Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 107|
Heft 22|
4. Juni 2010 A 1125 TUMORDOKUMENTATIONAufwand für den Arzt verringern
Der Weg von den bisherigen Dateninseln hin zu einer einheitlichen, strukturierten Datenerfassung und -dokumentation bei Krebserkrankungen ist noch weit.
A
n Daten mangelt es den Or- gankrebszentren nicht. Ge- nutzt werden sie als Basis für die Zertifizierung, für das Benchmar- king und für die Struktur- und Pro- zessoptimierung. Generell dienen sie dem Zweck, sektorenübergreifend die Versorgungsqualität zu verbes- sern. Das große Manko: Die Zentren haben jeweils eigene, nichtkompati- ble Dokumentationssysteme zur Er- gebnisqualität entwickelt. Darauf verwies Prof. Dr. med. Ferdinand Hofstädter von der Arbeitsgemein- schaft Deutscher Tumorzentren bei einer Veranstaltung zur Tumordoku- mentation im Rahmen der IT-Kon- gressmesse Conhit.*Eine mehrfache Dokumentation – klinisch, epidemiologisch, regional, nach Kriterien der Qualitätssiche- rung et cetera – sollte jedoch vermie- den werden. Zudem stellt sich die Frage, wer die Qualität der Daten prüfen soll. Dies sollte im Dialog mit den Leitungserbringern geschehen, empfahl Hofstädter. Krebsregister und Organkrebszentren müssten da- bei eng zusammenarbeiten. Idealer- weise entstehe dabei ein Kreislauf:
Die Leitlinien würden die evidenz- basierte Handlungsweise vorgeben, die Register sektorenüberschreitend die Ergebnisqualität messen und die Zentren permanent Strukturen und Prozesse verbessern.
Einheitlicher Basisdatensatz
Aus Sicht Hofstädters wäre für die- sen Prozess ein patientenzentrierter einheitlicher und damit vergleich- barer Basisdatensatz erforderlich, der den Patienten von der Erstdia - gnose an im gesamten Krankheits- verlauf begleitet. Derzeit werde im Rahmen des Nationalen Krebs- plans an einem gemeinsamen Kon- zept der klinischen und epidemio- logischen Krebsregistrierung gear- beitet.„Die Tumordokumentation soll den Arzt möglichst wenig belasten.
Sie sollte zeitnah und in gewohnten Systemen und Konzepten möglich sein“, forderte Dr. med. Udo Alt- mann, Universität Gießen. Tumor- patienten werden sektorenübergrei- fend und teilweise in sehr unter- schiedlichen Einrichtungen betreut.
Die Probleme, die derzeit bei der Tumordokumentation beklagt wer- den, liegen nach Meinung des Ex- perten unter anderem in der Mehr- fachdokumentation, in der gefor- derten Einbeziehung von Daten aus anderen Betreuungsbereichen und in der retrospektiven Erfassung, die aufwendige Nachrecherchen erfor- dert. Idealerweise sollte daher jede Einrichtung nur den Teil des Ge- schehens berichten, in den sie selbst eingebunden ist. Die Zusammen- führung zu einer Gesamtschau sei dann über die Krebsregister oder zwischen beteiligten Ärzten/Institu- tionen über Schnittstellen möglich.
Damit die einzelnen Bausteine der zeitlich und räumlich fragmentierten Behandlung dokumentiert werden können, ist Altmann zufolge bei den beteiligten Partnern eine strukturierte Datenerfassung im jeweiligen Kran-
kenhausinformationssystem (KIS) beziehungsweise im Praxissystem er- forderlich. Diese muss die Möglich- keit zum Im- und Export der Daten an Systeme weiterbehandelnder Ärz- te und Einrichtungen umfassen, die Trennung unterschiedlicher Tumor- erkrankungen des Patienten unter- stützen und über den Abrechnungs- bezug hinaus auch krankheitsbezo- gene Aspekte mit berücksichtigen.
Übergreifende Arbeitsgruppe
Inhaltliche Vorgaben wie ein onko- logischer Basisdatensatz mit organ- spezifischen Erweiterungen und der Berücksichtigung von Qualitäts - sicherungsanforderungen, offene Standards für die Kommunikation und Konzepte für den Datenschutz sind dabei unerlässlich. Um hierzu Lösungen zu erarbeiten, habe die Deutsche Krebsgesellschaft eine Arbeitsgruppe initiiert, an der sich Anbieter von KIS und Praxissyste- men, Tumorzentren und Qualitäts- sicherungsintitutionen sowie der VHitG (Verband der Hersteller von IT-Lösungen für das Gesundheits- wesen) beteiligten, berichtete Alt-mann. ■
Heike E. Krüger-Brand
*„Intuitive Tumordoku- mentation – damit die Dokumentatin nicht zum Tumor wird“, veranstaltet in Zusam- menarbeit mit dem Chirurgenkongress in Berlin Das Arbeiten in gewohnten Systemen würde die Tumordoku - mentation erheblich erleichtern.
Foto: Caro