Damit alles seine gute Ordnung hat, soll der Patient seine Angaben schließlich auch noch protokollie- ren und durch Unterschrift bestä- tigen.
Abgesehen davon, daß der Versi- cherte das Informationsangebot kaum ausschlagen kann, muß auch bezweifelt werden, ob ein Kostenspareffekt erzielt werden kann.
Die baden-württembergische Auf- klärungsaktion mußte nämlich die bittere Erfahrung machen, daß sich zwar der Informationsgrad beim Versicherten erhöhte, aber keineswegs das "Kostengewis-
sen" der Versicherten geschärft
wurde.
Im Gegenteil gelangte die von Prof. Dr. med. Siegtried Häussler,
·dem KV-Vorsitzenden von Nord- Württemberg (Stuttgart), 1968 ausgewertete Modellaktion zur Er- kenntnis, daß die Vermittlung blo- ßer Kostenkenntnis allein wenig nützt, wenn nicht gleichzeitig eine spürbare Direktbeteiligung der Versicherten an den Kosten hinzu- tritt.
Anspruchsdenken der Versicherten wächst
Das Resümee der damaligen Ak- tion: Mit der Übersendung eines regelmäßigen bankähnlichen Ko- stenauszuges oder gar mit aufklä- rerischen mündlichen "Beratun- gen" dürften Mentalität und An- spruchsdenken mancher Versi- cherten bestärkt werden, daß nämlich das Teuerste für die Ge- sundheit (Krankheit) gerade gut genug sei ...
Um allerdings nicht mißverstan- den zu werden: Die Kassenärzte- schaft hat sich nie dagegen ver- schlossen, den Versicherten mehr Kostenkenntnis zu vermitteln. Dies bedeutet zähe Kärrnerarbeit!
Die Ärzteschaft wehrt sich aller- dings dagegen, daß "Aktionen"
Kassen-,,lnformationen''
hinter dem Rücken des Arztes er- folgen sollen. Befragungen über die Effizienz ärztlicher Maßnah- men ohne Zustimmung und Wis- sen des Arztes sind kaum geeig- net, das viel beschworene Arzt-Pa- tienten-Verhältnis zu verbessern. Zudem dürfte es auch den Kassen- experten einleuchten:
Die Mehrzahl der Patienten wird kaum die Diagnose und die Thera- pie ärztlicher Maßnahmen genü- gend beurteilen können.
Keine heimliche
"Kontrolle" des Kassenarztes!
Zudem sind Angaben der Versi- cherten meist zu ungenau und laienhaft, als daß sich hieraus be- stimmte Feststellungen ableiten ließen. Häufig läßt auch das Erin- nerungsvermögen der Patienten arg zu wünschen übrig, zumal ein längerer Zeitabschnitt zwischen der Behandlung und der Befra- gung durch den Verwaltungs- mann der Kassen liegen dürfte.
Dies bestätigen zahlreiche Erfah- rungen sowohl aus der ärztlichen Alltagsarbeit als auch aus der Ver- waltungspraxis der Kranken- kassen.
Wenn auch dem Bestreben einzel- ner "aktiver" Geschäftsführer der Krankenkassen nach dem Motto,
"Information ist gut, Kontrolle ist
besser!" nicht widersprochen wer- den kann, wird die Zusammenar- beit zwischen der Ärzteschaft und den Krankenkassen durch hinter- gründige Aktionen sicherlich bela- stet.
..,.. Eine heimliche "Kontrolle" des Kassenarztes muß entschieden abgelehnt werden!
Außerdem ist zu befürchten, daß solche Aktionen wiederum einen enormen bürokratischen Verwal- tungsaufwand auslösen, der in keinem Verhältnis zum erhofften Nutzen steht und damit die Selbst- verwaltung der Krankenkassen bei den Versicherten in Mißkredit bringt. Dr. Harald Clade
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Krankenkassen beklagen weiterhin
die Kostenentwicklung
Erneut haben die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversiche- rung (einschließlich der Ersatzkas- sen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen und der Bundes- knappschaft) die Kostenentwick- lung, diesmal im ersten Quartal 1980, beklagt. Die Entwicklung der Gesamtausgaben je Mitglied gehe weit über die Entwicklung der ent- sprechenden Einnahmen hinaus, heißt es in einer Erklärung. Spit- zenreiter der Kostenentwicklung ist wie bereits im Vorjahr der Zahnersatz; hier haben einzelne Krankenkassen bis zu 20 Prozent mehr ausgegeben. Auch die Auf- wendungen für die Heil- und Hilfs- mittel wuchsen mit 10 bis 17 Pro- zent weit überdurchschnittlich.
Erstmals lagen die Mehr-Aufwen~
dungen für die stationäre Kran- kenhauspflege mit rund acht Pro- zent über dem durchschnittlichen Wachstumstrend und den für die Krankenhäuser unverbindlichen Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen. Die Ausgaben für ärztliche und zahn- ärztliche Behandlung bewegen sich im Rahmen dieser Empfeh-
lungen. EB
12 000 Frauen suchten Rat
Mehr als 12 000 Frauen in Sc hwange rschaftsko nf I i ktsituatio- nen suchten im vergangenen Jahr in den anerkannten katholischen Beratungsstellen erstmalig Rat und Hilfe. ln dieser Zahl sind alle sonstigen "Bezugspersonen"
nicht enthalten, etwa Familienan- gehörige und auch nicht die Zweit- und Mehrberatungen. Zu berücksichtigen ist hierbei ferner, daß eine ernsthafte Beratung, die der Frau auch alle Möglichkeiten der Hilfe aufzeigt und erschließt, nicht im "Schnellverfahren" zu er- ledigen ist. Zudem wünschen viele Frauen, wie der Caritas-Verband in Freiburg i. Br. mitteilte, eine langfristige Begleitung. WZ
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 34 vom 21. August 1980 2013