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Zielkonflikte, die sich bspw. aus der Empfehlung der Förderung einer weiteren eigendynami-schen Entwicklung von Fließgewässern und einem daraus in verschiedenen Fällen resultie-renden Verlust landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen ergeben, sind nicht Gegenstand der Betrachtung in diesem Gliederungspunkt. Vielmehr geht es darum, darzule-gen, inwieweit miteinander konkurrierende Schutzziele möglich sind und ob durch die Um-setzung von Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung von FFH-Lebensraumtypen und FFH-Arten andere besonders schutzbedürftige Arten oder Biotope möglicherweise beein-trächtigt werden.

Bei vielen der Maßnahmen sowohl im Offenland als auch im Wald sind keine Zielkonflikte erkennbar. Ausnahmen hierfür bilden einige Maßnahmen im Pflegegrünland, im Wirtschafts-grünland und in der Teichbewirtschaftung. Darüber hinaus stellt der Umgang mit dem Stein-krebs ein schwer lösbares Problem dar.

Zielkonflikte Lebensraumtypen

Im Pflegegrünland, also innerhalb von Pfeifengraswiesen [6410] und Kalkreichen Nieder-mooren [7230], führt ein zeitlich in den Oktober zurückversetzter Zeitpunkt der Mahd von Streuwiesen mit Vorkommen des Sumpf-Glanzkrautes (Liparis loeseli) [1903] möglicher-weise zu einer sukzessiven Akkumulation von Nährstoffen und dadurch zu einer Verschlech-terung des Erhaltungszustandes der beiden Lebensraumtypen. Der Vermutung liegt die Tat-sache zu Grunde, dass im Oktober die Rückführung von Nährstoffen in die unterirdischen Organe der meisten Pflanzen bereits soweit vorangeschritten ist, dass der Entzug über die Entnahme der Streu geringer ist als der Nährstoffeintrag über die Atmosphäre (s.o.). Dieses Risiko wird im vorliegenden Managementplan in Kauf genommen, es sollte aber dringend auf die diesbezügliche Entwicklung geachtet werden und ggf. durch eine vorgezogene Mahd im Frühsommer gegengesteuert werden. Auch die vorgezogene Mahd bringt naturschutzfachli-che Nachteile mit sich, indem zu einem für viele wertgebende Pflanzen- und Tierarten der Streuwiesen phänologisch ungünstigen Zeitpunkt gemäht wird. Das Risiko einer nachhalti-gen Beeinträchtigung lässt sich dadurch minimieren, indem die Frühmahd nicht jährlich prak-tiziert wird, die Mahd in der Fläche auf die produktivsten Bereiche beschränkt bleibt und da-mit intakte Bereiche ausgespart bleiben und die Frühmahd als „Therapie“ nur solange prakti-zert wird, bis der angestrebte Zustand erreicht wird. Wann und ob dies unter Berücksichti-gung der bereits erwähnten atmosphärischen Einträge von Nährstoffen überhaupt zu errei-chen sein wird, ist nicht abschätzbar.

Im Wirtschaftsgrünland waren einige der bei der Erstkartierung erfassten Mageren Flach-land-Mähwiesen [6510] bei der Überprüfung 2017 als Nasswiesen ausgebildet. Durch maß-volle Entwässerung könnten diese Bestände prinzipiell in feuchte Kohldistel-Glatthaferwiesen zurückentwickelt werden. Da es sich bei Nasswiesen jedoch ebenfalls um naturschutzfach-lich hochwertiges Grünland handelt, das darüber hinaus nach §33 NatSchG geschützt ist, erscheint eine solche Maßnahme nicht angezeigt.

Im Umfeld von hochwertigen Feuchtgebieten und Weihern wird das Grünland seit vielen Jah-ren über Pflegeverträge extensiv bewirtschaftet, um unerwünschte Nährstoffeinträge in die Feuchtgebiete zu verhindern. Die jahrelange Ausmagerung hat in einigen Beständen zu ei-ner Artenverarmung geführt. Eine maßvolle Düngung beispielsweise mit Festmist könnte zu einer floristischen Aufwertung dieser verarmten Bestände führen. Aber auch in diesem Fall erscheint dies wenig sinnvoll, da der Schutz der Feuchtgebiete (Stillgewässer und Streuwie-sen/ Moore von teils regionaler Bedeutung) ein übergeordnetes Schutzziel ist.

Ein weiterer naturschutzfachlicher Zielkonflikt resultiert aus den Empfehlungen zur extensi-ven Teichwirtschaft, insbesondere in Bezug auf die Winterung und vor allem die Sömmerung von Teichen. Je nach Dauer der Winterung und in jedem Fall dann, wenn die Sömmerung

produktionsräume zur Verfügung. Bei Arten mit mehrjähriger Larvalentwicklung (z.B. einige Arten der Großlibellen) wird der Entwicklungszyklus unterbrochen. Es kann zum Ausfall von einer oder mehreren Generationen kommen. Da intakte Amphibienbestände nicht darauf angewiesen sind, sich jährlich zu reproduzieren, wird angenommen, dass die Umsetzung der Empfehlungen innerhalb dieser Gruppe nicht zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung lokaler Populationen führt. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen sonstiger amphibischer – aber auch aquatischer – Tiergruppen ist es sinnvoll, die vorgeschlagenen Zeitintervalle einzuhal-ten, ggf. wäre ein koordiniertes, zeitlich rotierendes Ablassen benachbarter Stillgewässer sinnvoll. Für die Praxis des Winterns und Sömmerns spricht, dass es sich um eine traditio-nelle Form der Teichwirtschaft handelt, die neben den Vorteilen für den Stoffhaushalt, der Verlangsamung von Verlandungsprozessen sowie der Möglichkeit, den Fischbestand quali-tativ und quantiquali-tativ durch einen gezielten Besatz zu steuern, zur Entwicklung eigenständi-ger, in Bezug auf Ziele des Arten- und Biotopschutzes höchst bedeutsamer Lebensgemein-schaften geführt hat. Auf die existenzielle Bindung des Lebensraumtyps der Nährstoffarmen bis mäßig nährstoffreichen Stillgewässer [3130] wurde bereits hingewiesen. Mit der Erhal-tung und Förderung dieses Lebensraumtyps ist die Förderung von seltenen, teilweise hoch-gradig gefährdeten Arten verknüpft, denen in Einzelfällen keine oder nur sehr wenige alter-native natürliche Lebensstätten zur Verfügung stehen. Aus der Gruppe der Pflanzen können u.a. Zypergras-Segge (Carex bohemica), Zwerg-Igelkolben (Sparganium natans), Dreimän-niger Tännel (Elatine triandra) oder Strahlen-Zweizahn (Bidens radiata) profitieren. Ein kon-kretes Beispiel aus dem Landkreis Konstanz für den positiven Aspekt der Sömmerung ist das Auftreten des Roten Gänsefußes (Chenopodium rubrum), dessen Vorkommen in dem Naturraum erloschen war (BREUNIG & DEMUTH, 1999) und dessen Samen sich über Jahr-zehnte – wie die zahlreicher weiterer Pflanzenarten – im Schlamm am Teichgrund keimfähig überlebt hatten. Sömmerung verhindert allerdings auch die Brut von einigen Wasservogelar-ten im Jahr der Sömmerung. Nicht zuletzt, um diesbezüglich keine ungünstigen Entwicklun-gen hervorzurufen, sollte die Umsetzung solcher Maßnahmen mit den Fachbehörden abge-stimmt werden. Auch bezüglich der Wasservögel stehen dem zeitweisen Ausfall an Brutmög-lichkeiten Chancen auf erfolgreiche Reproduktionen anderer Arten wie dem Kiebitz oder an-derer Limikolen gegenüber, die auf den Schlammflächen im Frühjahr sehr gut überschaube-re Habitate finden.

Zielkonflikte Arten

Eine grundsätzliche Frage zur Pflege stellte sich im Naturschutzgebiet „Teufelssee“. Das Vorkommen des Firnisglänzenden Sichelmooses (Drepanocladus vernicosus) [1393] ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Aufgabe der Pflege des Gebietes zum Opfer gefallen. Die konkurrenzschwache Moosart wurde von Torfmoosen verdrängt, die möglicherwiese nicht nur vom Fehlen einer Mahd (vielleicht auch Beweidung) sondern auch von einem erhöhten Grundwasserstand durch die Verlandung des Abzugsgrabens profitiert haben. Da es sich um das einzige bekannte Vorkommen der Art handelt(e), besteht eigentlich ein großer Hand-lungsbedarf dafür, die ursprünglichen Bedingungen wiederherzustellen, um eine Regenerati-on der Art zu ermöglichen. Da andererseits aber bereits seit vielen Jahren keine Präsenz der Art mehr festgestellt wurde und eine Rekolonisierung über Sporen auf natürlichem Weg ext-rem unwahrscheinlich erscheint (die Moosart bildet nur extext-rem selten Sporophyten), muss dieses Ziel hinterfragt werden. Auf Grund der Tatsache, dass die Wiederaufnahme einer Pflege und vor allem eine vermutlich notwenige Öffnung des ehemaligen Entwässerungssys-tems zu einer Beeinträchtigung des Zwischenmoores und vor allem der Torfmoorschlenken nach sich ziehen könnte, wurde auf die Empfehlung solcher Maßnahmen verzichtet. Lang-fristig ist hier die Entwicklung eines Hochmoores denkbar.

Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) [*1093] wurde leider im FFH-Gebiet nicht mehr nachgewiesen. Ein wesentlicher Grund für das Verschwinden der Art ist, dass einge-schleppte nordamerikanische Signalkrebse den Erreger der Krebspest von befallenen Ge-wässern in nicht befallene Gewässer verfrachtet haben. Es sollte künftig verhindert werden, dass im Bereich noch nicht befallener Gewässer (-abschnitte) nordamerikanische Krebse einwandern (oder ausgesetzt werden). Eine zentrale Schutzmaßnahme für noch vorhandene

Steinkrebspopulationen in den Nebengewässern – die essentielle Wiederbesiedlungsquellen für das FFH-Gebiet darstellen – wäre, das Eindringen invasiver Krebsarten in die Fließge-wässer vom Unterlauf her durch Wanderungshindernisse (z. B. Krebssperren) zu verhindern.

Diese alternativlose Schutzstrategie für den Steinkrebs steht der aus fischökologischer Sicht ansonsten vorteilhaften Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit entgegen. In Nebenbächen mit rezenten Steinkrebsvorkommen sind Maßnahmen zur Schaffung der Durchgängigkeit deshalb gegenüber möglichen nachteiligen Auswirkungen auf den Stein-krebs abzuwägen. Diese Abwägung muss von den Fachbehörden jeweils im Einzelfall und in enger Abstimmung mit der Fischereiforschungsstelle getroffen werden.

Zielkonflikte zwischen im Waldmodul beschriebenen Schutzgütern und anderen naturschutz-fachlichen Zielen werden nicht gesehen.