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2 Zusammenfassungen

2.3 Würdigung des Natura 2000-Gebiets

Das rund 943 ha große Natura 2000-Gebiet „Untere Argen und Seitentäler“ liegt im südlichen Teil des Landkreises Ravensburg. Es erstreckt sich von Kleinweiler im Osten flussabwärts vorbei an den südlich gelegenen Städten Isny und Wangen bis zur Vereinigung der Argen bei Pflegelberg im Westen. Hier grenzt das Gebiet an das FFH-Gebiet „Obere Argen und Seitentäler an“. Im Norden und Süden erweitert sich das Gebiet entlang der Seitentäler und Zuflüsse wie beispielsweise entlang der Haslach, des Karbachs oder der zahlreichen Tobel-bäche. Des Weiteren sind die Naturschutzgebiete „Krottental-Karbach“, „Karbachmoos“,

„Birmisdorfer Mösle“ sowie „Teufelssee“ und „Hanquellmoor Buchholz“ Bestandteil des FFH-Gebiets. Auf bayerischer Seite grenzt am Oberlauf der Unteren Argen südlich von Großholz-leute das FFH-Gebiet 8326-371 „Allgäuer Molassetobel“ an.

Naturräumlich liegt das Gebiet im Naturraum Westallgäuer Hügelland und ist Teil der wür-meiszeitlich geprägten Jungmoränenlandschaft der Voralpinen Hügel und Moorlandschaft.

Durch den Rheingletscher geformt, entstand ein typisches Mosaik aus Drumlinfeldern, Tot-eislöchern und durch Schmelzwasser tief in die Molasse, teilweise bis in das Tertiär einge-schnittene Täler, wie das der Unteren Argen.

Die östlichen Teile des Gebiets liegen mit bis zu 740 m ü NN bereits im Übergangsbereich zur montanen Zone. Bedingt durch die Voralpenlage ist das Klima durch außergewöhnlich hohe Niederschläge von bis zu 1300 mm pro Jahr bei gleichzeitig geringen Jahresmitteltem-peraturen charakterisiert.

Innerhalb des FFH-Gebietes nehmen Lebensräume des Anhangs I der FFH-Richtlinie etwa 1/5 der Gesamtfläche ein. Der Unteren Argen, die mit Ausnahme weniger durch Uferverbau-ungen oder Rückstau bedingter UnterbrechUferverbau-ungen fast auf ihrer gesamten Länge entweder den Charakter Alpiner Flüsse mit Lavendelweiden-Ufergehölzen [3240] oder von Fließge-wässer mit flutender Wasservegetation [3260] zeigt, und die zudem über weite Strecken von sehr schmalen und lückigen Auenwäldern mit Erle, Esche und Weide [91E0] gesäumt wird, kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu. Auch wenn der Wasserpflanzenbewuchs auf Grund natürlicher Faktoren über weite Strecken nur sehr schwach entwickelt ist, und der eigendynamischen Entwicklung durch lockere Verbauungen der Ufer an vielen Stellen Gren-zen gesetzt sind, zeigt der Fluss insgesamt naturnahe Strukturmerkmale mit Aufweitungen, Uferabbrüchen, Auflandungen und Kiesinseln. Besonders deutlich treten diese Merkmale in den Alpinen Flussabschnitten der Unteren Argen zu Tage, in denen die Untere Argen über meist nur kurze Strecken Merkmale eines natürlichen Wildflusses aufweist und das enorme Entwicklungspotenzial dieses Flusslaufs erkennen lässt. Die besondere Bedeutung des Flusses für das Gebiet wird verstärkt durch dessen Funktion als Lebensstätte der FFH-Arten Groppe [1163], Strömer [1131] und Biber [1337], von denen Groppe und Biber (vermut-lich) auf der gesamten Flussstrecke, Strömer bis zum Stausee bei Gottrazhofen vorkommen.

Die in die Argen mündenden Seitenbäche sind vielfach tief eingeschnitten, weisen ebenfalls in weiten Teilen strukturell naturnahe bis natürliche Merkmale mit schwach entwickelter Wasservegetation aus Moosen auf, und werden von schmalen, oft fragmentarisch entwickel-ten Auwäldern gesäumt. Bedingt durch die Gehölzgalerien entlang der Bäche und der Unte-ren Argen und die häufig steil abfallenden Uferböschungen bleibt wenig Raum für die Ausbil-dung gewässerbegleitender Feuchter Hochstaudenfluren [6430]. Sie erreichen nur sehr ge-ringe Flächenausdehnung und sind überwiegend als Subtyp 6431 Feuchte Hochstaudenflu-ren der planaHochstaudenflu-ren bis montanen Höhenstufen ausgebildet. Nur an einer Stelle wurde daneben auch der Subtyp 6432 Subalpine bis alpine Hochstaudenfluren festgestellt.

Auch wenn nacheiszeitlich im Voralpengebiet sehr viele Stillgewässer in abflusslosen Mul-den zwischen Mul-den Drumlins oder in Toteislöchern entstanMul-den sind, handelt es sich bei Mul-den meisten Seen des Gebietes um künstlich angelegte Stauteiche, die dennoch als Natürliche, nährstoffreiche Seen [3150] aufzufassen sind. Ausnahmen hinsichtlich ihrer Entstehung bil-den der Mittelsee und der Obere See bei Primisweiler, die natürlichen Ursprungs sind. Aller-dings fehlt dem Mittelsee aktuell eine Wasserpflanzenvegetation, die zwingende Vorausset-zung für eine Erfassung als FFH-Lebensraum ist. Die Ufer dieses Sees werden aber von Kalkreichen Sümpfen mit Schneidried [*7210] gesäumt. Beim Ruzenweiler Weiher, ebenfalls einem künstlich angelegten Stauteich, handelt es sich um die einzige Ausbildung eines Nährstoffarmen, kalkreichen Stillgewässers mit Armleuchteralgen [3140] im Gebiet. Der Ur-sprung einiger Stauteiche kann nachweislich bis ins Mittelalter zurückverfolgt werden (K O-NOLD, 1987). Sie erfüllten wichtige Funktionen der Wasserrückhaltung für Mühlen, für die Wässerung von Nutzflächen und für die Fischzucht. Sämtliche Funktionen haben ihre Be-deutung vollständig oder weitgehend verloren. Einzig die Nutzung als Fischweiher wird wei-terhin praktiziert. Zu dieser Praxis zählte in der Vergangenheit das regelmäßige Ablassen.

Längeres Trockenlegen über den Winter („Wintern“) oder den Sommer („Sömmern“) führte zur Entwicklung eigenständiger Schlammboden-Lebensgemeinschaften, die vermutlich auch aktuell in den entsprechend behandelten Gewässern des Gebietes auftreten, derzeit aber nicht belegt sind. Dennoch wird davon ausgegangen, dass zumindest in einigen der Teiche

(nur!) zeitweise der Lebensraum Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer [3130] auftritt.

Die Verlandung von Stillgewässern führte in der Nacheiszeit zur Ausbidung von Mooren, die allerdings in der Vergangenheit durch Entwässerung und Abtorfung zerstört oder massiv beeinträchtigt wurden. Im Gebiet liegen deshalb keine ursprünglichen Hoch- oder Zwi-schenmoore mehr vor. Im Naturschutzgebiet „Teufelsee“ kam es aber durch Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung und Unterbindung von Nährstoffeinträgen aus der Umgebung zur Regeneration eines Übergangs- oder Schwingrasenmoores [7140] in denen sich Torf-moorschlenken [7150] gebildet haben. Sofern die klimatischen Bedingungen dies zulassen, ist in dieser Mulde die weitere Entwicklung eines Hochemoores möglich.

Ziel der Entwässerung von Mooren war die Meliorierung der Flächen, um eine landwirtschaft-liche Nutzung möglich zu machen. Je nach Nährstoffversorgung wurden die Flächen zur Heu- oder zur Streugewinnung genutzt. Ähnliche Nutzungsformen wurden auf quellig-sickernassen Standorten praktiziert, die dauerhaft oder zumindest temporär stark vernässt waren. Auf nährstoffarmen Standorten entwickelten sich unter der traditionellen Streuwie-senmahd gegen Ende oder nach Abschluss der Vegetationsperiode u.a. Ausbildungen von Pfeifengraswiesen [6410] und Kalkreichen Niedermooren [7230], die derzeit durch gezielte Pflege in ihrem ehemaligen Zustand erhalten werden. Ausbildungen dieser Lebensraumty-pen sind im Gebiet an zahlreichen Stellen in vielfach gutem bis sehr gutem Erhaltungszu-stand vorhanden. Besonderes Merkmal dieser Bestände ist das Vorkommen einer bemer-kenswert großen Anzahl seltener, zum Teil hochgradig gefährdeter Pflanzen- und Tierarten, von denen Sumpf-Glanzkraut [1903], Goldener Scheckenfalter [1065], Schmale Windel-schnecke [1014] und Vierzähnige WindelWindel-schnecke [1013] ebenfalls im Anhangs II der FFH-Richtlinie geführt werden.

Magere Flachland-Mähwiesen [6510] sind im FFH-Gebiet meist nur kleinflächig vorhanden.

Man findet sie hauptsächlich im Umfeld der Seen und Feuchtgebiete im FFH-Gebiet wo sie durch extensive Grünlandnutzung, die zum Schutz der Kernflächen praktiziert wurde, erhal-ten geblieben oder entstanden sind. Besonders schöne Wiesen findet man auch an schwer zugänglichen Bereichen wie einer Fläche bei Merazhofen im Gewann „Sack“ im Argental. In diesem Bereich findet sich auch der einzige Kalkmagerrasen [6210] im FFH-Gebiet, der mit Brand-Knabenkraut und Kreuz-Enzian einige botanische Besonderheiten aufweist.

Innerhalb der knapp 500 ha, und damit etwa 50 % des FFH-Gebietes einnehmenden Wald-flächen sind knapp 10 % Waldlebensraumtypen, was u.a. eine Folge der flächigen Fichten-bewirtschaftung ist. Daraus ergibt sich auch die Schutzwürdigkeit der im Gebiet nur noch selten vorkommenden naturnahen Wälder bzw. Waldlebensraumtypen (WLRT). So sind die von Natur aus vorkommenden WLRT wie die Waldmeister-Buchenwälder [9130] mit ca.

18 ha und die prioritär geschützten Auenwälder mit Erle, Esche, Weide [*91E0] mit ca. 22 ha (inkl. der außerhalb der Waldflächen gelegenen Bestände) zwar die häufigsten Waldlebens-raumtypen, jedoch flächenbezogen stark unterrepräsentiert. Des Weiteren kommen kleinflä-chig Bestände der Lebensraumtypen Hartholzauwälder [91F0] und Schlucht- und Hang-mischwälder [*9180] vor, sowie ein Bestand des Lebensraumtyps Bodensaure Nadelwälder [9410].

Obwohl offen anstehende Felspartien gelegentlich im Gebiet auftreten, entsprechen diesen nicht dem FFH-Lebensraumtyp der Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation [8210], der zwar im Standarddatenbogen geführt, aber nicht bestätigt werden konnte.

Von den im Standarddatenbogen für das Gebiet genannten sonstigen FFH-Arten des Gebie-tes konnten aktuell Steinkrebs [*1093], Kammmolch [1166], Firnisglänzendes Sichelmoos [1393] und Frauenschuh [1902] nicht nachgewiesen werden. Das Große Mausohr [1324] ist zwar im Gebiet präsent, die Wochenstuben der Fledermausart liegen jedoch in Gebäuden außerhalb des FFH-Gebietes.

2.4 Zusammenfassende Darstellung der Ziele und der