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Auswirkung von oral verabreichtem Escherichia coli Nissle 1917 auf das Darm-assoziierte Immunsystem des Schweins

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Academic year: 2022

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der Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Auswirkung von oral verabreichtem Escherichia coli Nissle 1917 auf das Darm-assoziierte Immunsystem des

Schweins

INAUGURAL DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Swantje Duncker

aus Kiel

Hannover 2005

(2)

1. Gutachter: Prof. Dr. G. Breves

2. Gutachter: Prof. Dr. H.-J. Schuberth

Tag der mündlichen Prüfung: 03. Juni 2005

Gefördert durch ein Stipendium der FIRMA ARDEYPHARM GmbH, Herdecke, Deutschland und den Sonderforschungsbereich SFB 621 „Pathobiologie der Intestinalen Mukosa“ der

(3)

und tiefer Bewunderung

in liebevollem Gedenken an meine Großmutter

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

VERZEICHNISS DER ABKÜRZUNGEN

1 EINLEITUNG UND LITERATURÜBERSICHT ...1

1.1 Physiologische Mikroorganismen des Darms...2

1.1.1 Darmmikroorganismen beim Schwein...4

1.1.2 Intestinale Barriere...5

1.2 Probiotika ...6

1.2.1 Definition ...6

1.2.2 Anwendung in der Veterinärmedizin und Landwirtschaft...7

1.2.3 Anwendung in der Humanmedizin und Ernährung ...9

1.2.4 Wirkungsmechanismen...12

1.2.4.1 Wirkung von Probiotika auf die Darmmikroorganismen ...13

1.2.4.2 Wirkungen auf den Wirt ...14

1.3 Escherichia coli Nissle 1917...19

1.3.1 Wirkmechanismen und therapeutische Anwendung von EcN...20

1.4 Escherichia coli Stamm “Abbotstown”...21

1.4.1 Wirkmechanismen und klinische Bedeutung...21

1.5 Das darmassoziierte Immunsystem...21

1.5.1 Anatomischer und histologischer Aufbau des Darms beim Schwein ...22

1.5.2 Immunzellen des Darms...23

1.5.2.1 Zellen des angeborenen Immunsystems ...23

1.5.2.2 Zellen des adaptiven Immunsystems des Schweins...27

1.5.3 Aufbau des darmassoziierten Immunsystems ...29

1.5.3.1 Intraepitheliale Lymphozyten ...29

1.5.3.2 Lamina propria Lymphozyten...31

1.5.3.3 Interleukin-2 Rezeptor (CD25) als Aktivierungsmarker ...32

1.5.4 Antimikrobielle Peptide ...33

1.6 Ziel der Arbeit ...34

2 MATERIAL UND METHODE ...36

(6)

2.1.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN...37

2.2 Versuchsdurchführung...39

2.2.1 Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen mit und ohne EcN...39

2.2.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN...40

2.3 Tötung der Tiere ...43

2.4 Probengewinnung...44

2.4.1 Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen mit und ohne EcN...44

2.4.1.1 Probenentnahme für mikrobiologische Untersuchungen...44

2.4.1.2 Probenentnahme für die Polymerase-Ketten-Reaktion...44

2.4.1.3 Probenentnahme für histologische und immunhistologische Analysen ...45

2.4.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN...46

2.4.2.1 Plasmagewinnung für Plasma-IgA-Bestimmung...46

2.4.2.2 Probenentnahme für mikrobiologische Untersuchungen...46

2.4.2.3 Probenentnahme für luminale IgA-Bestimmung ...46

2.4.2.4 Probenentnahme für histologische Untersuchungen...47

2.5 Probenbearbeitung und Lagerung ...47

2.5.1 Einbettung in Paraffin und Anfertigung von Gewebeschnitten...47

2.6 Mikrobiologische Untersuchungen...48

2.6.1 Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen mit und ohne EcN...48

2.6.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN...48

2.7 Bestimmung von luminalen und Plasma-IgA...49

2.7.1 Infektionsversuche mit und ohne EcN...49

2.7.2 Auswertung ...49

2.8 Histologische Untersuchung...49

2.8.1 Entparaffinierung ...49

2.8.2 Hämalaun-Eosin Färbung ...50

2.8.3 Toluidinblaufärbung ...50

2.9 Immunhistologische Methoden...51

2.9.1 Markierte Streptavidin-Biotin Methode...51

(7)

2.9.2.3 Darstellung von CD25-Oberflächenantigen und intrazellulärem IgA ...56

2.9.2.4 Gegenfärbung mit Hämalaun ...56

2.9.3 Auswertung ...56

2.10 RNA-Isolierung, reverse Transkription und Polymerase Kettenreaktion ...58

2.10.1 RNA-Isolierung und reverse Transkription ...58

2.10.2 PCR ...59

2.10.3 Verwendete Primer und PCR-Protokolle...60

2.10.4 Auswertung ...62

2.11 Statistik ...62

3 ERGEBNISSE ...63

3.1 Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen mit und ohne EcN...63

3.1.1 Gewicht ...63

3.1.2 Mikrobiologische Untersuchung...63

3.1.3 Histologische Untersuchung ...64

3.1.3.1 Eosinophile Granulozyten...65

3.1.3.2 Neutrophile Granulozyten...67

3.1.3.3 Basophile Granulozyten...69

3.1.3.4 Mastzellen ...70

3.1.4 Immunhistologische Untersuchung ...72

3.1.4.1 T-Helfer-Zellen (CD4+)...73

3.1.4.2 CD8+ Zellen...75

3.1.4.3 Aktivierungsmarker (CD25) ...81

3.1.4.4 IgA-produzierende Plasmazellen ...82

3.1.5 mRNA-Expression von Zytokinen und antimikrobiellen Peptiden ...85

3.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN ...89

3.2.1.1 Klinik ...89

3.2.1.2 Allgemeine mikrobiologische Untersuchung ...93

3.2.1.3 Wassergehalt im Kot...95

3.2.1.4 Luminale und Plasma-IgA-Bestimmung ...96

(8)

4.1 Konzeptionelle Überlegungen ...99

4.2 Konventionell gehaltene Schweine ...100

4.3 Infektionsversuch mit und ohne EcN...113

4.4 Neue Erkenntnisse über die Wirkungsweise von EcN...119

5 ZUSAMMENFASSUNG ...120

6 SUMMARY ...122

7 LITERATURVERZEICHNIS...124

8 ANHANG I ...156

8.1 Futterzusammensetzung des verwendeten Grundfutters ...156

8.1.1 E. coli Nissle 1917-Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen ...156

8.1.2 Infektionsversuche mit und ohne EcN...157

9 ANHANG II...158

9.1 Bakterienstämme ...158

9.2 Material und Geräte ...158

9.3 Pharmaka und Substanzen ...161

9.4 Lösungen und Protokolle ...163

9.5 Kits ...165

10 ANHANG III ...166

10.1 Versuch mit konventionell gehaltenen Schweinen mit und ohne EcN...166

10.1.1 Gewicht ...166

10.1.2 Anzahl eosinophiler Granulozyten ...167

10.1.3 Anzahl neutrophiler Granulozyten...167

10.1.4 Anzahl an Mastzellen...168

10.1.5 Anteil CD4+ Zellen...169

10.1.6 Anzahl CD8+ Zellen ...170

(9)

10.2.1 Gewicht ...174 ERKLÄRUNG

DANKSAGUNG

(10)

Verzeichnis der Abkürzungen

® eingetragenes Wahrenzeichen

Abb. Abbildung

AEC 3-Amino-9-ethylcarbazol

Akt-Kinase Protein Kinase B

AMG Arzneimittelgesetz

Aqua dest. Aqua destilata

B.cer. var. toyoi Bacillus cereus Varietas toyoi

bzw. beziehungsweise

CD cluster of differentiation (zelluläre Differenzierungsantigene) CED chronisch entzündliche Darmerkrankung

CTMC connective tissue mast cell (Bindegewebsmastzellen) DC dendritic cell (dendritische Zelle)

DNA desoxy ribonucleic acid (Desoxyribonukleinsäure) E. coli Escherichia coli

EcN Escherichia coli Nissle 1917

ECP eosinophilic cationic protein (Eosinophiles Kationisches Protein) EPEC enteropathogene Escherichia coli

EPX Eosines Protein X

et al. et alii (und andere)

ETEC enterotoxische Escherichia coli

Fa. Firma

FMG Futtermittelgesetz

GALT gut associated lymphoid tissue (darmassoziiertes lymphoides Gewebe)

HE Hämalaun Eosin

HRP horseradish peroxidase (Meerrettichperoxidase) IEL intraepitheliale Lymphozyten

IFN Interferon

Ig Immunglobulin

IL Interleukin

(11)

IL-2R Interleukin-2 Rezeptor

IκB inhibitor of kappa B (Hemmstoff von kappa B) KBE koloniebildende Einheiten

LCC Laktobazillen

LGG Lactobacillus rhamnosus GG

LMBG Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz

LP Lamina propria

LPL Lamina propria Lymphozyten

LPS Lipopolysaccharid

LSAB-Methode labeled streptavidin biotin (gekennzeichnete Streptavidin-Biotin) Methode

LT Lymphotoxin

mAK monoklonaler Antikörper

pAK polyklonaler Antikörper

MALT mucosa associated lymphoid tissue (mukosaassoziiertes lymphoides Gewebe) MAP-Kinase Mitogen-aktivierte Protein-Kinase

MBP major basic protein

MC mast cell (Mastzelle)

MCP membrane cofactor protein

MHC major histocompatibility complex

MIP-1 macrophage inflammatory protein (Makrophagen Entzündungsprotein) MMC mucosal mast cell (mukosale Mastzellen)

mRNA messenger ribo nucleic acid (Boten-Ribonukleinsäure)

NaCl Natriumchlorid

NfE N-freie Extraktstoffe

NFκB Nucleus Faktor Kappa B

PBS Phosphate buffered saline (phosphatgepufferte Kochsalzlösung)

PGE-2 Prostaglandin E-2

PP Peyer´sche Platten

RT Raumtemperatur

s.c. subcutan

SAB Saccharomyces boulardii

SCF stem cell factor (Stammzellfaktor)

(12)

SCFA short chain fatty acids (kurzkettige Fettsäuren) SD standard deviation (Standardabweichung)

sIgA sekretorisches IgA

ST1p Shigatoxin 1p

TBS Tris buffered saline (Tris-gepufferte Kochsalzlösung) TCR T-cell receptor (T-Zellrezeptor)

TGF tumor growth factor (Tumorwachstumsfaktor) Th -Zelle T-Helfer-Zelle

TNF Tumornekrosefaktor

u.ä. und ähnliches

WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation)

z.B. zum Beispiel

z.T. zum Teil

Chemische Elemente werden entsprechend der internationalen Literatur abgekürzt.

(13)

1 Einleitung und Literaturübersicht

Die ersten Lebewesen, die die Evolution hervorgebracht hat, gehörten zur Gruppe der Mikroorganismen. Noch heute sind verschiedene Formen von Mikroorganismen an der Besiedlung nahezu jedes Lebensraumes unseres Planeten beteiligt. Häufig haben sich im Laufe der Evolution Symbiosen zwischen Mikroorganismen und höher entwickelten Lebewesen als äußerst erfolgreich erwiesen. Eine derartige Symbiose sind auch die Säugetiere mit den ihren Darm besiedelnden Mikroorganismen eingegangen. Die Anzahl der physiologischerweise den Magendarmtrakt besiedelnden Mikroorganismen übersteigt dabei die Zahl der Körperzellen des Wirts um ein Vielfaches. (BRY et al. 1996).

Es wird üblicherweise angenommen, dass zwischen 400 und 500 verschiedene Spezies an der Besiedlung des Intestinaltraktes beteiligt sind (SIMON und GORBACH 1982). Nachdem ihre Aufgabe lange Zeit nur auf Seiten der Nährstoffversorgung und Fermentation gesehen wurde, rückten in den letzten Jahren auch immer häufiger immunmodulatorische Wirkungen der Darmmikroorganismen in den Blickpunkt der Forschung (BOURLIOUX et al. 2003).

Auf dieser Grundlage erlebte die Erforschung einer Gruppe von Mikroorganismen eine Renaissance, deren positive Wirkung auf die Gesundheit des Menschen schon Anfang des letzten Jahrhunderts von METCHNIKOFF (1907) und in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von NISSLE (1916) untersucht wurde. LILLY et al. (1965) prägten für diese Gruppe von Mikroorganismen den Begriff „Probiotika“. Das Wissen um die genaue Wirkungsweise dieser speziellen Mikroorganismen im Ökosystem Darm und den Einfluss auf den Wirtsorganismus ist aber nach wie vor unzureichend. Dies ist insofern besonders bedauerlich, als Probiotika inzwischen nicht nur in Form von Futtermittel- bzw. Nahrungsmittelzusatzstoffen eine Rolle spielen, sondern einzelne Spezies auch als Medikamente zum Einsatz kommen. Vor allem in der Humanmedizin werden diese Spezies zur Therapie von gastrointestinalen Erkrankungen genutzt und haben sich den pharmakologischen Therapien als ebenbürtig erwiesen (KRUIS et al. 1997, REMBACKEN et al.

1999, GAON et al. 2003, ALLEN et al. 2004). Allerdings scheint die Zahl der Befürworter derartiger Therapieansätze ebenso groß wie die ihrer Gegner. Anstoß der Diskussion um den Einsatz von Probiotika bildet immer wieder das Fehlen befriedigender Erklärung für die Wirkung der verwendeten Keime.

In der Veterinärmedizin intensiviert der Einsatz von Probiotika als Ersatz für antimikrobielle

(14)

Leistungsförderer in der Nutztierhaltung die Diskussion um die Wirkungsweise dieser speziellen Mikroorganismen zusätzlich.

Eine Aufklärung von probiotischen Wirkmechanismen ist demnach nicht nur in Bezug auf erweiterte und gezieltere therapeutische Anwendungen wünschenswert, sondern könnte auch helfen die prophylaktische Anwendung probiotischer Keime sowohl beim Menschen als auch beim Tier auszuweiten und zu verbessern.

1.1 Physiologische Mikroorganismen des Darms

Um Effekte von Probiotika auf die Mikroökologie des Darms und damit auf den Wirt einordnen und die Erkenntnisse zu Wirkungsmechanismen bewerten zu können, soll zunächst kurz auf die physiologischen Mikroorganismen des Darms und ihre Bedeutung für den Wirt eingegangen werden.

Sowohl umgangssprachlich als auch in vielen Bereichen der wissenschaftlichen Forschung wird von der sogenannten ”normalen Darmflora” gesprochen. Damit sind in der Regel die Mikroorganismen gemeint, die bei einem gesunden Individuum im Magen-Darm-Trakt vorkommen. Es handelt sich dabei sowohl um residente wie auch um transiente Keime. Die Ansammlung intestinaler Mikroorganismen ist in hohem Maße individuellen Schwankungen unterworfen. Die Speziesverteilung hängt von vielen Faktoren wie dem Alter, dem Geschlecht, der Ernährung, sowie den Umwelt- und Hygieneverhältnissen ab. Auch eine genetische Komponente wird diskutiert. So zeigt die Zusammensetzung der Darmmikroorganismen bei eineiigen Zwillingen eine größere Übereinstimmung als bei zweieigen Zwillingen (VAN DE MERWE et al. 1983). Ein

”Normalzustand”, der für alle Individuen einer Spezies gilt, ist demnach nur schwer vorstellbar, weshalb im Folgenden von physiologischer Besiedlung gesprochen werden soll. Die Verwendung des Wortes Mikroorganismen trägt der Tatsache Rechnung, dass eine Vielzahl verschiedener Organismen aus verschiedenen Gattungen an der Besiedlung des Säugerdarms beteiligt sind (ROBINSON et al. 1984, BLEDAY et al. 1993, TANNOCK 2001, FANARO et al. 2003).

Die Anzahl der Mikroorganismen nimmt im Verlauf des Gastrointestinaltrakts von oral nach aboral stetig zu und beläuft sich bei Nutztieren wie dem Schwein auf einer Gesamtzahl von 1014 KBE im Darm. Im Vergleich zwischen den Darmabschnitten ist sie im Dickdarm mit 1012 KBE/g Ingesta am höchsten (GEDEK 1987). Die Gesamtheit der physiologischen Mikroorganismen setzt sich aus

(15)

400-500 Spezies zusammen, wobei die Angaben zu diesen Zahlen in der Literatur stark differieren (FULLER et al. 1978, ROBINSON et al. 1984, TANNOCK 2001). Neueste präliminäre Ergebnisse für den Menschen lassen allerdings eine sehr viel geringere Zahl von um die 100 Spezies mit einer extremen Diversität zwischen einzelnen Wirten vermuten (ABBOTT 2004). Jedes Individuum scheint somit eine ihm eigene physiologische Darmbesiedlung zu besitzen.

Sowohl bei Säugetieren als auch beim Menschen gehören die meisten Darmbakterien dem Genus Lactobacillus, Bifidobacteria und Bacteroides an (25 bzw. 30%) (FULLER et al. 1978, ROBINSON et al. 1984, SALMINEN et al. 1998). Als primäre Aufgabe der gastrointestinalen, mikrobiologischen „Mitbewohner” wird der Abbau von für den Wirt nicht oder nur schwer verdaulicher Kohlenhydrate (Cellulose, Hemizellulose, Oligosaccharide und Pektine) angesehen.

Sowohl beim Menschen als auch beim Schwein erfolgt der mikrobielle Abbau in erster Linie im Kolon. Die Produktion kurzkettiger Fettsäuren, besonders von Butyrat, sichert dabei die Energieversorgung der Enterotzyten ( SAVAGE 1977a, b, COATES 1980, FULLER 1989, GUARNER und MALAGELADA 2003,). Allerdings ist die Fermentation von Kohlenhydraten nicht auf den Dickdarm beschränkt. Insbesondere Hemizellulosen und Pektine werden zu einem nicht unerheblichen Anteil auch schon im Dünndarm mikrobiell verstoffwechselt (DROCHNER 1993). Andere Untersuchungen belegen eine beträchtliche Fermentation der Ingesta im terminalen Ileum (HOUDIJK 1998).

Neben der Fermentationsleistung synthetisieren einige Darmmikroorganismen B-Vitamine und Vitamin K (SALMINEN et al. 1998).

Außerdem sorgen sie für eine Stimulation und Regulation des intestinalen Immunsystems, unterstützen die orale Toleranz gegenüber Nahrungsantigenen und helfen, die Besiedlung des Darms mit pathogenen Mikroorganismen zu vermeiden (TLASKALOVA-HOGENOVA et al.

2004), indem beispielsweise die Anheftung pathogener Mikroorganismen durch von Kommensalen besetzte Anheftungsstellen erschwert wird. Des Weiteren bietet die Wechselwirkung (crosstalk) zwischen den physiologischen Darmbewohnern und der Mukosa des Wirts einen zusätzlichen Schutz (UMESAKI et al. 1997).

Alle genannten Eigenschaften unterstützen das intestinale Epithel maßgeblich in seiner Funktion als intestinale Barriere.

(16)

1.1.1 Darmmikroorganismen beim Schwein

Die mikrobielle Besiedlung des Schweinedarms beginnt unter der Geburt und setzt sich durch den nachfolgenden Kontakt mit der Sau und der Umgebung fort. Die Zusammensetzung der Bakterienspezies hängt dabei zu gleichen Teilen von der Besiedlung des Muttertieres zum Zeitpunkt der Geburt und den in der unmittelbaren Umwelt vorherrschenden Keimen ab (SMITH 1965, SCHULZE und BATHKE 1977, SCHULZE et al. 1980). Anders als menschliche Säuglinge, die zumindest in den Industrieländern meist in eine keimarme Umgebung hineingeboren werden, sind die Haussäugetiere sofort nach ihrer Geburt mit einer großen Menge an Keimen konfrontiert. Beim Schwein kommt es schon zwei Stunden nach der Geburt zur Besiedlung des Darms mit koliformen Keimen. Bereits nach 48 Stunden sind Laktobazillen und Clostridien vorhanden und es können strikte Anaerobier, wie z.B. Bacteroides Spezies nachgewiesen werden (DUCLUZEAU 1985, SWORDS et al. 1993). Die Bakteriendichte im Koloninhalt stabilisiert sich ausgehend von Sterilität bei der Geburt nach 12 Stunden auf 109-1010 koloniebildende Einheiten pro Gramm. Durch die veränderte Fütterung in Zusammenhang mit dem Absetzen erhöht sich der Anteil der Bacteroides Spezies als dominierenden Anaerobiern (SWORDS et al. 1993). Im Darm gesunder abgesetzter Schweine (Läufer) überwiegen jedoch die Laktobazillenspezies. Insbesondere Lactobacillus acidophilus, macht den größten Teil der bakteriellen Besiedlung aus. Außerdem sind im gesamten Magen-Darm-Trakt Streptokokken (Streptococcus bovis, Streptococcus fecalis und Streptococcus faecium) nachweisbar. Die größte Dichte findet sich im Ileum und im Dickdarm (GÄRTNER et al.

1973, KENWORTHY 1973). Im Vergleich zum menschlichen Darm, bei dem mit bis zu 90 % der Gesamtbakterienzahl Bacteroides-Spezies und Bifidobakterien vorherrschen (HAENEL 1969), finden sich diese beim Schwein nur zu einem geringen Anteil von ca. 1% (SCHULZE und BATHKE 1977). E. coli-Spezies tragen sowohl beim Schwein als auch beim Mensch mit 1-5% zur anzüchtbaren Stuhlflora bei ( SEELIGER und WERNER 1965, HAENEL 1969).

Neben den Bakterien beherbergt der Darm auch Hefen. SCHULZE und BATHKE (1977) konnten Hefen nur in geringen Mengen aus dem Magen und Dünndarm von Schweinen aber nicht aus dem Dickdarm isolieren.

(17)

1.1.2 Intestinale Barriere

Bei allen Säugetieren stellt der Darm die größte Fläche des Körpers dar, an der sich der Organismus mit der Außenwelt auseinandersetzen muss. Um pathogenen und potentiell schädlichen Einflüssen entgegenzuwirken, haben sich im Laufe der Evolution verschiedene Schutzmechanismen entwickelt. Die Gesamtheit dieser Schutzfunktionen im Darm wird als „intestinale Barriere“

bezeichnet. Sie besteht aus den luminalen und epithelialen physiologischen Darmmikroorganismen dem Epithel mit der Mukusschicht und Teilen des darmassoziierten Immunsystems (GALT).

Abb. 1 Intestinale Barriere

A =luminale und adhärente, kommensale Mikroorganismen des Darms, B = Mukusschicht, C = Epithelzellschicht, D = GALT

Die außerordentliche Bedeutung der kommensalen Mikroorganismen für die „intestinale Barriere“

wird deutlich, wenn keimfrei aufgezogene Tiere, deren Darm keine Mikroorganismen enthält, mit pathogenen Keimen konfrontiert werden. Es genügt dann schon eine geringe Konzentration von Pathogenen, um letale Infektionen zu verursachen. Dabei handelt es sich um Konzentrationen, bei denen konventionell gehaltene Tiere mit intakter Darmbesiedlung nicht oder nur sehr schwach erkranken (NARDI et al. 1989).

A B

C

D

(18)

1.2 Probiotika

1.2.1 Definition

Der Begriff Probiotika wurde 1965 eingeführt (LILLY und STILLWELL 1965). Er ist abgeleitet aus den griechischen Worten „pro” und „bios” und bedeutet soviel wie „für das Leben”. Damit wurde er dem Begriff „antibiotisch” gegenüber gestellt. LILLY und SPELLWELL (1965) verwendeten den Begriff zur Beschreibung von „Substanzen, die von einem Mikroorganismus sezerniert werden und das Wachstum eines anderen stimulieren”. Nach und nach setzte sich eine mehr und mehr generalisierte Verwendung des Begriffs durch. PARKER (1974) war der erste, der den Begriff Probiotika in der Weise verwendete, wie er heute benutzt wird. Neben den auf das Wachstum positiv wirkenden Substanzen schloss diese Definition auch Mikroorganismen mit positivem Einfluss auf den Wirt ein. Dabei waren nicht nur Wirkungen in bezug auf die Wachstumsförderung sondern auch die generelle Beeinflussung der intestinalen Flora wichtig.

In dem Bestreben, Probiotika zu den in der Definition von Parker eingeschlossenen Antibiotika klarer abzugrenzen, betonten verschiedene Untersucher in den folgenden Jahren die Notwendigkeit der Verwendung lebender Mikroorganismen ( PARKER 1974, HAVENAAR und HUIS IN 'T VELD 1992). Es stand aber immer noch der direkte Einfluss auf die intestinale Mikroflora des Wirtes im Vordergrund (HAVENAAR und HUIS IN 'T VELD 1992). Andere Untersucher vertraten eine generalisiertere Auffassung, in der die Wirkung von Probiotika auf die Gesundheit des Wirtes und die Ernährung berücksichtigt wurde (SALMINEN 1996, SCHAAFSMA 1996). Diese Definition schloss demnach fermentierte Milchprodukte mit ein.

SCHRENZENMEIR et al. (2001) kritisierten in diesem Zusammenhang die Verwendung des Begriffs „Ernährung”. Des Weiteren erschien ihnen die Beschränkung auf Milchprodukte ungenau, weil andere fermentierte Produkte, wie z. B. Sauerkraut und Salami, nicht mit einbezogen wurden.

Sie veränderten daraufhin die Definition zur heute noch gültigen und von der WHO anerkannten Version von Probiotika als: „Eine Präparation eines Produktes oder ein Produkt, das lebende, definierte Mikroorganismen in ausreichender Zahl enthält, die die Mikroflora (durch Implantation oder Kolonisation) in einem Bereich des Wirtskörpers verändern und dadurch fördernde Gesundheitseffekte auf den Wirt haben.” (SCHREZENMEIR und DE VRESE 2001)

(19)

Präparationen, etwa in Form von Medikamenten, verwendet werden. Es wird auf die Wichtigkeit einer ausreichenden Anzahl an Organismen hingewiesen. Die fehlende Beschränkung von Einflüssen auf die inhärente Mikroflora trägt der prophylaktischen Anwendung Rechnung, die heute einen Großteil des probiotischen Einsatzes ausmacht. Zuletzt bezieht sich die aktuelle Definition nicht nur auf den Bereich des Magen-Darm-Trakts, sondern auf den gesamten Gastrointestinaltrakt und andere Körperkompartimente, die eine mikrobiologische Flora beherbergen, wie zum Beispiel die Haut oder der weibliche Genitaltrakt.

Probiotika werden von alters her zur Verbesserung der Gesundheit von Mensch und Tier eingesetzt.

Schon 76 vor Christus empfahl der römische Historiker Plinius die Anwendung von fermentierten Milchprodukten bei Gastroenteritis (SCHREZENMEIR und DE VRESE 2001). Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich immer wieder Wissenschaftler mit der gesundheitsfördernden Wirkung bestimmter Bakterienspezies. Neben prophylaktischen Veränderungen der Zusammensetzung von inhärenten Mikroorganismen (CARRE 1887, MECHNIKOFF 1907, TISSIER 1984) wurde auch die direkte therapeutische Bekämpfung pathogener Bakterien diskutiert (NISSLE 1916).

Heute werden Probiotika sowohl in der Veterinärmedizin und Landwirtschaft als auch in der Humanmedizin und Humanernährung eingesetzt.

1.2.2 Anwendung in der Veterinärmedizin und Landwirtschaft

Man unterscheidet zwischen dem Einsatz von probiotischen Keimen in der Fütterung (1) und dem prophylaktischen und therapeutischen Einsatz in der Medizin (2).

(1) Der größte Teil der beim Tier verwendeten Probiotika wird in der Nutztierfütterung eingesetzt und unterliegt damit dem Futtermittelgesetz (FMG). Auf diesen Bereich soll hier wegen seiner großen Bedeutung für die Veterinärmedizin und die Landwirtschaft kurz eingegangen werden, obwohl sich die im Folgenden vorgestellten Untersuchungen mit einem Keim beschäftigen, der als Medikament verwendet wird.

Nach dem weitgehenden Verbot antibiotischer Leistungsförderer wurde in der Intensivtierhaltung nach neuen Wegen gesucht, diese zu ersetzen, wobei sich Probiotika als Alternative erwiesen. In

(20)

der Europäischen Union sind derzeit 21 Probiotikapräparationen als Futterzusatzstoffe für die verschiedenen Nutztierspezies (Schwein, Wiederkäuer, Geflügel und Fische) zugelassen (Europäische Union 2003). Sie enthalten als Mono- oder Kombinationspräparate Keime der Bakteriengattungen Bacillus, Bifidobacterium, Enterococcus, Lactobacillus und Streptococcus, sowie der Hefe Saccharomyces.

Besonders im Schweinefutter finden sich inzwischen immer häufiger Probiotika. Als deren positive Wirkung wird bei Monogastriern wie dem Schwein nicht primär eine Leistungssteigerung durch höhere Mastleistung und bessere Futterverwertung angenommen, sondern die Aufgabe der Probiotika scheint vielmehr in der Aufrechterhaltung einer physiologischen mikrobiellen Darmbesiedlung zu liegen. Diese soll dann sekundär zu einer verbesserten Leistung zur Folge haben (Europäische Union 2000).

So führte die Fütterung von Bifidobacterium pseudolongum und Lactobacillus acidophilus an neugeborene Ferkel von der Geburt, über das Absetzen hinaus bis zum 56. Lebenstag zu einer schnelleren Gewichtszunahme, und Bifidobacterium pseudolongum verbesserte zusätzlich die Futterverwertung. Des weiteren senken bestimmte Bifidobakterienspezies die Mortalitätsrate von Saugferkeln bis zum 28. Lebenstag um 20 % (ABE et al. 1995). Für mit Bacillus cereus substituierte Ferkel ist ebenfalls eine Verbesserung der Gewichtszunahme beschrieben (KIRCHGESSNER et al. 1993). Es wundert nicht, dass Probiotika auf dieser Grundlage heute insbesondere im Ferkelstarterfutter zu finden sind.

Die Auswirkungen probiotischer Mikroorganismen auf ältere Schweine sind hingegen widersprüchlich. Während ROSEN (1992) kaum Auswirkungen auf die Leistung (<1%) von erwachsenen Tieren festgestellt hat, konnten eine neuere Feldstudie nach Fütterung eines Präparates mit Bacillus lichiniformis Sporen und Bacillus cereus Sporen zeigt, dass sowohl die mittlere tägliche Gewichtszunahme als auch die Futterverwertung bei Mast- und Endmastschweinen deutlich verbessert sind. Dabei ist die tägliche Gewichtszunahme bei wachsenden Mastschweinen bis zu 7,2% höher als bei Kontrolltieren ohne Probiotika. Die Futterverwertung ist mit einer 9,5%igen Erhöhung in der Mast und 5,5%igen Erhöhung in der Endmast besser als die bei Einsatz von antibiotischen Leistungsförderern als rentable angesehenen 5% (ALEXOPOULOS et al. 2004).

ALEXOPOULOS et al. (2004) konnten außerdem zeigen, dass die Schlachtkörper der mit Bacillussporen gefütterten Tier in höhere Güteklassen eingeteilt wurden.

(21)

(2) Die therapeutische Anwendung von Probiotika in der Veterinärmedizin ist eher gering im Vergleich zur prophylaktischen Anwendung in der Fütterung und der therapeutischen Anwendung in der Humanmedizin. Als Medikamente zugelassene Probiotika unterliegen, anders als die Futtermittelzusatzstoffe, dem Arzneimittelgesetz (AMG) und damit den strengen Richtlinien der Arzneimittelzulassung. Sie werden zur Behandlung von Gastroenteritiden insbesondere bei Jungtieren eingesetzt. Allerdings erfolgt die Verwendung weniger zur Monotherapie als zur Prophylaxe, Substitution- oder Regenerationstherapie (KAHRS 1986, FOX 1988, IBEN und LEIBETSEDER 1989). Beispielsweise wird, um Salmonella typhimurium Infektionen vorzubeugen, ein Gemisch aus Lactobacillus acidophilus, Streptococcus faecium und Salmonellen-Antikörper bei Puten eingesetzt (PROMSOPONE et al. 1998).

1.2.3 Anwendung in der Humanmedizin und Ernährung

Probiotika werden traditionsgemäß beim Menschen schon sehr viel länger eingesetzt als beim Tier.

Im Zuge der Antibiotikaentdeckung Ende des 19. Jahrhunderts gerieten die Anwendungsmöglichkeiten zum Teil wieder in Vergessenheit, und es wurde nur noch von wenigen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet geforscht. Nicht zuletzt durch das vermehrte Auftreten von Antibiotikaresistenzen in den letzten Jahren, der Häufung von Allergien, sowie der erhöhten Sensibilisierung der Bevölkerung für gesunde Ernährung und durch die wachsende Akzeptanz ganzheitlicher Heilmethoden, erfreuen sich Probiotika wieder wachsender Beliebtheit.

Ähnlich wie beim Tier werden probiotische Mikroorganismen beim Menschen häufiger in der Ernährung (1), in Form von Lebensmitteln oder Lebensmittelzusatzstoffen, als in der Therapie (2) von Erkrankungen eingesetzt. Sie unterliegen in diesen Fällen dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetz (LMBG). Inzwischen beläuft sich der Markt probiotischer Lebensmittel auf einen weltweiten Umsatz von sechs Mil. US$ (ABBOTT 2004). Die Hersteller versprechen dabei eine positive Wirkung auf die Gesundheit und das Immunsystem.

(1) Die Verwendung von Nahrungsmitteln mit apathogenen Bakterien, besonders in Form fermentierter Milchprodukte, hat nicht nur in Europa eine lange Tradition. Dem Verzehr von Joghurt oder Sauermilch, bei denen die Beimpfung mit Bakterien ursprünglich nur zur Konservierung erfolgte, wurde mit der Zeit auch mehr und mehr ein gesundheitsfördernder Effekt

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nachgesagt. Um diesen noch zu erweitern, setzt man seit dem letzten Jahrhundert diesen Lebensmitteln neben den klassischen Fermentationskulturen vielfach auch probiotische Keime zu.

Es handelt sich dabei hauptsächlich um Bakterien der Gattungen Bifidobacterium und Lactobacillus.

Leider gibt es kaum evidenzbasierte Studien über den Nutzen von probiotischen Lebensmitteln für die Gesundheit des Verbrauchers.

(2) Anders als in der Veterinärmedizin hat die Verwendung probiotischer Keime als Therapeutikum in der Humanmedizin in den letzen Jahren zugenommen. Die Anwendungen sind dabei vielfältig. Allerdings liegen nicht für alle Bereiche gesicherte, prospektive, klinische Studien vor.

Gesicherte Untersuchungen gibt es zu infektiösen Diarrhöen bei Kleinkindern (MCFARLAND et al. 1995, VANDERHOOF et al. 1999, SZAJEWSKA et al. 2001, SURAWICZ 2003), der Remmissionserhaltung von Colitis ulcerosa (KRUIS et al. 1997, REMBACKEN et al. 1999), der Behandlung von Pouchitis (GIONCHETTI et al. 2003) und der Allergievorsorge bei Säuglingen (MAJAMAA und ISOLAURI 1997, ROSENFELDT et al. 2003).

Behandlungserfolge bei akuten Diarrhöen werden durch Probiotika, insbesondere Lactobacillus rhamnosus GG (LGG) und Saccharomyces boulardii (SAB), hauptsächlich bei Säuglingen und Kleinkindern erzielt, also in einem Alter, in dem die Darmbarriere noch nicht voll entwickelt ist.

Auslöser dieser Diarrhöen sind häufig Rotavirus- und Antibiotika-induzierte Clostridium difficile Infektionen.

Prophylaktisch verringern Laktobazillen das Auftreten von Gastroenteritiden durch Rotaviren um 14,5% (SZAJEWSKA et al. 2001). Es wurde gezeigt, dass nicht etwa die Infektionsrate verringert wird, sondern seltener Krankheitssymptome auftreten (SZAJEWSKA et al. 2001, ROSENFELDT et al. 2002a, 2002b). Die Prävention von antibiotikaassoziierten Diarrhöen wird durch LGG um 18

% reduziert (VANDERHOOF et al. 1999). Ähnliche Ergebnisse werden mit SAB erzielt. Die positiven Effekte zeigen sich bei Einsatz von SAB besonders in der Substitutionstherapie mit zusätzlicher Antibiotikagabe (MCFARLAND et al. 1995, SURAWICZ et al. 2000, SURAWICZ 2003). Bei Erwachsenen sind die Ergebnisse zur positiven Wirkung von Probiotika gegen Durchfällen uneinheitlich. Allerdings senkt die Gabe von SAB die Diarrhöerate bei enteral ernährten Intensivpatienten (BLEICHNER et al. 1997).

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prädestiniert sie geradezu für den Einsatz bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED).

Obwohl man noch kaum etwas über die Wirkungsmechanismen weiß, existieren insbesondere für die Remmissionserhaltung bei Colitis ulcerosa Studien, die dem probiotischen E. coli Stamm Nissle 1917 (EcN) die gleiche Wirksamkeit wie dem standardmäßig verwendeten Mesalazin bescheinigen (KRUIS et al. 1997, REMBACKEN et al. 1999, KRUIS et al. 2001). Eine andere Studie zeigt Evidenzen, dass auch ein Gemisch aus verschiedenen Laktobazillen- und Bakteroidesspezies (VSL#3) einen positiven Effekt bei der Remmissionserhaltung der Colitis ulcerosa hat (VENTURI et al. 1999).

Bei der Remissionserhaltung und Therapie des Morbus Crohn sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit von Probiotika widersprüchlich (GUPTA et al. 2000, PRANTERA et al. 2002). Es gibt allerdings Anzeichen, dass Kinder mit mäßig ausgeprägtem Morbus Crohn von der Behandlung mit LGG profitieren (GUPTA et al. 2000).

Patienten mit therapierefraktärer Colitis ulcerosa oder Kolonkarzinom wird nach Proktokolektomie ein Pouch angelegt. Eine der häufigsten Komplikationen ist dabei eine rezidivierende Entzündung.

Patienten mit chronischer Pouchitis werden unter Anwendung von VSL#3 erfolgreich in Remission gehalten (GIONCHETTI et al. 2000, MIMURA et al. 2004). Außerdem konnte, wenn auch bisher nur für kleine Fallzahlen, gezeigt werden, dass VSL#3 die Inzidenz einer akuten Pouchitis post operationem verringert (GIONCHETTI et al. 2003).

Von Allergien sind insbesondere in den Industrieländern große Anteile der Bevölkerung betroffen, und die Inzidenz ist in den letzten Jahren deutlich steigend (KAY 2001a, 2001b). Besonders Kinder und Kleinkinder leiden immer häufiger an verschiedenen Formen allergischer Reaktionen. Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Laktobazillen vor Allergien schützen können. So konnte gezeigt werden, dass LGG und Lactobacillus reuteri klinische Symptome und Laborparameter bei Kindern mit atopischer Dermatitis verbessern (MAJAMAA und ISOLAURI 1997, ROSENFELDT et al.

2003).

Wenn Mütter ante partum und die Säuglinge postnatal bzw. stillenden Mütter mit LGG behandelt wurden, konnte das Auftreten atopischer Ekzeme bei Kindern mit hohem familiärem Allergierisiko halbiert werden (KALLIOMAKI et al. 2001, KALLIOMAKI et al. 2003).

Die Prävention von Allergien oder rezidivierenden Infektionen konnte von anderen Untersuchern auch für die Behandlung mit einem apathogenen E. coli bestätigt werden (LODINOVA- ZADNIKOVA et al. 2003). Anzumerken ist, dass die allergieprophylaktische Wirkung nur eintritt,

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wenn die Behandlung mit Probiotika in einem Alter erfolgt, in dem sich ein Gleichgewicht in der Darmbesiedlung noch nicht eingestellt hat. Werden die Probiotika erst an Teenager oder beim jungen Erwachsenen gegeben, lässt sich keine positive Wirkung mehr beobachten (HELIN et al.

2002). Außerdem ist die Verwendung lebender Bakterien von entscheidender Bedeutung, da oben genannte Effekte nur mit lebenden, nicht aber mit hitze-inaktivierten Bakterien erzielt werden können (KIRJAVAINEN et al. 2003).

Neben den Haupteinsatzbereichen der Probiotika in der Behandlung von Gastroenteritiden und Allergien gibt es auch erste Hinweise auf die Wirksamkeit beim Reizdarmsyndrom vom Diarrhöe- Typ (KIM et al. 2003). Eine positive Beeinflussung der Laktoseintoleranz (SALTZMAN et al.

1999) und der Stahlenenteritis (URBANCSEK et al. 2001) konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Für die Tumorprävention bei kolorektalen Karzinomen und die Cholesterinsenkung sind die Daten widersprüchlich (DE ROOS und KATAN 2000, HIRAYAMA und RAFTER 2000).

1.2.4 Wirkungsmechanismen

Die in der Literatur beschriebenen Verwendungsweisen von Probiotika legen die Vermutung nahe, dass nur einige wenige Mikroorganismen bei bestimmten Erkrankungen wirksam sind. Ob sich diese Sichtweise auf Dauer wird halten lassen, ist noch unklar, da es für die entsprechenden Studien häufig keine Vergleichsuntersuchungen mit anderen probiotischen Mikroorganismen gibt. Ein allgemein gültiges „probiotisches Wirkprinzip“ erscheint aber schon auf Grund der Unterschiede zwischen den verwendeten probiotischen Spezies als unwahrscheinlich. Wie die vielen unterschiedlichen Ansätze in der Erforschung probiotischer Effekte deutlich machen, ist vielmehr davon auszugehen, dass verschiedene Mechanismen als Grundlage probiotischer Wirksamkeit in Frage kommen.

Die Erklärungsversuche für die Effekte von Probiotika fokussieren sich auf zwei Möglichkeiten.

Bei der einen handelt es sich um die Wechselwirkung und Beeinflussung der inhärenten Darmmikroorganismen durch Probiotika, bei der zweiten um den Einfluss, den Probiotika auf ihren Wirt, insbesondere auf die Epithelbarriere und das darmassoziierte Immunsystem ausüben.

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1.2.4.1 Wirkung von Probiotika auf die Darmmikroorganismen

Das Wechselspiel zwischen pathogenen und fakultativ pathogenen Bakterien auf der einen Seite und physiologischen Darmmikroorganismen und Probiotika auf der anderen Seite wurde am intensivsten bei LGG und SAB untersucht.

Die physiologischen Mikroorganismen stellen den am weitesten luminal gelegenen Teil der Darmbarriere dar. Sie schaffen im Normalfall ein stabiles Mikromilieu im Darm, das potentielle Pathogene abwehrt. Unterschiedliche Probiotika können auf verschiedene Weise in dieses Gleichgewicht eingreifen und es positiv beeinflussen.

Bifidobacterium bifidum verringert bei Säuglingen den pH-Wert im Stuhl und verschlechtert damit die Lebensbedingungen für Pathogene (LANGHENDRIES et al. 1995). Ähnliche Ergebnisse liegen auch für Versuche mit Bifidobacterium longum bei Erwachsenen vor (BENNO und MITSUOKA 1992).

Für die Hefe Saccharomyces boulardii ließ sich ein Einfluss auf den Gehalt und die molaren Anteile der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) im Dickdarm nachweisen. Wird Clindamycin, ein Antibiotikum, von dem bekannt ist, dass es häufig Antibiotika-assoziierte Diarrhöen auslöst, in einem in vitro Simulationsmodell des Kolonstoffwechsels eingesetzt, sinkt die Gesamt-SCFA- Produktion. Bei gleichzeitiger Gabe von SAB verändert sich die Gesamt-SCFA-Produktion im Vergleich zu Kontrollbedingungen ohne Clindamycin jedoch nicht. Ein Clindamycin-bedingtes Absinken der Butyratkonzentration wird durch SAB allerdings nicht kompensiert (BREVES et al.

2000a). SCFA, insbesondere Butyrat, sind wichtig für die Ernährung und damit die Integrität der Kolonozyten, sowie eine funktionierende Wasser- und Natriumretention aus dem Darmlumen (ROEDIGER 1980). Zusätzlich konnten BREVES et al. (2000) zeigen, dass die Anwesenheit von SAB ein Clindamycin-abhängiges Absinken der mikrobiellen Proteinsynthese verhindert.

Laktobazillen sind in der Lage, die Aktivität verschiedener Enzyme im Kot zu verändern. Sie verringern beispielsweise die Aktivität von β-Glukuronidase, Nitroreduktase und Glykocholathydrogenase und verändern dadurch wiederum das intestinale Milieu zu Ungunsten von Pathogenen (LING et al. 1994).

Bifidobakterien können in vitro unter Neutralisierung freier Radikale Eisen an ihre Zellmembran binden (KOT und BEZKOROVAINY 1999). Sie sind damit in der Lage, das Redoxpotential im Darm zu erniedrigen und gleichzeitig eine Verknappung des für die meisten Pathogene wichtigen

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Wachstumsfaktors Eisen zu fördern. Diese Fähigkeit zur Bindung freier Radikale wurde auch bei einigen Laktobazillenstämmen nachgewiesen (STECCHINI et al. 2001).

Neben Veränderungen der chemischen Bedingungen im Darmlumen treten Probiotika auch in direkte Wechselwirkung mit anderen Mikroorganismen ihrer Umgebung. Von Laktobazillen weiß man, dass sie in vitro an die gleichen Mannoserezeptoren binden, die auch von pathogenen Stämmen der Spezies E. coli, Enterobacter, Klebsiella, Salmonella, Shigella, Pseudomonas und Vibrio cholerae benötigt werden, um sich im Darm zu etablieren (ADLERBERTH et al. 1996).

Auch Bifidobakterien adhärieren in vitro an Epithelzellen (BERNET et al. 1993, PEREZ et al.

1998). Wenn Laktobazillen mit Pathogenen um die Bindung an Rezeptoren im Gastrointestinaltrakt konkurrieren, würde demnach eine Erhöhung der Laktobazillenkonzentration den Konkurrenzdruck verstärken. Bei einigen wenigen Lactobazillenstämmen konnte auch in vivo eine Adhäsion nachgewiesen werden ( TANNOCK et al. 1988, NEMCOVA et al. 1997).

Bifidobakterien scheinen jedoch nach der bisherigen Datenlage im Darm nicht zu adhärieren (BOUHNIK et al. 1992). Allerdings konnte ein von Bifidobakterien produziertes Protein nachgewiesen werden, das die Anheftung von E. coli verhindert, was eine direkte Konkurrenz der Bakterien um Rezeptoren überflüssig machen würde (FUJIWARA et al. 1997).

Zusätzlich sezernieren LGG und probiotische Bifidobakterien auch noch andere Substanzen, die in der Lage sind, durch pathogene Mikroorganismen produzierte Toxine z.B. Aflatoxin B und E. coli–

Endotoxin, zu binden und somit zu inaktivieren (HASKARD et al. 2000, OATLEY et al. 2000).

1.2.4.2 Wirkungen auf den Wirt Epithel ↔ Probiotika

Der erste vom Wirt gebildete Anteil der intestinalen Barriere ist die Muzinschicht, die von den Epithelzellen als Schutzfaktor sezerniert wird.

Es hat sich gezeigt, dass Probiotika die Bildung und Zusammensetzung der Muzinschicht sowie die Anzahl der muzinproduzierenden Becherzellen beeinflussen können. Von LGG und Lactobacillus plantarum weiß man, dass sie in vitro die mRNA-Expression von MUC2 und MUC3 induzieren (MACK et al. 1999). MUC2 und MUC3 sind die dominierenden Muzine im Dünn- und Dickdarm des Menschen (CHANG et al. 1994). Es handelt sich hierbei um hochmolekulare Glykoproteine, die von Epithelzellen und Becherzellen zum Schutz vor bakterieller und viraler Anheftung und zur

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Bindung proinflammatorischer Moleküle sezerniert werden. Im entzündeten Darm lässt sich dementsprechend auch eine erhöhte Produktion von Muzinen nachweisen. Bei CED-Patienten hingegen ist die Zahl an Becherzellen und damit auch die Menge an sezerniertem Muzin deutlich verringert (MACK et al. 1992), wodurch die Schutzfunktion gegenüber dem Epithel beeinträchtigt ist. Der Verlust dieses Epithelschutzfaktors wird als ein Grund für die Aufrechterhaltung der Entzündung durch die Darmflora bei CED angesehen. SAB und Bacillus cereus Varietas toyoi (B.

cer. var. toyoi) führen zu einer Erhöhung der Anzahl von Becherzellen im Dickdarm (BAUM et al.

2002). Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass auch weitere probiotische Keime in der Lage sind, durch eine erhöhte Muzinproduktion die Symptome intestinaler Entzündung zu verringern.

Neben dem Einfluss auf die Muzinproduktion wirken Probiotika auch direkt auf die Epithelzellen.

LGG führt bei der Ratte zu einer erhöhten Mitoserate im Dünndarmepithel und damit zu einer größeren Anzahl an Epithelzellen in den Zotten (BANASAZ et al. 2002). Auch bezüglich der Regeneration des Epithels wurden mit LGG gute Erfolge erzielt. So konnte gezeigt werden, dass LGG durch Blockierung der pro-apoptotischen p38 MAP-Kinase und Produktion eines Akt-Kinase- aktivierenden, und somit anti-apoptotisch wirkenden Faktors, bei Mäusen die zytokininduzierte Apoptose intestinaler Epithelzellen in vitro verhindern kann (YAN und POLK 2002).

In einem Milchallergiemodell mit neugeborenen Ratten verringert LGG die Permeabilität des Darmepithels für Antigene. Damit werden die Art und Qualität der Antigenpräsentation gegenüber dem intestinalen Immunsystem durch Veränderung von Dosis und Größe der Antigene beeinflusst.

Dies bedingt eine tolerogene Wirkung von LGG (ISOLAURI et al. 1993, GARCIA-LAFUENTE et al. 2001).

Eine weitere Möglichkeit zur Beeinflussung des Darmepithels bietet sich für Probiotika durch Veränderung der elektro- und transportphysiologischen Eigenschaften.

Prophylaktisch verabreichte Laktobazillen normalisieren einen durch enteropathogene E. coli Bakterien (EPEC) erhöhten Kurzschlussstrom in Epithelzellen einer Kolonzelllinie (CaCo2) (MICHAIL und ABERNATHY 2002). VSL#3 (ein Nahrungsergänzungsmittel für den Menschen mit probiotischen Spezies der Gattungen Lactobacillus, Streptococcus und Bifidobacterium) führt im Tierversuch am Kolonepithel von Mäusen eines Kolitismodells (IL-10 knock-out) im Vergleich mit unbehandelten Tieren ebenfalls zu einer Normalisierung des Kurzschlussstroms. Die cAMP- abhängige Chloridsekretion erreicht unter VSL#3-Behandlung Werte, die denen genetisch

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unveränderter Tiere entsprechen. Die parazelluläre Wasserleitfähigkeit des Epithels wird unter VSL#3-Gabe sogar unter die Normalwerte genetisch unveränderter Kontrollen gesenkt (MADSEN et al. 2001). In In-vitro-Experimenten wurde von MADSEN et al. (2001) außerdem gezeigt, dass ein von VSL#3-Bakterien produzierter Faktor für die positiven Effekte auf die Epithelpermeabilität verantwortlich ist.

Auch epitheliale Transportvorgänge werden durch Probiotika beeinflusst. So stimulieren SAB und B. cer. var. toyoi die Natrium-abhängige Glukoseaufnahme im Jejunum des Schweins (BREVES et al. 2000b). Damit fördern sie nicht nur die Nährstoffversorgung des Wirts, sondern sorgen auch für einen beschleunigten Abtransport von Glukose aus dem Darmlumen und verringern so die Triebkraft für den luminalen Flüssigkeitsaustritt aus dem Gewebe.

Ein interessanter Wirkungsansatz lässt sich aus Versuchen mit apathogenen Salmonellen ableiten.

In In-vitro-Versuchen mit intestinalen Epithelzellen (T 84) und apathogenen Salmonellen ergab sich eine Hemmung der IL-8 Produktion, unabhängig davon, ob die Zellen unter proinflammatorischen Stimuli standen oder nicht (NEISH et al. 2000). Eine nähere Untersuchung der Mechanismen durch NEISH et al (2000) zeigte eine verringerte Freisetzung des NFκB-Regulators IκB-α nach erfolgter Phosphorylierung und damit eine verminderte Translokation des Transkriptionsfaktors NFκB in den Zellkern. Dies führte zu einer verminderten Transkription proinflammatorischer Zytokine wie IL-8.

Von Epithelzellen gebildetes IL-8 spielt eine wichtige Rolle am Beginn und bei der Aufrechterhaltung intestinaler Entzündungen von CED-Patienten (BANKS et al. 2003). Hinweise darauf, dass auch Probiotika über IL-8 das Entzündungsgeschehen im Darm beeinflussen, ergaben die Untersuchungen von JIJON et al. (2004). Sie konnten zeigen, dass VSL#3-DNA unter Induktion mit TNF-α die mRNA-Expression von IL-8 in HT-29 Zellen zwar erhöht, die Sekretion von IL-8 aber verringert. EcN hingegen induziert, im Gegensatz zu LGG, die IL-8 mRNA-Expression in intestinalen Epithelzelllinien (LAMMERS et al. 2002). Ob dadurch auch die Sekretion von IL-8 erhöht wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

Neben dem Einfluss auf IL-8 senkt VSL#3 auch die Produktion des proinflammatorischen Zytokins INF-γ im Darm von IL-10 knock-out Mäusen (JIJON et al. 2004).

Die weitaus größte Zahl der genannten Mechanismen ist an die Lebensfähigkeit probiotischer Bakterien gekoppelt.

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Immunsystem ↔ Probiotika

Probiotika beeinflussen sowohl das angeborene als auch das adaptive Immunsystem. Ein Effekt auf das angeborene Immunsystem zeigt sich insbesondere in einer Beeinflussung der Phagozytose von Makrophagen und Granulozyten. Die orale Gabe verschiedener Laktobazillenstämme fördert die Phagozytoseaktivität von murinen Makrophagen (PERDIGON et al. 1986, PERDIGON et al. 1988).

Von Untersuchungen beim Menschen weiß man, dass LGG die Phagozytoseaktivität von neutrophilen Granulozyten im Blut erhöht (SCHIFFRIN et al. 1995). Werden Makrophagen, die zuvor mit zellfreien Lactobacillus acidophilus und Bifidobacterium longum Extrakten behandelt worden sind, in vitro mit pathogenen Salmonellen infiziert, ist ihre Phagozytose gesteigert (HATCHER und LAMBRECHT 1993). Interessanterweise wird eine bei allergischen Patienten häufig pathologisch erhöhte Phagozytoseaktivität nach Behandlung mit LGG herunterreguliert, wohingegen gesunde Probanden eine Hochregulation erkennen lassen (PELTO et al. 1998). Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die Wirkung eines Probiotikums nicht nur vom Probiotikum selbst, sondern auch von der immunologischen Ausgangssituation des Organismus abhängt.

Die Wirkung von Probiotika auf die adaptive humorale Immunantwort wurde besonders im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten und anhand von Vakzinationsstudien untersucht. Dabei erhöhen Bifidobakterien und LGG bei Mäusen als Antwort auf Choleratoxingabe die lokale Sekretion von spezifischem IgA im Darm (YASUI et al. 1992). Bei Säuglingen wurde im Darm nach Behandlung mit Bifidobakterien und LGG eine erhöhte IgA Konzentration gegen Rotaviren beobachtet (MAJAMAA et al. 1995). In diesem Zusammenhang zeigte sich nicht nur eine erhöhte lokale IgA-Konzentration, sondern auch eine erhöhte Konzentration von antigenspezifischem IgA im Serum (KAILA et al. 1992). Im Milchallergie-Modell mit Labornagern werden unter der Behandlung mit Bifidobakterien bzw. LGG erhöhte Konzentrationen an β-Lactoglobulin- spezifischen Antikörpern nachgewiesen (ISOLAURI et al. 1993, TAKAHASHI et al. 1998). Diese Ergebnisse gehen konform mit einer verbesserten Symptomatik der Milch-assoziierten, atopischen Dermatitis bei Kindern mit Milchallergie (MAJAMAA und ISOLAURI 1997). Probiotika können demnach die spezifische Abwehr durch vermehrte Bildung sekretorischer IgA-Antikörper verbessern, ein Mechanismus, den man sich auch bei der Vakzinierung von Kindern zunutze macht (ISOLAURI et al. 1995, FANG et al. 2000).

Einige Probiotika sind außerdem in der Lage, Antigene zu degradieren. LGG beispielsweise

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verändert Milchkasein derart, dass es bei in vitro Versuchen mit PBMC von Milchallergikern keine Immunreaktion mehr auslöst (SUTAS et al. 1996a, 1996b).

Neben Einflüssen auf die angeborene und adaptiv-humorale Immunantwort gibt es auch zahlreiche Hinweise auf eine Beeinflussung adaptiver zellulärer Immunvorgänge durch Probiotika.

Experimente haben gezeigt, dass besonders einige Laktobazillenstämme die adaptive, zelluläre Immunantwort in Richtung einer T-Helferzell-1-Antwort (Th1-Antwort) modulieren können. In vitro stimulieren sie dendritische Zellen (DC), PBMC und Monozyten zur Produktion von IFN-γ und IL-12 und fördern so die Bildung von Th1-Zellen (HALLER et al. 2000a, CHRISTENSEN et al. 2002). Andere Arbeiten zeigten, dass sich verschiedene Probiotika unterschiedlich auf die Differenzierung von DCs auswirken können, was je nach verwendetem Probiotikum zu einer Favorisierung verschiedener Th-Zellantworten führen kann (CHRISTENSEN et al. 2002).

Einflüsse auf das Zytokinprofil lassen sich in vivo bei Experimenten an IL-10 knock-out Mäusen bestätigen. Im Darm dieser Tiere normalisiert das Probiotikagemisch VSL#3 die pathologisch erhöhte TNF-α und IFN-γ Sekretion. Außerdem wird unter inflammatorischer Stimulation durch Lipopolysaccharid (LPS) sowohl bei Knock-out-Mäusen als auch bei genetisch unveränderten Tieren eine überschießende TNF-α und IFN-γ Sekretion im Darm verhindert. Klinisch kommt es bei IL-10 knock-out- Mäusen zu einer deutlichen Verbesserung der Kolitissymptomatik (MADSEN et al. 2001).

Eine andere In-vivo-Studie an Mäusen zeigt, dass nach Gabe von Laktobazillen die Konzentration an IL-10 produzierenden Zellen im Darm steigt. Dies gilt allerdings nicht für alle getesteten Laktobazillenstämme gleichermaßen. IL-10 ist ein Zytokin, dem antitolerogene und inflammationsregulatorische Eigenschaften zugeschrieben werden. (MAASSEN et al. 2000).

Der Einfluss von Probiotika auf die adaptive zelluläre Immunität stellt sich in der Literatur als sehr vielseitig dar und zeigt verschiedene Möglichkeiten für Wirkmechanismen probiotischer Mikroorganismen auf.

Interessanterweise haben neue Untersuchungen gezeigt, das Probiotika sogar nach subkutaner Applikation Entzündungssymptome bei IL-10 knock-out Mäusen sowie im Kollagen-induzierten Arthritismodell der Maus verbessern und in der Milz die Produktion von immunmodulatorisch wirkendem TGF-β stimulieren (SHEIL et al. 2004).

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Gewebsmorphologie ↔ Probiotika

Nicht zuletzt können Probiotika auch die Architektur der Darmmukosa beeinflussen. SAB und B.

cer. var. toyoi erhöhen beim Schwein die Dicke der Jejunummukosa. Die Villi des Jejunums sind verlängert. Als Ursache für eine derartige Zottenverlängerung wird eine möglicherweise verringerte Apoptoserate vermutet. Im Kolon zeigt sich eine Verringerung der Mukosadicke (BAUM et al.

2002).

Die dargestellten Wirkungen von Probiotika auf die verschiedenen Bereiche der intestinalen Barriere dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Epithel, bakterielle Flora und das Darmimmunsystem stehen nicht nur anatomisch sondern auch physiologisch in enger Wechselwirkung. So zeigten HALLER et al. (2000), dass sich in vitro nach Zugabe von Probiotika die Zytokinsekretion intestinaler Kolonepithelzellen unter Anwesenheit von Lymphozyten von der Zytokinsekretion isolierter Kolonepithelzellen unterscheidet (HALLER et al. 2000b).

Außerdem gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass Bakterien in Epithelzellen die Expression von Molekülen induzieren, die den Keimen wiederum die Besiedlung des Darms erleichtern (BRY et al.

1996, HOOPER et al. 1999).

1.3 Escherichia coli Nissle 1917

Der probiotische Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (EcN) wurde Anfang des letzten Jahrhunderts vom Humanmediziner Dr. Alfred Nissle aus dem Darm eines diarrhöeresistenten Soldaten isoliert.

1917 wurde das von Nissle entwickelte Präparat Mutaflor® mit dem Inhaltsstoff EcN als geschütztes Warenzeichen eingetragen (LOEW 2000). Unter diesem Namen wird es auch heute noch von der Firma Ardeypharm GmbH, Herdecke, Deutschland vertrieben.

Der Keim gehört der Serogruppe O6:K5:H1 an. Er verfügt, bedingt durch Typ 1-, F1C-, und Curli- Adhäsine, sowie Flagellen-abhängiger Bewegungsmöglichkeit über ein gutes Adhäsionsvermögen, besitzt jedoch keine pathologischen Adhäsionsfaktoren wie F4- oder F6-Fimbrien. EcN bildet fünf verschiedene Siderophorsysteme, was dem Keim insbesondere im eisenarmen Milieu des Darms eine optimale Eisenaufnahme ermöglicht (BLUM et al. 1995). Er produziert Mikrozine, um nahe verwandte Bakterienstämme zu unterdrücken. Entscheidend für eine Verwendung als Probiotikum ist außerdem seine hohe Mutationsresistenz, die ihn von anderen E. coli-Stämmen unterscheidet.

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1.3.1 Wirkmechanismen und therapeutische Anwendung von EcN

In-vitro-Studien mit intestinalen Epithelzelllinien (INT 407) haben gezeigt, dass EcN die Adhäsion und Invasion von Salmonellen und verschiedenen anderen invasiven Pathogenen erheblich reduziert. Dabei ist ein direkter Kontakt mit den Epithelzellen nicht notwendig (ALTENHOEFER et al. 2004). Dies bestätigt sich in In-vivo-Versuchen mit gnotobiotischen Schweinen (MANDEL et al. 1995). Bei Experimenten mit invasiven E. coli Stämmen, die aus dem Stuhl von Morbus Crohn Patienten isoliert wurden, konnte gezeigt werden, dass deren Adhäsion und Invasion um bis zu über 90% verhindert wird. Außerdem wurde nachgewiesen, dass EcN mit bis zu 90% seiner Inokulationsdosis an INT407-Zellen adhäriert. Die Adhäsionsfaktoren weisen dabei eine höhere Affinität auf als die anderer Kolikeime (BOUDEAU et al. 2003).

Des Weiteren ist bekannt, dass EcN Mutaflozin, ein spezifisches Mikrozin, bildet, das in Kultur antibakteriell wirksam ist. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass der Keim resistent gegen Mikrozine anderer Kolistämme ist (SCHUBERT et al. 1999). EcN ist schon bei 37°C zum

„Quorum sensing“, dem Messen der Bakteriendichte mit Hilfe von Signalmolekülen durch eine einzelne Zelle, befähigt (HACKER et al. 2000). Andere im Darm vorkommende Kolistämme sind dazu bei Körpertemperatur nicht in der Lage, sondern können dies erst bei 26°C. Alle genannten Mechanismen verschaffen dem Keim bei der Besiedlung des Intestinaltrakts einen Selektionsvorteil.

Obwohl im Vergleich zu anderen Probiotika wenig über mögliche Wirkungsmechanismen von EcN veröffentlicht wurde, existieren eine Reihe von Untersuchungen zum therapeutischen Potential. So ergaben doppel-blind, placebokontrollierte Studien mit Colitis ulcerosa Patienten eine vergleichbare Wirksamkeit von EcN und dem standardmäßig verwendeten Mesalazin (KRUIS et al.

1997, REMBACKEN et al. 1999). EcN verbessert die Stuhlfrequenz und -konsistenz bei Patienten mit Obstipation (MÖLLENBRINK und BRUCKSCHEN 1994), und wirkt sich bei Ratten positiv auf die Darmmotilität aus (VODERHOLZER et al. 1995). Bei Neugeborenen, die direkt nach der Geburt mit EcN behandelt worden sind, finden sich weniger potentielle Pathogene im Stuhl als bei unbehandelten Kindern. EcN kann bei diesen Kindern noch bis zu fünf Monate nach dem Absetzen der Therapie nachgewiesen werden, was zumindest beim juvenilen Darm auf eine gute Kolonisationsfähigkeit des Keims hinweist (LODINOVA-ZADNIKOVA und SONNENBORN 1997). Im Vergleich zu unbehandelten Kindern kommt es bei EcN-behandelten Neugeborenen

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außerdem zu einer Erhöhung der Serum-IgA-Konzentration (CUKROWSKA et al. 2002).

Aktuelle neuere Studien zeigen auch einen positiven Effekt von EcN bei kollagener Kolitis (TROMM et al. 2004).

1.4 Escherichia coli Stamm “Abbotstown”

Der Escherichia coli Stamm „Abbotstown“ (EcA) ist ein enterotoxischer Escherichia coli Stamm (ETEC) der Serologie O149:K91:K88ac. Er trägt F4– und F6-Fimbrien und bildet die Enterotoxine LT-1, ST-lp und ST-II sowie Hämolysin.

In der Veterinärmedizin spielen ETEC eine besondere Rolle bei Absetzferkeln. Bei 17,6% der Absetzferkel mit Diarrhöe sind ETEC im Kot nachweisbar (WIELER et al. 2001). EcA ist ein schweinespezifischer Keim, der häufig im Zusammenhang mit Diarrhöe zum Zeitpunkt des Absetzens nachgewiesen wird.

1.4.1 Wirkmechanismen und klinische Bedeutung

Hitzelabiles Enterotoxin (LT) und hitzestabiles Entertoxin (ST) führen im Darm durch vermehrte Chloridsekretion ins Darmlumen und einem daraus resultierenden Wassereinstrom zu einer sekretorischen Diarrhöe (CHEN et al. 2003). Die Diarrhöe wird dabei in der Regel nicht von morphologischen Veränderungen in der Darmmukosa begleitet.

Die immunologischen Veränderungen im Zusammenhang mit meist unkompliziert verlaufenden ETEC-Monoinfektionen sind beim Schwein gering. Bei humanen Patienten ist bekannt, dass sie auf eine ETEC-Infektion mit der vermehrten Bildung von sekretorischen IgA-Antikörpern reagieren (ESTRADA-GARCIA et al. 2002).

1.5 Das darmassoziierte Immunsystem

Der Begriff des Immunsystems umschreibt komplexe Abwehrvorgänge, die den Organismus vor malignen Prozessen, Noxen und Krankheitserregen schützt sollen. Das darmassoziierte Immunsystem (GALT) ist ein spezieller Teil des mukosaassoziierten Immunsystems (MALT), das in unterschiedlicher morphologischer Ausprägung an allen Schleimhautoberflächen des Körpers

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vorkommt. Es übernimmt die Funktion einer Barriere, die den Organismus nach außen hin gegen schädigende Einflüsse abschirmt. Das GALT ist das umfangreichste dieser speziellen mukosaassoziierten Immungewebe und bildet das größte Reservoir von Immunzellen im Körper (ABBAS und LICHTMAN 2003). Es hat als Teil der „intestinalen Barriere“ einen entscheidenden Anteil am Schutz vor intestinalen Pathogenen. So werden z.B. beim Menschen 60% des täglich im Körper produzierten Immunglobulins ins Darmlumen entlassen (BRANDTZAEG et al. 1989).

Neben der Immunabwehr steht das darmassoziierte Immunsystem allerdings vor der schwierigen Aufgabe, zwischen den in großen Mengen vorkommenden ungefährlichen Nahrungsantigenen bzw.

Kommensalen und für den Organismus gefährlichen Stoffen bzw. Pathogenen differenzieren zu müssen. Erstere führen zur oralen Toleranz und letztere induzieren eine protektive Immunantwort.

Gelingt diese Gratwanderung zwischen „gut“ und „böse“ nicht, kommt es zu pathologischen Reaktionen, und es wird beispielsweise eine Abwehrreaktion gegen Nahrungsbestandteile oder physiologische Mikroorganismen initiiert. Beim Menschen kann eine derartige Entgleisung zu Erkrankungen wie Nahrungsmittelallergien oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen führen.

Um die Ergebnisse der vorliegenden Studie besser einordnen zu können, soll das darmassoziierte Immunsystem des Schweins im Folgenden erläutert werden. Dabei erfolgt eine Beschränkung auf die anatomischen Strukturen und Zellsysteme, die für die Untersuchungen von Bedeutung sind.

1.5.1 Anatomischer und histologischer Aufbau des Darms beim Schwein

Die Darmlänge des Schweins wird mit dem 15-fachen der Körperlänge angegeben, was bei einem ausgewachsenen Tier 16-21 m entspricht. Der Darm wird, wie bei allen Säugetieren, in den Dünndarm und den Dickdarm unterteilt. Am Dünndarm unterscheidet man Duodenum, Jejunum und Ileum. Der Dickdarm beginnt mit dem Caecum und setzt sich dann im Colon ascendens mit seinen die Ansa spiralis coli (Grimmdarmspirale) bildenden Gyri centripetales und Gyri centrifugales fort. Nach der Ansa distalis coli folgen das Colon transversum und das Colon descendens. Einen dem Colon sigmoidum des Menschen und Wiederkäuers entsprechenden Darmabschnitt gibt es beim Schwein nur in den ersten Lebenswochen. Der Dickdarm endet mit dem Rectum und der Ampulla recti am Anus. Die Länge der einzelnen Abschnitte ist in Tabelle 1 dargestellt.

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Tab. 1Länge verschiedener Darmabschnitte des Schweins

Dünndarm Duodenum Jejunum Ileum Dickdarm Caecum Colon/

Rektum

Einheit m m m m m m m

Länge 16-21 0,7-0,95 14-19 0,7-1 3,5-6 0,3-0,4 3,2-5,6 (NICKEL et al. 1999)

Die Darmwand besteht von luminal nach serosal aus der Tunica mucosa (Schleimhaut) mit dem Epithelium mucosae (Epithel) der Lamina propria mucosae und der Lamina muscularis mucosae.

Es folgt die Tela submucosae (Submukosa), die die Mukosa von der Tunica muscularis (Muskelschicht) mit dem Stratum circulare (Zirkulärmuskelschicht) und dem Stratum longitudinale (Längsmuskelschicht) abgrenzt. Den Abschluss bildet die Tunica serosa (Bauchfell) mit der Lamina propria serosae und dem Mesothelium serosae (NICKEL et al. 1999).

1.5.2 Immunzellen des Darms

1.5.2.1 Zellen des angeborenen Immunsystems

Zellen des angeborenen Immunsystems erkennen und bekämpfen Pathogene anhand ubiquitär vorkommender Antigene. Sie sind häufig die ersten Zellen am Ort des immunologischen Geschehens und eliminieren die Infektion oder sorgen durch Entzündung zumindest für deren Eindämmung, bis das adaptive Immunsystem reagieren kann. Obwohl sich eine Zuteilung der verschiedenen Immunzellen zur adaptiven oder angeborenen Immunität aus Gründen der Übersicht bewährt hat, soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich bei dieser Einteilung nicht um ein starres System handelt. Die beiden Verteidigungslinien des Immunsystems sind vielmehr eng miteinander verknüpft. So sind Zellen des angeborenen Immunsystems z.B. in der Lage, adaptive Immunzellen chemotaktisch anzulocken und ihnen Antigene zu präsentieren.

Die angelockten Zellen können im Gegenzug die Phagozytoseeffizienz von Zellen des angeborenen Immunsystems durch Markierung von Pathogenen (Opsonisierung) verbessern. (ABBAS und LICHTMAN 2003). Von den Zellen des angeborenen Immunsystems werden hier nur Granulozyten und Mastzellen vorgestellt.

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Granulozyten

Granulozyten werden wegen des Erscheinungsbildes ihres Kerns auch als polymorphkernige Leukozyten bezeichnet. Unterschieden werden neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten. Alle Granulozyten reifen unter dem Einfluss hämatopoetischer Wachstumsfaktoren aus gemeinsamen myeloischen Vorläuferzellen im Knochenmark heran und werden dann ins Blut freigesetzt. Sie sind morphologisch durch ihren gelappten Kern und die im Zytoplasma liegenden Granula deutlich zu erkennen (ABBAS und LICHTMAN 2003).

Während eosinophile Granulozyten das Blut schnell wieder verlassen und in verschiedene Gewebe rekrutiert werden, stellen die neutrophilen Granulozyten mit einem Anteil von 0,7% stabkernigen und 10-40% segmentkernigen Granulozyten einen Großteil der Leukozyten im Blut (KNICKEL et al. 1998). Die Lebensdauer von neutrophilen Granulozyten wird für Ratte und Mensch mit 2-3 Tagen angegeben (HILDEBRANDT 1998). Im Darmgewebe kommen sie unter physiologischen Bedingungen nur in geringer Zahl von 2-4% in der Lamina propria vor. Sie sind aber in der Lage, chemotaktisch in Entzündungsgebiete einzuwandern. Als Stimulus für die Einwanderung ins Gewebe fungieren bakterielle Toxine, Zytokine oder Komplementfaktoren (BAGGIOLINI et al.

1993). Die wichtigste Effektorfunktion der neutrophilen Granulozyten ist die Phagozytose.

Zusätzlich bekämpfen sie extrazelluläre Pathogene durch die Abgabe reaktiver Sauerstoffmetaboliten und Enzymen aus ihren zytoplasmatischen Granula ins umgebende Gewebe (ABBAS und LICHTMAN 2003).

Eosinophile Granulozyten kommen im Gegensatz zu neutrophilen Granulozyten im porcinen Blut nur zu einem Anteil von 6% des Differentialblutbildes vor (KNICKEL et al. 1998). Die reifen Eosinophilen emigrieren nach der Ausschleusung aus dem Knochenmark zügig durch das Gefäßendothel ins perivaskuläre Bindegewebe. Im gesunden Organismus akkumulieren sie bevorzugt in der Mukosa des Magen-Darm-Traktes, der Uteruswand, dem Thymus, den Lymphknoten und der Milz, kommen aber in geringer Konzentration auch in vielen anderen Geweben vor. Das einzige Gewebe im Organismus, in dem eosinophile Granulozyten auch beim Gesunden in nennenswertem Ausmaß degranulieren können, ist der Gastrointestinaltrakt (KATO et al. 1998). Die Rekrutierung ins Darmgewebe erfolgt dabei, anders als bei Lymphozyten, unabhängig von der intestinalen Besiedlung durch Mikroorganismen (FERGUSON 1976). Eine

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vergleichsweise hohen Konzentrationen in der Lamina propria (LP) vorkommt. Die Überlebenszeit dieser Zellen im Gewebe wird mit 14 Tagen bis zu einigen Wochen angegeben (SPRY 1988). Die zytoplasmatischen Granula enthalten charakteristische Enzyme wie eosinophile Peroxidase, ECP (eosinophil cationic protein), EPX (eosinophil protein X), MBP (major basic protein) (HENDERSON et al. 1980, GLEICH et al. 1987, LI et al. 1995, TOMASSINI et al. 1996). Neben diesen klassischen eosinophilen Enzymen bilden die Zellen noch andere Substanzen, wie z.B.

verschiedene Lipidmediatoren (KROEGEL und MATTHYS 1993), reaktive Sauerstoffmetaboliten, die eine Schlüsselrolle bei der Abwehr von Parasiten spielen (KROEGEL et al. 1989), Zytokine, von denen viele auch auf Zellen des adaptiven Immunsystems wirken, und Neuropeptide. Die Freisetzung ihres Inhalts erfolgt anders als bei Mastzellen nicht durch Zerplatzen der Granula, sondern ausschließlich durch Ausschleusung mit Hilfe des tubulovesikulären Systems (DVORAK et al. 1991, ERJEFALT et al. 2001). Die Hauptaufgabe eosinophiler Granulozyten liegt in der Bekämpfung von Parasiten. Außerdem sind sie neben den Mastzellen die klassischen Effektorzellen der allergischen Entzündung. Durch ihre Fähigkeit zur Zytokin- und Lipidmediatorproduktion sind sie aber auch in der Lage, als Immunmodulatoren für Zellen des angeborenen und des erworbenen Immunsystems zu fungieren (ROTHENBERG 1998, ABBAS und LICHTMAN 2003)

Basophile Granulozyten zirkulieren nach der Bildung im Knochenmark in verschwindend geringen Mengen von unter 1% im Blut. Ihre Lebensdauer beträgt einige Tage. Sie kommen im gesunden Organismus nicht im Gewebe vor, werden aber bei Entzündungsreaktionen rekrutiert.

Trotzdem sind sie auch während der Entzündungsreaktion zahlenmäßig wenig prominent. Ähnlich wie Mastzellen (siehe unten) exprimieren sie den Fcε-Rezeptor I und sind dadurch in der Lage, hochaffin IgE zu binden. Die Aktivierung von basophilen Granulozyten erfolgt demnach primär durch Kreuzvernetzung von IgE. Basophile Granulozyten können aber auch durch IgE-unabhängige Stimuli aktiviert werden. Dazu gehören Produkte des Komplementsystems, sekretorisches IgA, Bakterienprodukte und Eosinophilenmediatoren wie das ECP (KURIMOTO et al. 1989, KURIMOTO et al. 1991, KUNA et al. 1993). In der Produktion von Histamin und proinflammatorischen Lipidmediatoren unterscheiden sie sich nicht von Mastzellen (siehe unten).

Die Zytokinproduktion ist jedoch gegenüber der bei Mastzellen eingeschränkt (hauptsächlich IL-4 und IL-13) (BRUNNER et al. 1993, LI et al. 1996). Anders als beim gesunden Organismus ist die Anzahl basophiler Granulozyten bei Allergiepatienten erhöht (ABBAS und LICHTMAN 2003).

Obwohl im Gewebe die Anzahl gemessen an der Zahl anderer allergietypischer Zellen wie

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Mastzellen und eosinophiler Granulozyten eher gering ist, sollte ihre Rolle im Entzündungsgeschehen als sehr potente Quelle für Entzündungsmediatoren nicht unterschätzt werden (BISCHOFF 1994). Neben der Beteiligung an der Sofortreaktion gibt es auch Hinweise darauf, dass sie an der Aufrechterhaltung der Entzündung in der Spätreaktion der Allergie beteiligt sind. Daneben wurde eine co-stimulierende Wirkung von basophilen Granulozyten auf B-Zellen nachgewiesen und eine Rolle bei der Präsentation von Antigenen wird diskutiert (GAUCHAT et al.

1993). Über regulative Funktionen von basophilen Granulozyten für die adaptive Immunantwort ist jedoch bisher nur sehr wenig bekannt.

Mastzellen

Mastzellen (MC) entwickeln sich im Knochenmark unter dem Einfluss des Stammzellfaktors SCF (Mensch und andere Spezies) und IL-3 (nicht beim Menschen) aus denselben hämatopoetischen Stammzellen wie die Granulozyten (ABBAS und LICHTMAN 2003). Allerdings werden sie nicht als ausdifferenzierte Zellen in die Blutbahn entlassen, sondern reifen erst im Gewebe zu voll entwickelten Mastzellen heran (SCHWARTZ und HUFF 1998). Direkte Vorläuferzellen in der Entwicklung zur adulten Mastzelle sind bis heute noch nicht identifiziert. Die Zellen überleben im Gewebe mehrere Wochen bis Monate (ABBAS und LICHTMAN 2003). Aus Untersuchungen bei Mäusen und Ratten stammt die Einteilung der MC in Bindegewebsmastzellen (CTMC) und mukosale Mastzellen (MMC) je nach ihrer Lage im Gewebe und ihrem metachromatischen (farbverschiebendem) Färbeverhalten. Diese Einteilung wird auch für die MC des Schweins verwendet. Die MMC des Schweins zeigen eine deutlich von MMC anderer Spezies abweichende dendritische Morphologie, wohingegen sich die CTMC abgerundet, oval darstellen und sich damit kaum von denen anderer Säuger unterscheiden (XU et al. 1993).

Mastzellen üben ihre immunologische Wirkung vorwiegend humoral aus, indem sie präformierte oder de novo-synthetisierte Mediatoren parakrin ins Gewebe sezernieren. Sie sind in der Lage, je nach Art der Stimulation und Herkunft der Zellen eine Vielzahl von verschiedenen Mediatoren auszuschütten. Histamin und Leukotriene (C4, D4, E4) werden bei Aktivierung unabhängig von der Lokalisation durch alle Mastzellen abgegeben (BISCHOFF 1994, OKAYAMA et al. 1995). Andere Mastzellprodukte sind neutrale Proteasen, Proteoglykane, Zytokine (IL-3, IL-4, IL-5, IL-9, IL-13, TNF-α, TGF-β), Chemokine (MIP-1α, MCP-1) und Neutrophine (BISCHOFF und DAHINDEN 1992, GALLI et al. 1993, LORENTZ et al. 2000, BISCHOFF et al. 2001, GEBHARDT et al. 2002).

Referenzen

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