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Zur Hamburger Weiterbildungspolitik

Die Weiterbildungspolitik im Bundesland Hamburg ging immer schon eigene Wege.

Wissenschaft, Bildung und Kultur hatten selten Priorität. Im Zweifel liegt sie bei der Förderung von Handel und Gewerbe, wie die aktuellen Diskussionen in der Stadt über die Schwerpunkte der Haushaltseinsparungen zeigen. Im Bereich Weiterbildung fügt sich eine solche Prioritätensetzung insofern ein, als der Schwerpunkt in diesem Bildungsbereich in Hamburg immer schon in der beruflichen Weiterbildung lag und diese zudem weithin kommerziell betrieben wurde. Die öffentliche Verantwortung für den Weiterbildungsbereich ist deshalb weder in der Verfassung verankert, noch wird die tatsächlich vorhandene und nicht unbeträchtliche öffentliche Förderung über ein Gesetz zur verpflichtenden Aufgabe gemacht. „In Hamburg hat sich daher eine einerseits stark an kommerzielle Grundsätze, andererseits an finanzstarke Verbände oder Träger angelehnte Anbieterstruktur entwickelt“ (Weiterbildung in Hamburg 1988, S. 9) (1). Diese Anbieterstruktur bestimmt auch Grundsätze und Ziele der aktuellen Weiterbildungspolitik.

Dies galt für die Vergangenheit und gilt ebenso für Gegenwart und offenbar auch Zukunft. Die in den Bundesländern sonst übliche Schwerpunktsetzung bei der allgemeinen und politischen Bildung, die sich aus der Kompetenzverteilung für den Bildungsbereich in der Verfassung ableitet, ist hier zu vermissen. Die nüchterne Orientierung der Bildung an Nützlichkeitserwägungen, der unbefangene Umgang mit ökonomisch ausgerichteten Lebenszielen bestimmen auch die Leitvorstellungen der Bildungspolitik. Bildung ist vorrangig Qualifikation, für Bildung sind primär jene verantwortlich, die den Nutzen von ihr haben, mit Bildung Geld zu verdienen, ist nicht ehrenrührig, genauso wenig wie die Erwartung geldwerten Vorteils, den man auch aus Bildung ziehen kann (vgl. Ehmann 1988, S. 22) (2). Die Orientierung an Humanitätsidealen klassischer Bildungsvorstellungen hat bestenfalls Bedeutung für die nachberufliche Lebensphase. „Weiterbildung für Ältere darf aber nicht vorrangig am Nützlichkeits- und Leistungsdenken orientiert sein“ (Weiterbildung in Hamburg 1988, S. 21), wie dies sonst offenbar sehr wohl angebracht zu sein scheint.

Die Vorrangigkeit von Nützlichkeits- und Leistungsdenken zeigt sich in der Dominanz beruflicher Weiterbildung, die zudem überwiegend von kommerziell tätigen Institutio-nen betrieben wird. 67 % der Veranstaltungen in der beruflichen Weiterbildung wurden 1985/86 von kommerziellen Einrichtungen durchgeführt, 24 % von staatli-chen und 9 % von gemeinnützigen Einrichtungen. Noch deutlicher zeigt sich dieser Vorrang der beruflichen Weiterbildung in der Zahl der Kursstunden. Auf die berufliche Weiterbildung entfallen 78 %, auf die allgemeine 19 % und auf die politische Bildung 3 %. Welche Bedeutung die Stadt der beruflichen Qualifizierung beimißt, zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, daß ihre eigenen Einrichtungen 24 % Anteil der Veranstaltungen an diesem Bildungsbereich haben.

Die Struktur der Weiterbildung in Hamburg ist infolge der historisch bedingten Dominanz der beruflichen Bildung und deren konsequenter Weiterführung wesentlich bestimmt durch Prinzipien dieses Bildungsbereichs:

– Als Förderungsprinzip wird die projektbezogene Förderung, die vor allem für die Förderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz kennzeichnend ist, verallgemeinert und auf andere Bildungsbereiche, v.a. die politische Bildung übertragen (vgl.

Weiterbildung in Hamburg, S. 7).

– Die staatliche Förderung zielt demgemäß nicht auf den Ausbau des institutionellen Systems, sondern auf die Bereitstellung eines angemessenen Angebotes, wobei die Einrichtungen selber und ihre Träger irrelevant werden. Die Notwendigkeit eines eigenständigen „quartären Bildungsbereiches“ wird ausdrücklich für „obso-let“ erklärt (a.a.O., S. 10).

– Die Struktur der Weiterbildung in Hamburg wird im Ergebnis durch drei Elemente bestimmt: das freie, von Teilnehmern zu finanzierende Angebot, das staatlich geförderte Angebot beliebiger Anbieter und das als subsidiär bezeichnete (vgl.

a.a.O., S. 14) Angebot staatlicher Einrichtungen. Es wird dann für notwendig erklärt, „wenn sich beispielsweise herausstellt, daß durch eine marktwirtschaftli-che Orientierung des Weiterbildungsangebots bestimmte Personengruppen von Teilnahmemöglichkeiten ausgeschlossen oder bestimmte Angebote nicht ge-macht wurden“ (a.a.O).

So weit die Darstellung des Selbstkonzeptes. Daß hier Brüche und Widersprüche erkennbar werden, läßt sich v.a. aus der Stellung der Volkshochschule als

„umfassende(r) Anbieter von Weiterbildung“ (a.a.O.) erkennen. Denn sie ist die einzige Institution, die unspezialisiert alle Bildungsbereiche und dies flächendeckend anbietet. Von Subsidiarität kann hier keine Rede sein, weil es um Bildungsangebote geht, die nicht – anders etwa als Sprachen- oder EDV-Kurse – in dem Sinne marktfähig sind, daß sie von profitorientierten Anbietern wahrgenommen würden.

Nicht von Subsidiarität sollte also die Rede sein, sondern von der Notwendigkeit staatlichen Gegensteuerns.

Die herausragende Stellung der Volkshochschule in den nicht-beruflichen Bereichen der Weiterbildung verweist auf eine zweite weiterbildungspolitische Traditionslinie:

die Abwehr von Institutionen-Pluralität, wie sie durch die üblichen Landesgesetze ausdrücklich gewollt und aufgebaut wurde. Die Hamburger Kritik an den Landesge-setzen ist offenkundig nicht nur in den erkennbaren Finanzierungsschwierigkeiten begründet, auch wenn die Abwesenheit eines Gesetzes „die Stadt in die Lage versetzt, ihre wenigen eigenen Weiterbildungseinrichtungen auch tatsächlich ange-messen auszustatten“ (Ehmann 1991, S. 24). Sie sichert vielmehr die Stellung der Volkshochschule als einer „Gesamtbildungseinrichtung für Erwachsene“ ab (Ehmann 1990, S. 36). Sie wird als die große demokratische Integrationsinstanz angesehen, die einerseits in ihren Veranstaltungen „das Miteinanderlernen“ unterschiedlicher sozialer, weltanschaulich und politisch orientierter Erwachsener herausfordert, ande-rerseits aber als Initiator der Kooperation „mit einem großen Kreis von Initiativen, Gruppen, Verbänden und Institutionen zusammenarbeitet“ (a.a.O.).

Ziel dieser Politik mit ihrer inhaltlichen Kritik an der Institutionenpluralität ist die Verhinderung einer staatlichen Weiterbildungsförderung, mit der man „sogar, z.B. in Nordrhein-Westfalen, jeder politischen und weltanschaulichen Sekte eine eigene Fortbildungseinrichtung (finanziert), damit deren Anhänger und Anhängerinnen bloß nicht die Bildungsangebote beispielsweise der Volkshochschule besuchen und dort ihr Denken und Verhalten mit dem Andersdenkender abzustimmen lernen müssen“

(a.a.O., S. 35). Die Volkshochschule als staatliche Einrichtung wird also als Ge-genbild zu den „Bevormundungsagenturen“ aufgefaßt, wie die Einrichtungen in der Trägerschaft von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften etc. bezeichnet werden (a.a.O.).

Was diese Position der Hamburger Weiterbildungspolitik mit „Staatsferne“ zu tun hat (vgl. Ehmann 1991, S. 24), bleibt dunkel. Und wie wenig konsequent dies z.B. in der politischen Bildung durchgehalten wird, zeigt die Tatsache, daß über das Prinzip der projektbezogenen Förderung des Bildungsurlaubs eben diese „Bevormundungs-agenturen“ beteiligt werden und andererseits eben diese z.T. – wie die parteinahen Einrichtungen – eine staatliche Sonderfinanzierung der politischen Bildung über die Landeszentrale für politische Bildung, verteilt nach festen Quoten gemäß der Par-teienrepräsentanz in der Bürgerschaft erfahren. Für diesen Bildungsbereich wird eine quasi-institutionelle Förderung praktiziert, die eine den Landesgesetzen vergleichba-re Abhängigkeit ähnlich wie übrigens in der beruflichen Weiterbildung durch die AFG-Förderung zur Folge hat – wie auch im Bericht „Weiterbildung in Hamburg“ mit Unbehagen festgestellt wird (Weiterbildung in Hamburg 1988, S. 15).

Anders allerdings als in den üblichen Landesgesetzen ist damit nicht das Recht zur freien Gestaltung der Bildungsarbeit verbunden. Vielmehr bietet die projektbezogene Förderung über die Anerkennungsregularien die Möglichkeit, „die Gewährung von staatlichen Zuschüssen an die Durchführung bestimmter, politisch gewollter Vorha-ben“ zu binden (a.a.O., S. 7). Den Staat oder seine noch so demokratisch gewählten Führungsgremien wie Senat und Bürgerschaft als solche Bevormundungsinstanz hervorzuheben, erweist sich angesichts historischer Erfahrungen wie aktueller Ent-wicklungen im Wählerverhalten als überaus problematisch. Denn die mögliche inhaltlich-thematische Einflußnahme der Politik auf die Praxis der politischen Bildung könnte als Instrument genutzt werden, eine kritische Auseinandersetzung mit eben dieser Politik zu verhindern.

Es ist deshalb bemerkenswert, daß die zugleich gescholtenen wie privilegierten Einrichtungen mit dem Schwerpunkt politische Bildung seit 1992 ein Landesgesetz

„zur Förderung der politischen Bildung in Hamburg“ fordern. Sie haben dafür einen Entwurf vorgelegt, der – abgesehen von der Beschränkung auf die politische Bildung – in seinen wesentlichen Regularien den sonst so heftig kritisierten Landesgesetzen zum Verwechseln ähnlich ist. Offensichtlich erweist sich selbst die de-facto-Förde-rung über die Projektfördede-facto-Förde-rung oder die Quotiede-facto-Förde-rungsmittel als zu unverbindlich, als daß die betroffenen Einrichtungen ihre Arbeit darauf verläßlich aufbauen könnten.

Und wer die aktuellen Sparmaßnahmen im Bereich der politischen Bildung auf

Bundesebene zur Kenntnis nimmt (vgl. Jansen 1994), kann diese Sorgen nur als realitätsgerechte Einschätzung werten. Die Vorstellung der Hamburger Weiterbil-dungspolitik, „die politische Bildung als einen eigenständigen Bereich zu fördern“ und dies aus dem „gesamtgesellschaftlichen Interesse“ heraus als „eine originäre Aufga-be des demokratischen Staates“ zu Aufga-bezeichnen (Weiterbildung in Hamburg 1988, S.

18), läßt – neben den skizzierten praktischen – auch die programmatischen Grenzen der projektbezogenen Förderung erkennen. Die Forderung einer gesetzlichen Rege-lung, die den für die Hamburger Weiterbildungspolitik bislang anstößigen Begriff der gesetzlich verbrieften „Gewährleistung“ ins Spiel bringt, hat also gute Argumente der Politik selbst für sich (vgl. Nuissl 1992, S. 7). Nicht zuletzt wird „die Unabhängigkeit der politischen Bildung“ zur Begründung für diese Forderung vorgetragen. Es ist von Interesse, ob und inwieweit sich in der Hamburger Weiterbildungspolitik eine Diskus-sion über eine gesetzlich verbindliche institutionelle Förderung nichtstaatlicher Ein-richtungen wenigstens in der politischen Bildung entwickeln wird.

Diese Frage wird sich noch einmal stellen, wenn es um die Einlösung der Maßnahmen zur Qualitätssicherung gehen wird. Die Qualitätssicherung in der Weiterbildung ist neben der projektbezogenen Förderung der nachhaltige Versuch, zumindest den qualitativen Erwartungen der Teilnehmer im Sinne des Verbraucherschutzes zu entsprechen. Denn bei der projektbezogenen Förderung ist nicht die Rechtsform oder die Trägerschaft der Einrichtungen wichtig und auch nicht, ob sie kommerziell oder gemeinnützig tätig sind, wichtig allein ist, „daß das Angebot gut und den Weiterzubil-denden nützlich ist“ (Ehmann 1988, S. 22). Deshalb soll „auch in Hamburg ein Verfahren zur Anerkennung von Weiterbildungseinrichtungen entwickelt werden, wobei ihre Anerkennung an bestimmte Qualitätskriterien gebunden werden soll“

(Weiterbildung in Hamburg 1988, S. 41). Ziel dieses Ansatzes ist es, die An-erkennung, an der Staat und Weiterbildungseinrichtungen beteiligt sind, als eine Art Gütesiegel für Einrichtungen zu vergeben, die sich definierten Gütekriterien unter-werfen und deren Einhaltung überprüfen lassen – und dies, ohne daß mit der Anerkennung ein Förderungsanspruch verbunden sein soll. Es handelt sich also um das Ziel, die Ausgaben zur Finanzierung niedrig zu halten und zugleich einen verbesserten Verbraucherschutz durch Qualitätssicherung zu erreichen (vgl. Ehmann 1993, S. 16).

Dieser Versuch wird in Hamburg umgesetzt. Im April 1993 hat der Senat der Stadt dafür grünes Licht gegeben. Der schon früher gegründete Verein „Weiterbildungsin-formation Hamburg e.V.“ hat sein Aufgabenspektrum um die Aufgaben Teilnehmer-schutz und Qualitätssicherung erweitert. Unter dem neuen Namen „Weiterbildung Hamburg e.V.“ werden die Aufgaben

– Prüfung der schriftlichen Unterlagen (z.B. Lernverträge, Dozentenqualifikation, finanzielle Situation),

– Prüfung der Lehrsituation vor Ort sowie Beratung bei Beseitigung der Mängel, – Behandlung von Teilnehmerbeschwerden

hervorgehoben. Basis für diese Prüfungen ist ein Katalog von Qualitätsstandards, der

vom Beirat des Vereins entwickelt worden ist und auf den sich alle im Verein

„Weiterbildung Hamburg e.V.“ vertretenen Einrichtungen geeinigt haben (abgedruckt in DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung IV/93, S. 35 f.). Dieser Katalog umfaßt 40 Kriterien zur personellen und sächlichen Ausstattung (1–8), zur Unterrichtsgestaltung (9–19), zur Transparenz des Angebotes (20–32) und besondere Kriterien zu ab-schlußbezogenen Maßnahmen (34–40). Die Mitglieder des Vereins erklären, „im Rahmen wirtschaftlicher Betriebsführung“ die aufgeführten „Qualitätsstandards für ihre Einrichtungen und Veranstaltungen anzustreben“ (vgl. a.a.O., S. 35).

Die Gründung des Vereins „Weiterbildung Hamburg e.V.“, dem bereits wichtige Einrichtungen und Träger beigetreten sind, und die Akzeptanz der Qualitätsstan-dards können als großer Erfolg auf dem Wege einer ebenso praxisnahen wie flächendekkenden Qualitätssicherung in Gestalt staatlich angeregter und begleiteter Selbstkontrolle gewertet werden. Der besondere Vorzug dieses Ansatzes ist, daß in der Tat Einrichtungen aller Bildungsbereiche und aller Trägerschaften, Organisations-und Finanzierungsformen prinzipiell in dieses Projekt einbezogen bzw. zur Mitarbeit aufgerufen sind. Damit ist ein Weg gewiesen – anders als in den Landesgesetzen, durch die nur die staatlichen und staatlich geförderten Einrichtungen erfaßt werden –, auch die kommerziellen Einrichtungen, die sich sonst jeder Überprüfung entziehen können, einzubeziehen. Zugleich werden Einrichtungen aller Bildungsbereiche der Kontrolle durch dieselben Prüfkriterien unterworfen und so veranlaßt, die überfällige Segmentierung der Bildungsbereiche aufzubrechen. Es besteht die Chance, auf diese Weise einen Qualitätsschub zu erreichen, der bislang unrealisierbar schien. Es wird alles davon abhängen, ob sich die großen, leistungs- und finanzstarken Einrich-tungen selbst den erarbeiteten Qualitätsstandards nachweislich unterwerfen. Nur dann wird der Druck für alle so groß werden, daß sie ohne das „Gütesiegel“ des Vereins nicht länger reüssieren können. Der Weg zu diesem Ziel wird lang und mühselig sein. Die Verpflichtung der Vereinsmitglieder läßt ahnen, daß sie wissen, worauf sie sich einlassen. Was heißt, die Qualitätsstandards „im Rahmen wirtschaft-licher Betriebsführung … anzustreben“? Viel zurückhaltender kann eine Selbstver-pflichtung nicht ausgesprochen werden. Gleichwohl kommt ein Prozeß in Gang, der zumindest ein Qualitätsbewußtsein schafft, und dies selbst dann, wenn es nur das Ausmaß der Qualifizierungsbedürftigkeit der eigenen Arbeit bewußt macht.

Der Hinweis in der Selbstverpflichtung der Vereinsmitglieder auf die Einschränkung

„im Rahmen wirtschaftlicher Betriebsführung“ macht auf die Achillesferse dieses Ansatzes aufmerksam. Die Qualitätsstandards sind nicht kostenneutral einzulösen.

Weder die qualitätsangemessene Ausstattung mit Räumen und Lehr–/Lernmaterial noch die Anforderungen an die Unterrichtsplanung und -gestaltung noch die gefor-derte Betreuung und Beratung während der Durchführung sind heute selbstverständ-lich. Allein der sächliche Investitions- und der personelle Qualifizierungsbedarf für die wenigen hauptberuflichen und die vielen neben-, teil- oder freiberuflichen Mitarbeiter sind ohne zusätzliche Einnahmen zu gewährleisten. Die Schere zwischen Qualitäts-anspruch und Qualitätsrealität wird sich zwangsläufig noch weiter öffnen, als dies

heute schon der Fall ist. Ganz zu schweigen von der kostentreibenden Konkurrenz der finanzstarken und ambitionierten Einrichtungen um die qualifizierten Mitarbeiter – vor allem der neben-, teil-, freiberuflichen Mitarbeiter.

Die hier vorgetragenen Argumente richten sich nicht gegen die erarbeiteten Qualitäts-standards. Sie richten sich gegen die einfache politische Strategie „weniger öffentli-che Ausgaben, aber verbesserter Verbrauöffentli-cherschutz“ (Ehmann 1993, S. 16). Hier wird übersehen, daß zentrale Voraussetzungen in investiver, personeller und inhalt-licher Hinsicht nur durch rasante Erhöhungen der Teilnahmeentgelte oder durch ebenso rasante Erhöhung öffentlicher Förderungsmittel geschaffen werden könnten.

Es sollte 1993 bereits erkennbar gewesen sein, daß beide Möglichkeiten zur Schaffung der impliziten Voraussetzungen zur Einlösung der hochgesteckten Ziele nur in sehr bescheidener Weise vorhanden sind. Nicht umsonst werden die Qualität-sansprüche der Arbeitsverwaltung gesenkt, nicht umsonst werden die Personalstel-len auf das absolut notwendige Mindestmaß und darüber hinaus reduziert, nicht umsonst werden die Honorare für die nebenberuflichen Mitarbeiter gekürzt, nicht umsonst werden die Fortbildungskosten für beide Mitarbeitergruppen häufig diesen selber auferlegt, so daß viele Fortbildungsangebote mangels Teilnahme nicht durch-geführt werden können.

Der Kreis schließt sich. Will man also die Qualitätssicherung durchsetzen und Weiterbildung nicht zum Privileg der Wohlhabenden verkommen lassen, bleibt nur die Erhöhung öffentlicher Förderungsmittel. Will man die für die Qualitätssicherung erforderlichen Investitionen provozieren, bedarf es längerfristiger Planungssicher-heit. Deshalb bedürfen die Einrichtungen einer institutionellen Grundförderung, die ihrerseits eine gesetzliche Absicherung verlangt. Diese Argumentation gilt vor allem für jene Bereiche der Weiterbildung, die keinen geldwerten Vorteil für die Eigenlei-stungen der Teilnehmer bieten. Allgemeine, kulturelle und politische Bildung – so hoch sie verbal auch in Hamburger Sicht bewertet werden mögen – drohen in der Konkurrenz mit der beruflichen Bildung ohne Verstärkung der öffentlichen Mittel und gesetzliche Förderungsverpflichtung des Staates ins Abseits gedrängt zu werden.

Denn zumindest diese Bildung ist kein marktfähiges Gut. Der „Marktbiotop“ Ham-burger Weiterbildung (Ehmann 1991) könnte sich rascher und gründlicher, als es selbst seinem Verfechter zu wünschen wäre, als Sackgasse erweisen.

Anmerkungen

(1) Wer sich einen Überblick über die Entwicklung der Weiterbildung in Hamburg und über Motive und Ziele der Weiterbildungspolitik verschaffen möchte, sei auf diese Publikation des Amtes für Berufs- und Weiterbildung verwiesen. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Bericht habe ich 1988 vorgelegt (vgl. Strunk 1988).

(2) Daß nachfolgend so gut wie ausschließlich Arbeiten von Christoph Ehmann, dem Leiter des Amtes für Berufs- und Weiterbildung, zitiert werden, ist darin begründet, daß die Hamburger Weiterbildungspolitik weithin mit „einer Stimme“ spricht.

Literatur

Ehmann, Christoph, SPD-Programm gegen den Sündenfall. Das SPD-Programm „Weiterbil-dung für eine menschliche Zukunft“ – ein Kompromiß zwischen Bürgerrecht und Volkswirt-schaft, in: Weiterbildung 4, 1988, S. 20–23

Ders., Entzauberung der Volkshochschule – Thesen zur notwendigen Modernisierung der Weiterbildung, in: Volkshochschule VI, 1990, S. 35–38

Ders., Marktbiotop Hamburg. Zur Tradition der Erwachsenenbildung in Hamburg, in : PädExtra 12, 1991, S. 23–25

Ders., Mehr Qualität für weniger Geld? Über Hintergründe und Konsequenzen einer ernsthaften Forderung nach Qualitätssicherung in der Weiterbildung, in: DIE. Zeitschrift für Erwachsenen-bildung IV, 1993, S. 16–19

Jansen, Lothar, Das Ende der Streicharie ist in 1994 offenbar noch nicht erreicht. Zur Finanzierungssituation der außerschulischen politischen Bildung, in: Zweiwochendienst.

Bildung, Wissenschaft, Kulturpolitik 1/2, 1994, S. 17–18

Nuissl, Ekkehard, Die hohe Schule politischer Bildung, in: Arbeit und Leben Hamburg (Hrsg.):

Raus aus dem Alltag. Hamburg 1992

Strunk, Gerhard, Erwachsenenbildung zwischen staatlicher Bevormundung und freiem Markt.

Analyse und Kritik des Berichtes „Weiterbildung in Hamburg. Daten und Perspektiven“ vom 31.5.1988, in: Von der Aufklärung zur Qualifizierung. Studien zu ,neuen‘ Ansätzen sozialde-mokratischer Weiterbildungspolitik, Hamburg 1988

Weiterbildung in Hamburg. Daten und Perspektiven. Hrsg: Amt für Berufs- und Weiterbildung in der Behörde für Schule und Berufsbildung, Hamburg 1988

Hans-Martin Schreiber/Eberhard Scheler