Früherkennung von Brustkrebs
Sono ist kein Ersatz für Mammographie
as Gefühl, da ist was falsch, stellt sich sofort ein, wenn – wie kürzlich im Nachrichtenmagazin
„Der Spiegel“ propagiert – die Ultraschallunter- suchung die Mammographie als Brustkrebs-Früherken- nungsmethode in den Schatten stellen soll. In unwissen- schaftlicher Weise wird in diesem Artikel (Heft 6, 5. 2. 1996) eine Sonographie von hoher Qualität und star- ker Vergrößerung mit einer minderwertigen, verkleiner- ten Mammographieaufnahme verglichen, die zur Früher- kennung gänzlich ungeeignet ist und nachweisbar nicht den internationalen Qualitätsrichtlinien entspricht. Es ist allgemein anerkannt, daß eine schlechte Mammographie nicht der Goldstandard für ein bevölkerungsbezogenes Screeningprogramm von überwiegend gesunden Frauen sein darf.
m den Frauen „furchtbare Schicksale zu erspa- ren“, kann die Lösung aber nicht in der Ergän- zung einer schlechten Mammographie durch ei- ne hochauflösende Sonographie liegen, deren Sensitivität und Spezifität unter Screeningbedingungen – also bei symptomlosen Frauen – auf absehbare Zeit nicht mit aus- reichender Sicherheit feststellbar ist. Aufgrund der star- ken Untersucherabhängigkeit des Ergebnisses auch die- ser Methode erscheint es sogar fraglich, ob dieses Verfah- ren überhaupt für Screening auf Brustkrebs standardi- sierbar ist. Während die Sonographie in der Abklärung bereits erkannter verdächtiger Befunde eingesetzt wer- den kann, reicht ihre Treffsicherheit als Suchverfahren vor allem bei kleinen, nicht tastbaren Tumoren nicht aus.
Auf diese kommt es aber an, um die Überlebenschancen einer betroffenen Frau zu verbessern.
erner sind unnötige Gesundheitsbelastungen durch falsch positive Ergebnisse in erheblichem Umfang zu erwarten, wenn die Sonographie nicht ausschließlich zur Abklärung verdächtiger Befunde, son- dern zusätzlich als Suchverfahren bei gesunden Frauen eingesetzt wird. Nach wie vor ist die Mammographie die einzige wissenschaftlich validierte Methode, die sich für die systematische Früherkennung des Brustkrebses bei symptomlosen Frauen eignet. Auch ein Nachrichtenma- gazin sollte sich der hohen ethischen Verantwortung stel- len, die Reihenuntersuchungen auf Brustkrebs mit sich bringen. Das Spiegel-Zitat „die Frauen müssen selbst Druck machen, nur so ändert sich etwas“ hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. Anstatt die radiologisch tätigen Ärzte der „Mammographie“ zu beschuldigen, wäre eine seriöse, wissenschaftlich solide und ausgewogene Dar- stellung dieser komplexen Problematik wünschenswert gewesen. Ursula Werneke/Annegret Haasche
A-784
S P E K T R U M AKUT
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(4) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 13, 29. März 1996