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2 Literatur

2.2 STEC/VTEC und EHEC

2.2.1 Virulenzfaktoren

In den Untersuchungen der letzten Jahre zur Virulenz von STEC wurde das Augenmerk vermehrt auf die Kombination von Virulenzgenen und Mechanismen gelegt, die ein STEC-Isolat zu einem hochpathogenen, humanen EHEC-Isolat machen. Unbestritten bleibt, dass die Produktion von Shigatoxinen zwar essentiell ist, nicht aber allein für die Virulenz verantwortlich gemacht werden kann. Eine große Anzahl weiterer Virulenzfaktoren wurde beschrieben; die meisten von ihnen sind auf mobilen genetischen Elementen, wie z.B. Plasmiden, Pathogenitätsinseln oder temperenten lambdoiden Phagen kodiert (CAPRIOLI et al. 2005).

2.2.1.1 Shigatoxine

Zur Familie der Shigatoxine gehören die beiden nicht immunologisch kreuzreaktiven Hauptgruppen Shigatoxin 1 (Stx 1) und Shigatoxin 2 (Stx 2), deren Strukturgene im ca. 60 kb großen Genom lambdoider Phagen, lokalisiert liegen. Stx 1 ist zu 98%

identisch mit dem von S. dysenteriae produzierten Toxin, während Stx 2 nur zu 55%

Homologie zeigt. Während Stx 1 nur geringe Sequenzvariationen aufweist, wurden von Stx 2 bereits die Varianten Stx 2c, Stx 2d, Stx 2e sowie Stx 2f mit jeweils modifizierten antigenetischen oder biologischen Eigenschaften beschrieben. So ist z.B. bekannt, dass Stx 2 und Stx 2c vermehrt von Isolaten produziert werden, welche aus HUS-Patienten stammen (KARCH 2001). Stx 2e und Stx 2f hingegen werden häufig von Tierisolaten gebildet, welche in diesen Fällen für den Menschen selten pathogen sind. In der Pathogenese der Ödemkrankheit der Schweine spielt Stx 2e

eine wichtige Rolle, Stx 2f-produzierende Isolate stammen meist vom Geflügel (CAPRIOLI et al. 2005).

Die Shigatoxine zählen zu den Ribosomen-inaktivierenden Proteinen und bestehen aus einer A- und einer B-Untereinheit. Die 32 kDa große A-Untereinheit besteht aus einem 28 kDa großen A1-Peptid und einem 4 kDa großen A2-Peptid, welche über eine Disulfidbrücke verbunden sind. Das A1-Peptid besitzt enzymatische Aktivität, während das A2-Peptid für die Bindung an die Untereinheit zuständig ist. Die B-Untereinheit besteht aus einem Pentamer von fünf identischen, 7,7 kDa großen Einheiten und bindet das Toxin an den Globotriasylceramid-Rezeptor (Gb3) auf eukariotischen Zelloberflächen. Das Holotoxin wird über Endocytose in die Zelle geschleust und verhindert dort die Proteinbiosynthese der Zelle, was schließlich zu deren Tod führt (FRIEDRICH 2002).

2.2.1.2 EHEC-Hämolysin

Aus pathogener Sicht für den Menschen am bedeutendsten ist die O157-Serogruppe. Fast alle EHEC O157-Stämme besitzen ein großes Virulenzplasmid (pO157) von 90 kb, auf dem die unterschiedlichsten zusätzlichen Virulenzfaktoren lokalisiert sind. Unter anderem trägt es das EHEC hly Gen für das EHEC-Hämolysin, das katP Gen für eine bifunktionelle Katalase-Peroxidase (BRUNDER et al. 1996), das espP Gen kodierend für eine Serinprotease und das etp Gencluster, welches für ein Typ-II-Sekretionssystem kodiert (KARCH 2001). Im Gegensatz zu dem Virulenzplasmid der O157:H7-Stämme besitzen jene der non-O157-Stämme meist nicht das komplette Spektrum an Virulenzgenen (KARCH 2001).

Bei dem EHEC-Hämolysin handelt es sich um ein 107 kDa großes porenbildendes Zytotoxin der RTX-Familie (repeats in toxin), das im Wildtyp sowohl frei als auch zellassoziiert vorkommt (KARCH et al. 1996a). Seine definitive Rolle in der Pahogenese von EHEC-Infektionen ist noch nicht ganz geklärt. Es ist jedoch denkbar, dass durch die Lyse der Erythrozyten in vivo Hämoglobin freigesetzt wird und E. coli als Eisenquelle dient und somit wachstumsfördernd auf diese wirkt.

Ebenso kann das Toxin bovine Leukozyten lysieren, jedoch nicht humane (NATARO u. KAPER 1998).

2.2.1.3 EAST1

Bei EAST1 handelt es sich um ein Toxin, welches erstmals in einem enteroaggregativen E. coli-Stamm (EAEC) eines an Diarrhö erkrankten Kindes entdeckt wurde (SAVARINO et al. 1991). Mittlerweile wurde EAST1 jedoch auch in anderen pathogenen E. coli wie EHEC, EPEC, DAEC oder ETEC und in Salmonellen gefunden. Auch in Nutztieren, v.a. in Schweinen und Rindern konnten EAST1-positive Isolate bereits detektiert werden. Das kodierende Gen astA liegt entweder direkt im Bakterienchromosom oder auf einem Plasmid, häufig in mehreren Kopien.

EAST1 ist ein 4,1 kDa großes Molekül, das aus 38 Aminosäuren besteht (VEILLEUX u. DUBREUIL 2006). Das hitzestabile Toxin EAST1 weißt 50% Identität mit der enterotoxischen Dömane des hitzestabilen Toxins STa auf, jedoch sind die beiden Toxine immunologisch gesehen verschieden (SAVARINO et al. 1991). Welche Rolle EAST1 in der Pathogenese von EHEC-Infektionen spielt ist noch nicht geklärt, allerdings ist es möglich, dass nichtblutige Durchfallerkrankungen, wie sie bei einigen EHEC-Patienten auftreten, durch EAST1 bedingt sind (NATARO u. KAPER 1998).

2.2.1.4 Adhäsionsfaktoren

Für die Adhärenz von EHEC an das Darmepithel sind zahlreiche Faktoren mit ihren zuständigen Genen beschrieben. Am besten untersucht und in fast allen EHEC- Stämmen vorkommend ist die 43 kb große Pathogenitätsinsel LEE (locus of enterocyte effacement). Durch die auf ihr kodierten Proteine sind EHEC in der Lage sich sehr fest an die Darmepithelzellen anzuheften und dort typische A/E-Läsionen („attaching and effacing“) zu verursachen. Die A/E-Läsionen sind durch zytoskelettalen Umbau, der Zerstörung der Mikrovilli und einer engen Bindung zwischen Bakterium und Epithelzellmembran gekennzeichnet (CAPRIOLI et al.

2005). Der LEE besitzt drei funktionale Regionen. Auf der ersten Region sind Gene für ein Typ-III-Sekretionssystem lokalisiert. Die mittlere Region beherbergt das eae-Gen. Das eae-Gen kodiert für das 94 bis 97 kDa große Außenmembranprotein Intimin, welches den EHEC zur Adhärenz dient. Gleichzeitig ist auf diesem funktionalen Modul das tir-Gen lokalisiert, welches den Translokationsrezeptor für Intimin (Tir) stellt. Der Rezeptor wird über das Typ-III-Sekretionssystem in die

Plasmamembran der Zielzelle verbracht, so dass das Intimin daran binden kann. Das dritte funktionelle Modul codiert für die Sekretionsproteine EspA, EspB und EspD, welche Teil des Typ-III-Sekretionssystems sind (CAPRIOLI et al. 2005; KARCH 2001).