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Weiterbildungspolitik in Berlin

Die Westberliner Volkshochschulen als Einrichtungen der nicht rechtsfähigen Bezir-ke haben seit vielen Jahren entscheidende Ausstattungsnachteile gegenüber ver-gleichbaren großstädtischen Volkshochschulen beklagt. Vor allem in bezug auf Personal, Räume, Finanzen bestanden deutliche Defizite. So betreute beispielswei-se 1989 in Westberlin 1 hauptberuflicher pädagogischer Mitarbeiter (HPM) durch-schnittlich 9.200 UE (Unterrichtseinheiten) im Jahr, während der Bundesdurchschnitt nach statistischen Angaben des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) bei ca. 6.000 UE lag und das KGSt-Gutachten sogar nur von 2.400 UE ausgeht. Auch der Versorgungsgrad (Weiterbildungsdichte) war in Berlin mit 140 deutlich niedriger als z.B. in München (209) oder Frankfurt/M. (281). Eine vergleichende Analyse über die Volkshochschule Hamburg (Hamburg ist Bezugsgröße für den Ausstattungsstandard im öffentlichen Bereich) (1) bestätigte den Berliner Nachholbedarf. Anfang 1990 wurde in der Senatsschulverwaltung eine Strukturkommission eingesetzt, die eine

„Strukturentwicklungsplanung Volkshochschule“ (STEP) (2) erarbeiten sollte, um die Westberliner Volkshochschulen in einem Stufenplan analog zu anderen großstäd-tischen Volkshochschulen zu modernen Kristallisationspunkten der Weiterbildung auszubauen.

Vorstellungen von einer verbesserten Ausstattung mit pädagogischem Personal (auch hauptberuflichen Weiterbildungslehrern), einer durchgestuften Laufbahn, sozi-aler Absicherung der KursleiterInnen, besserer Ausstattung mit Verwaltungsper-sonal, von VHS-Häusern in allen Bezirken, einer Erweiterung der Internatskapazitäten in der Heimvolkshochschule, einem neuen, materiell deutlich ausgeweiteten Hono-rarzumessungsmodell und einer Verbesserung des Versorgungsgrades wurden mit großer Sachkunde und erheblichem Enthusiasmus erarbeitet und in einen Sechs-Jahres-Plan (1991 bis 1996) gegossen.

Doch die Westberliner Planungsidylle hielt nicht lange an. Bereits im Sommer 1990 erwies es sich als zwingend, im Zeichen der Vereinigung beider Stadthälften auch die Ostberliner Volkshochschulen in die Überlegungen einzubeziehen, ja dort den Schwerpunkt aller strukturellen Veränderungen zu setzen. Die Kommission wurde durch Ostberliner Kollegen erweitert. Zunächst einmal mußte ermittelt werden, wie Ostberliner Volkshochschulen eigentlich gestaltet waren, unterschieden sie sich doch erheblich von den Volkshochschulen westlicher Prägung, freien, offenen Bildungseinrichtungen mit breiter Programmpalette und vorwiegend „freischaffen-dem“ Lehrpersonal. In Ostberlin (und wohl auch in den anderen neuen Bun-desländern) waren die Volkshochschulen im eigentlichen Sinne Schulen für Erwach-sene mit den Schwerpunkten Zweiter Bildungsweg, Berufsbildung und ggf. Spra-chen, von hauptberuflichen Lehrerinnen und Lehrern getragen. Die Volkshochschu-len besaßen im Gegensatz zu den Westberliner Verhältnissen in der Regel eigene

Gebäude, wenngleich in baulich schlechtem Zustand, sie verfügten aber nur über eine völlig unzureichende technische und finanzielle Ausstattung. Ebenso unzu-länglich war die Ausstattung mit Verwaltungspersonal.

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen der erweiterten Strukturkommission ist es trotz knappster Finanzmittel in den Jahren 1991 bis 1993 gelungen, die Ostberliner Volkshochschulen dicht an den Standard der Westberliner Einrichtungen heran-zuführen:

– Sämtliche rd. 200 Pädagogen(= Lehrer)-Stellen blieben den Volkshochschulen für den Zweiten Bildungsweg und das allgemeine Programm erhalten, ein für Kultur-und Bildungseinrichtungen der östlichen Stadthälfte (mit Ausnahme der Schulen) einmaliger Vorgang.

– Die Ausstattung mit Verwaltungspersonal wurde nach Westberliner Grundsätzen erweitert.

– Die VHS-Häuser konnten in aller Regel erhalten werden; die räumlich-technische Ausstattung wurde verbessert.

– Der Zweite Bildungsweg wurde zwar standortmäßig konzentriert, blieb aber – im Gegensatz zu einigen anderen neuen Bundesländern – als Aufgabe der Volks-hochschule erhalten und wurde bedarfsdeckend konzipiert.

– Die für die Ausstattung der Westberliner VHS mit Honorarmitteln geltenden Berechnungsprinzipien wurden in den wesentlichsten Teilen übertragen, ebenso die Entgelt- und Honorarordnung einschließlich der Leistungen für arbeitnehmer-ähnliche Personen.

– Der Senat stellte erhebliche Mittel für die Fortbildung von Multiplikatoren zur Verfügung, um ein modernes, offenes Bildungsangebot von entsprechend quali-fizierten HPM und KursleiterInnen aufbauen lassen zu können.

– Im Bezirk Hellersdorf – bislang ohne eigene Volkshochschule – wurde eine derartige Einrichtung gegründet, so daß nun jeder der 23 Berliner Bezirke eine eigene Volkshochschule hat.

– Jede Westberliner Volkshochschule unterstützte eine Ostberliner Partnervolks-hochschule in den Bereichen Programmgestaltung, Personalentwicklung, Fortbil-dung und Technik.

Unterstützung fand der Berliner Senat bei diesem Sanierungsprogramm durch den DVV, der durch zahlreiche Materialien bzw. Fortbildungsveranstaltungen wie auch durch konkrete technische Hilfe zum Aufbau der Ostberliner Volkshochschulen beitrug. Auch konnte Ostberlin in das Modellprojekt des BMBW „Unterstützung der Weiterbildung in ausgewählten Regionen der neuen Bundesländer“ einbezogen werden. Hierzu bedurfte es freilich einiger Überzeugungsarbeit, nur schwer zu vermitteln war, daß Berlin altes, aber auch neues Bundesland zugleich ist.

Durch all diese Maßnahmen ist das Weiterbildungsangebot in Ostberlin heute wesentlich breiter, differenzierter, offener geworden und braucht – wenngleich noch immer im Aufbau begriffen – den Vergleich mit Westberlin nicht mehr zu scheuen. Der

praktische Erfolg all dieser Maßnahmen drückt sich in einem 33prozentigen Bele-gungszuwachs aus, den die Ostberliner Volkshochschulen 1992 trotz Entgelterhö-hung und Annäherung an westliche Tarife erzielen konnten. Zwar bleibt noch viel zu tun, aber es wurde auch bereits viel erreicht in einer Zeit, in der allein schon die Verteidigung des Status quo einen erheblichen Gewinn bedeutet.

Parallel zu diesen Entwicklungen in den östlichen Bezirken faßte das Abgeordneten-haus am 27.6.1991 und am 4.12.1992 Beschlüsse zu Strukturverbesserungen, die auch die Westberliner Volkshochschulen einschlossen (3). Unter dem Eindruck der immer bedrohlicher werdenden Finanzlage der Stadt waren die Verbesserungsvor-schläge allerdings an Kostenneutralität durch Entgelterhöhung gebunden. In zwei Schritten, zum 1.9.1992 und zum 1.9.1993,

– wurden die Honorare nach 5jähriger Pause um jeweils 8 %, insgesamt also real um 16,64 % angehoben,

– wurde für die Westberliner Volkshochschulen je 1 zusätzliche HPM-Stelle ge-schaffen, womit sie alle eine Grundausstattung von 4 HPM pro Volkshochschule erhielten, ein Niveau, das die Ostberliner Volkshochschulen durch die Sicherung aller vorhandenen Stellen für VHS und ZBW bereits zuvor erreichen konnten, – wurde durch Senatsbeschluß vom 20.7.1993 eine Gleitklausel eingeführt, wonach

alle Berliner Honorare in jeweils dreijährigem Abstand der Entwicklung der Tarife des öffentlichen Dienstes folgen sollen.

Die geforderte Kostenneutralität wurde durch ebenfalls zweistufige Erhöhung des Regelentgelts pro Doppelstunde erreicht:

– zum 1.9.1992 von 3,60 DM auf 4,50 DM – zum 1.1.1994 von 4,50 DM auf 5,60 DM.

Durch die letzte Entgelterhöhung vom 1.1.1994 wird außerdem einer seit Jahren erhobenen nachdrücklichen Forderung des Finanzsenators Rechnung getragen, den Gesamtkostendeckungsgrad in Berlin zu erhöhen. Der Vergleich mit anderen Städten (durchschnittlicher Deckungsgrad rd. 28 % (4) – Berlin 19,3 %) sowie die Finanzlage der Stadt boten hier keine Alternative. 1994 dürfte sich der Gesamtko-stendeckungsgrad damit – gleiche Belegungsentwicklung vorausgesetzt – in Berlin in etwa 28 % annähern.

Weiterhin wurden in Berlin differenzierte Entgelte eingeführt. Danach sind für einige Kurse honorarkostendeckende Entgelte (z.Z. 7,00 DM pro Doppelstunde) zu erhe-ben. Es handelt sich um Kurse, die in anderen Ländern zum großen Teil keine Landesförderung erfahren (z.B. Erlernen des Spielens von Instrumenten, Koch-, Kosmetik-, Pannenkurse, Erwerb von Führerscheinen für diverse Fahrzeuge). Aus der Sicht des Senats war es unerläßlich, in einer finanziell so belasteten Zeit deutliche Förderungsschwerpunkte zu bezeichnen. Es muß möglich sein, bildungspolitisch wichtige Themen besonders kostengünstig anzubieten und dafür andere nicht in gleicher Weise staatlich zu subventionieren.

Unnötig festzustellen, daß die geschilderten Entgeltveränderungen in der Weiterbil-dungsszene der Stadt heftigste Diskussionen ausgelöst haben. Die differenzierten Entgelte wurden als Anfang vom Ende der Programmhoheit der Bezirke begriffen, die Verbesserung des Kostendeckungsgrades als unsoziales Unterfangen zum Aus-schluß benachteiligter Bevölkerungsgruppen vom VHS-Angebot abqualifiziert. Rich-tig ist zweifellos: 60 % Entgelterhöhung in 1 1/2 Jahren ist eine rasante Entwicklung, die sozial abgefedert werden muß, auch wenn das derzeitige Regelentgelt den bundesdeutschen Vergleich aushalten kann. Deshalb gibt es z.Z. Überlegungen, für sozial schwache Personen einen Weiterbildungspaß einzuführen. Richtig ist aber auch: In diesen schwierigen Zeiten vor dem Hintergrund dramatischer Sparzwänge die geschilderten Strukturverbesserungen, wenn auch in großen Teilen kosten-neutral, zu erreichen, anstatt die gesetzlich noch nicht abgesicherten Volkshoch-schulen als Sparpotential zu begreifen, muß als großer bildungspolitischer Erfolg gewertet werden. Wer den STEP von 1990 gründlich liest, wird feststellen, daß wichtige Forderungen durch die dargestellte Entwicklung bereits umgesetzt wurden.

Die Zahlen sprechen für sich. Fehlbedarfsfinanzierung 1991 bis 1994 (= Gesamtaus-gaben minus Gesamteinnahmen, ohne ZBW und Fremdmittel):

1991: 25,9 Mio. 1992: 35,5 Mio. 1993: 37,8 Mio. 1994: 36,5 Mio.

(die Zahlen enthalten die Tarifanpassungen in Ostberlin).

Die Berliner Volkshochschulen werden nicht umhinkommen, im Zeichen der ange-strebten Verwaltungsreform größere Eigenständigkeit, d.h. aber auch mehr Flexibili-tät und Kostenbewußtsein zu entwickeln. Vielleicht wird die ab 1995 vorgesehene Globalzuweisung an die Bezirke hierzu beitragen. Zu hoffen bleibt freilich, daß der neue Ansatz der dezentralen Ressourcenverantwortung nicht nur die Verwaltung des Mangels beinhaltet. Alle diese Veränderungen müssen allerdings unter dem Vorzei-chen stehen, daß der soziale und bildungspolitische Auftrag der Volkshochschule nicht in Frage gestellt wird und daß auch künftig qualifizierte Weiterbildung in dieser Stadt möglich bleibt und die erforderliche staatliche Förderung erfährt. Verhäng-nisvoll wäre es, wenn die Sparzwänge der 90er Jahre bewährte Bildungseinrichtungen in Frage stellen würden (so derzeit die Berliner Heimvolkshochschule Jagdschloß Glienicke) und gerade in Zeiten stärkster gesellschaftlicher Herausforderungen eine Weiterbildungswüste entstünde, die später nicht wieder zum Blühen gebracht werden könnte.

Um dies zu verhindern, wird derzeit in Berlin nochmals der Versuch unternommen, ein Weiterbildungsgesetz zu schaffen. Die Verabschiedung des Brandenburger Geset-zes – wenngleich materiell völlig unzureichend – könnte hierfür ein wichtiger Impuls sein. Klar ist, daß mehr als die Festschreibung der Weiterbildung als staatliche Pflichtaufgabe und die Absicherung des materiellen Status quo derzeit nicht zu erreichen sein dürfte. Doch auch dies wäre unter den gegebenen eisernen Sparzwän-gen schon ein Gewinn.

Ein solches Gesetz liegt auch im Interesse der privaten, staatlich geförderten Weiterbildungseinrichtungen, die deshalb an der Kommission zur Erarbeitung eines

Gesetzes beteiligt waren. Die freien Träger hatten nicht nur im Zeichen der Vereini-gung der Stadt in den Jahren 1990/91 mit teilweise drastischen BeleVereini-gungsrückgängen zu kämpfen, die inzwischen erfreulicherweise aufgefangen werden konnten. Sie geraten angesichts der dramatischen Berliner Haushaltssituation auch in größte finanzielle Probleme, da die Zuwendungen der Stadt regelmäßig gekürzt werden müssen. Es wäre höchst bedauerlich, wenn Einrichtungen wie die Lessing-Hoch-schule, das Goethe-Institut oder die europäische Akademie, die ihren Teil zur pluralen, farbigen Weiterbildungslandschaft der Stadt beitragen, ernsthaft in ihrer Existenz bedroht würden. Insofern sollte auch ihre Sicherung ein wesentliches Ziel des Weiterbildungsgesetzes sein.

Daneben ist freilich zu bedenken, ob nicht das Zuwendungsrecht einer Aktualisierung bedarf, so daß z.B. – was doch eigentlich marktbewußt wäre – Zuwendungsempfän-ger zuwendungsunschädlich höhere Einnahmen erzielen bzw. Rücklagen bilden dürften.

Ein Berliner Weiterbildungsgesetz wäre aber auch mit Blick auf die angestrebte Ländervereinigung Berlin-Brandenburg wünschenswert. Während Berlin einen dop-pelt so hohen Weiterbildungsversorgungsgrad hat wie Brandenburg, dessen Weiter-bildung sich ja noch im Aufbau befindet, hat es noch immer keine gesetzliche Absicherung dieses Bildungsbereichs als staatliche Pflichtaufgabe. Dagegen ist in Brandenburg das Recht auf Weiterbildung in die Verfassung aufgenommen und seit Anfang des Jahres 1994 auch gesetzlich geregelt. Hiervon könnte ein wichtiger Impuls auch für Berlin ausgehen.

Anmerkungen

(1) Volkshochschulen, Strukturvergleich Hamburg – Berlin, Senatsschulverwaltung (2) Problemanalyse und Strukturentwicklungsplanung für die Berliner Volkshochschulen,

Berlin 1990

(3) 11. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 27.6.1991 und 42. Sitzung vom 4.12.1992

(4) Gemeindefinanzbericht 1992 des Deutschen Städtetages (Karrenberg/Münstermann) (5) Die Zahlen für 1994 sind auf der Basis der bisherigen Belegungsentwicklung prognostiziert

Bernhard Dieckmann

Weiterbildungspolitik in Berlin

Es gibt bisher in Berlin – trotz zahlreicher Anläufe hierzu – kein „Weiterbildungsge-setz“. Die Berliner Weiterbildung ist bisher im Schulgesetz, im Bildungsurlaubsge-setz, im BerufsbildungsgeBildungsurlaubsge-setz, im Arbeitsförderungsgesetz und in zahlreichen Spe-zialgesetzen und -verordnungen geregelt.

Die Berliner Volkshochschulen sind nichtrechtsfähige Anstalten der Berliner Bezirke („Ämter“). Ihre Finanzierung beruht auf Entscheidungen über die Haushaltspläne der Bezirke, die im Berliner Landeshaushalt zusammenfaßt sind. Problematisch ist gegenwärtig die finanzielle Unsicherheit bei den Volkshochschulen. So werden z.B.

nur 16 % des Landeszuschusses derzeit für planmäßige Beamte ausgegeben, ein großer Anteil davon für Zwecke des Zweiten Bildungsweges. Viele der anderen in den Haushalten enthaltenen Beträge sind bei schlechter Haushaltslage nach unten (fast beliebig) variierbar. Ein „Honorar-Zumessungsmodell“, das im Laufe der Jahre mehrfach verändert wurde, regelt die überbezirkliche Verteilung der Honorarmittel (getrennt nach Ausländerbereich und übriger Erwachsenenbildung). In bezug auf Einzelheiten dieses Zumessungsmodells und die an ihm geübte Kritik verweise ich auf die „Problemanalyse und Strukturentwicklungsplanung für die Berliner Volks-hochschulen“, vorgelegt von einer von der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbil-dung und Sport berufenen Expertenkommission im November 1990, S. 53 f. Dieses Zumessungsmodell wird in vielen Details kritisiert und gilt als nicht zureichend anpassungsfähig an politische und demographische Entwicklungen, was zu deutli-chen Ungleichgewichten zwisdeutli-chen den Bezirken führen kann. Die Dokumentation und Analyse dieser Ungleichgewichte ist aber schwierig, weil die (Finanz-)Statistik der bezirklichen Volkshochschulen es kaum erlaubt, die genauen Kosten der Volks-hochschulen zu beziffern bzw. verschiedenen Zwecken zuzuordnen. Schon die Bezifferung der Kosten für die Raumnutzung ist bisher kaum in vergleichbarer Weise geschehen. Eine Trennung der Kosten der Angebote für den Zweiten Bildungsweg von den Kosten anderer Volkshochschulangebote ist bisher kaum möglich. Deshalb ist es auch schwierig, statistische Ergebnisse wie die folgenden zu deuten: Die Gesamtkosten pro Unterrichtsstunde in den Volkshochschulen der verschiedenen Bezirke waren in DM 1992 (nach Angaben der zuständigen Senatsverwaltung und eigenen Berechnungen) folgende: Im Bezirk Hohenschönhausen DM 98,87 (Maxi-mum), im Bezirk Mitte DM 53,62 (Minimum). Der Durchschnitt lag bei DM 77,24. Es könnte hiernach bei gleichen Ausgaben zu stark unterschiedlicher Produktion von Unterrichtseinheiten kommen. Die Gründe hierfür sind aber bisher nicht oder nicht zureichend benennbar.

Eine neuere Problematik der Volkshochschulfinanzierung besteht in dem Bemühen der Öffentlichen Hand, die Volkshochschulen durch eine neue Entgeltordnung zu zwingen, die Einnahmen zu verbessern. Bisher liegen die Wachstumsraten der durch Entgelte zu erzielenden Einkommen in den meisten Bezirken unterhalb der Wachs-tumsraten der geplanten Fehlbedarfs-Finanzierung. So wuchsen die durch Entgelte

zu erzielenden Einkommen von 1983 bis 1993 im Jahresdurchschnitt um 4,4 %, die geplanten Fehlbedarfsfinanzierungen aber im Jahresdurchschnitt um 5,7 % (eigene Berechnung aufgrund der Haushaltspläne von 1983 bis 1993, unter der Vorausset-zung jährlich gleicher Wachstumsraten). Dieser Unterschied wäre vernünftig be-gründbar, wenn als Zielgruppe der Volkshochschulen vor allem Menschen aus niedrigen Einkommensgruppen angesehen würden („untere Mittelschicht“).

Die derzeitige Politik zielt darauf ab, die Einnahmen mindestens im gleichen Umfange wie die Ausgaben zu steigern. Gerade aber im öffentlichen Weiterbildungsbereich dürfte dies gegenwärtig der falsche Weg sein, da sich demnächst nach Auskunft von Praktikern der Volkshochschulen viele Erwachsene mit geringem Einkommen VHS-Kurse nicht mehr leisten können. Bei steigender Bevölkerungszahl in den unteren Einkommensgruppen wird gegenwärtig genau diesen bei Entgelterhöhungen der Zugang zur Erwachsenenbildung erschwert. Ihnen künftig den Zugang zur Volks-hochschule durch großzügige Berücksichtigung von „Ermäßigungstatbeständen“ zu sichern, ist nach gegenwärtigem Reglement auch nur begrenzt möglich, da die Volkshochschulen hierdurch ihre Einnahmen gefährden. Das erzielte Entgelt deter-miniert nämlich einen künftigen Zuschlag des Staates zu den zugewiesenen Honorar-mitteln. Die Honorarmittel begrenzen ihrerseits quantitativ das Angebot der Volks-hochschulen. Diese können – wegen der bestehenden Honorarordnung – die Honorare nicht frei kalkulieren und haben auch keine Möglichkeiten, Honorare aus anderen Haushaltstiteln zu bezahlen. Verschärfend auf die Situation wirkt sich aus, daß wegen der jüngst eingeführten Mindestteilnehmerzahl von 12 Teilnehmern viele Kurse zwar vorbereitet werden, aber ausfallen müssen, wenn die VHS-Leitung keine Ausnahme genehmigt; tut sie dies aber, bedeutet dies wiederum einen Einnahmever-lust, der sich seinerseits negativ auf die Honorarmittel künftiger Jahre auswirkt.

Generell ist die Finanzsituation der Volkshochschulen durch Unsicherheit und syste-matisch erzeugte Planungsdefizite gekennzeichnet (vgl. hierzu das o.a. Gutachten, S. 9 f.).

Hierunter leiden neben den Teilnehmenden insbesondere die Kursleiter/innen: Sie sind in der Regel nicht in der Sozialversicherung pflichtversichert; soweit sie pflicht-versichert sind, trägt der Arbeitgeber nur unter sehr einschränkenden Bedingungen einen Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen. Für diesen Personenkreis gibt es keinen Tarifvertrag (vgl. Anlage zum o.a. Gutachten, S. 10).

Die Ausgaben für öffentliche Weiterbildung in den Volkshochschulen könnten mit den Ausgaben, die in Berlin im gleichen Zeitraum aus den Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit für Weiterbildungszwecke (Fortbildung, Umschulung, Unterhaltskosten) getä-tigt wurden, verglichen werden. Nach eigenen Berechnungen aufgrund von Daten aus den Amtlichen Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit wuchsen diese Mittel (Voraussetzung: gleiche Wachstumsraten) im Zeitraum von 1982 bis 1992 durch-schnittlich um 11,3 %, d.h. etwa doppelt so stark wie die geplante Fehlbedarfsfinan-zierung der VHS. Insgesamt betrugen die tatsächlichen Ausgaben 1992 in West-Berlin für Zuschüsse zur VHS-Arbeit 26.608.000 DM, die Ausgaben der Bundesan-stalt für Arbeit für Weiterbildung in West-Berlin 1992 aber 239.174.000 DM. Gemes-sen an dieGemes-sen Zahlen machen die VHS-Finanzen an der „Weiterbildung“ ca. 10 % aus,

wenn man die Summe aus VHS-Zuschüssen und Ausgaben der Bundesanstalt für Weiterbildungszwecke gleich 100 % setzt. Dies ist insofern eine bemerkenswerte Feststellung, als die Volkshochschulen aufgrund ihrer jahrelangen pädagogischen Erfahrung einen höheren Anteil öffentlicher Zuschüsse hätten beanspruchen können.

Daß sie diesen nicht bekommen haben, hat u. a. den Grund, daß die VHS in Berlin bisher grundsätzlich nicht legitimiert waren, ebenfalls Angebote zu machen, die von der Bundesanstalt für Arbeit über Maßnahmen des Arbeitsförderungsgesetzes finanziert wurden. Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, daß mit den pädagogischen Erfahrungen von Volkshochschulen auf dem Markt für Maßnahmen der beruflichen Bildung durchaus respektable Leistungen erbracht werden können.

Das von der Gesellschaft zur Förderung Berliner Volkshochschulen getragene Bildungswerk Berliner Volkshochschulen hat ebenfalls gezeigt, daß diese These richtig ist.

Die gegenwärtigen Diskussionen über die Einführung eines Weiterbildungsgesetzes in Berlin zeigen, daß die dort in Aussicht genommenen Normen durchaus Verbesse-rungen mit sich bringen könnten. So wird – auf anfänglich niedrigem Niveau einer Weiterbildungsdichte von 180 Unterrichtseinheiten pro 1000 Einwohner eines Bezir-kes – eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Weiterbildung durch die Volkshoch-schulen vorgeschlagen. An diese Grundversorgung werden auch Mindestausstat-tungsvorschläge bezüglich des Personals geknüpft. Es würde also eine Bestandssi-cherung und ein Ausbau der Volkshochschulen gewährleistet werden, sofern nach Verabschiedung dieses Gesetzes das Niveau der Grundversorgung im Rahmen weiterer Entwicklungsplanung angehoben wird. Die Volkshochschulen sollen über-dies nach über-diesem Gesetz ressortübergreifende Weiterbildungsmaßnahmen (die derzeit ohne Mitwirkung der Volkshochschulen durchgeführt werden) koordinieren und bekämen so eine stärkere Stellung in der öffentlichen Weiterbildungsdiskussion als bisher. Diese Diskussion würde durch die Einrichtung eines Landesbeirats für Weiterbildung institutionalisiert, in dem die Volkshochschulen gegenüber den ande-ren 16 Mitgliedern 6 Stimmen haben würden, unter denen zwei Stimmen von Volksbildungsstadträten sind. Durch die Größe des vorgesehen Gremiums und die starke Stellung freier Träger gegenüber dem öffentlichen Weiterbildungsträger VHS kann es jedoch dazu kommen, daß der Anteil der Volkshochschulen an der Nutzung öffentlicher Mittel für die Weiterbildung nach Einführung dieses Gesetzes stagniert.

Die Konflikte mit anderen Trägern sind vorprogrammiert, wobei insbesondere die Frage der Offenlegung der Finanzierung Freier Träger strittig ist. Neben einigen gemeinnützigen Trägern, die selber Empfänger öffentlicher Zuwendungen sind, obwohl ihre Klienten nicht der unteren Mittelschicht entstammen, existieren in Berlin noch zahlreiche weitere (kommerzielle) Erwachsenenbildungseinrichtungen und -träger, die mit großer Wahrscheinlichkeit bei rückläufigem Weiterbildungsmarkt versuchen werden, die finanziell vorteilhafte staatliche Anerkennung nach Maßgabe des neuen Weiterbildungsgesetzentwurfes zu bekommen, indem sie ihre Rechtsform etc. an die Anerkennungsrichtlinien anpassen.

Über die Nutzung des in Berlin am 1.1. 1991 novellierten Bildungsurlaubsgesetzes, nach dem jetzt auch Arbeitnehmer/innen über 25 Jahre jährlich 5 Tage

Bildungsur-laub bekommen können, kann derzeit nur wenig gesagt werden, da aktuelle Nut-zungsdaten in der Senatsstatistik nicht vorliegen. Die Volkshochschulen und andere Träger machen jedoch gezielt für Nutzer dieses Gesetzes ein Angebot. Die Menge der Teilnehmerplätze in den Volkshochschulangeboten dürfte – bezogen auf die Menge der Berechtigten – weit weniger als 1 % ausmachen. Der Ausbau dieses Angebotes wäre hiernach – parallel zur Verabschiedung des Weiterbildungsgesetz-entwurfes – ratsam.

In längerfristiger Perspektive sind für die Weiterbildungspolitik Berlins drei „globale“

In längerfristiger Perspektive sind für die Weiterbildungspolitik Berlins drei „globale“