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Archiv "Enttäuschung, Zorn und (Selbst-)Kritik: Freiheit statt Sozialismus" (09.06.1977)

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Academic year: 2022

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"Praktisches Jahr"

Standskataloges IV zu erlernen, um die Prüfung nach dem Praktischen Jahr zu bestehen. Durch ein Nicht- bestehen dieser Prüfung würde für viele Studenten ein soziales und fi- nanzielles Desaster entstehen, zu- mal sich, zumindest bei den Ulmer Befragten bei 71 Prozent bereits durch das PJ die finanzielle Lage verschlechtert hat. (Fehlende Ne- benverdienstmöglichkeiten durch fehlende vorlesungsfreie Zeit = sog.

Semesterferien und große Arbeits- belastung während des PJ). Das ärztliche Handeln hingegen kann nur durch praktische Stationsarbeit, welche mit hohem Zeitaufwand ver- bunden ist, erlernt werden. Um diese Problematik als Ganzes anzupak- ken, bedarf es, unserer Meinung nach, dringend einer Änderung der Approbationsordnung! Unsere Vor- stellungen hierzu lauten wie folgt:

CD

ln jedem Abschnitt des Prakti- schen Jahres soll jeweils nur mehr drei Monate praktisch gearbeitet werden, dafür aber in dieser Zeit eine 40-Stunden-Woche bestehen.

Am Ende dieses dreimonatigen Ab- schnitts soll jeweils ein Monat Frei- zeit für Eigenstudium zur Verfügung stehen.

CD

Einführung eines Praktikanten- statuts, um die soziale und finanzi- elle Situation der MPJ zu verbes- sern.

CD

Wegfall der schriftlichen Prüfung nach dem Praktischen Jahr und da- für Einführung einer integrierten mündlichen Prüfung, d. h. Patholo- gie und Pharmakologie werden im Zuge der Prüfung innere Medizin und Chirurgie abgefragt.

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Ausreichende Stellenbesetzung, sowohl bei Ärzten, wie auch beim Pflegepersonal, um eine vermehrte Lehrbereitschaft zu erzielen.

Literatur bei den Verfassern Anschrift der Verfasser:

cand. med. Manfred Heine

c/o Heinzmann

Blumenstraße 16, 7900 Ulm

cand. med. Johannes Schneider

Winklerstraße 14, 7900 Ulm

Spektrum der Woche Aufsätze · Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

Enttäuschung, Zorn und (Selbst-)Kritik

Anläßlich der bevorstehenden Beratungen imVermittlungsausschuß:

Leserzuschriften und "Offene Briefe" zu den Strukturveränderungs- plänen der Bundesregierung und der Banner Koalition

Die Redaktion hat in den letzten Wochen zahlreiche Zuschriften erhal- ten, die das sogenannte "Kostendämpfungsgesetz" und dessen An- lässe und Hintergründe zum Inhalt haben. Mit der folgenden Auswahl wird versucht, den Lesermeinungen repräsentativ Rechnung zu tra- gen. Alle Briefe-Schreiber, deren Zuschrift- aus Platzmangel!- nicht aufgenommen werden konnte oder deren Brief- entgegen den sonsti- gen Gepflogenheiten der Redaktion - um ganze Passagen gekürzt werden mußte, seien um Verständnis gebeten. Wenn räumlich mög- lich, werden weitere vorliegende Briefe auch noch im nächsten Heft veröffentlicht.

Freiheit statt Sozialismus

Aus einem "Offenen Brief" an den Vorsitzenden der CDU/CSU-Bun- destagsfraktion, Helmut Kohl:

"Das unglückliche Krankenversi-

cherungskostendämpfungsgesetz hat nun mit den Stimmen der Koali- tion den Bundestag passiert. Es wird jetzt an der Opposition liegen, ob dieses Gesetz den Bundesrat pas- siert, obwohl alle betroffenen Inter- essengruppen ihre Stimme gegen diesen Unsinn erhoben haben, der nicht zu einer Kostendämpfung, sondern zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung führt ...

Im übrigen wird unter dem Vorwand der Kostendämpfung eine System- veränderung im Gesundheitswesen in Salamitechnik vorbereitet: Staatli- cher Dirigismus an vielen Stellen, Vorbereitung einer Einheitskranken- versicherung, Beseitigung eines freien Ärztestandes - das sind die wahren Ziele des Gesetzes! Frei nach der Leninschen Devise: ,Wer das Gesundheitswesen beherrscht, beherrscht die Bevölkerung!' Der Boden für diese Systemveränderung wurde vorbereitet, indem man das Durchschnittseinkommen der Ärzte nachweislich herauflog, um Neidge-

fühle und Haß in der Bevölkerung zu erwecken und indem man das Ver- halten einiger schwarzer Schafe un- ter den Ärzten (schwarze Schafe gibt es in allen Berufsgruppen!) systema- tisch hochspielte und verallgemei- nerte!

Und die FDP leistet der SPD Hilfe- stellung bei der Systemverände- rung. Man fragt sich, was die FDP noch mit liberal zu tun hat!

,.... Man will einfach nicht sehen, daß die Kosten auf dem Gesundheitssek- tor durch die Empfehlungsvereinba- rung zwischen Bundes-KV- und RVO-Kassen nicht mehr gestiegen sind.

,.... Man will einfach nicht sehen, daß die Kassenbeiträge nicht mehr ge- stiegen sind, daß vielmehr einige Er- satzkassen ihre Beiträge gesenkt haben!

,.... Man will einfach nicht sehen, daß zwischen Kassenärzten und Ersatz- kassen freiwillig und demokratisch vereinbart wurde, bis Ende 1978 keine Honorarsteigerung durchzu- führen!

,.... Man will diese Fakten einfach nicht sehen, weil man ja die System-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 23 vom 9. Juni 1977 1551

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Leser über das „Kostendämpfungs"-Gesetz

veränderung will! Und wenn man die Ärzte einmal sozialisiert hat, wird man den anderen Berufsgruppen zu Leibe rücken!

Es liegt bei der CDU/CSU, hier den Anfängen zu wehren und dieses un- sinnige Gesetz zu verhindern. Die- ses Ziel muß im Bundesrat über poli- tischer Rücksichtnahmen auf die FDP in einigen Länderregierungen gehen: Freiheit statt Sozialismus!"

Dr. med. H. W. Schmidt

Facharzt für innere Krankheiten Friedrich-Ebert-Straße 45 4000 Düsseldorf

Um die

Glaubwürdigkeit der FDP

Aus einem „Offenen Brief" an den FDP-Vorsitzenden und Außenmini- ster Hans-Dietrich Genscher:

„. . wird die Freiheit von Patient und Arzt auch in Zukunft erhalten bleiben oder wird es in absehbarer Zeit bei uns zu einem staatlichen (sozialistischen) Gesundheitsdienst kommen? Sie, sehr geehrter Herr Minister Genscher und Ihre Partei, sahen sich bisher immer in der Posi- tion des ‚Bremsers' solcher Bestre- bungen. Der politische Background des sogenannten Krankenversiche- rungskostendämpfungsgesetzes ist unzweideutig das Bestreben, unser bisher freiheitliches Gesundheitssy- stem in einen vom Staat dirigierten Gesundheitsdienst umzuwandeln.

Es geht deshalb jetzt, sehr geehrter Herr Minister, auch um die Glaub- würdigkeit Ihrer Partei und Ihrer Po- litik. Versprechungen, die vor der Wahl gemacht worden sind, müssen auch jetzt noch ihre Gültigkeit ha- ben. Deshalb glaube ich, daß gerade Ihre Partei besonders darauf hinwir- ken sollte, daß nicht durch die ge- schickten Winkelzüge einiger sozial- demokratischer Politiker die Freiheit von Patient und Arzt eingeschränkt wird."

Dr. med. Rolof Kley

Facharzt für Laboratoriumsmedizin Im Fuchsbaum 6

5000 Köln 91

Verrat am Mittelstand

Wann wird endlich der letzte Kollege merken, daß er sich als Frontkämpfer selbst in Szene setzen muß, weil seine Interessen allseits miserabel vertreten und den Sozis kampflos ausgehändigt werden. Ich vertrete die Interessen unseres Be- rufsstandes durch zähes (politi- sches) Wirken am Patienten, bei- spielsweise, indem ich jedem versu- che klarzumachen, wie die liberalen Trittbrettfahrer und Karriereartisten der FDP in diesen Tagen den Mittel- stand verraten. Einleuchtende Bei- spiele zu finden ist nicht schwer, Herr Ehrenberg liefert uns doch die Argumente! ... Innerhalb kürzester Zeit habe ich zwei Trittbrettfahrer (sprich FDP-Wähler) bekehrt. Daher mein Aufruf an alle Kollegen: Wenn nur 10 Prozent der deutschen Ärzte- schaft jeweils zehn Patienten (naive Kollegen nicht ausgenommen) um- stimmen, dann wird es uns gelingen, die glorreichen Vier dahin zu brin- gen, wo sie hingehören ... nämlich auf 4,9 Prozent!"

Dr. med. Klaus Vogel

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Bankgasse 7

8100 Garmisch-Partenkirchen

Eiskalte Reformeiferer

Aus einem „Offenen Brief" an Bun- deskanzler Helmut Schmidt:

Da Sie und Ihre Koalitionspart- ner, die sich eine liberale Politik zur Basis ihrer Arbeit gemacht haben, mit dem ,Problemchen` der Renten- sanierung nicht fertig werden, soll nun die Krankenversicherung, die sich nicht zuletzt wegen der freiwilli- gen (so was gibt es noch im Zeitalter eines Klunkers und Loderers!!) Rah- menvereinbarungen der Kassenärz- te mit ihrem Vertragspartner in der Konsolidierung befand, in die finan- zielle Bresche springen. Anstatt daß nun in gerechter Weise zur Sanie- rung gleichmäßig alle Gruppen her- angezogen werden, müssen nun die Ärzte als klassisches Neidobjekt der Klassenkämpfer herhalten, natürlich

dann auch die bösen Zahnärzte, Apotheker, Krankenhäuser und nicht zuletzt die Pharmaindustrie, ohne deren Forschung und Leistun- gen wir so ärmlich dastehen wür- den, wie die Ostblockländer mit ih- rer Staatsindustrie. Ich will mir er- sparen Ihnen all' die hinterlistigen Paragraphen aufzuzählen, mit denen unter peinlicher Vermeidung des Wortes ,Sozialisierung`, die von Ihren marxistischen und gewerk- schaftlichen Gleichmacheraposteln so heiß gewünschte und längst vor- bereitete Änderung in das Sozialver- sicherungssystem geschmuggelt wird. Aber ich möchte Ihnen eines nicht vorenthalten: Sie sind mit Ih- ren eiskalten Reformeiferern auf dem besten Wege, unsere Patienten zu verunsichern, so wie Sie vorher die Rentner gründlich vergrämt, ver- ärgert und regierungsverdrossen gemacht haben. Ich bin seit 1951 als Kassenarzt in vorderster Front in ei- nem Außenbezirk unserer Stadt, der vorwiegend von Arbeitern und Rent- nern bewohnt ist, tätig. Ich bin ge- wohnt, daß meine Patienten offen und ehrlich zu mir sprechen. Ich kann Ihnen versichern, als sie hörten. . ., daß die vorgesehene pau- schale Begrenzung der Arzneimittel- verordnung sie dann genauso tref- fen würde wie ihren Arzt und sicher negative Auswirkungen auf ihre medizinische Versorgung haben würde, habe ich nur heftige Kritik an diesem unverantwortlichen Vor- schlag gehört, und fast alle haben bedauert, daß nicht am nächsten Sonntag Wahlen für den Bundestag stattfinden. Bedenken Sie bitte, daß in der Bundesrepublik von 26 000 Hausärzten (meist praktischen Ärz- ten) 28 Mill. Menschen ständig be- treut werden, daß 93 Prozent aller Familien — wahrscheinlich auch Sie

— einen frei gewählten Hausarzt ha- ben, daß 55 Prozent aller Arzt-Pa- tienten-Kontakte dort länger als 10 Jahre bestehen und daß in keiner annähernd vergleichbaren Institu- tion oder Personenkreis — erst recht nicht beim Staat oder irgendeiner Partei — ein solch enges Vertrauens- verhältnis auf freiwilliger Basis be- steht! Wenn Ihnen und Ihren sozialli- beralen Genossen die kleine Gruppe aller Ärzte als Wahlstimmen nicht

1552 Heft 23 vom 9. Juni 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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