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Archiv "Enttäuschung, Zorn und (Selbst-)Kritik: Eiskalte Reformeiferer" (09.06.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Leser über das „Kostendämpfungs"-Gesetz

veränderung will! Und wenn man die Ärzte einmal sozialisiert hat, wird man den anderen Berufsgruppen zu Leibe rücken!

Es liegt bei der CDU/CSU, hier den Anfängen zu wehren und dieses un- sinnige Gesetz zu verhindern. Die- ses Ziel muß im Bundesrat über poli- tischer Rücksichtnahmen auf die FDP in einigen Länderregierungen gehen: Freiheit statt Sozialismus!"

Dr. med. H. W. Schmidt

Facharzt für innere Krankheiten Friedrich-Ebert-Straße 45 4000 Düsseldorf

Um die

Glaubwürdigkeit der FDP

Aus einem „Offenen Brief" an den FDP-Vorsitzenden und Außenmini- ster Hans-Dietrich Genscher:

„. . wird die Freiheit von Patient und Arzt auch in Zukunft erhalten bleiben oder wird es in absehbarer Zeit bei uns zu einem staatlichen (sozialistischen) Gesundheitsdienst kommen? Sie, sehr geehrter Herr Minister Genscher und Ihre Partei, sahen sich bisher immer in der Posi- tion des ‚Bremsers' solcher Bestre- bungen. Der politische Background des sogenannten Krankenversiche- rungskostendämpfungsgesetzes ist unzweideutig das Bestreben, unser bisher freiheitliches Gesundheitssy- stem in einen vom Staat dirigierten Gesundheitsdienst umzuwandeln.

Es geht deshalb jetzt, sehr geehrter Herr Minister, auch um die Glaub- würdigkeit Ihrer Partei und Ihrer Po- litik. Versprechungen, die vor der Wahl gemacht worden sind, müssen auch jetzt noch ihre Gültigkeit ha- ben. Deshalb glaube ich, daß gerade Ihre Partei besonders darauf hinwir- ken sollte, daß nicht durch die ge- schickten Winkelzüge einiger sozial- demokratischer Politiker die Freiheit von Patient und Arzt eingeschränkt wird."

Dr. med. Rolof Kley

Facharzt für Laboratoriumsmedizin Im Fuchsbaum 6

5000 Köln 91

Verrat am Mittelstand

Wann wird endlich der letzte Kollege merken, daß er sich als Frontkämpfer selbst in Szene setzen muß, weil seine Interessen allseits miserabel vertreten und den Sozis kampflos ausgehändigt werden. Ich vertrete die Interessen unseres Be- rufsstandes durch zähes (politi- sches) Wirken am Patienten, bei- spielsweise, indem ich jedem versu- che klarzumachen, wie die liberalen Trittbrettfahrer und Karriereartisten der FDP in diesen Tagen den Mittel- stand verraten. Einleuchtende Bei- spiele zu finden ist nicht schwer, Herr Ehrenberg liefert uns doch die Argumente! ... Innerhalb kürzester Zeit habe ich zwei Trittbrettfahrer (sprich FDP-Wähler) bekehrt. Daher mein Aufruf an alle Kollegen: Wenn nur 10 Prozent der deutschen Ärzte- schaft jeweils zehn Patienten (naive Kollegen nicht ausgenommen) um- stimmen, dann wird es uns gelingen, die glorreichen Vier dahin zu brin- gen, wo sie hingehören ... nämlich auf 4,9 Prozent!"

Dr. med. Klaus Vogel

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Bankgasse 7

8100 Garmisch-Partenkirchen

Eiskalte Reformeiferer

Aus einem „Offenen Brief" an Bun- deskanzler Helmut Schmidt:

Da Sie und Ihre Koalitionspart- ner, die sich eine liberale Politik zur Basis ihrer Arbeit gemacht haben, mit dem ,Problemchen` der Renten- sanierung nicht fertig werden, soll nun die Krankenversicherung, die sich nicht zuletzt wegen der freiwilli- gen (so was gibt es noch im Zeitalter eines Klunkers und Loderers!!) Rah- menvereinbarungen der Kassenärz- te mit ihrem Vertragspartner in der Konsolidierung befand, in die finan- zielle Bresche springen. Anstatt daß nun in gerechter Weise zur Sanie- rung gleichmäßig alle Gruppen her- angezogen werden, müssen nun die Ärzte als klassisches Neidobjekt der Klassenkämpfer herhalten, natürlich

dann auch die bösen Zahnärzte, Apotheker, Krankenhäuser und nicht zuletzt die Pharmaindustrie, ohne deren Forschung und Leistun- gen wir so ärmlich dastehen wür- den, wie die Ostblockländer mit ih- rer Staatsindustrie. Ich will mir er- sparen Ihnen all' die hinterlistigen Paragraphen aufzuzählen, mit denen unter peinlicher Vermeidung des Wortes ,Sozialisierung`, die von Ihren marxistischen und gewerk- schaftlichen Gleichmacheraposteln so heiß gewünschte und längst vor- bereitete Änderung in das Sozialver- sicherungssystem geschmuggelt wird. Aber ich möchte Ihnen eines nicht vorenthalten: Sie sind mit Ih- ren eiskalten Reformeiferern auf dem besten Wege, unsere Patienten zu verunsichern, so wie Sie vorher die Rentner gründlich vergrämt, ver- ärgert und regierungsverdrossen gemacht haben. Ich bin seit 1951 als Kassenarzt in vorderster Front in ei- nem Außenbezirk unserer Stadt, der vorwiegend von Arbeitern und Rent- nern bewohnt ist, tätig. Ich bin ge- wohnt, daß meine Patienten offen und ehrlich zu mir sprechen. Ich kann Ihnen versichern, als sie hörten. . ., daß die vorgesehene pau- schale Begrenzung der Arzneimittel- verordnung sie dann genauso tref- fen würde wie ihren Arzt und sicher negative Auswirkungen auf ihre medizinische Versorgung haben würde, habe ich nur heftige Kritik an diesem unverantwortlichen Vor- schlag gehört, und fast alle haben bedauert, daß nicht am nächsten Sonntag Wahlen für den Bundestag stattfinden. Bedenken Sie bitte, daß in der Bundesrepublik von 26 000 Hausärzten (meist praktischen Ärz- ten) 28 Mill. Menschen ständig be- treut werden, daß 93 Prozent aller Familien — wahrscheinlich auch Sie

— einen frei gewählten Hausarzt ha- ben, daß 55 Prozent aller Arzt-Pa- tienten-Kontakte dort länger als 10 Jahre bestehen und daß in keiner annähernd vergleichbaren Institu- tion oder Personenkreis — erst recht nicht beim Staat oder irgendeiner Partei — ein solch enges Vertrauens- verhältnis auf freiwilliger Basis be- steht! Wenn Ihnen und Ihren sozialli- beralen Genossen die kleine Gruppe aller Ärzte als Wahlstimmen nicht

1552 Heft 23 vom 9. Juni 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Leser über das „Kostendämpfungs"-Gesetz

imponieren sollten, dann werden Ih- nen vielleicht diese Zahlen zu den- ken geben!. . ."

Dr. med. H. Henkelmann Praktischer Arzt

Neusser Straße 111 4050 Mönchengladbach

Trotz freiwilliger

Sparmaßnahmen - die Ärzte werden geprügelt

einst auch bei uns. Das ist die Sip- penhaft, die in dem Gesetzesentwurf ausgesprochen ist. Sollte diese all- ergische Reaktion nur den Ärzten verboten sein? Daß nun der Entwurf vorsieht, daß Arzneikosten, die bei Spezialisten und bei den Fortschrit- ten bei der Heilungsmöglichkeit bis- her unheilbarer Krankheiten viel Geld kosten, einfach pauschal von dem Honorar aller Ärzte abgezogen werden soll,. .. ist rechtlich unvor- stellbar. . ."

Dr. med. Guth Herminenstraße 5 6200 Wiesbaden

Gehälter und Honorare...

„Zu der Information (in Heft 9/1977, Seite 563) ,AOK-Direktor verteidigt den Gesetzentwurf' [es handelte sich dabei um Hans Töns, den Direk- tor des Bundesverbandes der Orts- krankenkassen und energischer Promoter des ,Kostendämpfungsge- setzes'; die Redaktion] kann man nur feststellen, daß der AOK-Direk- tor durch sogenannte Kostendämp- fung im Gesundheitswesen nicht be- troffen wird. Er wird sein recht ho- hes Gehalt von schätzungsweise 8000 bis 10 000 DM monatlich weiter erhalten. Davon hat er allenfalls die üblichen Abgaben zu leisten, aber nicht wie der Arzt in der Praxis nicht nur die Praxisunkosten zu tragen, sondern auch Gehälter für mehrere Personen, die davon leben. Bis der Arzt ein Gehalt in dieser Höhe für sich herauswirtschaften kann, muß er mindestens das zehnfache ein- nehmen und das sicher nicht nur für einen Achtstundentag."

Planwirtschaft?

ren. Das wissen sicher auch die Vä- ter des Gesetzes, sonst würden sie auf den Vorwurf der ,Sozialisierung' der Medizin nicht so sauer rea- gieren.

Gibt es eine Alternative? Aber wel- che Alternative bietet die Ärzte- schaft, die spätestens seit den ,frei- willigen Empfehlungsvereinbarun- gen' zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und den RVO- Kassen im Jahr 1976 weiß, daß es so wie bisher nicht weitergehen kann?

Welchen konstruktiven ‚Gegen- schlag' der Ärzteschaft gibt es ge- gen den ,Atomschlag gegen das Kassenarztrecht', außer Protesten und Demonstrationen?

Ursachen der Kostensteigerung: Der Fortschritt der Medizin in diagnosti- scher und therapeutischer Hinsicht führt zu einer fortlaufenden Kosten- steigerung in der ambulanten und stationären Krankenversorgung. Da die Beiträge zu den Krankenkassen aus politischen, sozialen und wirt- schaftlichen Gründen nicht im glei- chen Maße erhöht werden können, entsteht ein Defizit. Wie soll nun diese auseinanderklaffende Schere von Kostensteigerung durch den medizinischen Fortschritt (auch zum Teil durch Zunahme der Morbidität bei einer durchschnittlich älter wer- denden Bevölkerung bedingt) und Stehenbleiben der Gesamtvergütun- gen der Krankenkassen geschlossen werden?

Kostendämpfung durch Rationali- sierung? Sicher ist es ein Trug- schluß, wenn man annimmt, daß das Defizit in der Krankenversorgung dadurch wegfällt, daß ‚medizinisch- technische Leistungen, die der Arzt zur Unterstützung seiner Maßnah- men benötigt, wirtschaftlich von be- sonderen Ärzten oder Einrichtun- gen' erbracht werden. Denkbar ist, daß hierdurch eine kurze kostenmä- ßige ‚Atempause' (man denke an die Kürzung der Laborgebühren) ent- steht, wenn man unterstellt, daß durch eine solche Maßnahme tat- sächlich eventuell vorhandene ,Un- wirtschaftlichkeiten` beseitigt wer- den. Auf Dauer jedoch werden auch die Leistungen solcher medizinisch-

„. . Die Frage in Bonn lautete, woher... das fehlende Geld für die Rentenversicherung nehmen? Man schaute sich um nach noch gut ver- dienenden Volksgenossen. Hohe Minister und Ministerialbeamte schieden aus, sie hätten sich ja ins eigene Fleisch schneiden müssen, das ist unzumutbar. Presse mit ihren zum Teil Großverdienern erschien unzweckmäßig, sie hätten mit ihren berufsbedingten Fähigkeiten hart zurückschlagen können. Die Groß- industrie kam wegen einer allzugro- ßen Gesetzwidrigkeit einer Enteig- nung nicht in Frage. So bot sich die Ärzteschaft an, die ohnehin schon in den letzten Jahren ins Blickfeld öf- fentlicher Kritik gerückt worden war.

... Bereitschaft zu erfolgreichen Sparmaßnahmen hat die Ärzteschaft seit zwei Jahren bewiesen, wie ja auch Regierungssprecher bestätig- ten. Als alter Mann aus weit über 100jährigem Arztsitz, aus Erzählun- gen vom Großvater, Vater und eige- nem Erleben darf ich darauf hinwei- sen, daß gerade die Ärzteschaft und nur sie die Krankenversicherung in ihrer katastrophalen Lage nach den beiden verlorenen Kriegen in ihrem Weiterbestand gerettet hat. Dies war

allerdings nur möglich, weil der Arzt Prof. Dr. med. Trube-Becker besonders auf dem Land eine etwa Moorenstraße 5

der Kassenpraxis entsprechende 4000 Düsseldorf Privatpraxis hatte. Wenn jetzt eine

Verbitterung bei Ärzten aufkommt

und die Sorge anklingt, die augen-

In letzter Konsequenz

blickliche Geldnot zu Systemverän-

derungsplänen zu benützen, ist das

verständlich. Das ganze deutsche Selbstverständlich würde die- Volk ist allergisch geworden nach ses Gesetz, falls es in dieser Form Erfahrungen in diesem Jahrhundert zur Durchführung käme, zu ei- gegen gewisse Ungeheuerlichkeiten ner ,Zwangsbewirtschaftung` oder in autoritär regierten Ländern, so ‚Planwirtschaft' in der Medizin füh-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 9. Juni 1977 1553

Referenzen

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