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Archiv "Antibiotikaresistenz-Monitoring in Niedersachsen: Aktuelle und praxisrelevante Daten" (18.11.2011)

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A 2478 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 46

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18. November 2011

ANTIBIOTIKARESISTENZ-MONITORING IN NIEDERSACHSEN

Aktuelle und praxisrelevante Daten

Die Resistenzdaten von 15 ausgewählten, infektiologisch relevanten Erregern werden systematisch erhoben. Ihre statistische Auswertung erfolgt im Hinblick auf zeitliche Trends, regionale sowie ambulante und stationäre Unterschiede.

D

ie breite Anwendung von An- tibiotika in der Human- und in der Veterinärmedizin wird zuneh- mend problematisch. Immer häufi- ger werden Resistenzen der Erreger gegenüber den vorhandenen Wirk- stoffen beobachtet – meist verur- sacht durch ihren unsachgemäßen Einsatz sowie mangelnde Compli- ance von Patienten.

Für die Einleitung wirksamer präventiver Maßnahmen ist die Er- hebung verlässlicher Resistenzda- ten zwingend erforderlich. Hierfür hat das Niedersächsische Landes- gesundheitsamt (NLGA) in Zusam- menarbeit mit mikrobiologischen Laboren erstmals flächendeckend ein „Antibiotika-Resistenz-Monito- ring in Niedersachsen“ (ARMIN) aufgebaut. Die Daten werden diffe- renziert für den niedergelassenen und den stationären Versorgungsbe- reich systematisch erhoben, ausge- wertet und publiziert.

Für Deutschland und Europa exis- tieren seit vielen Jahren multizen - trische Erhebungen, zum Beispiel

die Resistenzstudie der Paul-Ehr- lich-Gesellschaft, welche alle drei Jahre erhoben und veröffentlicht wird. Allerdings beinhalten diese Erhebungen weder Daten aus dem niedergelassenen Bereich noch er- lauben sie eine regional kleinräumi- ge Datenauflösung.

Für Deutschland bietet seit 2008 die Antibiotika-Resistenz-Surveil-

lance des Robert-Koch-Instituts Daten aus dem stationären und auch aus dem niedergelassenen Bereich.

Das European Antimicrobial Resis- tance Surveillance Network liefert für zahlreiche europäische Länder jährlich Daten aus dem stationären Bereich, die sich aber auf invasive Materialien (Blutkulturen und Li- quores) konzentrieren.

Die Hälfte der Antibiogramme aus dem ambulanten Bereich

Die Daten von ARMIN stehen als interaktive Plattform im Internet unter www.armin.nlga.niedersach sen.de ohne Zugangsbeschränkung zur Verfügung. Für die Jahre 2006

bis 2010 liegen inzwischen 935 900 Einzelerregernachweise mit Anti- biogramm aus Niedersachsen vor, wobei circa die Hälfte auf den am- bulanten Bereich entfällt. Von be- sonderem Interesse ist die Resis- tenzentwicklung von multiresisten- ten Problemkeimen.

So erhöhte sich der Anteil Me - thicillin-resistenter Staphylococ- cus (S.) aureus (MRSA) an allen S.-aureus-Nachweisen im stationä- ren Bereich um 3,9 Prozentpunkte von 19,5 Prozent im Jahr 2006 auf 23,4 Prozent im Jahr 2010. Im nie- dergelassenen Bereich zeigen sich bisher kaum Veränderungen. Der MRSA-Anteil lag hier bei 9,7 Pro- zent von allen S. aureus im Jahr 2006 und bei 10,3 Prozent im Jahr 2010.

Resistenzen bei Cefalosporinen der dritten Generation

Andere multiresistente Keime wie zum Beispiel ESBL-bildende En - terobakterien (ESBL = Extended spectrum ß-Lactamasen) wurden in den letzten Jahren ebenfalls ver- mehrt isoliert. So findet man im stationären Bereich eine Resistenz- zunahme gegenüber Cefalospori- nen der dritten Generation bei Escherichia (E.) coli um 5,9 Pro- zentpunkte (von 3,0 Prozent im Jahr 2006 auf 8,9 Prozent im Jahr 2010). Aber auch im niedergelasse- nen Bereich wird eine Zunahme um 3,5 Prozentpunkte (von 1,1 Prozent im Jahr 2006 auf 4,6 Prozent im Jahr 2010) beobachtet.

Im stationären Bereich wur- den im Jahr 2010 63,0 Prozent aller ESBL-bildenden E. coli aus Harnwegsmaterialien kultiviert, im niedergelassenen Bereich wa- ren es sogar 83,3 Prozent. In den übrigen Jahren waren die Anteile ähnlich.

Auf einen Blick:

Kompakte Informa- tionen auf einer Internetseite liefert das Antibiotika-Re- sistenz-Monitoring

in Niedersachsen.

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A 2480 Deutsches Ärzteblatt

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18. November 2011 Sorge bereitet auch die Resistenz-

entwicklung von Enterobakterien gegenüber Ciprofloxacin und Cotri- moxazol. So stieg der resistente An- teil der E. coli-Isolate gegenüber Ci- profloxacin von 15,6 Prozent auf 20,3 Prozent und gegenüber Co - trimoxazol von 29,3 Prozent auf 32,7 Prozent in nur fünf Jahren.

Im Gegensatz zur MRSA-Rate und ESBL-bildenden Enterobakte- rien lässt sich für Vancomycin-re- sistente Enterokokken ein abneh- mender Trend beobachten. Unter allen Enterococcus faecium im sta- tionären Bereich wiesen im Jahr 2006 noch 13,6 Prozent eine Resis- tenz gegenüber Vancomycin auf, im Jahr 2010 waren es 5,6 Prozent.

Für den niedergelassenen Bereich liegen aufgrund nur weniger Erre- gernachweise keine verlässlichen Resistenzdaten vor.

Erfreulich ist dagegen die Situa- tion bei den Pneumokokken. Bis- lang wurden keine Penicillin-resis- tenten Stämme angezüchtet.

Kleinräumige Datenerfassung bietet enorme Vorteile

Im Vergleich mit anderen Resistenz- Surveillance-Systemen in Deutsch- land zeigen die für Niedersachsen im Rahmen von ARMIN erhobe- nen Resistenzdaten nur bei wenigen Erregern abweichende Werte. Trotz- dem bietet eine kleinräumigere Da- tenerfassung enorme Vorteile: Der Austausch und die Vernetzung zwi- schen den Laboren ist aufgrund von relativ „kleinen runden Tischen“

wesentlich intensiver, somit kann auch das Quali tätsmanagement ef- fektiver gestaltet werden.

Darüber hinaus zeigen erste beispielhafte kleinräumige Aus- wertungen, dass es durchaus re- gionale Resistenzunterschiede in Niedersachsen gibt, deren Ursa- chen möglicherweise mit einer re- gional unterschiedlichen Antibio - tikaverordnung zusammenhängen könnten. Auch die Bekanntma- chung des Resistenzmonitoring ist regional leichter durchführbar, zum Beispiel über die Landeszentral- stellen der Ärzte- und ebenso der Apothekerverbände, die eine breite Fachöffentlichkeit erreichen. Nicht zuletzt kann auch eine direkte Be- troffenheit vor Ort zu mehr Hand- lung motivieren.

Die statistische Auswertung von ARMIN stützt sich – im Unter- schied zu anderen Surveillance-Sys- temen – auf bereits bewertete Resis- tenzergebnisse. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die bewerteten Daten bereits die Therapieempfeh- lungen implizieren, wie sie den Ein- sendern mitgeteilt werden. Durch die Plausibilitäts- und Qualitätskon- trollen der Daten durch das NLGA vor Veröffentlichung können Be- wertungsunterschiede zwischen den Laboren erkannt werden.

Gründe dafür können die unter- schiedlichen Grenzwerte sein, nach denen in den Laboren die Resistenz- testung durchgeführt wird (DIN, CLSI, demnächst auch EUCAST).

Allerdings erscheinen diese Unter-

schiede nur marginal, wie statisti- sche Auswertungen ergeben haben.

Aus dem „runden Tisch“ der beteiligten Labore sind inzwischen ein Diskussionsforum und ein Qua- litätszirkel entstanden. Hier werden unter anderem fachliche Fragen dis- kutiert, die zu einer Anpassung mi krobiologischer Diagnostik und Befundausweisung zwischen den

„ARMIN-Laboren“ führen sollen.

Derzeit Online- Befragung zum Nutzen von ARMIN

Für die Zukunft ist geplant, die er- hobenen Daten noch differenzierter (zum Beispiel nach Materialgrup- pen, nach zweistelliger Postleit- zahl) auszuwerten und darzustellen.

Außerdem sollen langfristig Daten zum Antibiotikaverbrauch in Nie- dersachsen erfasst und mit den Re- sistenzdaten korreliert werden. Die aus ARMIN gewonnenen Erkennt- nisse sowie die Aufklärung und Sensibilisierung für das Thema An- tibiotikaresistenz sollen auf einen verantwortungsvolleren Umgang mit Antibiotika hinwirken.

Um die Akzeptanz und den Nut- zen von ARMIN zu analysieren, wird seit Oktober eine Online- Befragung durchgeführt. Die Teil- nahme erfolgt anonym, wurde mit zwei Fortbildungspunkten zertifi- ziert und ist für interessierte Perso- nen über die Homepage www.armin.

nlga.niedersachsen.de möglich.

Dr. med. Doris Wagner, Dr. phil. Martina Scharlach, Michaela Diercke, Dr. med. Matthias Pulz

Derzeit beteiligen sich neun Labore am „Antibiotika-Resistenz-Monitoring in Niedersachsen“, das Resistenzda- ten seit 2006 enthält. Für 15 ausge- wählte, infektiologisch relevante Er- reger übermitteln die Labore die ano- nymisierten Ergebnisse ihrer Resis- tenztestung an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA).

Zusätzlich werden zu jedem Be- fund Angaben zur Herkunft der Probe (Krankenhaus/Pflegestation, Kranken- haus/Intensivstation, niedergelasse-

ner Bereich), die ersten zwei Stellen der Postleitzahl des Einsenders, das analysierte Material sowie Geschlecht und Geburtsjahr des Patienten mitge- teilt. Die statistische Auswertung der Daten erfolgt im NLGA insbesondere im Hinblick auf zeitliche Trends und regionale Unterschiede.

Die interaktive Internetpräsentation ermöglicht eine grafische Darstellung der Resistenzentwicklung klinisch indi- zierter Antibiotika über die Jahre, diffe- renziert für den stationären und den

niedergelassenen Bereich. Eine tabella- rische Anzeige kann zusätzlich aufge- rufen werden. Zu jedem Erreger ist au- ßerdem in einem Erläuterungstext ein kurzes Keimprofil hinterlegt.

Für eine orientierende Übersicht zur Resistenzsituation in Niedersachsen steht auf der Homepage eine farblich abgestufte Matrix zum Ausdrucken oder Herunterladen bereit (sowohl für den niedergelassenen als auch statio- nären Versorgungsbereich). Derzeit werden die Daten jährlich aktualisiert.

METHODIK

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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