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Archiv "Risikostrukturausgleich: Weiterhin zu wenig Geld für Verstorbene" (19.10.2012)

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A 2076 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 42

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19. Oktober 2012

RISIKOSTRUKTURAUSGLEICH

Weiterhin zu wenig Geld für Verstorbene

Der Wissenschaftliche Beirat fordert ein neues Berechnungsverfahren bei verstorbenen Versicherten, um Ungerechtigkeiten beim RSA abzubauen. Der Bundesgesundheitsminister lehnt dies ab.

G

eld verdirbt die Freund- schaft, heißt es im Volks- mund, und wenn es um die Um - verteilung von geschätzten 400 Mil- lionen Euro Krankenkassenbeiträgen durch den morbiditätsorientierten Ri- sikostrukturausgleich (Morbi-RSA) geht, wird wohl auch bei den Kran- kenkassen die Solidarität unterein - ander auf eine harte Probe gestellt.

Seit längerem ist bekannt, dass die Zuweisungen aus dem Gesund- heitsfonds für verstorbene Versicher- te zu niedrig ausfallen. Bereits im Juni 2011 wies der Wissenschaft - liche Beirat des für die Zuweisungen an die Krankenkassen zuständigen Bundesversicherungsamtes (BVA) darauf hin, „dass der Risikostruktur- ausgleich Unterschiede in den Al- tersstrukturen zwischen den Kran- kenkassen nicht mehr vollständig ausgleicht und Krankheiten mit ho- her Mortalität systematische Unter- deckungen aufweisen“.

Das kommt den Krankenkassen mit einer überwiegend jungen Klien- tel zugute, wohingegen insbesonde- re den AOKen und der Knappschaft mit mehr älteren Versicherten Jahr für Jahr viel Geld verloren geht, weil die Behandlungskosten in der letzten Lebensphase im Finanzausgleich nicht vollständig berücksichtigt wer- den. Die betroffenen Krankenkassen, darunter auch die Deutsche BKK und DAK, sprechen von systemati- schen Verzerrungen, die Anreize zur Risikoselektion schaffen könnten.

Das BVA unter der Leitung von Dr. iur. Maximilian Gaßner sah Handlungsbedarf. Der gegenwärtige RSA schaffe es nicht, heißt es in Erläuterungen des Amtes Ende Juli 2012, „die auf dem Faktor Alter beruhenden Ausgabenunterschiede vollständig auszugleichen, vielmehr kommt es zu systematischen Über- und Unterdeckungen“. Das Bundes- versicherungsamt beabsichtige da-

her, der Empfehlung seines Wissen- schaftlichen Beirats zu folgen. Die- ser hatte am 24. Juni das BVA aufge- fordert, beim RSA Änderungen am Berechnungsverfahren bei verstor- benen Versicherten durchzuführen und „als abhängige Variabel für alle Versicherten die Leistungsausgaben je Kalendertag (Pro-Tag- Werte) zu verwenden“, al- so die tatsächlichen Aus- gaben zu berücksichtigen.

Des einen Freud, des anderen Leid – unschwer kann man sich vorstellen, dass diese Ankündigung Gaßners bei den von der bisherigen Regelung pro - fitierenden Kassen, vor al- lem der Techniker-Kran- kenkasse und den Be- triebskrankenkassen, keine Begeisterungsstürme aus- löste. Sie meldeten sich auch beim GKV-Spitzenverband der Krankenkassen, dem die Pläne des Bundesversicherungsamtes zur Stel-

lungnahme vorgelegt wurden, nach- drücklich zu Wort. Dem Spitzenver- band kam nun die undankbare Auf- gabe zu, sich zu einem Sachverhalt zu äußern, der dem einen Teil seiner Trägerorganisationen auf Kosten des anderen Teils Zugewinne bescheren würde – eine Ausgangslage, die ein eindeutiges „Sowohl-als-auch“ des Spitzenverbandes erwarten ließ.

Süffisant wird in Erläuterungen des BVA vom 28. September darauf hingewiesen, dass sich der GKV- Spitzenverband als der vorgesehene

Anhörungspartner nicht eindeutig positioniert habe. Zwar werde der vom Wissenschaftlichen Beirat ins- gesamt identifizierte Korrektur - bedarf vom GKV-Spitzenverband grundsätzlich anerkannt, doch halte er eine Änderung des Berechnungs- verfahrens zum Umgang mit un- vollständigen Versichertenepisoden für rechtlich nicht zwingend.

Zu diesem Zeitpunkt war die Ent- scheidung über das vom BVA ange- strebte neue Berechnungsverfahren allerdings bereits gefallen. Die Fach- aufsicht reklamierend, hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Ende August das BVA schriftlich angewiesen, vorerst keine Änderung beim Risikostrukturaus- gleich vorzunehmen. Das BMG be- werte den 2009 eingeführten Morbi- RSA insgesamt positiv, teilte die parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Ulrike Flach (FDP), am 11.

September auf eine Anfrage hin mit.

Zunächst sollten „die Erfahrungs- werte mit dem neuen Morbi-RSA er- weitert werden, so dass die Diskussi- on um seine Weiterentwicklung auf einer breiteren Datenbasis geführt werden kann“.

Dass gerade die Techniker-Kran- kenkasse, die ganz im Sinne von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) für dieses Jahr eine Bei- tragsrückerstattung angekündigt hatte, von dieser Entscheidung profitiert, führte zu Spekulationen darüber, ob hier gezielt eingegriffen wurde, um einen politischen Erfolg nicht zu gefährden. Der AOK-Bundesver- band jedenfalls ist „not amused“.

Die AOK und weitere Kassen prüf- ten Klageverfahren gegen das BVA, teilte Jürgen Graalmann, Vorstands- vorsitzender des AOK-Bundesver- bandes, mit. Dies sei auch Minister Bahr in einem gemeinsamen Schrei- ben mitgeteilt worden.

Thomas Gerst

Das BVA hält die Umsetzung der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats . . . für sachlich und

rechtlich geboten.

Erläuterungen des BVA im Juli 2012

Foto: dpa

Maximilian Gaßner, Präsident der Bundes - versicherungsamtes

P O L I T I K

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