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5.2 Immunzellpopulationen in der Zitze

Ziel der durchgeführten Untersuchung war es, einen Überblick über die Anwesenheit, Dichte und räumliche Verteilung von Leukozyten in Abhängigkeit der Versuchsgruppen zu bekommen. Zur Darstellung von Mastzellen wurde die Toluidinblau-Färbung angewandt, alle

weiteren Leukozyten wurden in der Masson-Goldner und HE-Färbung nachgewiesen.

Aufgrund der z.T. geringen verfügbaren Gruppengröße erfolgte die statistische Auswertung der Häufigkeitverteilungen der Leukozytenpopulationen rein deskriptiv. Somit dienen die angegebenen Werte als Orientierung und Häufigkeitsunterschiede zwischen Gruppen oder Lokalisationen müssen entsprechend vorsichtig interpretiert werden.

In der bovinen Zitze wurden Zellen des angeborenen (Mastzellen, neutrophile Granulozyten, Makrophagen) und des adaptiven (Lymphozyten, Plasmazellen) Immunsystems gefunden.

Insgesamt stellten Makrophagen den häufigsten Zelltyp dar, gefolgt von Lymphozyten und Plasmazellen. Abweichend davon waren Mastzellen die häufigste Immunzellpopulation bei den eutergesunden Färsen (Gruppe K1).

Die größte Zelldichte an Immunzellen insgesamt wies die Gruppe K1 auf, was v.a. auf dem Reichtum an Mastzellen, Lymphozyten und Plasmazellen beruhte. Zwischen den anderen Gruppen traten keine deutlichen Unterschiede in der Gesamtzellzahl auf, jedoch differierten die Anteile der einzelnen Zellpopulationen. Zwischen den betrachteten Lokalisationen Fürstenberg’sche Rosette und Zitzenzisterne sowie subepithelial und perivaskulär fanden sich ebenfalls keine auffälligen Unterschiede für die Gesamtzahl der Abwehrzellen

In der Zitze wurden auch von anderen Arbeitsgruppen Makrophagen, Monozyten, neutrophile und eosinophile Granulozyten, Lymphozyten sowie Plasmazellen gefunden (NICKERSON u.

PANKEY 1983; NICKERSON 1988, 1989; GREENHALGH et al. 1996). In einigen Fällen wurden intrazisternal Zytokine und Bakterien als Stimulus einer Immunantwort verabreicht (NICKERSON u. HEALD 1982; NICKERSON et al. 1989). So migrierten neutrophile Granulozyten nach experimenteller Infektion des Euters mit E. coli aus dem Blutgefäß durch das Epithel in die Milch (NICKERSON u. PANKEY 1984). Auch gesundes Zitzengewebe zeigte eine bestimmte Verteilung der Leukozyten: so wanderten z.B. Plasmazellen als vorherrschende einströmende Zellpopulation vorwiegend in das subepitheliale Bindegewebe und penetrierten die Epithelzellen der Fürstenberg’schen Rosette hin zum Lumen der Zitze (NICKERSON u. PANKEY 1983). Weiterhin waren Plasmazellen als Abwehrzellen in der Zitze vorhanden (NICKERSON et al. 1984).

Mastzellen sind vor allem in Geweben, die in Kontakt zur äußeren Umgebung stehen, wie z.B. in der Haut oder im Darm, zu finden, wo sie als „Wächterzellen“ gegen eindringende Pathogene agieren (GALLI et al. 1999). Sie sind aufgrund folgender Eigenschaften als wichtige Abwehrzellen zu berücksichtigen: Zum einen durch ihre Fähigkeit zur schnellen und selektiven Mediatorsynthese als Beitrag zur Stimulation der angeborenen Immunabwehr. Zum anderen sind sie durch ihre dichte Lokalisation zu Blutgefäßen in der Lage, die Rekrutierung von Effektorzellen ins Gewebe, in Abhängigkeit ihrer sezernierten Mediatoren, zu verstärken.

Darüber hinaus können sie durch Antikörper-vermittelte Aktivierung die Immunantwort auf Infektionen modulieren. Gefäßassoziierte Mastzellen beeinflussen Zytokin-abhängig die Migration anderer Zellen (MARSHALL 2004).

In dieser Untersuchung wurden bei allen Tieren Mastzellen in allen untersuchten Kompartimenten der Zitze gefunden. Mastzellen zeigten von den untersuchten Immunzellpopulationen die deutlichsten Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen.

Während sie bei den eutergesunden Färsen (Gruppe K1) sehr zahlreich vorkamen, waren sie bei den älteren Kontrolltieren (Gruppe K2) deutlich seltener anzutreffen, noch seltener bei den Tieren des Primingversuchs.

Mastzellen fanden sich im Euterparenchym vieler Haussäugetiere und Nager (NIELSEN 1975; STERBA et al. 1990; SZEWCZYK et al. 2000; DZODZIKOVA et al. 2005; COLITTI u. FARINACCI 2009), in der Zitze des Rindes hingegen finden sie in der Literatur keine Erwähnung.

Die große Zahl von Mastzellen bei den Tieren der Gruppe 1 könnte die Rekrutierung anderer Zelltypen fördern. Dieses wird untermauert durch den Befund, dass die Gruppe K1 auch die größte Anzahl an Lymphozyten und Plasmazellen zeigte. Denkbar wäre eine Mastzell-vermittelte Stimulierung der Chemotaxis anderer Zelltypen, um eine Präsenz von Effektorzellen in der Zitze vor der Laktation aufzubauen. Weiterhin wird beschrieben, dass Mastzellen, die inflammatorischen Stimuli ausgesetzt sind, andere Phänotypen mit veränderten Eigenschaften darstellen (IRANI et al. 1990; GOTIS-GRAHAM u. MCNEIL 1997). Geht man davon aus, dass die betrachteten Tiergruppen K2-V2b mehr intrazisternalen Kontakt zu Pathogenen hatten als Gruppe K1, so wäre auch denkbar, dass eine Reduktion der dort ansässigen Mastzellen mit einer Änderung des Phänotyps einhergehen könnte und jene, wenigen Mastzellen durch exogene Stimuli effektiv auf Erregerabwehr geprimt wurden.

Weiterhin verfügen Mastzellen über ein sehr breites Zytokinspektrum von klassischen, pro-inflammatorischen Mediatoren wie TNF-α und IL-1β bis hin zu IL-10 und TGF-β, die mit immunregulatorischen, anti-inflammatorischen Effekten assoziiert sind. Vor diesem Hintergrund wäre es von Bedeutung, ob jene Mastzellen in noch nicht laktierenden Tieren andere Subtypen von Mastzellen darstellen, als jene in den Gruppen K2-V2a. Betrachtet man die Mastzellanzahl im subepithelialen Gewebe der Primingversuchstiere, so scheint eine Infektion des Euters mit E. coli nach vorangegangenem LPS-Priming keinen Einfluss zu haben.

Neutrophile Granulozyten erwiesen sich in den betrachteten Tiergruppen als die am geringsten vertretene Zellpopulation. Sie waren nur in den Gruppen K2, V1b und V2b in geringgradigem Maße zu finden. Dieses könnte bei den Gruppen V1b und V2b als Effekt in Erwiderung auf die intrazisternale Applikation von LPS und spätere Infektion der Viertel mit E. coli gewertet werden. Daraus ergibt sich das Ergebnis, dass die alleinige LPS-Applikation keinen Effekt auf die Rekrutierung neutrophiler Granulozyten in die Zitzenzisterne und Fürstenberg’sche Rosette hatte. Weiterhin führt es zu der Annahme, dass LPS, bezogen auf die Migration neutrophiler Granulozyten in der Zitze, trotz identischer Signaltransduktion über TLR4 / CD14 / LBP, als Stimulus nicht synonym zu ganzen Bakterien agiert.

Die Abwesenheit neutrophiler Granulozyten beinhaltet jedoch auch die Tatsache, dass so keinerlei Gewebeschäden durch sezernierte antibakterielle Produkte, wie z.B. reaktive Sauerstoffspezies, den Organismus schädigen können. Die Frage, inwieweit positive Effekte einer effektiven Erregerbekämpfung an der Eintrittspforte für Erreger gegen schädigende Einflüsse von neutrophilen Granulozyten auf Wirtsgewebe überwiegen, kann hier nicht ausreichend geklärt werden. Jedoch wurde die mangelnde Präsenz neutrophiler Granulozyten mit einer erhöhten Anfälligkeit für Pathogene assoziiert (BURVENICH et al. 2007).

Eine andere Hypothese zur Erklärung der Abwesenheit bzw. der geringen Anzahl neutrophiler Granulozyten in diesem Abschnitt des Euters ist die Möglichkeit, dass sich der Hauptteil des infektiösen Geschehens im dorsalen Bereich des Euters (Drüsenparenchym, Drüsenzisterne) abspielt und das Zitzengewebe womöglich nach Etablierung einer Infektion eine untergeordnete Rolle spielt. Nennenswert ist weiterhin, dass in keiner Tiergruppe neutrophile Granulozyten im perivaskulären Gewebe zu finden waren, sondern nur im subepithelialen

Gewebe ansässig waren. Dieses spricht für das Wirken chemotaktischer Faktoren, die die Zellen schnell in Richtung Epithel migrieren lassen und reflektiert so die zellulären Wechselwirkungen im distalen Abschnitt der Zitze.

Gruppe V2b zeigte mehr neutrophile Granulozyten als Gruppe V2a (Tab. 9). Dieses könnte daraufhin deuten, dass das Priming über 240 h einen Reiz ausübt, der zu einem langanhaltenden Influx neutrophiler Granulozyten führt. Jedoch gilt auch in diesem Fall die Tatsache, dass das lokale Umfeld von Zellen deren Expressionsmuster beeinflusst. Auch neutrophile Granulozyten können, z.B. unter Einwirkung von Lipoxin A4, welches gegen Ende einer Entzündung vermehrt synthetisiert wird, die Synthese von Superoxid Anionen als antibakterielles Agens vermindern und einstellen (PAPAYIANNI et al. 1996). Sieht man den Zeitraum von 240 h der LPS-Exposition als „primende Entzündung“ an, wäre nach LAWRENCE et al. (2002) nach 24 h ein Stop der migrierenden neutrophilen Granulozyten in das Gewebe zu erwarten gewesen. Nach diesem Zeitrraum findet ein Wechsel der Zellpopulationen statt, indem resolutionsfördernde Zellen, wie antiinflammatorisch polarisierte mononukleäre Zellen, in das Gewebe einwandern und die Migration neutrophiler Granulozyten in das inflammatorische Gewebe gestoppt wird (LAWRENCE et al. 2002).

Dieses scheint hier jedoch nicht der Fall zu sein, da nach 240 h mehr neutrophile Granulozyten in der Zitze zu finden waren als nach 72 h.

In den hier untersuchten Geweben der Zitze wurden keine eosinophilen Granulozyten gefunden. Auch das Priming mit LPS hatte auf die Einwanderung eosinophiler Granulozyten in die Zitzen keinen Einfluss. Berichte über das Vorkommen eosinophiler Granulozyten in der Zitze sind selten. In Zitzen Staph. aureus-infizierter Kühe und zusätzlicher IL-2- oder IFNγ- Applikation kamen eosinophile Granulozyten in größerer Anzahl als neutrophile Granulozyten vor (QUIROGA et al. 1993). Zudem gibt es Hinweise auf das Vorkommen eosinophiler Granulozyten in der Zitze in Verbindung mit parasitären Infektionen (BEYTUT et al. 2005).

Makrophagen stellten bei allen Gruppen, mit Ausnahme der Gruppe V2, den häufigsten Immunzelltyp in der Zitze dar. Färsen zeigten wiederum die größte Anzahl an Makrophagen.

Verschiedene ortsständige Zellen, wie z.B. Endothelzellen und Lymphozyten, locken mittels ihrer sezernierten Chemokine andere Zellen in das Gewebe. So ist z.B. CCL2 für die

Rekrutierung mononukleärer Zellen in inflammatorisches Gewebe verantwortlich. Die Anzahl residenter Zellen reflektiert so das im Gewebe vorherrschende Chemokinmilieu. Dieses würde bedeuten, dass bei Färsen in der Zitze ein anderes Chemokinmilieu vorherrscht als bei laktierenden, adulten Kühen. Die gewebespezifische Zellzusammensetzung ändert sich, wie auch beim Schwein beschrieben, in Verbindung mit dem Reproduktionszyklus (BISCHOF et al. 1994). In diesem Zusammenhang sind auch hormonelle Einflüsse (z.B. Oxytocin während der Laktation) zu berücksichtigen, die initial als Botenstoffe für Zellen agieren und für einen physiologischen, zyklusabhängigen Zellinflux in das Gewebe sorgen. Zum Beispiel beeinflusst auch Östrogen in Endothelzellen die Expression von Enzymen des Arachidonsäuremetabolismus (SOBRINO et al. 2009) und trägt so zur Polarisierung eines eher pro-oder antiinflammatorischen Milieus bei. So könnte auch die vermehrte Anzahl von Makrophagen bei Färsen das Ergebnis eines speziellen Hormonstatus vor der Laktation, verglichen zu adulten, laktierenden Tieren, sein.

Die Präsenz von Makrophagen im Euter unter inflammatorischen Bedingungen sowie deren morphologische Vielgestaltigkeit ist beschrieben (NICKERSON et al. 1989; OVIEDO-BOYSO et al. 2007). Das Aufkommen an Makrophagen in der Gruppe K2 könnte eine Art

„Normalzustand“ repräsentieren, da die adulten, eutergesunden und laktierenden Rinder zum Zeitpunkt der Probennahme nicht an Mastitis erkrankt waren, jedoch in Vergleich zu Gruppe K1 in Laktation waren und aufgrund ihres Alters mit großer Wahrscheinlichkeit bereits galaktogenen Erregerkontakt hatten.

Gruppe K1 zeigte die höchste relative Häufigkeit an Makrophagen in der Fürstenberg’schen Rosette. Wie oben bereits genannt, wies diese Gruppe keinerlei neutrophile Granulozyten auf.

Die Migration neutrophiler Granulozyten in die Zitze ist ungeklärt. Möglicherweise verläuft die Wanderung der Zellen dabei von der Zitzenzisterne nach distal in Richtung Fürstenberg’sche Rosette (NICKERSON u. PANKEY 1984). Eventuell beeinflusst dabei die An- oder Abwesenheit jener neutrophilen Granulozyten die Verteilung der einwandernden Makrophagen. Versteht man die Fürstenberg’sche Rosette mit ihrer gefalteten Struktur als Adhäsionsfläche für Erreger, könnte die dominierende Makrophagenpopulation in der Zitzenzisterne der Gruppe K1 als proximale Einrichtung zur Erregerbekämpfung agieren, so dass es zu einem „Einschluss“ von Keimen erstens durch den distal begrenzenden Strichkanal und zweitens die proximale Zellpopulation der Zitzenzisterne kommt. Möglicherweise kommt

es dann erst durch die Invasion von Erregern zu der Umverteilung der Makrophagenpopulation in die Fürstenberg’sche Rosettte. Vor diesem Hintergrund sind die dominierenden Makrophagen in 72 h geprimten Vierteln in der Fürstenberg’schen Rosette zu erklären. Dagegen spricht jedoch, dass die Tiere des 240 h Priming-Versuches wieder vermehrt Makrophagen in der Zitzenzisterne zeigten (Tab. 10).

Wie Tab. 10 zeigt, waren Makrophagen, im Gegensatz zu neutrophilen Granulozyten, in ganz entscheidender Anzahl auch perivaskulär zu finden. Blutgefäße in mit Mycobacterium bovis infizierten Vierteln wiesen Akkumulationen mononukleärer Zellen im perivaskulären Gewebe auf (NICKERSON u. NONNECKE 1986). Möglicherweise herrscht perivaskulär ein Zytokinmilieu, welches die frisch migrierten Makrophagen in einen aktivierten Zustand versetzt und somit ausstattet, um funktionell nach den erforderlichen Bedingungen des Gewebes zu reifen. Denkbar wäre z.B., dass bestimmt Typen von Makrophagen perivaskulär lokalisiert sind, die durch die Expression proinflammatorischer Zytokine wie IL-1β und TNF-α andere, naive Monozyt-ähnliche Makrophagen in Richtung M1 Makrophagen polarisieren.

Dieses setzt allerdings voraus, dass im umgebenden Gewebe entzündliche Prozesse ablaufen, die die Rekrutierung weiterer klassisch aktivierter Makrophagen benötigen. Denkbar wäre auch, dass jene perivaskulär primenden Makrophagen über den Verlauf einer Entzündung ihren Phänotyp ändern, hin zu M2 Makrophagen mit regulatorischen und entzündungsmodulierenden Eigenschaften. Dieses würde einhergehen mit Beobachtungen, die eine Veränderung des Phänotyps einer bereits bestehenden Makrophagenpopulation beschreiben (MOSSER u. EDWARDS 2008; FAIRWEATHER u. CIHAKOVA 2009).

In Abschnitt 4.2 wurden bereits die vielgestaltigen Erscheinungsformen von Makrophagen in der Fürstenberg’schen Rosette und Zitzenzisterne beschrieben. Bestimmte morphologische Eigenschaften stehen in Verbindung mit der Ausprägung eines bestimmten funktionellen Makrophagentyps (OVIEDO-BOYSO et al. 2007). Diese Beobachtung reflektiert die Plastizität dieses Zelltyps. So gibt ein Schnitt die in vivo Situation in der Zitze wieder und zeigt unterschiedliche temporäre Zustände von Makrophagen. Runde, mit wenigen Zellausläufern ausgestattete, homogen erscheinende Makrophagen haben möglicherweise erst vor kurzem das Blutgefäß verlassen und stehen zu Beginn des Differenzierungsprozesses. So wurden diese Makrophagen als Monozyt-ähnliche Makrophagen bezeichnet (SLADEK et al.

2006). Größere, vakuolisierte, mit Zellausläufern ausgestattete Makrophagen repräsentieren

möglicherweise residente, hochdifferenzierte Gewebemakrophagen. Die Darstellung einer so heterogenen Zellpopulation reflektiert auch die Vielgestaltigkeit der Mikroumgebung dieser Zellen. Somit stellt sich die Frage, welchen „primenden Faktoren“ die aus den Blutgefäßen migrierenden Makrophagen begegnen.

Gruppe K2 zeigte eine homogene Verteilung von Lymphozyten in der Fürstenberg’schen Rosette und in der Zitzenzisterne. Lymphozyten waren vermehrt im subepithelialen, weniger im perivaskulären Gewebe der Zitze zu finden (Tab. 11). Allein in Gruppe K1 fanden sich Ansammlungen von Lymphozyten in der Nähe zu Mastzellen in der Fürstenberg’schen Rosette (Abb. 13, A). Das intramammäre LPS-Priming führte zu keiner Induktion von Lymphfollikel oder Lymphozytenaggregaten. Auch Gruppe K2 wies keinerlei lymphoid-follikuläre Strukturen in der Zitze auf. Es gibt Hinweise auf die Bildung von Lymphfollikeln in der Zitze, allerdings in Zusammenhang mit der Applikation von Mycobacterium bovis. Die Präsenz einer solch residenten Lymphozytenpopulation stellt ein Ziel zur Auslösung einer Immunantwort nach Antigen Kontakt dar (NICKERSON u. NONNECKE 1986;

NICKERSON et al. 1989). Lymphfollikel-ähnliche Strukturen nach intrazisternaler Applikation von Bakterien treten auch in der Zitzenzisterne von Schafen auf (FRAGKOU et al. 2009). Die Anwesenheit der Follikel wird als protektive Einrichtung gegen aszendierende Erreger angesehen. Die höhere Inzidenz an Mastitiden mit zunehmendem Alter wird auf die geringer werdende Immunkompetenz der Lymphozyten zurückgeführt.

Die mögliche protektive Funktion solcher Lymphfollikel stellt die Frage nach einer möglichen Induktion jener follikulären Strukturen nach intramammärer Applikation diverser Stimuli. Eine intrazisternale Applikation von Mycobacterium bovis induziert jedoch möglicherweise eine andere zelluläre Immunantwort, die Erreger-spezifisch zu einer granulomatösen Entzündung führt. Diese Form der Entzündung gilt nicht für Entzündungen verursacht durch E. coli oder Staph. aureus. Daher könnte es sich um eine spezifische Reaktion gegenüber Mycobacterium bovis handeln, die so auf andere Erreger nicht übertragbar ist. Betrachtet man jedoch die Anwesenheit von Lymphozytenaggregaten wie allgemein unter dem Aspekt einer möglichen Zielpopulation einer intrazisternalen Vakzinierung, so wäre nach den hier vorliegenden Ergebnissen der Zeitraum vor der Laktation mit der anwesenden Zellpopulation zur Stimulation einer Immunantwort am besten

dafür geeignet. Interessant ist allerdings auch, dass eine Zunahme an Lymphozyten in der Zitzenzisterne der Priming-Versuchsgruppen zu verzeichnen war (Tab. 11). Fraglich ist jedoch, ob diese Zunahme in der Bildung von Lymphfollikeln gipfeln würde. Die oben erwähnte schwindende Immunkompetenz der Lymphozyten mit zunehmendem Alter des Tieres ist jedoch, bezogen auf die hier untersuchten Tiergruppen, äußerst spekulativ. Das in dieser Arbeit beobachtete ‚Verschwinden‘ lymphozellulärer Ansammlungen bei laktierenden Tieren mag andere Gründe haben, wie z.B. das laktationsabhängig veränderte Chemokinspektum im Zitzengewebe, welches unmittelbaren Einfluss auf Anlockung und zelluläre Organisation vor Ort hat. Auch könnte der altersbedingt zunehmende Anteil kollagener Fasern in der Zitze Einfluss auf die Anwesenheit von Leukozytenpopulationen haben. Systematische Untersuchungen hierzu liegen in der Literatur -soweit ersichtlich- noch nicht vor.

Die hier nachgewiesenen Lymphozyten lassen sich in den angewendeten Übersichtsfärbungen nicht näher charakterisieren. Es kann sich sowohl um verschiedene T-Zell-Subpopulationen als auch um B-Zell-Subpopultionen mit Ausnahme differenzierter Plasmazellen handeln.

NICKERSON und NONNECKE (1986) postulieren, dass es sich bei jenen Lymphozytenpopulationen im distalen Bereich der Zitze um spezifisch sensibilisierte T-Lymphozyten handelt, die in Antigen-exponiertes Gewebe, wie z.B. das Euter, „homen“.

Daraus lässt sich schließen, dass die luminale Seite der Zitzenzisterne und der Fürstenberg’schen Rosette als Gebiet des Erregerkontaktes in Frage kommt. Weiterhin kann eine Makrophagen-spezifische Beeinflussung der T-Zell-Proliferation stattfinden. So zeigten Mitogen-aktivierte T-Zellen in Anwesenheit von M2 Makrophagen eine signifikant reduzierte, proliferative und sekretorische Zellantwort (SCHEBESCH et al. 1997). Wie in Abschnitt 4.2 beschrieben, waren in der bovinen Zitze M2 Makrophagen zu finden und könnten mittels ihrer sezernierten Mediatoren auch die dort anwesenden Lymphozyten beeinflussen. Mastzellen waren in der Nähe von Lymphozytaggregaten lokalisiert. Sie stellen weiterhin durch ihre LTB4-Sekretion chemoattraktive Signale zur Rekrutierung von CD8+T-Zellen bereit (OTT et al. 2003). Zur genaueren Identifikation dieser wichtigen Zellpopulation in der Zitze würden sich CD4-/CD8- spezifische Lymphozyten-Antikörper anbieten.

Gruppe K2 zeigte eine homogene Verteilung von Lymphozyten in der Fürstenberg’schen Rosette und in der Zitzenzisterne. Hier findet sich eine Parallele zur betrachteten Makrophagenpopulation der Gruppe K2, die auch keine spezifische Verteilung in den beiden betrachteten Lokalisationen zeigte. Eventuell ist bei adulten, pluriparen Tieren der distale Abschnitt der Zitze als einheitliche Struktur mit einer eher konstanten Verteilung an Zellen zu sehen, wohingegen sich in jungen, uniparen Tieren die Zellpopulationen in verschiedenen Phasen der Entwicklung des Euters „ausrichten“.

In den hier betrachteten Tiergruppen waren Plasmazellen einheitlich gut charakterisierbar und stellten keine morphologisch heterogene Population, wie etwa bei den Makrophagen beschrieben, dar. Die Anwesenheit von Plasmazellen beschränkte sich auf das subepitheliale und perivaskuläre Gewebe, es wurden keine Plasmazellen zwischen Epithelzellen gefunden.

Die Tiere des Primingversuchs zeigten die größte Häufigkeit subepithelialer Plasmazellen in der Fürstenberg’schen Rosette (Tab. 12). In einigen betrachteten Tiergruppen fand sich eine große Anzahl jener Zellen (Tab. 12), wobei z.B. in Gruppe K1 mehr Plasmazellen im subepithelialen Gewebe zu finden waren, als im perivaskulären Gewebe. Adulte, laktierende, eutergesunde Rinder wiesen den geringsten Anteil an Plasmazellen auf. Plasmazellen wurden außerdem in der Nähe zu Makrophagen aufgefunden. Die relative Häufigkeit bei den Tieren des LPS-Primingversuchs lagen über denen der Gruppe K2.

In Zitzen von infizierten und nicht-infizierten Vierteln waren Plasmazellen als vorherrschende Zellpopulation zu finden. Auch in Erwiderung auf die intrazisternale Applikation von IL-2 hin wurden verstärkt Plasmazellen in die Zitze rekrutiert. Dieser Rekrutierung wurden protektive Effekte zugeschrieben (NICKERSON u. PANKEY 1983; NICKERSON et al.

1989). Weiterhin waren Plasmazellen in der Zitze als heterogene Zellpopulation vorhanden, bedingt durch die Synthese verschiedener Antikörper-Isotypen und anhand morphologischer Unterschiede (NICKERSON 1988).

Wie schon unter 2.2 erwähnt, verläuft die Infiltration von Zellen von proximal nach distal, sprich, von der Zitzenzisterne in Richtung Fürstenberg’sche Rosette. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, dass die Tiere des Primingversuchs die größte Anzahl subepithelialer Plasmazellen in der Fürstenberg’schen Rosette zeigten (Tab. 12). Möglicherweise zeigt dieses die Endphase der Migration dieser Zellen. Dagegen spricht jedoch die zunehmende Anzahl

von Plasmazellen in der Zitzenzisterne mit zunehmener Versuchsausdehnung der Priminggruppen sowohl im perivaskulären, als auch im subepithelialen Gewebe. Nicht zu vergessen ist auch die Mikroumgebung der Plasmazellen. So zeigt z.B. Abb. 12 Makrophagen in dichter Assoziation zu Plasmazellen. Denkbar wäre ein chemotaktischer Einfluss der Makrophagen auf jene Plasmazellen. Bei alledem erscheint jedoch wichtig, das Hauptaugenmerk auf die prominente Präsenz dieser Zellen im subepithelialen Gewebe und damit auf die Nähe zum Antigenkontakt zu legen, stellen Plasmazellen doch aufgrund ihrer Immunglobulinsynthese eine hocheffektive und kompetente Immunzelle dar. Es muss jedoch auch erwähnt werden, dass über die hier in situ nachgewiesenen Plasmazellen keinerlei funktionelle Aussage getroffen werden kann. Ob die hier lokalisierten Plasmazellen in der Lage wären, z.B. nach Kontakt mit E. coli-Bakterien spezifische, neutralisierende Antikörper zu sezernieren, kann nur spekuliert werden.

In der Literatur finden sich weiterhin Hinweise, dass Plasmazellen auch direkt zwischen Epithelzellen der Zitzenzisterne lokalisiert sein können (NICKERSON u. PANKEY 1983), welches weiterhin deren Bedeutung im distalen Abschnitt der Zitze unterstreicht. In den hier

In der Literatur finden sich weiterhin Hinweise, dass Plasmazellen auch direkt zwischen Epithelzellen der Zitzenzisterne lokalisiert sein können (NICKERSON u. PANKEY 1983), welches weiterhin deren Bedeutung im distalen Abschnitt der Zitze unterstreicht. In den hier