A-3317 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 51–52, 27. Dezember 1999 (49)
V A R I A RECHTSREPORT
Ein Vertrag, der darauf ausgerichtet ist, einen Arzt zu einem Verstoß gegen das Berufsrecht zu verleiten, ver- stößt gegen Wettbewerbs- recht (§ 1 UWG).
Im Wege einer einstweili- gen Verfügung ist einer Me- dienagentur untersagt wor- den, Ärzten bestimmte Ver- träge anzubieten. Diese bein- halten die Vereinbarung, daß dem Arzt gegen eine Gebühr eine Interessenliste mit po- tentiellen Patienten zur Ver- fügung gestellt wird. Dabei handelt es sich um die Na- men von Bürgern, die unter einer in Fernsehspots und/
oder auf einer Homepage im Internet angegebenen Tele- fonnummer angerufen ha- ben, um sich Informationen zum Thema „Naturheilver- fahren“ geben zu lassen. Ein derartiger Vertrag sei darauf
gerichtet, den Arzt dazu zu verleiten, aus der Interessen- liste planmäßig Patienten zu rekrutieren und damit gegen Standesrecht zu verstoßen.
Einem Arzt ist es ver- boten, sich für die Zuwei- sung von Patienten ein Ent- gelt gewähren zu lassen. Die- ses Verhalten genügt für die Anwendung des § 1 UWG.
Wer Dritte zu Verstößen ge- gen für sie bindendes Recht auffordert, um sich durch ei- nen entsprechenden Geset- zesverstoß des Angesproche- nen Vorteile gegenüber sol- chen Wettbewerbern zu ver- schaffen, die die Rechts- verbindlichkeit der bestehen- den gesetzlichen Regelung anerkennen, verstößt gegen das Wettbewerbsrecht. (Land- gericht Aachen, Urteil vom 23. Februar 1999, Az.: 41 O
226/98) Be
Der Anspruch des Pati- enten auf Einsicht in Kran- kenunterlagen umfaßt grund- sätzlich nur Aufzeichnungen über objektive physische Be- funde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen. In bezug auf psychiatrische Be- handlungen kommt der Ent- scheidung, ob eine Aushän- digung der Krankenunterla- gen an den Patienten medizi- nisch vertretbar ist, besonde- res Gewicht zu.
Die Verfassungsbeschwer- de einer Patientin auf Ein- sichtnahme in die sie betref- fenden Krankenunterlagen ei- ner psychiatrischen Behand- lung hat das Bundesverfas- sungsgericht nicht zur Ent- scheidung angenommen, weil sie keine Fragen aufwerfe, die in der Rechtsprechung des Gerichts nicht schon hin- reichend geklärt seien.
Der grundsätzliche An- spruch eines Patienten auf Einsicht in die ihn betreffen- den Krankenunterlagen sei
mittlerweile allgemein aner- kannt. Das Einsichtsrecht be- stehe allerdings nicht unein- geschränkt. Ihm können – ebenfalls grundrechtlich fun- dierte – Interessen des Arz- tes oder Dritter sowie thera- peutische Vorbehalte entge- genstehen. Das Einsichtsrecht läuft aber bei psychiatri- schen Behandlungen nicht leer. Vielmehr haben die Zivilgerichte nach der Recht- sprechung des Bundesge- richtshofes die Grundrechts- positionen von Arzt und Pa- tient im Einzelfall abzuwägen und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und der individuellen Arzt-Pati- ent-Beziehung eine Entschei- dung über die Aushändigung von Krankenunterlagen zu treffen, auch soweit diese nicht objektivierte Befunde einer psychiatrischen Behand- lung enthalten. (Bundesverfas- sungsgericht, Beschluß vom 16. September 1998, Az.: 1
BvR 1130/98) Be