• Keine Ergebnisse gefunden

5. Untersuchungen am System HN 3 -Si(111)

5.1. XPS-Messungen am System HN 3 -Si(111)

5.1.2. Zur Präparation des Adsorbats HN 3 -Si(111) unter XPS-Kontrolle

Vorversuche zeigten, daß HN3 durch Elektronenbeschuß (SPA-LEED, siehe Kap. 4.3.) und Beschuß durch Röntgenphotonen (XPS-Messung am System HN3-NaCl(100)) zersetzt wird.

Um den destruktiven Einfluß der XPS-Messung am System HN3-Si(111) zu verringern, wird das Adsorbat nicht im ML-Bereich erzeugt, sondern indem zuerst bei T ≈ 85 K ein HN3 -Festkörper an der Si(111)-OF aufgebracht und dann durch Sublimation des 3D-Kondensats das Adsorbat bei 120 K präpariert wird. Das Abdampfen der Multischichten geschieht auf zwei Arten:

i) bei Kondensation weniger Schichten oberhalb der "Monolagenbedeckung" werden diese sublimiert, indem das System langsam auf 120 K erwärmt wird;

ii) durch Tasten der Flashbox (etwa 1 s, siehe Kap. 2.5.) wird der Si-Kristall kurzzeitig auf T ≥ 120 K erhitzt, so daß der zuvor aufgebracht HN3-Festkörper verdampft und lediglich das Adsorbat zurückbleibt.

K.E. [eV]

845 850 855 860 865 1150

1155 1160 1165

Intensität [cps]

0 1000 2000 3000

Si (2p) N (1s)

Abb. 5.1.2: XP-Spektren eines nach Dosierung von 101 L an der gesäuberten Si(111)-Fläche erhaltenen HN3-Festkörpers bei 85 K im Bereich von Si(2p) und N(1s).

Abb. 5.1.2 zeigt XP-Spektren nach Kondensation von HN3-Multischichten an der zuvor thermisch gereinigten und auf 85 K eingekühlten Si(111)-OF. Im Vergleich zur Abb. 5.1.1 weist der Si(2p)-Peak eine deutlich geringere Intensität auf als die unbelegte OF; das N(1s)-Spektrum stimmt gut mit demjenigen eines reinen HN3-Festkörpers überein [101], das bereits in Kap. 3.1. diskutiert worden ist. Die N(1s)-Signale der HN3-Multischichten liegen bei 853,4 und 849,6 eV (korrigierte Werte) mit HWB von 2,4 bzw. 2,1 eV. Der Peak bei niedrigerer kinetischer Energie (K.E.) stammt vom zentralen Nβ des HN3-Moleküls, während der breitere

5.1. XPS-Messungen am System HN3-Si(111) 175 Peak auf die Kombination der beiden endständigen N-Atome zurückgeführt werden kann.

Dieses Signal kann in zwei Peaks gleicher Intensität und HWB (2,1 eV) mit einem Energieunterschied von 1,1 eV entfaltet werden (854,0 und 852,9 eV). Entsprechend einer Rechnung zur Elektronendichteverteilung im HN3-Molekül [101] können die entfalteten Peaks dem Nα bzw. dem Nγ zugeordnet werden. Nach der HN3-Dosierung ist nur eine sehr geringe Kontamination der Probe durch C und O zu detektieren, was auf die Anlagerung von CO2 zurückgeführt werden kann, welches das HN3-Gas im Vorratsbehälter leicht verunreinigte (< 1 %).

Eine quantitative Abschätzung der Belegung der Si(111)-OF mit HN3 kann über die in [76]

veröffentlichten Formeln erfolgen. Dabei wird die mittlere freie Weglänge inelastisch gestreuter Elektronen λm benötigt, die für Elemente

( )

λm[ML]=538/E2kin +0 41, ⋅ ⋅a Ekin 1 2/ (5.1-1) und für anorganische Verbindungen

( )

λm[ML]=2170/Ekin2 +0 72, ⋅ ⋅a Ekin 1 2/ (5.1-2) beträgt, wobei a die Dicke einer Monolage ist, welche man nach

a M

n NL

3 =

⋅ ⋅

ρ (5.1-3)

berechnen kann (M ist das atomare bzw. Molekulargewicht, ρ die Dichte des kondensierten Feststoffes, NL die Avogadrokonstante und n die Zahl der Atome in der anorganische Verbindung). Man erhält für Si λSim =7 3, ML und für HN3 λHNm3 =10 5, ML, wobei der für Si bestimmte Wert gut mit den in der Literatur veröffentlichten Werten für λm übereinstimmt [83]; so sind dort für K.E. von 1100 und 1200 eV Werte für λm von 26,3 bzw. 28,2 Å aufgeführt.

Bei der Adsorption mehrerer Monolagen m läßt sich die Intensität eines Substratpeaks für λ >> a nach

berechnen, wobei θ den Winkel des XPS-Analysators zur Normalen der Probenoberfläche darstellt. Man erhält somit aus den in Abbn. 5.1.1 und 5.1.2 gezeigten Si(2p)-Spektren die Anzahl der HN3-Schichten an Si(111) in "Monolagen" zu

mHN3[ML]= −ln(ISi /ISi)⋅λ(ESi) cosθ=4 0 1 0, ± , .

5. Untersuchungen am System HN3-Si(111) 176

Dieser Wert stimmt gut mit demjenigen überein, welcher sich aus dem Vergleich der integralen Intensität des N(1s)-Peaks des in Abb. 5.1.2 gezeigten HN3-Festkörpers mit derjenigen bei "Adsorbatbedeckung" (s.u.) ermitteln läßt (etwa 5 Schichten). Die Multi-schichten können nun durch kurzzeitiges Tasten der Flashbox (ca. 1 s), wobei sich der Si-Kristall auf T > 120 K erwärmt, verdampft werden; man erhält nur geringfügig in der Spektrengestalt von den Multischichten abweichende N(1s)-Spektren (s.u.), die eine integrale Intensität von etwa 1400 cpseV aufweisen.

Die zweite Methode der Adsorbatpräparation sei mittels der Abbn. 5.1.3 bis 5.1.5 erläutert. In Abb. 5.1.3 ist das Aufwachsen von HN3-Multischichten bei 85 K anhand des N(1s)-Peaks dargestellt; die Zunahme der integralen Intensität dieses Signals in Abhängigkeit der Dosierung ist in Abb. 5.1.4 gezeigt. Es ist ein langsamer, eher linearer Anstieg der Intensität von N(1s) bis etwa 55 L auf ca. 1500 cpseV zu erkennen. Ein deutlicher Belegungsanstieg nach Dosierung von etwa 66 L kann mit beginnendem Festkörperwachstum erklärt werden.

K.E. [eV]

845 850

855 860

865

Intensität [cps]

400 cps

Dosierung [L]

1.8 6.3 12.6 38.7

29.7

20.7 50.4 66.0

Abb. 5.1.3: XPS von N(1s) während des Aufwachsens von HN3-Multischichten bei 85 K.

Auf diese Weise bei 85 K präparierte Multischichten wurden im folgenden langsam auf 133 K erwärmt; die mit der Erwärmung erfolgende Änderung der N(1s)-Spektren sind in Abb. 5.1.5 dargestellt. Eine geringfügige Abnahme der integralen Intensität unterhalb von 110 K kann

5.1. XPS-Messungen am System HN3-Si(111) 177 auf den destruktiven Einfluß der Meßmethode zurückgeführt werden; so führt die Bestrahlung des Systems mit Röntgenquanten in gewissem Maße zum Zerfall oder auch zur Desorption von HN3-Molekülen. Eine deutliche Intensitätsabnahme ist beim Anstieg der Temperatur auf 125 K zu beobachten, einhergehend mit einem Druckanstieg im Rezipienten um eine Größenordnung in den mittleren 10-8 mbar-Bereich. Diese Beobachtung steht völlig in Einklang mit der unter IR-Kontrolle festgestellten, einsetzenden Multischichtensublimation bei Erwärmen des Systems HN3-NaCl(100) oberhalb von 118 K [21,22]. Bis zu einer Temperatur von 133 K sind keine signifikanten Intensitätsänderungen mehr zu beobachten;

die integrale Intensität hat sich auf etwa 1400 cpseV verringert. In Anbetracht der in Kap. 4.1.

vorgestellten Ergebnisse und der in [29] veröffentlichten Resultate wird angenommen, daß es sich bei dem bei 133 K spektroskopierten System um ein Adsorbat, möglicherweise um eine Monolage HN3-Si(111) handelt 8.

Dosierung [L]

0 10 20 30 40 50 60 70

int. Intensität [cpseV]

0 500 1000 1500 2000

2500 Peak (N

α+Nγ) Peak (Nβ) Peak (Nα+Nβ+Nγ)

Abb. 5.1.4: Integrale Intensität von N(1s) in Abhängigkeit der HN3-Dosierung bei 85 K.

Gegenüber den Peakpositionen der Multischichten haben sich beim Adsorbat die Peaklagen geringfügig um etwa 0,4 eV nach höheren K.E. verschoben, wobei die Aufspaltung der Peaklagen erhalten geblieben ist; die HWB der Signale hat allerdings etwas zugenommen und beträgt nun 3,0 bzw. 2,3 eV; ferner ist auf Seiten höherer K.E. eine leichte Asymmetrie zu beobachten, was auf die Ausbildung einer Schulter bei 856,1 eV (korr.) zurückzuführen ist.

Diese kleine Schulter kann mit Spuren von atomaren Stickstoff oder NH-Spezies an der

8 Das in Abb. 5.1.5 bei 133 K aufgeführte N(1s)-Spektrum weist etwa ein Fünftel der integralen Intensität des in Abb. 5.1.2 gezeigten Spektrums des HN3-Festkörpers auf.

5. Untersuchungen am System HN3-Si(111) 178

Oberfläche erklärt werden, wobei letztere als Produkt dissoziativer Chemisorption von HN3 wahscheinlicher erscheint.

K.E. [eV]

845 850

855 860

865

Intensität

400 cps

T [K]

85 100 108 113 118 125 133

Abb. 5.1.5: XPS von N(1s) während des Erwärmens von HN3-Multischichten (nach Dosierung von 66 L bei 85 K).