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Strukturen der Weiterbildung

Weiterbildung in Rheinland-Pfalz

2. Strukturen der Weiterbildung

In den 70er und 80er Jahren befand sich das Bundesland Rheinland-Pfalz in einer

„Nachhut“- Situation. So wurden auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen der

Wei-terbildung erst relativ spät geschaffen. Das WeiWei-terbildungsgesetz trat 1975 in Kraft.

Mit einer zwischenzeitlich eingeführten Änderung regelt es bis heute die Prinzipien, nach denen in Rheinland-Pfalz Einrichtungen der Weiterbildung eine staatliche Aner-kennung erfahren können. Von der Möglichkeit der staatlichen AnerAner-kennung, die Voraussetzung für die Erlangung von öffentlichen Zuschüssen ist, machten seit In-krafttreten des Gesetzes insgesamt 137 Einrichtungen Gebrauch (Ministerium für Wissenschaft und Weiterbildung 1992a). Den größten Teil davon stellen die Volks-hochschulen. Mit 78 Einrichtungen liegt ihr Anteil bei 57 % der staatlich anerkannten Bildungsstätten. Der Rest verteilt sich auf Institutionen wie z.B. den Landessportbund, konfessionell gebundene Träger u.ä. Einrichtungen. Rheinland-Pfalz verfügt damit als Flächenland, in dem es keine ausgeprägten Ballungszentren mit hoher Be-völkerungsdichte gibt, über ein fest etabliertes Tableau von Bildungsinstitutionen und somit über eine weitgehend solide Infrastruktur. Ergänzt wird sie durch privatwirtschaft-liche Bildungsinstitute, über deren Zahl nur Mutmaßungen angestellt werden können, da sie sich einer zahlenmäßig exakten Erfassung entziehen. Hinzu kommt schließlich ein betriebliches Ausbildungswesen, das allerdings bei der vorherrschenden Klein-und Mittelindustrie nur eine begrenzte Ausprägung erfahren hat.

Das Angebot an Unterrichtsstunden, das von den Trägern der Weiterbildung jährlich geleistet wird, entsprach 1990 in etwa demjenigen einer „dreizügigen Grundschule“

(1). Die meisten Stunden entfielen dabei auf das Leistungsangebot der Volkshoch-schulen, die – wie bereits angemerkt – auch den größten Anteil an den staatlich an-erkannten Einrichtungen stellen. Bemerkenswert ist, daß das von ihnen erwirtschaf-tete Stundenkontingent vor allem in sprach- und kulturwissenschaftlichen Bereichen erbracht wird. Die außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen wie Kammern und Ver-bände decken demgegenüber vornehmlich das Spektrum der Berufsbildung ab.

Schwach ausgeprägt ist die gesellschaftspolitische Bildung, die insbesondere in den 60er und 70er Jahren großgeschrieben wurde. Die auf diesem Feld angebotenen The-men finden kaum noch Abnehmer. Das Interesse an Politik, d.h. an einer Beteiligung und Einmischung in politische Angelegenheiten, steht zurück hinter individuellen Pro-blemlagen und einer grundsätzlich erforderlichen Neudefinition des Politischen. Um die Attraktivität der politischen Bildung zu erhöhen, sind sicher aber auch neue metho-disch-didaktische Formen und Ansätze notwendig, die über die bisher praktizierte Bildungsarbeit hinausgehen.

Das, was für die gesellschaftspolitische Bildung im speziellen zutrifft, gilt für die Wei-terbildung im allgemeinen. Gefordert ist auch hier mehr Professionalität in der Erwach-senenbildung, das heißt Abkehr von einer längst überholten Schulmethodik des 19.

Jahrhunderts und Befähigung des haupt- und nebenamtlichen Personals zur Planung und Durchführung erwachsenengerechter Veranstaltungen. Entsprechende Überle-gungen finden sich auch in den „Eckpunkte(n) und Einzelelemente(n) der Weiterbildung“

der neuen Landesregierung, in denen u.a. für eine verstärkte „Professionalisierung“

der Weiterbildung plädiert wird, wobei „Professionalität“ zu Recht als ein zentrales Element zur Sicherung der „Qualität“ in der Weiterbildung angesehen wird

(Ministe-rium 1992b, S. 4). Das zuständige Ministe(Ministe-rium „für Wissenschaft und Weiterbildung“

– das erste mit der Denomination „Weiterbildung“ in der Bundesrepublik Deutschland – beließ es keineswegs bei Lippenbekenntnissen, vielmehr wurde aus Landesmitteln ein eigenes Projekt zur „Fort- und Weiterbildung von Lehrenden in der Erwachsenen-bildung“ (FWL) „aufgelegt“, und gemeinsam mit dem Bund fördert Rheinland-Pfalz die Entwicklung eines „Fernstudiums Erwachsenenbildung“ an der Universität Kaisers-lautern.

3. Finanzierung der Weiterbildung

Rheinland-Pfalz fördert, wie dies auch in anderen Bundesländern üblich ist, jede von einem staatlich anerkannten Träger geleistete Unterrichtsstunde mit einem Pauschal-betrag. Laut gesetzlicher Grundlage darf „die Zuwendung je Weiterbildungsstunde 50 v.H. der landeseinheitlich ermittelten Durchschnittskosten nicht überschreiten“. Landes-organisationen mit staatlicher Anerkennung können darüber hinaus einen bis zu 50pro-zentigen Zuschuß zu den Personalkosten eines für sie tätigen pädagogischen Mitar-beiters erhalten. Ihnen wird zudem eine anteilige Zuwendung nach den Unterrichts-stunden gewährt, die die Einrichtungen erbracht haben, die in ihnen zusammenge-schlossen sind. Auf besonderen Antrag können auch nicht anerkannte Einrichtungen für Maßnahmen bzw. Vorhaben, die im öffentlichen Interesse liegen, eine Förderung erhalten. Die Höhe der Zuwendungen bestimmt sich dabei jeweils nach der Summe der insgesamt für die Weiterbildung bereitgestellten Haushaltsmittel.

Nimmt man die Höhe der in den zurückliegenden Jahren in den Landeshaushalt ein-gestellten Mittel als Indikator dafür, wieviel sich das Land die Weiterqualifizierung sei-ner Bürger und Bürgerinnen hat kosten lassen, dann muß man feststellen, daß dies in den Zeiten der CDU/FDP-Regierung nicht viel gewesen ist. Einer kontinuierlichen Steigerung des Haushaltsansatzes im Zeitraum zwischen 1974 bis 1981 auf 9 Mio.

DM folgte eine Kürzung auf ca. 7,6 Mio. DM in den Jahren bis 1991. Faktisch konnte damit jede anerkannte Unterrichtsstunde mit einem Satz von 7,50 DM gefördert wer-den. In Folge dessen zogen die Teilnehmergebühren an. Sie erreichten nach einer Statistik des Jahres 1989, die für die Volkshochschulen erstellt wurde, in dieser Grup-pe einen Anteil von 56 % an den Gesamtaufwendungen. In keinem anderen Bundes-land wurde ein solcher Spitzensatz erreicht.

Seit dem Regierungswechsel haben die für Weiterbildung bereitgestellten Mittel ei-nen deutlichen Zuwachs erfahren. Für das Jahr 1992 wurden 12,1 und für das Jahr 1992 sogar 13,6 Mio. DM bereitgestellt. Mit der Erhöhung der finanziellen Mittel belegt Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den übrigen Bundesländern auch heute noch keinen vorderen Rangplatz. Das ist bei der realistisch eingeschätzten Finanzkraft des Lan-des auch nicht erwartbar. Die höheren Zuweisungen bedeuten jedoch, daß das Land den Anschluß nicht verliert, seine Position in der Weiterbildung verbessert, Punkte aufholt und nicht in die Bedeutungslosigkeit einer „pädagogischen Provinz“ absackt.

4. Bildungsfreistellung

Eine Weiterbildungslandschaft oder -kultur kann sich nur dann entfalten, wenn Weiterqualifizierungsbedürfnisse sich auch in Teilnahme an weiterbildenden Veran-staltungen umsetzen lassen. Für einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung ist die Weiterqualifizierung zumeist nur neben dem Beruf und das heißt in den Abend-stunden und am Wochenende möglich. Zur Verbesserung dieser Situation trägt maßgeblich das Bildungsfreistellungsgesetz bei, das auch in Rheinland-Pfalz gegen den erklärten Willen der Arbeitgeber durchgesetzt wurde. Der Umfang des Bildungs-urlaubes bei Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber beträgt 10 Tage in einem Zeitraum von zwei Kalenderjahren. Diese Regelung gilt für „normale“ Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Auszubildende haben dagegen nur einen Anspruch auf drei Tage für die gesamte Ausbildungszeit. Offenbar hat man damit dem Umstand Rechnung getragen, daß im Dualen System ohnehin eine die betriebliche Ausbildung und Erfahrung ergänzende Bildung stattfindet und daher die Freistellungszeiten enger bemessen sein können. Eine Staffelung nach Betriebsgröße verleiht dem Gesetz das gehörige Augenmaß. Sie besteht darin, daß bei Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten der Anspruch auf Weiterbildung außer Kraft gesetzt ist.

Bei Firmen, die weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen, erfolgt eine teilweise Erstattung der Lohnkosten für die Zeit des gewährten Bildungsurlaubes. Des weiteren gilt eine thematische Einschränkung auf berufliche oder gesellschaftspolitische Themen. Veranstaltungen, die der Freizeitgestaltung, der Erholung oder der Unter-haltung dienen, sind gesetzlich ausgeschlossen. Freilich sind die Übergänge zwi-schen den Themenfeldern oftmals fließend, und es wird im Einzelfall auf eine Prüfung ankommen, welcher Kurs bzw. welche Kurssequenz den geforderten Voraussetzun-gen Voraussetzun-genügt.

Grundsätzlich ist das Bildungsfreistellungsgesetz auch ein Instrument, das zu einer Wiederbelebung der gesellschaftspolitischen Bildung führen kann. Ob es tatsächlich zu einer Senkung der Rezeptivitätsschwelle führt, bleibt abzuwarten. Die gegenwär-tig vorliegenden Erfahrungen reichen zu einer abschließenden Bewertung noch nicht aus.

5. Wissenschaftliche Weiterbildung

Die Wissenschaftliche Weiterbildung, die sich insbesondere an Hochschulabsolven-ten richtet und solche Personen oder Personengruppen, die die entsprechende Eignung durch den Beruf erlangt haben, steckt landesweit noch in den Anfängen. Die notwendige Reform der Hochschulen in den kommenden Jahren wird zwangsläufig zum Ergebnis haben, daß Ausbildungsinhalte, die heute noch Bestandteil der Primärausbildung sind, in die Weiterbildung verlagert werden. Andererseits nimmt die Aufgabe zu, Hochschulabsolventen, die vor einigen Jahren das Examen abgelegt haben, jeweils das aktuelle Wissen und den Stand der Forschung nachzureichen.

Erste Ansätze dazu sind in Rheinland-Pfalz gemacht. An den Universitäten Koblenz-Landau und Kaiserslautern wurden Zentren für Fernstudien und Universitäre Weiter-bildung eingerichtet, die auf eine große Resonanz gestoßen sind. Aber auch an den anderen Hochschulen des Landes hat das Engagement in der Weiterbildung erkenn-bar zugenommen. In der angestrebten Novellierung des Landeshochschulgesetzes ist außerdem die Einrichtung von Zentralstellen für Weiterbildung vorgesehen. Sollte diese Initiative Gesetzeskraft erlangen, wäre dies eine entscheidende strukturelle Stärkung des Weiterbildungsauftrages der Universitäten und Fachhochschulen, den diese mit dem Hochschulrahmengesetz zugewiesen bekommen haben.