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Bauer, Tanja:

Vorkommen von Shigatoxin-bildenden und enteropathogenen Escherichia coli in deutschen Streichelzoos

Unter den humanpathogenen Darm- und Durchfallerregern spielen STEC/EPEC mittlerweile v.a. in den Industriestaaten eine immer größer werdende Rolle. Bei STEC/EPEC handelt es sich um den Darmkomensalen Escherichia coli, der jedoch im Fall von STEC/EPEC oder EHEC durch das Beherbergen von Virulenzfaktoren zu einem pathogenen Erreger wurde. Unzählige, meist durch diverse Lebensmittel ausgelöste Epidemien, die nicht selten Todesopfer fordern, sind in der Literatur beschrieben. Häufig liegt der Ursprung solcher Krankheitsausbrüche jedoch auch im engen Kontakt des Menschen zu großen und kleinen Wiederkäuern. Diese Tierspezies gelten als symptomlose Reservoirtiere und können STEC/EPEC auf den Menschen übertragen. Besonders gefährdet an schweren Folgeerkrankungen wie HUS (hämolytisch urämisches Syndrom) oder TTP (Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura) zu erkranken sind sog. YOPIs (junge, alte, schwangere und immunsuppremierte Menschen). Da in Streichelzoos v.a. die Risikogruppe der Kinder vertreten ist, sollte in dieser Studie das Vorkommen in solchen Einrichtungen untersucht werden. Ziel dieser Arbeit war eine Prävalenzerhebung von STEC/EPEC in deutschen Streichelzoos sowie das Eruieren von eventuellen Faktoren, die das STEC-Vorkommen in den Reservoirtieren erhöhen bzw. Risikofaktoren welche eine Übertragung auf den Menschen potenzieren.

Dazu wurden zunächst 126 Tierparks um ihre Teilnahme an dem Projekt gebeten.

Aus arbeitstechnischen, personellen sowie Kostengründen konnte ein Maximum von 50 Zoos (40% der angeschriebenen Zoos) deutschlandweit beprobt werden. Von den angefragten Parks nahmen 56 teil, somit wurde das mögliche Maximum deutlich erreicht. Um die Ergebnisse später auf ganz Deutschland zu projizieren und eventuelle Störvariablen zu kontrollieren, wurden die Parks, nach Ermittlung der

regionalen Zoodichte, je nach Betriebsstruktur in zoologische Gärten, Wildparks und Freizeitparks mit Tieranteil unterteilt. Außerdem wurde Deutschland in drei Regionen (Region 1, 2 und 3) unterteilt. Von jeder Parkart sollten nun 40% in jeder der drei Regionen beprobt werden. Die Beprobungen begannen für das Jahr 2008 im Mai und endeten Ende August (24 Zoos). Im Jahr 2009 dauerten sie von April bis Mitte Oktober (32 Zoos) an. Alle Parks wurden zweimal im Abstand von zwei Wochen beprobt. Die zu ziehende Stichprobengröße wurde individuell anhand der hypergeometrischen Verteilung mit einer Sicherheitswahrscheinlichkeit (1-α) von 95% und einer angenommenen Prävalenz (P) von 20% berechnet. Die insgesamt 1558 Proben (1517 Kotproben und 41 Insektenproben) aus beiden Jahren wurden im Institut für Mikrobiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover weiter bearbeitet.

Zusätzlich wurden die Parkbetreiber mittels eines Fragebogens über die Gehegehygiene und das Gehegemanagement, den Gesundheitsstatus der Tiere sowie der Besucherverpflegung befragt. Die Fragebögen wurden anschließend mit Hilfe des Statistikprogramms SAS ausgewertet.

Die Proben aus dem Jahr 2008 wurden mittels immunomagnetischer Separation mit O157 serogruppenspezifischen Beads und mPCR auf die Virulenzgene Intimin (eaeA), Hämolysin A (hlyA), Shigatoxin 1 (stx1) sowie Shigatoxin 2 (stx2) untersucht.

Von den 566 Sammelkotproben waren sieben Proben (1,2%) aus drei verschiedenen Parks (12,5%) STEC positiv. Die 17 untersuchen Insektenproben waren STEC/EPEC-negativ. Die vom Robert-Koch Institut vorgenommene Serotypisierung der Isolate ergab die Serogruppe O157 eines Kaninchenisolates aus Park 105 mit allen getesteten Virulenzgenen. Die Schafisolate aus Park 110 und die Ziegenisolate aus Park 107 waren nicht typisierbar (Ont). Die Isolate aus Park 107 beherbergten die Virulenzgene stx1, stx2 sowie hlyA. Die Isolate aus Park 110 trugen die Virulenzfaktoren stx2 und hlyA. Alle STEC-positiven Parks waren der Kategorie

„Wildpark“ zugeordnet.

Die 975 Proben aus dem Jahr 2009 wurden ebenfalls mittels immunomagnetischer Separation vorangereichert. Allerdings wurde die IMS aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse um vier weitere serogruppenspezifische Beads erweitert (O26, O103, O111 und O145). Nach einer Screening-PCR wurden die

mittels Colony-Hybridisierung gewonnen Isolate in einer Kontroll-PCR auf die Virulenzgene stx1, stx2 und eae getestet. Auch 2009 waren alle 24 Insektenproben STEC-negativ. In 27 der 32 untersuchten Parks konnte STEC/EPEC in Kotproben nachgewiesen werden, das entspricht einer Prävalenz von 84,4% der 2009 untersuchten Zoos. In der Screening-PCR waren 309 (31,7%) Probenabschwemmungen positiv für mindestens eines der getesteten Virulenzgene.

Insgesamt wurden 297 Isolate aus 201 Proben zur Serotypisierung an das Robert-Koch Institut weitergeleitet. Es konnten 32 verschiedene Serogruppen aus sechs verschiedenen Tierarten (Ziege, Schaf, Rind, Schwein, Lama, Damwild) identifiziert werden. Zu den häufigsten isolierten Serogruppen auf Probenebene gehörten O146 (16,9%), O76 (16,4%) und O26 (10,4%). Die größte Serogruppenvariabilität konnte bei Ziegen und Schafen, sowie bei Schweinen aufgezeigt werden. Am häufigsten wurde bei den Ziegen auf Probenebene O76 (13,9%), bei den Schafen O146 (5,5%) und bei den Schweinen O103 (2,5%) detektiert. Betrachtet man die Virulenzgene der gewonnen Isolate auf Probenebene, so konnte stx1 in 96 Proben als häufigstes Virulenzgen, gefolgt von eae (59 Proben) sowie stx1 in Kombination mit stx2 (59 Proben), detektiert werden. Auf Zooebene wurde eae in 68,8% der Parks besonders oft nachgewiesen. Das Vorkommen dieser Virulenzgene in dieser Häufigkeit und in diesen Kombinationen konnte von anderen Studien bisher nicht aufgezeigt werden.

Sowohl 2008 als auch 2009 wurden jeweils zu etwa gleichen Teilen (ca. 30%) Parks in der Region 1, 2 sowie Region 3 beprobt. Bei den 2008 als STEC-positiv identifizierten Parks handelte es sich um drei Wildparks. Ein signifikanter Zusammenhang zum Vorkommen von STEC/EPEC in Wildparks zeigte sich verglichen mit zoologischen Gärten (p=0,0227). Die positiven Parks stammten aus Region 2 und 3. Das Kaninchenisolat der Serogruppe O157 stammte aus der Region 2. Im Jahr 2009 konnten STEC/EPEC positive Parks in allen drei Regionen und in jedem Zootyp detektiert werden. Somit konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Vorkommen von STEC/EPEC und der Region oder dem Zootyp festgestellt werden.

Das Gehegemanagement unterschied sich in allen 56 Parks nur unwesentlich und hatte keinen Einfluss auf das Vorkommen von STEC/EPEC. Lediglich Parks, in

denen der Tierpfleger selbst landwirtschaftliche Nutztierhaltung betrieb, waren 2009 signifikant (p=0,0033) weniger STEC/EPEC-positiv. Möglicherweise sind diese Tierpfleger was die Infektions- und Seuchengefahr betrifft sensibilisierter, was evtl.

zu einer besseren Hygiene und somit geringerer Reinfektion der Tiere führt. Die Gehege wurden zum größten Teil (87,5%) täglich, jedoch sowohl Ställe als auch Ausläufe zu über 80% nur trocken gereinigt. Ein Handwaschbecken für Besucher in unmittelbarer Nähe zum Streichelgehege gab es erfreulicherweise in über der Hälfte (53,6%) der untersuchten Zoos, doch leider werden die Besucher nur in 12,5% auf die Möglichkeit des Händewaschens hingewiesen. Allerdings ist eine abschließende Beurteilung z.B. der Erregerverschleppung innerhalb des Zoos sowie die Übertragung auf Besucher nicht möglich, da weder Nichtstreicheltiere noch Besucher bezüglich STEC/EPEC untersucht wurden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass in Anbetracht der jährlichen Besucherzahlen und den bisher nur wenigen nachgewiesenen Infektionen, die tatsächlich auf einen Besuch im Streichelgehege zurückzuführen sind, die Infektionsgefahr in deutschen Streichelzoos trotz der hohen STEC/EPEC-Prävalenz relativ gering ist. Die gewissenhafte Einhaltung einiger einfacher Hygieneregeln seitens der Besucher wird dafür jedoch vorausgesetzt. Die sachliche Aufklärung und Sensibilisierung der Besucher sowie Tierpfleger gegenüber Zoonoserisiken ist Aufgabe des Parkbetreibers und sollte in den meisten deutschen Streichelzoos verbessert werden. Die vorliegende Arbeit ist die bisher umfangreichste durchgeführte Studie zur Erhebung des STEC/EPEC-Vorkommens in deutschen Streichelgehegen. Auch wenn in diesen Untersuchungen keine signifikanten regionalen, den Zootyp betreffenden oder Gehegemanagement bedingten Unterschiede bezüglich des STEC/EPEC-Vorkommens belegt werden konnten, so sind die gewonnenen Ergebnisse trotz des Methodenwechsels zumindest bedingt auf die STEC/EPEC-Situation in den gesamten deutschen Streichelzoos übertragbar.