MEDIZIN DISKUSSION
Amalgamfüllungen:
Belastung oder
Vergiftung mit Quecksilber?
Einmaleins der Toxikologie ignoriert?
Wichtige Angaben zur Queck- silberbelastung des Menschen und zum Stoffwechsel dieses Metalles finden sich in der Arbeit, ich zitiere einige davon:
1. Der Mensch ist in der Lage, pro Tag etwa 4,3 pg Quecksilber auszu- scheiden.
2. In den USA oder Schweden geht man von einer durchschnittlichen täg- lichen Quecksilberbelastung durch die Nahrung von 5 lig aus.
3. Die tägliche Quecksilberbelastung durch Amalgam auf dem Wege der Inhalation wird je nach neuerer Stu- die mit 1,7 iu.g bis 8 lig pro Tag errech- net, die Belastung durch Ingestion ist nahezu unbekannt.
Diese Erkenntnisse führen nur zu einer möglichen Schlußfolge- rung: Wenn die Kapazität der Queck- silberausscheidung durch die Queck-
Zu dem Beitrag von
Prof. Dr. med. Stefan Halbach in Heft 8/1994
silberbelastung durch die Nahrung schon erschöpft ist, dann bedeutet je- des weitere Mikrogramm Quecksil- ber eine chronische Intoxikation.
Die zusätzliche Quecksilberbe- lastung durch das Amalgam im Mund, von dessen Aufnahme in den Körper nur die Inhalation ab- geschätzt ist, ist der berühmte Trop- fen, der den Eimer zum Überlau- fen bringt, oder gelten im Einmal- eins der Toxikologie andere Re- geln?
Dr. med. Albrecht Seiler Niederhofstraße 4 79730 Murg-Oberhof
medienwirksam agierenden Minder- heit durchgesetztes Amalgamverbot würde also die Mehrheit zwingen, auf Gußfüllungen und zahntechnisch an- spruchsvolle oder auch wenig dauer- hafte Kunststoffüllungen auszuwei- chen. Diese teureren Lösungen hätte letztlich auch die GKV zu bezahlen, so daß viele auf das verzichten müß- ten, womit sie gut versorgt wären, um wenigen per Umlage aufwendige Al- ternativen zu finanzieren.
Prof. Dr. med. Stefan Halbach Institut für Toxikologie GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit Neuherberg
85758 Oberschleißheim
Diskussionsbeiträge
Schlußwort
Für den Fall des Verteilungs- gleichgewichts wurde eine Aufnahme von 4,3 Kg/Tag anhand einer gleich- großen Ausscheidung abgeschätzt;
dieser Wert wurde jedoch nirgends als Maximalwert im Sinne einer begrenz- ten renalen Clearance für Quecksil- ber dargestellt. Die Antwort auf die Frage findet sich in dem Artikel, näm- lich in Form des als „kritisch" bezeich- neten BAT-Wertes für Hg im Urin (200 Kg/1 in Deutschland; 100 iig/1 in- ternational). Durch Einhalten dieser Grenze wird definitionsgemäß ein ge- sundheitlicher Schaden bei berufli- cher Hg-Exposition vermieden. Dar- aus ergibt sich, daß die Niere ohne ge- sundheitliche Folgen Ausscheidungs-
leistungen bis 150 lig pro Tag bringen kann. Tatsächlich sind bei übermäßi- ger Exposition Werte bis in den Milli- gramm-Bereich bekannt geworden.
Ein in der Artikelserie nicht an- gesprochener allgemeiner Gesichts- punkt sollte noch kurz erwähnt wer- den, nämlich die möglichen Folgen ei- nes Amalgamverbots. Abgesehen von der sehr seltenen nachgewiesenen Quecksilberallergie stellen die ver- meintlich Amalgamvergifteten unter den 90 Prozent Amalgamträgern in der Bevölkerung eine winzige Min- derheit dar, das heißt, die große Mehr- heit klagt nicht über ihre Versorgung mit diesem Werkstoff. Trotz zurück- gehender Karieshäufigkeit wird die- ses auch in naher Zukunft so bleiben.
Ein zum jetzigen Zeitpunkt von einer
Zuschriften zu Beiträgen im me- dizinisch-wissenschaftlichen Teil — ausgenommen Editorials, Kongreß- berichte und Zeitschriftenreferate — können grundsätzlich in der Rubrik
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Für Leserbriefe zu anderen Beiträgen gelten keine besonderen Regelungen (siehe regelmäßige Hin- weise). DÄ/MWR
A-288 (64) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 5, 3. Februar 1995