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Archiv "Frühsommer-Meningoenzephalitis in den neuen Bundesländern" (08.01.1996)

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In dem Beitrag wird über die Verbreitung der FSME in den neu- en Bundesländern berichtet. Er- wähnt wird ferner die Zunahme von FSME-Fällen besonders in Baden- Württemberg.

Bei der Bewertung der Ergeb- nisse wird festgestellt, daß in den Endemiegebieten der neuen Bun- desländern ein „wenn auch sehr ge- ringes Risiko“ bestehe, nach einem Zeckenstich an einer klinisch mani- festen FSME zu erkranken.

Von dem im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin tätigen Ver- fasser werden leider keine weiterge- henden Schlußfolgerungen gezogen.

Es stellt sich die Frage, ob generell oder ob für bestimmte Endemiege- biete eine Impfempfehlung als pro- phylaktische Maßnahme gegeben werden kann. Abzuwägen ist dabei, ob das Risiko, an einer Komplikati- on nach FSME-Impfung zu erkran- ken, höher ist als das Risiko einer In- fektion für Menschen, die in diesen Endemiegebieten leben beziehungs- weise dort für mehrere Wochen ihren Urlaub verbringen. Für eine ergänzende Stellungnahme zu die- sen Fragen wäre ich dankbar.

Dr. med. Hans Wilimzig

Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie

Am Natruper Holz 69 49076 Osnabrück

Die Publikation von J. Süss hat erneut Fragen in der Ärzteschaft zur Indikation der FSME-Schutzimp-

fung vor allem in Mecklenburg-Vor- pommern und Sachsen ausgelöst.

In Mecklenburg-Vorpommern wurden zuletzt 1992 in zwei Zecken- pools auf dem Darß (Ahrenshoop und Müggenburg) FSME-Virusge- nome mittels PCR und Southern- blot-Hybridisierung, jedoch nicht in der Zellkultur nachgewiesen. Diese Befunde hat das Landeshygienein- stitut Rostock zum Anlaß genom- men, zweijährige intensive Nach- kontrollen sowohl in diesen Regio- nen als auch auf der Insel Usedom

(bevorzugt Ahlbeck, Schmollensee, Koserow) durchzuführen. Die Un- tersuchung von 79 Zeckenpools an 59 Standorten ergab nicht in einem einzigen Fall den Nachweis eines FS- ME-Virusgenoms. Auch FSME-Er- krankungen sind in den letzten Jah- ren in Mecklenburg-Vorpommern nicht gemeldet worden.

Die Aussage zum Freistaat Sachsen, daß 1993 in der Umgebung von Leipzig autochthone Fälle auf- traten, entspricht nicht der Realität.

Im Regierungsbezirk Leipzig wur- den mit Ausnahme zweier 1992 in Donau-eschingen beziehungsweise im Schwarzwald (Titisee) erworbe- ner FSME-Erkrankungen von 1982 bis 1984 keine FSME-Fälle erfaßt.

Diesbezüglich ist die Publikation von J. Süss zu korrigieren (hierzu er- folgte zwischenzeitlich Überein- und Abstimmung mit dem Autor).

Von den sechs im Jahre 1993 im Freistaat Sachsen aufgetretenen Er- krankungen waren fünf aus bekann- ten Endemiegebieten (Bayrischer Wald, Böhmerwald, Bornholm et ce- tera) „importiert“, lediglich in ei- nem Fall könnte die Infekton in

Sachsen (Dresdner Heide) akqui- riert worden sein.

Außer diesen geschilderten acht Erkrankungen (zwei 1992, sechs 1993), von denen sieben mit Sicher- heit „importiert“ wurden, sind in den letzten zehn Jahren keine FS- ME-Fälle in Sachsen bekannt ge- worden.

Bei Zeckenuntersuchungen mit- tels PCR und Southern- blot-Hybri- disierung konnten FSME-Virusge- nome ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Aus diesen Befunden muß mit aller Deutlichkeit abgeleitet wer- den, daß sowohl Mecklenburg-Vor- pommern als auch Sachsen nicht zu den FSME-Endemiegebieten zählen.

Priv.-Doz. Dr. med. Christel Hülße Direktorin, Landeshygieneinstitut Rostock

Gertrudenstraße 9 18002 Rostock

Dr. med. habil. Siegwart Bigl

Vizepräsident, Landesuntersuchungs- anstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen

Institut Chemnitz, Humanmedizin Zschopauer Straße 87

09111 Chemnitz

Durch Untersuchung von 18 760 Zecken (in 260 Pools) aus den früher sehr aktiven Naturherdgebieten der fünf neuen Bundesländer mittels ex- akter molekularbiologischer Metho- dik (nested PCR und Southern-blot- Hybridisierung) und der Zellkultur- technik konnten wir aktuelle und verläßliche Daten zur Epidemiolo- gie der FSME in diesen geographi- schen Regionen erheben. Diese zei- gen eindeutig, daß der Erreger der FSME in Zecken Mecklenburg-Vor- pommerns (Ahlbeck, Koserow, Ah- renshooper Holz, Müggenburg) nachzuweisen ist.

A-46

M E D I Z I N DISKUSSION

(50) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 1–2, 8. Januar 1996

Frühsommer-Meningoenzephalitis in den neuen Bundesländern

Zu dem Kurzbericht von PD Dr. Jochen Süss in Heft 20/1995

Differenzierende

Betrachtung zur Impfempfehlung

Mehrheitlich importierte Fälle

Schlußwort

(2)

Eine Zeckenprobe war auch in der Hühnerfibroblasten-Zellkul- tur positiv (Schmollensee/Mecklen- burg-Vorpommern). Auch an einem Standort in Brandenburg (Münche- hofe) und in Thüringen (Elstertal bei Gera) gelang der Nachweis der Virus-RNA in Zecken.

Zweifel an der Identität unserer PCR-Amplifikate können von uns nicht akzeptiert werden, da wir, wie in unserem Beitrag nicht erwähnt worden ist (Publikation in Vorberei- tung), alle unsere PCR-Amplifikate durch Ermittlung der Nukleotidse- quenzen überprüft haben. Die Iden- tität der amplifizierten Produkte konnte in jedem einzelnen der oben genannten Fälle durch die Sequen- zierung zweifelsfrei bestätigt wer- den. Darüber hinaus erfolgte eine weitere Überprüfung mittels eines neu entwickelten DNA-Enzymim- munoassay (DEIA) für den Nach- weis von FSMEV- spezifischen Se- quenzen (Schreier et al. 1994).

Andererseits wird bei der hohen Probenanzahl und dem nur sieben- maligen Virusnachweis auch deut- lich, daß die bereits in den achtziger Jahren von uns geäußerte Vermu- tung, daß die früheren Naturherde in Ost- und Nordostdeutschland nicht erloschen, jedoch extrem gering ak- tiv im Sinne einer endemischen La- tenz des Virus sind, zutrifft. Diese auf naturwissenschaftlicher Grund- lage erhobenen und jeder Überprü- fung standhaltenden, mehrfach ab- gesicherten Fakten müssen einfach akzeptiert werden. Den Diskussio- nen über Endemie„gebiete“ oder Nichtendemie„gebiete“ bei diesem so seltenen aber doch eindeutig führbaren Virusnachweis möchten wir uns nicht anschließen.

Daß es sich mit der nachgewie- senen Präsenz des Erregers bei den genannten geographischen Arealen aber um Naturherde oder Herd- gebiete des FSMEV handelt, kann sicherlich nicht angezweifelt wer- den. Wir sehen auch keinen Wider- spruch zu unseren Resultaten, wenn Frau Kollegin Hülße 79 Zecken- pools von 59 Standorten Mecklen- burg-Vorpommerns untersucht hat und kein Virus findet; dies ist sicher eine Frage der Intensität der Suche und der verwendeten Methodik. Wir

erhielten bei der Untersuchung von 7 785 Zecken Mecklenburg-Vor- pommerns in 142 Pools fünf positive Signale. Außerdem ist hinlänglich bekannt, daß jährliche und jahres- zeitliche Schwankungen von Viru- saktivitäten in den Naturherdgebie- ten stattfinden.

Unsere Daten sollten weder un- ter- noch überbewertet werden: Der Erreger ist in den zwischen 1960 und 1972 durch die damals sehr hohe Vi- rusaktivität leicht zu kartierenden Naturherdgebieten in der DDR zum Teil auch heute noch präsent, jedoch so selten, daß wir keine generelle Impfempfehlung für diese Gebiete mehr geben können. Dies schließt das in dem Aufsatz angesprochene und durch die Fakten belegte Restri- siko nicht aus. Für besonders expo- nierte Personen sollte nach ausführ- licher Beratung durch einen mit der lokalen Situation vertrauten Arzt entschieden werden. Unsere Daten aus den Untersuchungen an Zecken in den neuen Bundsländern stehen diesbezüglich in guter Übereinstim- mung mit den dort registrierten wenigen autochthonen FSME-Er- krankungen, so zum Beispiel 1993 der Fall einer schwer erkrankten 23jährigen Graviden aus der Gegend von Gransee und der Fall eines vier- jährigen Jungen, welcher die Er- krankung bei erinnerlichem Zecken- stich in der Dresdener Heide erwor- ben hatte.

Andererseits sind uns 1994 kei- ne autochthonen FSME-Erkrankun- gen in diesen Gebieten bekannt ge- worden. In unserem Beitrag hatten wir auch einen Erkrankungsfall (nicht Fälle!) aus der Umgebung von Leipzig angeführt. Nach Mitteilung der in Leipzig tätigen Kollegen könnte diese eine Erkrankung auch während einer Reise nach Tschechi- en erworben worden sein. Diesbe- züglich vorhandene anamnestische Unterlagen sollten uns zugänglich gemacht werden, was bisher noch nicht erfolgt ist.

In den Leserbriefen von Frau Hülße und Herrn Bigl hat sich dar- über hinaus hinsichtlich der im Re- gierungsbezirk Leipzig registrierten Fälle ein Fehler eingeschlichen. H.

Sinnecker (Süss et al. 1992) regi- strierte in der Umgebung von Leip-

zig in den Jahren von 1960 bis 1985 acht autochthone FSME-Fälle. An- ders als in den neuen Bundesländern kann Personen, die in den Natur- herdgebieten Baden-Württembergs und Bayerns leben und die dort be- ruflich oder in der Freizeit exponiert sind oder Personen, die in diese Ge- biete einreisen, die FSME-Schutz- impfung empfohlen werden (1994 etwa 270 Fälle). Die Erkrankungen waren besonders bei älteren Er- wachsenen häufig von Komplikatio- nen begleitet (Kaiser, 1995).

Hohe Erkrankungshäufigkeiten konnten 1994 auch in anderen Na- turherdgebieten in einigen europäi- schen Ländern registriert werden (Österreich 178, Estland 163, Lett- land 1 366, Litauen 284, Polen 176, Rußland 5 940 [bis 10/94], Schweden 116, Schweiz 100, Slowenien 492, Tschechien 619, Ungarn 258) (Kunz, 1995).

Das Ziel unserer sehr arbeitsin- tensiven Studie war es, ein klares Bild der FSMEV-Epidemiologie in den fünf neuen Bundesländern zeichnen zu können. Als Ergebnis ist zu konstatieren, daß Restherde mit endemisch latenten Erregern vor- handen sind, von denen eine sehr ge- ringe Gefahr für den Menschen aus- geht. Deshalb würden wir für diese Gebiete keine generelle Impfindika- tion stellen können, wohl aber für die oben genannten, hoch aktiven Naturherdgebiete außerhalb der fünf neuen Bundesländer.

Literatur

1. Kaiser R: Tick-borne encephalitis in southern Germany. Lancet 1995; I: 463 2. Kunz Ch: Virusepidemiologische Informa-

tion 1995; Nr. 7

3. Schreier E, Schweiger B, Ramelow C, Bezi- at P, Süss J: Rapid detection of tick-borne encephalitis virus sequences by cDNA am- plification coupled to a simple DNA en- zyme immunoassay. Clin diagnostic Virol 1994; 2: 291–295

4. Süss J, Sinnecker H, Sinnecker R; Berndt D, Zilske E, Dedek G, Apitzsch L: Epide- miology and ecology of tick-borne ence- phalitis in the eastern part of Germany be- tween 1960 and 1990 and studies on the dy- namics of a natural focus of tick-borne en- cephalitis. Zbl Bakt 1992; 277: 225–235 Priv.-Doz. Dr. Jochen Süss Bundesinstitut für

gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) Diedersdorfer Weg 1

12277 Berlin

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M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 1–2, 8. Januar 1996 (51) DISKUSSION

Referenzen

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