyme) und FVIIIa (Cofaktor) binden an der Membran und aktivieren FX.

Das über die Schritte der Initiation und Amplifikation entstandene Thrombin kann nun ebenfalls FXI zu FXIa aktivieren. Dadurch wird ein neuer Weg zur Bereitstellung von Thrombin eröffnet, die so genannte "Propagation".

Thrombin aktiviert die Faktoren V, VIll sowie XIII und ist zugleich ein potenter Plättchenaktivator.

Alle Wege finden ab der Aktivierung von FX eine gemeinsame Endstrecke. FXa bildet zusammen mit FVa den Prothrombinase-Komplex und ist wie die vorher erwähnten Komplexe sowohl calcium- als auch phospholipidabhängig. Der Prothrombinase-Komplex wandelt unter Abspaltung der Prothrombinfragmente F1 und F2 Prothrombin in Thrombin um. Nach Lösen des Thrombins von der Thrombozytenoberfläche spaltet es mittels limitierter Proteolyse die Fibrinopeptide A und B vom Fibrinogenmolekül (Faktor I) ab, woraus das Fibrinmonomer resultiert.

Dies ist wenig stabil und im Plasma nicht mehr löslich. Durch End-zu-End- und Seit- zu-Seit-Polymerisation der Fibrinmonomere entstehen Fibrinpolymere. In Gegenwart von Calcium und FXIIIa kommt es zur kovalenten Verknüpfung der Fibrinketten durch intermolekulare Quervernetzung.

Während nach einigen Stunden die Thrombozyten einer Autolyse unterliegen, nimmt der Fibrinanteil zu, so dass nach 24 bis 28 Stunden das Gerinnsel hauptsächlich aus Fibrin aufgebaut ist.

(13)

1 Einleitung

Die zum Teil noch gebräuchliche Unterteilung in ein extrinsisches System und ein intrinsisches System hat für die skizzierten in vivo-Reaktionen keine Bedeutung.

Sie ist eher für das Verständnis der in vitro-Phänomene und die Verdeutlichung von Testsystemen (Quickwert und aPTT) hilfreich (Hoffman et al., 2005; von Depka Prondzinski et al., 2002).

1.1.3.2 Antagonisten der plasmatischen Gerinnung

Die wichtigsten Aufgaben der Inhibitoren der plasmatischen Gerinnung liegen in der Hemmung aktivierter Gerinnungsfaktoren und der Elimination dieser durch das retikuloendotheliale System. Zudem erfolgt ein proteolytischer Abbau von

überschüssigem Fibrin durch das fibrinolytische System. Die wichtigsten natürlichen antikoagulatorischen Systeme sind:

- das Antithrombin-Heparin-System sowie - das Protein C-Protein S-System.

Abb. 1.4: Regulation und Physiologie der Gerinnung. Aktiviertes Protein C (APC); Antithrombin III (ATIII); Heparin-Cofaktor II (HCII); Prothrombinase-Komplex (Membrankomplex der Faktoren Xa und Va sowie Prothrombin); Protein S (PS); Tenase-Komplex (Membrankomplex der Faktoren IXa, VIIIa, und X); Tissue Faktor (TF); TF-FVIIa-Komplex (TF۰FVIIa); „TF-pathway-inhibitor“ (TFPI);

Thrombomodulin (TM); „tissue plasminogen activator“ (tPA).

Das in der Leber synthetisierte Antithrombin (AT) (HWZ zwischen 48 und 60 Stunden) hemmt alle wichtigen Serinproteasen des Gerinnungssystems. Besonders hohe Affinität zeigt es gegenüber Thrombin und FXa, aber auch die Faktoren XIIa, XIa, IXa, VIIa, Kallikrein und das fibrinolytisch wirkende Plasmin werden blockiert.

(14)

1 Einleitung

Auf diese Weise kann AT auf jeder Ebene der Gerinnungskaskade regulierend eingreifen. Aktive Gerinnungsfaktoren werden durch die Bildung eines inaktiven Enzym-Inhibitor-Komplexes neutralisiert. Dabei bindet AT kovalent im katalytischen Zentrum des jeweiligen Gerinnungsenzyms. Dieser Vorgang verläuft langsam progressiv, so dass es durchaus noch zur Fibrinbildung kommt, bevor diese endgültig inaktiviert wird. Bei Bindung von Heparin wird die Reaktion jedoch um ein Vielfaches beschleunigt und die Fibrinbildung komplett blockiert. Dadurch kann auch eine Thrombusausweitung z.B. durch Wegspülen von freiem Thrombin verhindert werden.

Thrombomodulin (TM) ist ein an der Oberfläche von Endothelzellen exprimiertes Glykoprotein. Bei Komplexbildung mit Thrombin in einer calcium- und phospholipidabhängigen Reaktion verändert dies vollständig seine Substratspezifität.

Thrombin in Verbindung mit TM aktiviert Protein C und verliert dadurch seine prokoagulatorische Aktivität. Somit wird Thrombin durch die Interaktion mit TM zum Antikoagulans.

Das Vitamin K-abhängig in der Leber synthetisierte Protein C (HWZ zwischen sechs und acht Stunden) zirkuliert inaktiv als Zymogen im Blut. Die Aktivierung durch den TM-Thrombin-Komplex kann jedoch noch durch die zusätzlich optimierte Präsentierung über den endothelialen Protein C Rezeptor (EPCR) beschleunigt werden. Auch diese Aktivierung erfolgt caliciumabhängig.

Abb. 1.5: Aktivierung und Funktion von Protein C.

APC ist der wichtigste Inaktivator von Faktor Va und VIIIa und fördert darüber hinaus die Freisetzung des Gewebe-Plasminogen-Aktivators (t-PA). Der in der Leber Vitamin K-abhängig synthetisierte Cofaktor Protein S (HWZ 60 Stunden)

(15)

1 Einleitung

beschleunigt diese Reaktionen. Die APC-Protein S-Komplexbildung ist jedoch nur in Gegenwart von Calcium und Phospholipiden möglich. Ohne diese Stimulation ist die antikoagulatorische Fähigkeit des APC sehr gering. Heparin ist ein wirkungsvoller Inhibitor von APC und kann den Protein C-Mechanismus praktisch ausschalten.

Ein weiterer Plasma-Serinprotease-Inhibitor ist der TFPI. Dieser bindet an FXa, geht dann eine Verbindung mit TF-gebundenem FVIIa ein und inhibiert somit den TF- FVIIa-Komplex.

Von untergeordneter Bedeutung sind α2-Makroglobulin, α2-Antitrypsin und C1-Inaktivator, Heparin-Cofaktor II, APC-Inhibitor, C1-Esterase-Inhibitor und α1-Antitrypsin. Das Einbinden von Thrombin in die Fibrinmatrix sowie das Entfernen und Verdünnen von aktivierten Gerinnungsfaktoren durch zirkulierendes Blut verzögert ebenfalls die Gerinnungskaskade (Hoffman et al., 2005).

1.2 Faktor V

FV (Accelerin) wird von Hepatozyten synthetisiert und ist ein wichtiger Cofaktor bei der FXa-vermittelten Prothrombinaktivierung.

Es ist ein Plasma-Glykoprotein mit einer Molekularmasse von 330.000. Das hierfür kodierende Gen ist auf Chromosom 1q21-25 lokalisiert. Hierbei handelt es sich um eine Region von 70 kb, die eine 7 kb mRNA kodiert. Das Gen umfasst 25 Exone mit einer Größe von 72 bis 2820 bp, welches ein aus 28 AS bestehendes Propeptid und den 2196 AS umfassenden FV kodiert. (Jenny et al., 1987; Kano et al., 1987) Die primäre Sequenz weist eine große Homologie zum FVIII auf. Beide Moleküle besitzen drei A- eine B- und zwei C-Domänen welche sich folgendermaßen anordnen: A1-A2-B-A3-C1-C2 (Cripe et al., 1992). (Vgl. Abb. 1.6)

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1 Einleitung

Abb. 1.6: Struktur des FV-Gens und des Proteins. (A) Schematische Darstellung der Exon-Intron- Struktur des FV-Gens. Exons sind durch farbige Kästchen und Introns durch Linien dargestellt. (B) Schematische Darstellung des FV. Die verschiedenen Domänen werden durch farbige Kästchen dargestellt. Das schwarze Kästchen repräsentiert das 28 AS lange Propeptid. Die N-Glycosilations- stellen sind durch Rhomben markiert. Cysteine und Disulfidbrücken mit den dadurch gebildeten α-, β- und γ-Loops sind ebenfalls gekennzeichnet. (C) FVa: Die schwere (A1 und A2 Domäne) und die leichte Kette (A3, C1 und C2 Domäne) werden durch ein Calciumion zusammengehalten. (D) Dreidimensionales Modell des membrangebundenen FVa.

Nicht nur strukturell, sondern auch funktionell lassen sich Parallelen zwischen den Faktoren V und VIII aufzeigen (Cripe et al., 1992). Die Rolle von FVIIIa bei der Aktivierung von FX ist der Rolle von FVa bei der Prothrombinaktivierung analog (Hoffman et al., 2005).

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1 Einleitung

Zwei Drittel des FV zirkulieren im Plasma (Plasmakonzentration 7 mg/l; HWZ 12 Stunden) (Tracy et al., 1982), der Rest ist in den Granula der Thrombozyten gespeichert, aus welchen die FV-Freisetzung bei Thrombozytenaktivierung erfolgt (Hayward et al., 1995). Im Blut zirkuliert FV als inaktiver Cofaktor und wird durch proteolytische Spaltung aktiviert. Dies erfolgt durch Thrombin und in geringem Maß auch durch FXa (Marquette et al., 1995). Es kommt zur Spaltung an den Positionen Arg709-Ser710, Arg1018-Thr1019 und Arg1545-Ser1546. Hierdurch werden eine schwere Kette (Mr 110.000) und eine leichte Kette (Mr 78.000) gebildet, welche nicht- kovalent über Calcium verbunden sind. Die schwere Kette beinhaltet die Domänen A1-A2, die leichte Kette die Domänen A3-C1-C2. Die drei Thrombinspaltungsstellen enthaltende B-Domäne wird während der Aktivierung herausgeschnitten (Kalafatis et al., 2003; Mann et al., 2003).

FVa ist neben FXa, Prothrombin, Calcium und Phospholipiden Bestandteil des Prothrombinase-Komplexes und trägt als essentieller Proteincofaktor zur Aktivierung von Prothrombin mittels FXa zu Thrombin bei. Dieser Komplex beschleunigt die im Vergleich zur einfachen nur durch FXa vermittelten Thrombinbildung auf das 300.000-fache (Majumder et al., 2005).

Um das Gleichgewicht zwischen Koagulation und Antikoagulation aufrechterhalten zu können, muss der FV nach Aktivierung rasch deaktiviert werden. Dies geschieht über das von ihm gebildete Thrombin, welches Thrombomodulin an seinen

Abb. 1.7: Prothrombinase-Komplex.

Faktor Xa (L, light chain; H, heavy chain); Prothrombin (PT); Faktor Va (FVa); Cofaktor Calcium (●); γ-Carb- oxyglutamat (Y); Lipidbindungsstellen (in kräftiger Farbe dargestellt).

(18)

1 Einleitung

endothelialen Rezeptor bindet und damit die Aktivierung von Protein C auslöst (Griffin et al., 2006).

Außerdem dient FV (nicht FVa) zusammen mit Protein S als Cofaktor bei der APC- vermittelten Inaktivierung von FVIIIa (Shen et al., 1994).

Abb. 1.8: Aktivierung und Inaktivierung des FV. FV besteht aus drei A-Domänen, einer B- und zwei C-Domänen. Thrombin spaltet FV an den drei Peptidbanden, die durch Pfeile gekennzeichnet sind (709, 1018, 1545). Dadurch entstehen eine schwere und eine leichte Kette, welche einen calciumabhängigen Komplex, den FVa bilden. APC inaktiviert den FVa durch Spaltung der schweren Kette an Position 306, 506, 679.

FXa und APC konkurrieren um die Bindungsstelle an der leichten Kette des FVa- Moleküls. Somit ist die Bindung von FXa an FVa mit dem Schutz vor der APC- vermittelten Inaktivierung verknüpft. Dieser protektive Effekt von FXa wird durch Protein S aufgehoben, da dessen Anwesenheit an der Phospholipidoberfläche die Affinität der APC-Bindung erhöht (Duga et al., 2004). Die membranungebundene APC-Aktivität spielt kaum eine Rolle (Hoffman et al., 2005).

Die membrangebunde Inaktivierung des FVa folgt einem geordneten, stufenartigen Ablauf. Zu Beginn der APC-vermittelten Inaktivierung wird das FVa-Molekül am Arg506 der schweren Kette gespalten. Dieser Schritt allein hat allerdings noch

(19)

1 Einleitung

keinen Einfluss auf die Cofaktoraktivität, dient aber der optimalen Darbietung der inaktivierenden Spaltungsstellen Arg306 und Arg679.

Die Spaltung an Arg306 des membrangebundenen Cofaktors führt zu einem Aktivitätsverlust von 70%. Die anschließende lipidunabhängige Spaltung an Arg679 ist für den Verlust der restlichen 30% der Cofaktoraktivität verantwortlich (Hoffman et al., 2005).

Die für die Spaltungsstellen kodierenden Sequenzen sind auf unterschiedlichen Exons des FV-Gens lokalisiert. Auf Exon 7 liegt die für Arg306 kodierende Region, auf Exon 10 die für Arg506 und auf Exon 13 die für Arg679 kodierende Region des FV-Gens.

Parallel dazu gibt es einen alternativen Weg der Inaktivierung von FVa durch Thrombin. Dabei spaltet Thrombin FVa an Position Arg643. Dieser Weg ist jedoch von untergeordneter Bedeutung (Mann et al., 2003).

1.2.1 Faktor V-Mangel

Ein FV-Mangel verursacht eine seltene milde Verlaufsform der Hämophilie, die sogenannte Parahämophilie. Symptome treten meist erst bei schwerem FV-Mangel (< 5%) auf (Normbereich: 70%-150%). Klinische Manifestationen sind: Verlängerte Nabelschnurblutung, Menorrhagie, stärkere Blutungsneigung bei Operationen, gelegentlich leichte Gewebeeinblutungen, häufiges Nasenbluten und selten Gelenkeinblutungen. Schwere Hämorrhagien treten in der Regel nur auf, wenn die Restaktivität unter 1% liegt. Laborchemisch fallen ein erniedrigter Quick und eine verlängerte aPTT auf. Versuche an Knock-out Mäusen lassen vermuten, dass eine minimale Restaktivität (< 1%) für das Überleben ausreichend ist (Asselta et al., 2005). Diese meist autosomal-rezessiv vererbte Krankheit hat eine Prävalenz von 1: 1 000 000. Gelegentlich kann ein FV-Mangel auch erworben sein z.B. infolge eines inhibierenden Antikörpers bei Tuberkulose (Aliaga et al., 1990). Bedingt durch seine Seltenheit und der meist fehlenden Symptomatik spielt der FV-Mangel in der Klinik nur eine geringe Rolle.

(20)

1 Einleitung

Ein leichter bis mäßiger FV-Mangel kann sowohl auf dem Haplotyp R2 als auch auf den Polymorphismen Met1736Val, Met2120Thr oder Asp2194Gly beruhen. Im Falle einer Kombination dieser Polymorphismen kann die FV-Aktivität sogar auf 18%

erniedrigt sein (Asselta et al., 2006; Castoldi et al., 2004; van der Neut Kolfschoten et al., 2003; Yamazaki et al., 2002).

Die Erkrankung kann auch als kombinierter FV / FVIII-Mangel auftreten. Dann ist die Mutation meist im LMAN1- oder im MCFD2-Gen lokalisiert. Es handelt sich dabei um ein Transmembranprotein des Golgi-Apparates. Beide Mutationen werden autosomal rezessiv vererbt. Homozygote Träger zeigen eine FV-Aktivität, die im Bereich zwischen 1-5% liegt und zeichnen sich durch eine milde Blutungsneigung aus.

Heterozygote Träger zeigen eine FV-Aktivität von 20% bis 60% und haben somit ein normales Blutungsverhalten (Zhang et al., 2003 & 2006).

1.2.2 Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C (APCR)

APC dient der Limitierung der Gerinnung. Wie oben bereits erwähnt, geschieht dies durch proteolytische Inaktivierung der Faktoren Va und VIIIa mit Hilfe des Cofaktors Protein S. Diese Reaktion ist bei einer Resistenz gegen aktiviertes Protein C (APCR) nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich. Bei ca. 20% der Thrombosepatienten kann eine APCR nachgewiesen werden. Unter den hereditären Ursachen hat sie sogar einen Anteil von 45%. Protein C spielt somit eine sehr bedeutende Rolle in der Thromboseentwicklung und scheint der wichtigste Faktor im antikoagulatorischen System zu sein (Hoffman et al., 2005).

Die APCR beschreibt einen Defekt im Protein C-System, der eine verminderte Aktivität des Protein C zur Folge hat. Sie kann in einem modifizierten aPTT- Testverfahren gemessen werden. Durch Hinzugabe von APC zu einem Testplasma wird normalerweise die aPTT deutlich verlängert. APCR bezeichnet das Verhältnis der aPTT mit APC zur normalen aPTT. Normalerweise sollte der Quotient über 2 liegen, liegt er darunter, spricht man von einer APCR (von Depka Prondzinski et al., 2002).

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1 Einleitung

Die FV Arg506Gln- (FV-Leiden-) Mutation ist mit 95% die Hauptursache für eine APCR. Die Mutation bewirkt ein erhöhtes Thromboembolierisiko sowohl bei homozygotem als auch bei heterozygotem Vorliegen. Für diese seit 1994 bekannte, nur bei Kaukasiern vorkommende und nach dem Ort ihrer Entdeckung benannte Mutation wird in Mitteleuropa eine Prävalenz von fünf bis sieben Prozent angegeben.

Heterozygote Anlageträger haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein drei- bis siebenfach erhöhtes Thromboserisiko, bei Homozygoten ist das Risiko bis zu 100- fach erhöht (Koster et al., 1993; Bertina et al., 1994; Vos et al., 2006).

Abb. 1.9: Schema der Spaltungsschritte der schweren Kette des FVa während der Inaktivierung durch APC und Protein S. Der normale FVa wird durch drei Spaltungen rasch inaktiviert, wobei die Spaltung an Arg506 (k1) der optimalen Darbietung der inaktivierenden Spaltungsstellen an Arg306 und Arg679 (k2) dient. Das Fehlen der Spaltungsstelle an Arg506 bei FV-Leiden führt zu Spaltungen an Arg306 (k1´) und Arg679 (k2´). Diese inaktivierenden Spaltungen laufen deutlich langsamer ab als an Arg506 bereits vorgespaltenen schweren Ketten: k1 > k2 > k1´ > k2´.

(22)

1 Einleitung

Findet ein Austausch von Arginin 506 durch Glutamin statt, kann der FVa nur stark verlangsamt durch APC inaktiviert werden, da die initiale Spaltung an dieser Stelle nicht mehr möglich ist. Der membrangebundene FVa dieser Patienten wird nun durch die Spaltung an Arg306 und Arg679 inaktiviert. Diese Reaktion erfolgt allerdings deutlich langsamer als unter physiologischen Bedingungen, da die reaktionsfördernde Spaltung an Arg506 durch die Substitution mit Glutamin nicht möglich ist (Kalafatis et al., 1999).

Bei Inkubation mit APC wird FV-Wildtyp (-Arg506) innerhalb von fünf Minuten komplett inaktiviert, während FV-Leiden (-Gln506) nach diesem Zeitraum noch nahezu 50% seiner anfänglichen Aktivität aufweist (Hoffman et al., 2005). Bei heterozygoten FV-Leiden-Trägern führt dies zu einer APCR von 1,6 - 1,9, bei homozygoten Trägern liegt meist eine Ratio von 1,0 - 1,4 vor (von Depka Prondzinski et al., 2002).

Eine seltene Ursache für eine APCR ist die Arg306Thr Mutation (FV-Cambridge). Bei diesem Protein fehlt die APC-Spaltungsstelle Arg306, wodurch der erste Inaktivierungsschritt des FVa-Moleküls wegfällt. Auf diese Weise verliert er lediglich 30% seiner Cofaktoraktivität (Williamson et al., 1998).

Weiterhin gibt es mehrere Polymorphismen die eine geringgradige APCR verursachen, wie z.B. der R2-Haplotyp oder der Polymorphismus Asp2194Gly (Vos et al., 2006; Scanavini et al., 2004; Kostka et al.2003, Bernardi et al., 1997).

Eine erworbene APCR ist ebenfalls recht häufig, wenngleich sie meist nur mild ausgeprägt ist und geringe klinische Bedeutung besitzt. Sie findet sich beispielsweise bei Akute-Phase-Reaktionen, Antiphospholipid-Antikörpern, zerebrovaskulären Erkrankungen, hoher FVIII-Aktivität, unter Einnahme oraler Kontrazeptiva und bei Schwangerschaft (Hoffman et al., 2005).

(23)

1 Einleitung

1.2.3 Pseudohomozygotie der Faktor V-Leiden-Mutation

Heterozygote Träger der FV-Leiden-Mutation, die ebenfalls einen FV-Mangel besitzen, haben ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse, obwohl ein FV-Mangel eine potentielle Blutungsursache darstellt, welche der durch die FV- Leiden-Mutation bedingten Thromboseneigung entgegen wirken sollte.

Daher sind die Patienten mit heterozygotem FV-Leiden, die eine Null-Mutation auf dem Pendant- (non-Leiden-) Allel tragen, besonders interessant.

Bei diesen Patienten ist der FV-Plasmaspiegel auf ca. 50% reduziert und die APCR ist vergleichbar mit der eines homozygoten FV-Leiden-Trägers. Diese seltene Kombination wird als Pseudohomozygotie bezeichnet. Sie ist dafür verantwortlich, dass das FV-non-Leiden-Allel nicht exprimiert wird und sich im peripheren Blut nur der mutierte FV-Leiden befindet (Castaman et al., 1997 & 1999; Kalafatis et al. 1999, Brugge et al. 2005).

Das Thromboserisiko wird oft unterschätzt. Die pseudohomozygoten FV-Leiden- Träger haben ein bedeutend höheres Thromboseriskiko als heterozygote. Es ist vergleichbar mit der homozygoten FV-Leiden-Mutation, da das Thromboserisiko weniger von der Plasmakonzentration des veränderten FV-Leiden-Proteins als von der Konzentration des normalen FV (FV-Wildtyp) im Serum abhängt (Brugge et al.

2005).

Bei einer Prävalenz des angeborenen FV-Mangels (Parahämophilie) von 1: 1 000 000 kann man von einer 0,1%-igen Häufigkeit des FV-Null-Allels in der Allgemeinbevölkerung ausgehen. Damit ist etwa 1 von 1000 FV-Leiden-Trägern pseudohomozygot (Simioni et al., 2005).

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2 Zielsetzung dieser Arbeit

2 Zielsetzung dieser Arbeit

FV spielt sowohl im koagulatorischen als auch im antikoagulatorischen System eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren konnten durch intensive Forschungen viele funktionell wichtige Bereiche identifiziert werden. Mittlerweile besteht weitgehende Klarheit über die Auswirkungen der wichtigsten Polymorphismen und über die häufigeren Ursachen der APCR.

FV weist jedoch eine hohe Variabilität in seiner DNA-Sequenz auf, die meistens eine verminderte FV-Synthese oder -Funktion verursacht.

Die große Mehrheit der bis jetzt beschriebenen und einen FV-Mangel verursachenden Mutationen wurde nur in einer bestimmten Familie gefunden („private Mutation“). Lediglich für die Mutation Tyr1702Cys konnte eine gewisse regionale Häufung in Italien nachgewiesen werden (Asselta et al., 2006).

Ziel dieser Arbeit war die Identifikation der zugrunde liegenden Gendefekte bei Patienten mit FV-Mangel und ihr Vergleich mit der jeweiligen Klinik. Dies ist letztendlich Grundlage für die entsprechende Phänotyp-Charakterisierung und ermöglicht eine Aussage über funktionelle Auswirkungen der einzelnen Mutationen.

Von besonderem Interesse waren dabei Patienten mit FV-Mangel und Thromboseneigung, die keine APCR oder FV-Leiden-Mutation aufwiesen. Die Untersuchung dieser Patienten erlaubt möglicherweise die Charakterisierung funktioneller Domänen mit antikoagulatorischer Wirkung im FV. Des Weiteren dient die Arbeit auf längere Sicht dem Aufbau einer Datenbank, die einen Überblick über die komplette genetische Vielfalt des FV bietet.

Meist sind die klinischen Auswirkungen eines FV-Mangels gering, da selbst eine minimale Restfunktion von 5% für eine suffiziente Hämostase ausreichend ist.

Wesentlich kritischer ist jedoch die Kombination eines FV-Mangels mit einer APCR.

Hier kann es durch einen Funktionsverlust des anderen Allels zu einer funktionellen Hemizygotie bzw. Pseudohomozygotie des FV kommen. Dies äußert sich durch eine verstärkte APCR mit nachfolgender Thromboseneigung (Simioni et al., 2005), deren genaue Pathomechanismen jedoch noch nicht vollständig aufgeklärt sind. Ein

(25)

2 Zielsetzung dieser Arbeit

weiteres Ziel dieser Arbeit war daher die genauere Untersuchung der Pseudohomozygotie der FV-Leiden-Mutation bzw. eine Analyse der Auswirkung einer Koseggregation von Mutationen, die einen FV-Mangel und eine APCR verursachen.

Dafür musste eine Screeningmethode etabliert werden, mit der Patienten mit FV- Mangel oder APCR auf Mutationen untersucht werden konnten. Dies erfolgte über einen Zeitraum von zwei Jahren.

Die Blutproben dieser Patienten wurden aufbereitet, die DNA extrahiert und das komplette Gen incl. aller Exon-Intron-Grenzen und der Promotorregion sequenziert.

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3 Materialien

3 Materialien

3.1 Blutproben

EDTA S-Monovette, 2,7 ml

(1,6 mg Kalium-EDTA / ml Blut)

Sarstedt

Citrat S-Monovette, 3,0 ml

(0,09 mmol Tri-Na-Citrat; Citrat/Plasma = 1/10)

Sarstedt

3.2 Allgemeine Chemikalien

HPLC Wasser J.T. Backer

Ethanol (99,9%) J.T. Backer

Agarose 3:1 Amresco

TBE-Puffer (1x) Amresco

Ethidiumbromid Sigma

Glycerol Aldrich

HIDI Formamid Applied Biosystems

Ampicillin [50 µg/ml] Sigma

Petrischale Sarstedt

Sepadex G50 Superfine Sigma

3.3 Biologische Substanzen

Escherichia coli (DH5αTM) Invitrogen

100 bp DNA Ladder Invitrogen

dNTP Set [25 mM] Invitrogen

Primer [10 mM] MWG

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3 Materialien

3.4 Primer

Primer Sequence (5'  3') Position

Schmelz- temperatur

[°C]

Promotor HCVP-F CTATGCTGCAGCTTAGCTGG° -684 to -665* 59,4

HCVP-R GCTGCAATGAGCTCTAGAGG°§ -88 to -107* 59,4

Exon1 HCFV-1F AGGACGCTGCCACCCACAG°§ -126 to -108* 63,1 HCFV-1R CACCCGGACTCCACACCTG° intron1, nt +25 to +7 63,1 Exon2 HCFV-2F GTGAACAAATAGTTATCACAACAGG° intron1, nt -223 to -199 58,1 HCFV-2R TGCATGTGAATGCCAAATTACC° intron2, nt +68 to +47 56,5 Exon3 HCFV-3F GATGACCCTGAATACAGACATAG° intron2, nt -44 to -22 58,9 HCFV-3R GATGCTGGTATTAAAGACTTAGAC° intron3, nt +61 to +38 57,6 Exon4 HCFV-4F ACTGCCCACATGTCTTGATGG° intron3, nt -36 to -16 59,8 HCFV-4R TGACAGAACTCCTGACCATTCC° intron4, nt +62 to +41 60,3 Exon5 HCFV-5F CTGCAGTGCTACTGAAAACATG° intron4, nt -37 to -16 58,4 HCFV-5R TCCTTCTTGATAGGGAGTTGC° intron5, nt +125 to +105 57,9 Exon6 HCFV-6F GCCTAATCCTTTAGCAATCCCTG° intron5, nt -290 to -268 60,6 HCFV-6R2 GTTTGGTTGTTAGGAACTGAG# intron6, nt +135 to +113 58,4 Exon7 HCFV-7F GAGTTATTTCATTGTCTTTCTGTCC° intron6, nt -33 to -9 58,1 HCFV-7R GTCTTGAACCTTTGCCCAG° iritron7, nt +42 to +24 56,7 Exon8 HCFV-8F GCAGAATGTTTAAGCACAAGG° intron7, nt -87 to -67 55,9 HCFV-8R CTATGTAATTTCTCCCATGATTCTG° intron8, nt +41 to +17 58,1 Exon9 HCFV-9F GATGACTTCAAAGACAGTGTCC° intron8, nt -422 to -401 58,4 HCFV-9R2 GACTGCAGTAGTGACACCACCG# intron9, nt +102 to +79 64,0 Exon10 HCFV-10F ATGACAAGTTAATGGGTGCAGC° intron9, nt -227 to -206 58,4 FV-10R CTTGAAGGAAATGCCCCATTA° intron10, nt +99 to +79 55,9 Exon11 HCFV-11F TGGTCTATGCGTCTGTTCTTGTAC° intron10, nt -50 to -27 61,0 HCFV-11R CAACCACAGGAATGAAAAACTG° intron11, nt +49 to +28 56,5 Exon12 HCFV-12F CATAGACTTGGAATTTTAACAG° intron11, nt -37 to -16 52,8 HCFV-12R CAAGCTTCCTCTGTGAGTGTC° intron12, nt +36 to +16 59,8 Exon13a HCFV-13aF TCCCAGACTTCCAGATCTCTC° intron12, nt -44 to -24 59,8 HCFV-13aR CTGTGACATCTGGCTGTAGAGG° exon13, nt 2626 to 2605 62,1 FV 13AB-F CTCACCAACAAGCCACCACAGC#§ exon13, nt 2486 to 2509 64,0 Exon13b HCFV-13bF CCAGCCCATATTCTGAAGACC° exon13, nt 2573 to 2593 59,8 HCFV-13bR TCGTGTCTTAATGAGAAACTGGC° exon13, nt 3180 to 3158 58,9 Exon13c HCFV-13cF TCTACAAGTAAGACAGGATGGAGG° exon13, nt 3114 to 3137 61,0 HCFV-13cR GTTCTGGAGAGAGAGTCGTGTG° exon13, nt 3739 to 3718 62,1 FV 13CB-R GATTGAGGTCTGTGGGAAGAG#§ exon13, nt 3340 to 3320 59,8 Exon13d HCFV-L13F1 CAAGTCCTTCCCCACAGATATA° exon13, nt 3579 to 3600 58,4 HCFV-L13R2 GTAGGAGATGAAGGAGATGG°§ exon13, nt 4580 to 4561 57,3 HCFV-L13F2 ATGCCCCTCTTTGCAGATCT°§ exon13, nt 4261 to 4280 57,3 HCFV-L13R1 AGATCTGCAAAGAGGGGCAT°§ exon13, nt 4280 to 4261 57,3 Exon13e HCFV-13eF CTTCTGAATCTAGTCAGTCATTGC°§ exon13, nt 4487 to 4510 59,3 HCFV-13eR TTCAGCAGTAATGGAAAAATGAG° intron13, nt +50 to +28 55,3 Exon14 HCFV-14F2 GACCTTCTCTATGCTAGATGC# intron13, nt -103 to -83 57,9 HCFV-14R CCGAAGATCTTAGCAGTGCTC° intron14, nt +32 to +12 59,8 Exon15 HCFV-15F2 GGCCATATCTCACAGGATGG° intron14, nt -177 to -158 59,4 HCFV-15R GTCATCTGAAGAGCTGCATGG° intron15, nt +186 to +166 59,8 Exon16 HCFV-16F AGTGCATGGTAAGCACTTGG° intron15, nt -381 to -362 57,3 HCFV-16R2 ACCTGCCAGATTACATCAGC° intron16, nt +169 to +150 57,3 Exon17 HCFV-17F2 CCTTTCCATGGCTAGGTAGG° intron16, nt -139 to -120 59,4 HCFV-17R TCTTAGCAGGGACCTCTTCC° intron17, nt +37 to +18 59,4 Exon18 HCFV-18F GAAAGCCTCTTGTGAAGCAGG° intron17, nt -104 to -84 59,8 HCFV-18R2 TTCAATGCAATCAGACCATGG° intron18, nt +167 to +147 55,9 Exon19 HCFV-19F ATTGAGTCAGAAACATAATCCC° intron18, nt -95 to -74 54,7 HCFV-19R GCATGCTGCACAACTGTAGG° intron19, nt +55 to +36 59,4 Exon20 HCFV-20F AAGGATCTGGTTTTCCACTGG° intron19, nt -93 to -73 57,9 HCFV-20R2 ACCTCAGAGGGTTGATTTTAAGG° intron20, nt +169 to +147 58,9 Exon21 HCFV-21F GCAGTGTGTGACTTGTTGAC° intron20, nt -57 to -38 57,3 HCFV-21R AGATTCAGATAGAAATATGCACAC° intron21, nt +28 to +5 55,9 Exon22 HCFV-22F TCTTCCTGGAACTGGAATTATCC° intron21, nt -165 to -143 58,9 HCFV-22R TCTTGATTCTTTGAGTGGCAGTG° intron22, nt +50 to +28 58,9 Exon23 HCFV-23F2 TGAGAACAGTATTTGGCACTTGG° intron22, nt -162 to -140 58,9 HCFV-23R CCAGATCCTCCATGTTTGTGG° intron23, nt +84 to +64 59,8 Exon24 HCFV-24F AAGCAAAGGTTTTAACATCTTCC° intron23, nt -52t o -30 55,3 HCFV-24R TCTTTGCCCAGATGCCAC° intron24, nt +23 to +6 56,0 Exon25 HCFV-25F CAGTCATACAGCTAATACAGACG° intron24, nt -441 to -419 58,9 HCFV-25R2 CACAGCGTAAAATACATTGCCC# exon25, nt +80 to +59^ 58,4

° Primer von VAN WIJK et al, 2001

# Neu entworfene Primer

§ Zusätzliche Primer für die Sequenzierung

* In Bezug auf das Startkodon

^ In Bezug auf das Terminationscodon

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3 Materialien

3.5 Kits

DNA Isolation Kit for Mammalian Blood

Red Blood Cell Lysis Buffer White Blood Cell Lysis Buffer Protein Precipitation Solution

Roche

Taq DNA Polymerase Kit

10 x PCR-Puffer MgCl2 [50 mM]

Taq-Polymerase [5 U/µl]

Invitrogen

Montage PCR96 Cleanup Solution Millipore

BigDye Terminator v1.1 Cycle Sequencing Kit Applied Biosystems MultiScreen Separation System

MultiScreen Column Loaders Centrifuge Alignment Frames

Millipore

pEGM-T Easy Vector System

2 x Rapid Ligations Puffer pEGM-T Easy Vector T4-DNA Ligase

Promega

QIAprep Spin Miniprep Kit

QIAprep Spin Colums Puffer: P1, P2, N3, PE RNase A

Collection Tubes (2 ml)

Qiagen

3.6 Standardlösungen, -medien, -puffer

LB-Medium LB broth base, Invitrogen

1 x TBE-Puffer Amresco

6 x Ladepuffer

Bromphenolblau 1,5 ml Glycerol-Lösung 30%ig 0,9 ml EDTA-Lösung 0,5 M 100 μl H2O 7,5 ml

Sigma Aldrich Sigma J.T. Backer

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3 Materialien

OJA-Platte

LB-Medium 300 ml X-Gal 2%ig 600 µl I PTG 0,1 M 300 µl Amp 50 g/l 600 µl

LB Agar, Invitrogen Stratogene

Stratogene Sigma

3.7 Kleinmaterialien

Pipettenspitzen Größen 10,100 und 1000 µl, Sarstedt Reaktionsgefäße Multiply 0,2 ml, Sarstedt

1,5 ml Microtubes, Sarstedt PCR-Softstripes 0,2 ml, Biozym

PP-Röhrchen 15 ml, Greiner Labortechnik 13 ml Tubes, Sarstedt

Parafilm Parafilm, Pechiney

Mikrotiterplatte Mikrowell, NUNC

3.8 Geräte

Vortexer Vortex 2 Genie scientific industries Photometer GeneRay UV-Photometer, Biometra Thermocycler Thermocycler T3, Biometra

Mikrowelle 602, Lunix

8020E, Privileg Kühlschrank

Gefrierschrank -80 °C Schrank

Glasline, Liebherr

Premium NoFrost, Liebherr Model 6443, GFL

Eismaschine Ziegra-Eismaschine, Ziegra Zentrifuge Avanti J-E, Beckman Coulter Tischzentrifuge Microfuge 22R, Beckman Coulter

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3 Materialien

Feinwaage GX6000, AND

Magnetrührer RET basic, IKA

Inkubator Model 400, Memmert

Thermoshake, Gerhard Gelelektrophoresegerät

Geldokumentation

Standard Power Pack P25, Biometra BioDoc Aalyze, Biometra

Heizblock Thermomixer comfort, Eppendorf Pipetten (einstellbar) Eppendorf

Sequenziergerät ABI Prism 310 Genetic Analyser, Perkin Elmer

Analyse: Data Collection Software, Applied Biosystems Auswertung: SequEd v 1.0.3, Applied Biosystems Vakuumpumpe MultiScreen Resist Vacuum Manifold, Millipore Mikrotiterplattenschüttler MS1, IKA

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4 Methoden

4 Methoden

4.1 Rekrutierung der Patienten

In der Gerinnungsambulanz der MHH wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren Patienten sowie einige Familienangehörige mit FV-Mangel oder APCR rekrutiert. Bei diesen Patienten wurden im Rahmen von Routineuntersuchungen Gerinnungsanalysen durchgeführt und zum Teil schon DNA extrahiert. Das Einverständnis für molekulargenetische Untersuchungen wurde eingeholt.

4.2 Isolation und Aufreinigung der DNA

Die DNA-Extraktion erfolgte aus ca. 3 ml frischem, mit EDTA oder Citrat versetztem Vollblut.

1.) Zur Extraktion wurden 9 ml des Ery-Lysis-Puffers in ein steriles 12,5 ml Zentrifugenröhrchen pipettiert und die jeweilige Probe dazu gefügt. Danach wurde die Probe für 10 Minuten vorsichtig gemischt. Es kam dabei zur bevorzugten Lyse der Erythrozyten.

2.) Anschließend wurde die Probe für 10 Minuten bei 2500 rpm zentrifugiert. Danach waren die Leukozyten als festes Pellet am Boden des Zentrifugenröhrchen. Der nun klare hellrote Überstand wurde dekantiert und verworfen. Nun wurde das Röhrchen gevortext, bis das Pellet in der verbleibenden Flüssigkeit vollständig gelöst war.

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4 Methoden

Abb. 4.1: DNA-Extraktion gemäß der Anleitung des DNA Isolation Kit for Mammalian Blood.

3.) Es wurden 2,5 ml des Leuco-Lysis-Puffer hinzugegeben. In dieser stark anionischen Lösung kam es nun auch zur Lyse der Leukozyten. Um eine vollständige Lyse zu gewährleisten, wurde das Röhrchen erneut gevortext und anschließend für 30 Minuten bei 37 °C inkubiert. Danach war die Lösung klar und von dunkler rot/brauner Farbe.

4.) Nun wurden 1,25 ml des Proteinfällungsreagenz dazugegeben. Die Proteine begannen sofort auszufallen. Für eine optimale Fällung musste das Zentrifugenröhrchen jedoch noch für mindestens 30 Sekunden gevortext werden.

Nach einer erneuten Zentrifugation über 11 Minuten bei 10000 rpm befand sich das Protein als Pellet am Boden und die DNA im Überstand.

5.) Der Überstand wurde nun vorsichtig in ein neues steriles 12,5 ml Zentrifugenröhrchen überführt und dann mit 8 ml 96% Ethanol vermischt. Durch mehrmaliges leichtes Schwenken fiel die DNA aus. Anschließend wurde die DNA über 10 Minuten bei 2500 rpm abzentrifugiert, der Überstand vorsichtig abgegossen und verworfen. Die DNA musste erneut gewaschen werden. Dazu wurde sie diesmal in 3 ml 70%-igem Ethanol unter leichtem Schwenken resuspendiert und

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4 Methoden

anschließend für 5 Minuten bei 2500 rpm zentrifugiert. Der vorsichtig abgegossene Überstand wurde verworfen und die DNA anschließend für ca. 30 Minuten bei geöffnetem Deckel luftgetrocknet. Je nach der Größe des Pellets wurden dann zwischen 400 und 800 µl TE-Puffer dazugegeben und die Röhrchen in den Kühlschrank gestellt. Die DNA löste sich über Nacht und wurde am nächsten Tag in vorgefertigte Probenhütchen überführt und bei 4 °C aufbewahrt.

(www.roche-applied-science.com)

4.3 Konzentrations- und Reinheitsbestimmung der Nukleinsäuren

Die Konzentration und Reinheit der Nukleinsäuren wurde durch photometrische Messung der Extinktion bei 260 nm gegen einen Leerwert bestimmt.

Da eine dsDNA-Lösung der Konzentration 50 µg/ml eine Extinktionswert von 1,0 bei 260 nm und 1 cm Schichtdicke aufweist, kann die DNA-Konzentration aus dem gemessenen Absorptions-Wert wie folgt berechnet werden:

c = (E260 - E320) · f · K

c = Konzentration [µg/ml]

E = Extinktion

f = Verdünnungsfaktor

K = 50 µg/ml bei dsDNA (oder die Konzentration, bei der der Extinktionswert

der jeweiligen Nukleinsäure 1,0 ist)

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4 Methoden

Das verwendete Photometer erlaubt gleichzeitig eine Einschätzung der Qualität der vorliegenden Nukleinsäuren, indem vier wichtige Kennwellenlängen des Spektrums mitbestimmt werden:

230 nm (Absorption von Salzen und Kohlenhydraten)

260 nm (Absorptionsmaximum der Basen der Nukleinsäuren) 280 nm (Absorptionsmaximum von Proteinen)

320 nm (Basislinie des Absorptionsspektrums der Nukleinsäuren).

Richtwerte für eine Nukleinsäurepräparation guter Qualität sind ein 230 nm Wert

<50% des 260 nm Wertes. Der Quotient aus der Extinktion bei 260 nm und der bei 280 nm sollte einen Wert von ≈1,8 haben (Voet et al., 2004).

4.4 Polymerasekettenreaktion (PCR)

4.4.1 Grundlagen der PCR

Die Mitte der 80-er Jahre von Kary B. Mullis (Mullis 1990; Saiki et al. 1985) und seinen Mitarbeitern entwickelte „polymerase chain reaction“ hat sich zu einer unentbehrlichen Methode in der Molekularbiologie entwickelt, mit der sich geringste Mengen spezifischer DNA nachweisen lassen. Mit ihr ist es seither möglich, eine definierte DNA-Sequenz aus dem Genom in vitro millionenfach zu vervielfältigen (Strachan und Read 1996).

Dazu werden zunächst zwei kurze synthetische Oligonukleotide, die Primer, die komplementär an jeweils ein Ende der Zielsequenz binden, konstruiert. Am jeweiligen 3’-OH-Ende dieser Primer kann im Folgenden eine DNA-Polymerase den Kettenaufbau durch den Einbau von Desoxynukleotidtriphosphaten (dNTPs) beginnen.

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4 Methoden

Des Weiteren werden ein geeignetes Puffersystem, dNTPs im Überschuss und eine DNA-Polymerase benötigt. Die gesamte Reaktion basiert auf drei Teilschritten bei jeweils unterschiedlichen Temperaturen, die in Zyklen wiederholt werden:

1. Denaturierung

Im ersten Schritt, der Denaturierung (bei 94 °C), wird die DNA in Einzelstränge aufgetrennt (Volkenandt et al. 1990).

2. Annealing der Primer

Die Temperatur wird auf einen Bereich von ein bis zwei Grad unterhalb der Schmelztemperatur abgesenkt (50 - 65 °C), welches es den zuvor ausgewählten Primern erlaubt, spezifisch an den komplementären DNA-Strang zu binden.

3. Elongation

Die Primer dienen im dritten Schritt der DNA-Synthese (bei 72 °C) als Startmoleküle für die DNA-Taq-Polymerase, welche die Matrizenstränge kopiert.

Abb. 4.2: Grundprinzip der Polymerasekettenreaktion. Schematische Darstellung der drei Grundschritte der PCR: Denaturierung, Annealing und Elongation.

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4 Methoden

Dieser Zyklus wird 35-mal wiederholt. Während dieser Kettenreaktion wird das gewünschte DNA-Fragment milliardenfach amplifiziert. In jedem Zyklus verdoppelt sich die Menge des von den Startermolekülen eingerahmten Matrizenfragments und wird im darauf folgenden Zyklus zum Ausgangsmaterial, in denen die Produkte des ersten Zyklus auch als Matrize dienen. Die Reaktionsprodukte wachsen mit jedem Zyklus exponentiell an und somit wird das ursprüngliche DNA-Stück um ein Milliardenfaches vervielfältigt. (Voet et al., 2004)

Die Taq-DNA-Polymerase (Saiki et al. 1988) stammt aus einem E. coli-Stamm, der ein Plasmid mit dem klonierten Gen der Thermus aquaticus-DNA-Polymerase trägt.

Das Bakterium Thermus aquaticus lebt im Wasser bei einer Temperatur von 75 °C.

Seine DNA-Polymerase (Taq-Polymerase) hat ein Temperaturoptimum von 72 °C.

Daher sollte die Synthesephase bei dieser Temperatur ablaufen. Die Taq- Polymerase ist selbst bei der Denaturierungstemperatur von ca. 94 °C noch stabil.

4.4.2 Optimierung der PCR

Um möglichst spezifische Produkte zu erhalten, müssen die optimalen Bedingungen für die vorliegende DNA-Sequenz und die ausgewählten Primer ausgetestet werden.

Dazu sollten verschiedene Gesichtspunkte bedacht werden:

Enzymkonzentration (DNA-Polymerase)

Das Enzym ermöglicht es, die PCR automatisiert ablaufen zu lassen. Die ideale Enzymkonzentration sollte bei 0,5 - 1,5 Units (U) Taq-Polymerase liegen; eine zu hohe Enzymkonzentration kann die Nebenproduktbildung verstärken, da die Substratspezifität des Enzyms sinkt.

Desoxynukleotide

Die Nukleotide dGTP, dATP, dCTP und dTTP müssen exakt in der gleichen Konzentration (à 25 mM) vorliegen, da ansonsten ein Fehleinbau in den neu synthetisierten DNA-Strang gefördert wird. Günstig ist dabei ein gering konzentriertes Gemisch, da dieses einen positiven Einfluss auf die Genauigkeit der Pipettierung hat.

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4 Methoden

Primerkonstruktion

Die Primer sollten ca. 20 bis 25 Nukleotide lang sein, wobei tandemförmige Wiederholungen von einem oder mehreren Nukleotiden zu vermeiden sind.

Außerdem sollten die Primer nicht komplementär zueinander sein, da sonst die Gefahr der Primer-Dimerbildung besteht. Ein weiterer Punkt ist der Gesamtprozentsatz an GC-Nukleotiden, der so gewählt werden muss, dass die Schmelztemperatur jedes Oligonukleotids ähnlich ist (Strachan und Read 1996).

Bei der Auswahl der Primer wurde darauf geachtet, dass sie so lagen, dass bei der späteren Sequenzierung auch alle Exon-Intron Grenzen mit erfasst werden konnten.

Falls nicht dieselben Primer wie in der Literatur verwendet wurden, haben wir die Primer selbst anhand der bekannten FV-Sequenz entworfen. Im Anschluss daran wurden die Primer mittels „BLAST“ (http://www.ncbi.nlm.nih.gov:80/BLAST/) auf ihre Spezifität überprüft.

Primerkonzentration

Die Primerkonzentration muss hoch genug sein, damit genügend Oligonukleotide für das Annealing in den aufeinanderfolgenden Zyklen zur Verfügung stehen. Sonst erhält man ein zu schwaches PCR-Produkt. Andererseits sind zu hohe Primerkonzentrationen kritisch, da sie oft zu einer Selbsthybridisierung der Primer führen und damit die Spezifität der Reaktion verringern.

pH-Optimum

Der ideale Reaktionsansatz sollte dem pH-Optimum der Taq-Polymerase angepasst sein.

Auswahl der Ionenkonzentration

Die Magnesiumchlorid-Konzentration kann die Spezifität und Ausbeute der PCR wesentlich beeinflussen. Magnesium-Ionen bilden mit den dNTP’s einen löslichen Komplex, der für den dNTP-Einbau ausschlaggebend ist. Zusätzlich stimulieren sie die Polymeraseaktivität und erhöhen die spezifische Schmelztemperatur sowohl des DNA-Doppelstranges als auch der Bindung zwischen Primer und Matrize. Ein Mangel

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4 Methoden

an Magnesium-lonen setzt den Ertrag der Reaktion herab, wohingegen bei einem Überschuss vermehrt unspezifische Produkte gebildet werden.

Variationen der verschiedenen Temperaturphasen und Zeiten 1. Annealing:

Die Temperatur muss je nach Primersequenz empirisch ermittelt werden. Ist die Temperatur zu hoch, können sich die Primer nicht anlagern, was bedeutet, dass die Produktausbeute am Ende der Reaktion zu gering ist. Wählt man allerdings eine zu niedrige Temperatur, lagern sich die Primer auch an unspezifischen Sequenzstellen an, wobei unspezifische Nebenprodukte entstehen.

Die Annealingtemperatur sollte normalerweise ein bis zwei Grad unter der Schmelztemperatur beider Primer liegen.

2. Elongation:

Die Dauer dieser Phase richtet sich nach der Länge der Zielsequenz, die Taq- Polymerase synthetisiert ca. 1 kb/min.

(www.roche-applied-science.com)

4.4.3 Durchführung der PCR

Die Reagenzien und die PCR-Tubes wurden während des Ansetzens kontinuierlich auf Eis gehalten. HPLC-Wasser, PCR-Puffer, Magnesiumchloride, Nukleotide, Primer und zuletzt die Taq-Polymerase (im -20 °C-Block, um Aktivitätsverlusten vorzubeugen) wurden in einem Mastermix zusammengegeben. Nach dem Mischen wurden je 23 µl des Mastermixes in neue 0,2 ml PCR-Tubes überführt. Zum Schluss wurden je 2 µl DNA hinzugegeben und die Tubes verschlossen.

Als Negativkontrolle wurde jeweils ein Reaktionsansatz ohne DNA mitgeführt, damit eine Kontamination durch Fremd-DNA ausgeschlossen werden konnte.

(39)

4 Methoden

Reaktionsansatz (25 µl Gesamtvolumen)

18,45 µl HPLC-Wasser 2,5 µl 10xPCR-Puffer 0,75 µl MgCl2

0,2 µl dNTP (25 mmol/l)

0,5 µl Forward-Primer (10 pmol/µl) 0,5 µl Reverse-Primer (10 pmol/µl) 0,1 µl Taq-Polymerase

2,0 µl DNA

Die in vitro-Amplifikation der DNA-Sequenzen erfolgte in einem Thermocycler.

Verwendete PCR-Protokolle:

Vordenaturierung 94 °C Dauer: 3 min Zyklenzahl: 1

Amplifizeirung 94 °C Dauer: 30 sec

51 - 59 °C Dauer: 30 sec Zyklenzahl: 35 72 °C Dauer: 20 - 95 sec

Finale Elongation 72 °C Dauer: 3 min Zyklenzahl: 1 4 °C Pause

(40)

4 Methoden

Elongationszeiten und Annealingtemperaturen der einzelnen Protokolle

Protokoll Primer

PCR- Produkt

[bp]

Amplifikations- zeit [sec]

Annealing [°C]

Promotor-Exon1 HCVP-F HCFV-1R 887 55 58,4

Exon 2 HCFV-2F HCFV-2R 383 30 54,8

Exon 3 HCFV-3F HCFV-3R 228 30 56,5

Exon 4 HCFV-4F HCFV-4R 311 30 57,9

Exon 5 HCFV-5F HCFV-5R 306 30 56,5

Exon 6 HCFV-6F HCFV-6R2 647 40 57

Exon 7 HCFV-7F HCFV-7R 241 30 54,8

Exon 8 HCFV-8F HCFV-8R 306 30 54,8

Exon 9 HCFV-9F HCFV-9R2 624 40 57

Exon 10 HCFV-10F FV-10R 541 35 54,8

Exon 11 HCFV-11F HCFV-11R 250 30 54,8

Exon 12 HCFV-12F HCFV-11R 286 20 51,8

Exon 13a HCFV-13aF HCFV-13aR 605 37 57,9

Exon 13b HCFV-13bF HCFV-13bR 608 37 57,9

Exon 13c HCFV-13cF HCFV-13cR 626 37 58

Exon 13de HCFV-L13F1 HCFV-13eR 1360 95 54

Exon 14 HCFV-14F2 HCFV-14R 331 37 57,9

Exon 15 HCFV-15F2 HCFV-15R 600 37 57,9

Exon 16 HCFV-16F HCFV-16R2 761 45 56,3

Exon 17 HCFV-17F2 HCFV-17R 356 30 57,9

Exon 18 HCFV-18F HCFV-18R2 388 30 54,8

Exon 19 HCFV-19F HCFV-19R 222 26 53,7

Exon 20 HCFV-20F HCFV-20R2 366 30 56,5

Exon 21 HCFV-21F HCFV-21R 241 30 54,8

Exon 22 HCFV-22F HCFV-22R 360 30 57,9

Exon 23 HCFV-23F2 HCFV-23R 398 30 57,9

Exon 24 HCFV-24F HCFV-24R 258 26 53,7

Exon 25 HCFV-25F HCFV-25R2 668 40 57

(41)

4 Methoden

4.5 Gelelektrophoretische Auftrennung des PCR-Produktes

4.5.1 Prinzip der Gelelektrophorese

Die Gelelektrophorese ist eine einfache Methode, um festzustellen, ob ein PCR- Produkt entstanden ist und welche Länge (Basenpaare) dieses Produkt hat. Das Prinzip der Elektrophorese beruht auf der Migration geladener Partikel in einem elektrischen Feld. Die Gelelektrophorese ist für DNA-Moleküle besonders einfach, da jedes Nukleotid in einem Nukleinsäuremolekül bereits eine negative Ladung trägt und in einem elektrischen Feld in Richtung des positiven Pols, also von der Kathode zur Anode, wandert (Abb. 4.3).

Die Geschwindigkeit, mit der die DNA-Moleküle durch die Agarose-Matrix wandern, ist aufgrund des Molekularsiebeffekts umgekehrt proportional zum Logarithmus der Größe der DNA-Fragmente, d.h. je kleiner ein Fragment ist, desto schneller kann es sich durch das Gel bewegen. Des Weiteren hängt die Migration von der Stromstärke, den Pufferbedingungen und der Agarosekonzentration ab. Durch den Vergleich der Laufweite mit einem vorgefertigten DNA-Molekülgemisch bestimmter Längen (Ladder) kann die Größe des PCR-Produktes abgeschätzt werden.

Abb. 4.3: Apparatur einer Agarosegelelektrophorese.

Die auf das Gel aufgetragene negativ geladene DNA wandert, wie es der horizontale Pfeil andeutet, von der negativen auf die positive Elektrode zu. Sie wird dabei ihrer Größe nach durch die Gelmatrix aufgetrennt.

Agarose ist ein Polysaccharid, das aus roten Meeresalgen gewonnen wird. Es wird in Elektrophoresepuffer aufgenommen und durch Erhitzen in Lösung gebracht. Die

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