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Anna Düvel: Untersuchungen zur PGE2-beeinflussten Differenzierung boviner Monozyten in Makrophagen

Da sich Mastitiden nach einer galaktogenen Infektion entwickeln, stellte sich in dieser Arbeit die Frage, inwieweit die Zitze als distales Kompartiment des Euters am Infektionsgeschehen maßgeblich beteiligt ist und ob bereits dort die Weichen für adaptive und angeborene Immunmechanismen gestellt werden, die auch im Euterparenchym das entzündliche Geschehen beeinflussen. Da diese Mechanismen von Immunzellen initiiert und mit gesteuert werden und eine genauere Analyse des leukozytärer Zellen in der Zitze bisher nicht vorlag, sollte zunächst anatomisch-histologisch das Vorkommen und die Verteilung leukozytärer Zellen in der Zitze geprüft werden. Besonderer Fokus lag dabei auf dem Nachweis von Makrophagen, die als Sensor- und Effektorzellen eine Vielzahl von Immunprozessen steuern können. In der Zitze gesunder Färsen und laktierender Kühe konnten Mastzellen, neutrophile Granulozyten, Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen in unterschiedlichen relativen Häufigkeiten im subepithelialen und perivaskulären Gewebe der Fürstenberg’schen Rosette und Zitzenzisterne erfasst und dargestellt werden. Färsen wiesen gegenüber laktierenden Tieren generell die größte Häufigkeit von allen identifizierten Leukozytensubpopulationen auf. Experimentell mit LPS vorbehandelte und 72 Stunden oder 240 Stunden danach mit E. coli infizierte Tiere zeigten kein apparent anderes Verteilungsmuster und keine veränderte relative Häufigkeit der Immunzellpopulationen als gesunde laktierende Kühe. Einzige Ausnahme war die höhere Häufigkeit an neutrophilen Granulozyten bei Tieren, die 240 h nach einer LPS-Vorbehandlung mit E. coli infiziert wurden. Damit scheint das Einsetzen der Laktation und nicht der häufigere Keimkontakt ursächlich für ein verändertes, generell geringeres Vorkommen leukozytärer Zellen im Zitzengewebe zu sein.

Makrophagen wurden bei allen untersuchten Tieren sowohl in der Fürstenberg’schen Rosette, als auch in der Zitzenzisterne nachgewiesen. Sie konnten vor allem in der Gruppe der adulten, laktierenden Tiere, in gleicher Häufigkeit in der Fürstenberg’schen Rosette und Zitzenzisterne dargestellt werden.

Um Hinweise auf das Vorliegen funktionell unterschiedlicher Makrophagentypen bei gesunden, laktierenden Kühen zu gewinnen, wurden Antikörper gegen S100A8/A9 (MAC387) (Indikator für klassische Makrophagen) und CD163 (AM-3K) (Indikator für alternative Makrophagen) zur immunhistologischen Analyse von Gewebeschnitten eingesetzt.

Durch Serienschnittanalysen gelang der Nachweis von MAC387+/AM3-K-, MAC387- /AM-3K+ sowie MAC387+/AM-3K+ Makrophagen. In der Fürstenberg’schen Rosette waren subepithelial vermehrt MAC387+/AM3-K- Makrophagen nachweisbar, im perivaskulären Gewebe dominierten hingegen MAC387-/AM-3K+ Makrophagen. In der Zitzenzisterne kamen beide Makrophagenpopulationen subepithelial und perivaskulär in gleichen relativen Häufigkeiten vor.

Die phänotypische Heterogenität der Makrophagen ließ vermuten, dass Wirtsfaktoren maßgeblich an der Differenzierung der einwandernden Monozyten in Makrophagen beteiligt sind. Nach einer Transkriptomanalyse des Zitzengewebes 4 h nach experimenteller Inokulation des Euters mit E. coli erwies sich die Cyclooxygenase (COX2) als das am stärksten regulierte Enzym des Arachidonsäurestoffwechsels. Daher wurde Prostaglandin E2 als Wirtsfaktor ausgewählt, um dessen Rolle in der Makrophagendifferenzierung in vitro zu analysieren. Nach Magnet-aktivierter Zellseparation (MACS) boviner Blut-Monozyten wurden diese für 7 Tage in Abwesenheit (MdM) oder unter Zusatz von PGE2 (1x10-12 - 1x10-6 mol/l) (PGE2-MdM) in Makrophagen differenziert und mittels quantitativer RT-PCR vor und nach 3-stündiger LPS-Stimulation die mRNA-Expression von Zytokinen (TNF-α, 1β, IL-10, IL-12), Chemokinen (CXCL8, CCL5, CCL20) sowie des Transkriptionsfaktors PPARγ und des Pentraxin-3 (PTX3) erfasst. In MdM konnte eine Basisexpression von IL-10, CCL5, CXCL8 und PPARγ nachgeweisen werden. PGE2-MdM (1x10-6 mol/l) zeigten eine signifikant geringere Expression von IL-10 und PPARγ. Die LPS-Stimulation führte mit Ausnahme von IL-12 und PPARγ zu einer signifikanten Hochregulation der mRNA-Expression aller untersuchten Gene in MdM. In PGE2-MdM fiel die LPS-induzierte Expressionssteigerung von IL-10, IL-1ß, TNF-α, CCL5, CCL20 und PTX3 signifikant geringer aus. Interessanterweise blieb selektiv die mRNA-Expression von CXCL8 (Interleukin-8) unbeeinflusst.

Damit konnte gezeigt werden, dass PGE2 als endogener Wirtsfaktor die Expression pro- und antiinflammatorischer Mediatoren von Makrophagen beeinflusst, und damit in vitro zur

funktionellen Polarisierung eines Makrophagentyps beitragen kann. PGE2-MdM erwiesen sich eher als inhibierte Makrophagen. Die ebenfalls reduzierte Expression des Transkriptionsfaktors PPARγ und des PPARγ- abhängig exprimierten PTX3 lasssen nicht den Schluss zu, dass es sich bei PGE2-MdM um vorwiegend regulatorische, anti-inflammatorische Makrophagen handelt.

Um zu prüfen, ob PGE2 die Differenzierung eines speziellen Makrophagensubtyps fördert, wurden mittels Immunfluoreszenz die Expression von S100A8/A9 und CD163 in MdM und PGE2-MdM nachgewiesen.

Nach Immunfluoreszenzanalyse exprimierten die in vitro generierten MdM zu etwa 80% das S100A8/A9 (MAC387+) und zu 40% das CD163 (AM-3K+), wobei jeweils klar differenzierbar stark und schwach-positive Zellen identifiziert werden konnten. Damit erwiesen sich die in vitro generierten MdM als phänotypisch heterogen. In PGE2–MdM waren nur noch 23% MAC387+ und 16% AM-3K+ Zellen nachweisbar. In MdM konnte ein Verhältnis von 1,9 zwischen den stark positiven Zellen (MAC387/AM-3K) ermittelt werden, in PGE2-MdM lag das Verhältnis bei 3,7.

Damit zeigte das während der Makrophagendifferenzierung in vitro anwesende PGE2 nicht nur hemmende, sondern auch selektive Effekte auf die Gen- und Produktexpression in Makrophagen, und es konnte gezeigt werden, dass dieser Wirtsfaktor, der nach Erregerkontakt von verschiedenen Zellen gebildet wird, die Differenzierung boviner Monozyten in funktionelle Makrophagen unterschiedlichen Phänotyps steuern kann. Ob und welche funktionellen Eigenschaften die immunhistologisch nachgewiesenen Makrophagentypen in der Zitze haben, bleibt weiterführenden Untersuchungen vorbehalten.

Die Möglichkeit, die Differenzierung von Makrophagen durch bestimmte Faktoren gezielt zu steuern, soll mittelfristig die Grundlagen für eine prophylaktische Immunmodulation beim Rind schaffen, in der die Zitze, als erster Ort des Kontaktes mit Erregern so vorbereitet wird, dass funktionell ‚passende‘ Makrophagen als mitentscheidende Sensor- und Effektorzellen adäquat reagieren können.