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Familie bedeutet nicht Stillstand. Familie ist beweglich, so wie auch jede/r von uns beweglich ist und unterschiedliche Lebensphasen und Abschnitte im Leben meistern muss. Diese Phasen und Abschnitte durchläuft auch die Familie. So hat die Familiensoziologie ein Konzept entwickelt, welches genau diese Veränderungen beschreibt. Das Konzept des Familienzyklus geht davon aus, dass von biografischer Seite aus gesehen die Familie genau solche Abschnitte durchläuft und mit besonderen Aufgaben gekennzeichnet sind. Nave-Herz beschreibt drei wichtige Abschnitte im Leben von Familien, wo genau diese Veränderungen festzustellen sind. Dies wären die vorfamiliale Phase, die Familienphase und die nachelterliche Phase.

Anzumerken ist hier, dass jede Phase eine Veränderung erleben musste, vor allem auf den Zeitfaktor bezogen. So wird in der vorfamilialen Phase ersichtlich, dass durch längere Ausbildungszeiten und die Entstehung von vorfamilialen Lebensformen, der Zeitfaktor zwischen den 1950er und 2000er Jahren einen Veränderungsprozess durchlaufen musste. Die Pflege und Versorgung der Kinder, also die Familienphase hat sich, beachtet man die Lebenszeit einer Person, also verkürzt. Der Prozess der nachelterlichen Phase hat sich laut Nave-Herz sehr stark verlängert. Unter nachelterliche Phase wird die Zeit, in der die Kinder aus dem Haus sind, verstanden. Wenn man hier nach einer Begründung suchen würde, würde man die vor allem der höheren Lebenserwartung der Menschen zuschreiben (vgl. Kapella 2007, S. 14).

4.1 Familie im sozialen Umbruch

Claessens/Menne verstehen unter Familie

"... wenigstens zwei gegengeschlechtliche psychosozial erwachsene Menschen eine weitere Generation produzieren und mindestens so erziehen, daß diese nächste Generation psychosozial erwachsen werden kann" (Claessens/Menne 1973, S. 314 in Lenzen 2006, S. 605).

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass es keine wirklich klare Definition von Familie gibt.

So wird im Alltag der Begriff Familie oftmals nur dann verwendet, wenn Paare mindestens ein Kind haben. Andere verwenden den Begriff auch dann, wenn in einer Lebensgemeinschaft oder Ehe auch Tiere im Haushalt leben. Die Wissenschaft beschäftigt sich unter verschiedenen Aspekten mit dem Thema Familie, jedoch auch hier ist keine einheitliche Definition des Begriffes zu finden. Die Sozialwissenschaft, hier vor allem die Soziologie, versteht unter dem Begriff Familie die Vielschichtigkeit, welche auf der einen Seite aus der Historie hervorgeht, die die Entwicklung der Familie betrifft und auf der anderen Seite die unterschiedlichen Funktionen und Merkmale, welche eine Familie aufweist (vgl. Kapella 2007, S. 7).

Neben den Rückgängen in den Geburtenzahlen hat sich auch die Familienstruktur im Laufe der Jahre verändert. Dies bringt mit sich, dass Paare das Elternwerden neu planen, nicht mehr heiraten und weniger Kinder haben. So zeigen Studien aus Deutschland, dass Frauen immer später gebären, da viele höher qualifiziert sind und dadurch die Motivation im Berufsleben steigt. Es muss angemerkt werden, dass in den meisten OECD Ländern die fehlenden Geburten von jüngeren Frauen durch die erhöhten Geburtenraten älterer Frauen nahezu ausgeglichen werden (vgl. Peuckert 2012, S. 191 f.).

Nun kommt die Frage auf, ob es eigentlich mehr Mehrkinder- oder Einkindfamilien gibt. Nun, zuerst muss festgehalten werden, dass drei Faktoren für den Rückgang der Geburtenraten verantwortlich sind. Zum Einen wird die Gesamtheit der möglichen Eltern aufgrund zurückgehender Geburten immer kleiner und es gibt immer mehr Paare, welche kinderlos bleiben. Zum Anderen sollte nicht vergessen werden, dass immer weniger Eltern mehr als zwei Kinder bekommen. So zeigt auch die Forschung, dass auch früher Mehrkindfamilien nicht die Regel waren. Es zeigen fast alle Studien, dass sich ein Trend zur Kleinfamilie herauskristallisiert (vgl. ebd., S. 201 f.).

Die Rushhour des Lebens meint bezogen auf den Lebenslauf, vor allem von Frauen, viele Aufgaben des Lebens in ein enges Zeitfenster zu quetschen (vgl. ebd., S. 232).

"Durch die weitgehende Integration der jungen Frauen in das Arbeitsleben und die zunehmende Qualifikation von jungen Männern und Frauen konkurrieren heute die Ausbildung, die berufliche Selbstständigkeit und die Entwicklung beruflicher Lebensperspektiven mit der Entwicklung von dauerhaften Paarbeziehungen, der Entscheidung für Kinder und der Zeit der Fürsorge für Kinder"

(Bertram 2006, S. 230 f.).

So kann die Rushhour des Lebens auf fünf bis sieben Jahre heruntergebrochen werden. Das Elternwerden bringt also mit sich, dass Frauen aus dem Berufsleben ausscheiden, wenn auch nur vorübergehend und auch das Familieneinkommen sinkt. So kommen alte Traditionsmuster wieder zum Vorschein (vgl. Peuckert 2012, S. 248).

4.2 Erklärungsansätze für den Wandel der Familienstruktur

Einen durch die Wissenschaft belegten Erklärungsansatz gibt es bis dato nicht. Vor allem die Beck' sche Individualisierungsthese versucht den Wandel der Familienstruktur zu erklären.

Sie unterstützt die Gesellschaftstheorien von Durkheim, Simmel oder Weber, welche die Moderne als Loslösung der Menschen von ständischen Fesseln und somit die Verantwortung zugeschrieben bekommen freier zu denken und zu handeln (vgl. Peuckert 2012, S. 659 zit. n.

Kipple 1998, o. S.).

So rasche Veränderungen von Familienstrukturen seit Mitte der 1960er Jahre können auch als Modernisierungs- und Individualisierungsprozesse bezeichnet werden. Untermauert werden diese Prozesse mit Beispielen wie die Legitimierung der bürgerlichen Grundrechte für alle, mehr Wohlstand, die Erhöhung der Bildungschancen oder die freie Lohnarbeit (vgl. Peuckert 2012, S. 659).

Individualisierungsprozesse treffen seit den 1960er Jahren vor allem Frauen. So werden Lebensentwürfe immer individueller und Beruf und Karriere stehen in Konkurrenz zu Familie und Mutterschaft (vgl. Bertram & Borrmann - Müller 1988, S. 258). So heißt für Beck Individualisierung nicht unbedingt die Möglichkeit frei zu entscheiden, sondern Widerspruch und Uneinigkeit. Einerseits bringt der Prozess mehr Handlungsspielraum, da alte Abhängigkeiten und auch Zwänge verloren gehen. Anders gesehen verlieren Menschen auch

die Sicherheit und die Garantie über soziale Normen Bescheid zu wissen (vgl. Peuckert 2012, S. 662). Junge Frauen von heute sehen den sozialen Wandel als Bereicherung oder Befreiung.

Diese Aspekte beziehen sich vor allem auf die Befreiung aus Abhängigkeiten von PartnerInnen oder Rollenzwängen und die Bereicherung sich im Beruf verwirklichen zu können. Nun bringen diese Perspektiven bei genauerer Analyse aber auch hervor, dass genau diese Freiheiten und Doppelseitigkeiten der Frauen für viele Koordinationsprobleme aufwerfen, welche es früher in den 1950er Jahren nicht gegeben hat. So hat auch die Teilzeittätigkeit immer mehr an Bedeutung gewonnen. Viele Frauen stehen heute vor dem Problem, eine Balance zwischen Beruf und Familie herstellen zu müssen. Es muss jedoch festgehalten werden, dass es hierfür kein Patentrezept gibt und dies auch in keinem Lebenslauf von je her verankert ist. So ist jede junge Frau gezwungen, für sich passende Lösungen zu finden und somit neue Modelle in diesem Balanceakt zu schaffen (vgl. ebd., S.

664 f.).

Hier geht es also vielmehr darum, dass neue Rahmenbedingungen geschaffen werden sollten, da sich diese im Laufe der Jahre verändert haben. Früher wurde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf meist den Frauen zugeschrieben, welche für passende Lösungen zu sorgen hatten.

Heute, kann davon gesprochen werden, dass auch Väter in die Verantwortung gezogen werden eine Work Life Balance herzustellen. So haben sich im Laufe der Jahre die Rollenbilder verändert und die Erwerbstätigkeit von Frauen wurde immer mehr akzeptiert.

Grundsätzlich kann also zusammengefasst werden, dass

die Veränderung von Geschlechterrollenbildern nicht ausreicht, es müssen also Rahmenbedingungen geschaffen werden

Politik und Betriebe auf Nachhaltigkeit in der Vereinbarkeitsfrage setzen müssen eine Reduktion von Vereinbarkeitsproblemen durch die Möglichkeit in vorgesehenen Zeiträumen die Erwerbstätigkeit zu reduzieren wünschenswert wäre

dies aber wiederum zur Folge hat, dass emotionale Widerstände abgebaut und ein neues Bewusstsein in Form von Aus- und Weiterbildung (vor allem für Vorgesetzte und Betriebsräte) geschaffen werden muss

eine Sensibilisierung auf die Vorzüge der Familienfreundlichkeit in Betrieben geschaffen werden muss

es gleiche Chancen für beide Geschlechter bezogen auf Einkommen und Einstellung zu den Geschlechterrollen geben muss (vgl. Beham/Haller 2005, S. 424 ff.).

5 Dysfunktionen und Folgen bei mangelnder oder