A 992 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 18|
6. Mai 2011P O L I T I K
EU-TABAKRICHTLINIE
Einheitsdesign gegen die Sucht
Die Europäische Kommission will im nächsten Jahr eine überarbeitete EU-
Tabakrichtlinie vorlegen. Die neuen Vorschriften sollen den Nikotinkonsum eindämmen.
Z
igarettenschachteln mit ab- schreckenden Motiven oder schlichte Schwarz-Weiß-Verpack - ungen sollen die Europäer vom Rau- chen abhalten. Das jedenfalls erhofft sich die Europäische Kommission.Sie will daher Anfang 2012 einen neuen Vorschlag für eine EU-Richt- linie zur „Herstellung, Aufmachung und zum Verkauf von Tabakerzeug- nissen“ vorlegen. „Tabak ist nicht irgendein Produkt“, sagt EU-Ge- sundheitskommissar John Dalli. „Er macht süchtig und verursacht ver- meidbare Gesundheitsausgaben.“
Untersuchungen zufolge rauchen circa 30 Prozent der Europäer. Bei Jugendlichen und jungen Erwach- senen sind es sogar 35 Prozent. Die Zahl der Todesfälle infolge direkten oder indirekten Tabakkonsums be- ziffert die EU-Kommission auf et- wa 650 000 jährlich. In Deutsch- land sind es nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) circa 110 000.
Die geltenden EU-Vorschriften legen Höchstwerte für den Gehalt an Stoffen wie Nikotin (1 mg), Teer (10 mg) und Kohlenstoffmonoxid (10 mg) pro Zigarette fest. Die Richtlinie verpflichtet die Hersteller außerdem, Gesundheitswarnhinwei-
se auf ihre Produkte zu drucken.
Auch ist es ihnen untersagt, mit An- gaben wie „mild“, „leicht“ oder
„niedriger Teergehalt“ zu werben.
Einzelheiten der Neufassung ste- hen zwar noch nicht fest, aber offen- bar überlegt die Kommission, ein einheitliches Design für Zigaretten- schachteln einzuführen, da sie sich von einer unattraktiven Aufma- chung einen Rückgang des Nikotin- konsums erhofft. Zur Diskussion steht auch, sämtliche Zusatzstoffe in Zigaretten zu verbieten. Zu den schätzungsweise 600 Substanzen, die die Hersteller verwenden, um den Geschmack zu verbessern, ge- hören unter anderem Aromen, Feuchthalte- und Klebemittel sowie Farbstoffe. Ferner ist im Gespräch, dass Zigarettenschachteln in Kios- ken, Tabakwarenläden oder Super- märkten künftig nicht mehr sichtbar zum Verkauf präsentiert werden dürfen. Die Angabe einer Suchthot- line auf allen Zigarettenschachteln soll Rauchern den Ausstieg aus der Abhängigkeit erleichtern.
Der Bundesverband des Tabak- wareneinzelhandels kritisiert die Pläne der EU-Kommission. Es kön- ne nicht sein, dass dem mündigen Verbraucher in Europa die Auswahl
und der Kauf legaler Produkte nur noch unter der Ladentheke zugemu- tet werde. „Eine standardisierte Ta- bakproduktverpackung mit großen Warnhinweisen aus Text und Bild kann dazu beitragen, dass weniger Jugendliche mit dem Rauchen an- fangen und dass Raucher zu einem Rauchstopp motiviert werden“, be- tont dagegen das DKFZ. Auch eine Mehrheit der EU-Bürger (54 Pro- zent) ist nach einer Umfrage der Kommission für einheitliche Ziga- rettenschachteln. 74 Prozent spre- chen sich zudem für Warnbilder auf den Verpackungen aus.
Der CDU-Europaabgeordnete Thomas Ulmer hält eine Einheits- verpackung für Zigaretten nicht für hilfreich. Er plädiert statt dessen für vermehrte Präventionskampagnen.
Der Ständige Ausschuss der Euro- päischen Ärzte, dem auch die Bun- desärztekammer angehört, hält es für sinnvoll, die Verbraucher ver- stärkt über die gesundheitsschädi- gende Wirkung des Nikotinkon- sums zu informieren. Er unterstützt zudem die Einrichtung einer Sucht- hotline und regt an, Tabakprodukte als Drogen einzustufen und entspre- chend zu kontrollieren. ■ Petra Spielberg Abschreckende
Bilder sollen Raucher motivieren, mit dem Zigarettenkonsum aufzuhören.
Foto: dpa