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1 Einleitung

1.1 Vorbemerkung

Die Medizin, deren höchste Ziele die Prävention von Krankheiten, die Kuration heil-barer, die Palliation der Beschwerden unheilbarer Erkrankungen sowie die Rehabilitati-on körperlicher und geistiger Fähigkeiten sind, ist eine an der täglichen Praxis orientier-te, also eine empirische Wissenschaft. Sie gründet sich insoweit seit Anbeginn der Menschheit in Vermutungen, Versuche, Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse.(1)

Auch in der Klinik für Nuklearmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover wird diesem Grundgedanken vollumfänglich Rechnung getragen, wenn durch stete Fra-gestellungen und damit einhergehenden praxisorientierten Forschungen Möglichkeiten eruiert werden, mittels nuklearmedizinischer Technik die Diagnose und die Therapie von Krankheiten zu optimieren und möglicherweise neue Wege zu beschreiten.

Gerade die molekulare Bildgebung bietet hier immer wieder neue Ansätze, Verbesse-rungen zu erzielen, insbesondere bezüglich der Möglichkeiten, Krankheiten bzw. intra-korporale Veränderungen bereits in einem sehr frühen Stadium zu erkennen und dem folgend auch therapieren zu können.

Der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen1 beschrieb sein diesbezügliches Wunschdenken mit folgendem Aphorismus:

Ach, dass der Mensch doch durchsichtig wäre wie eine Qualle und dass man den Sitz seiner Leiden schauen könnte.

Durch passionierte Forschungen auf diesem Gebiet ist die Medizin schon heute die-sen Vorstellungen sehr nahe gekommen.

Eingebunden in den vorstehend beschriebenen Kontext sind auch die durchgeführten und nachstehend beschriebenen Forschungen zur Darstellung der Schilddrüse mittels verschiedenartiger Bildgebungsverfahren.

1 lebte von 1845 -1923

entdeckte am 08. November 1895 im Physikalischen Institut der Universität Würzburg die nach ihm be-nannten Röntgenstrahlen und erhielt hierfür im Jahre 1901 als erster einen Nobelpreis für Physik

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Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf einer neuen technischen Entwicklung in-nerhalb der molekularen Bildgebung, nämlich der „GE-Discovery NM 530c“.

Als erstes seiner Art an einer deutschen Universitätsklinik wurde dieses mit innovati-ven CZT - Cadmium-Zink-Tellurid - Halbleiterdetektoren und neuartigen Kristallen ausgestattete Gammakamerasystem 2013 in der Klinik für Nuklearmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover (Dir.: Prof. Dr. med. Bengel) in Betrieb genommen. (12)(13)

Das neuartige Discovery NM 530-System ist für Myocardaufnahmen optimiert und kommt einer Revolution in der nuklearmedizinischen Herzdiagnostik gleich. (12)(13)

Dieses insbesondere wegen der Kombination der neuartigen Halbleiterdetektoren mit einer auf das Herz zentrierten Kamera, die sich nicht mehr bewegen muss und zeitgleich Abbildungen aus mehreren Schichten erstellt. Zudem ist das System etwa fünffach emp-findlicher als ein modernes rotierendes Gammakamerasystem. Daraus folgt, dass die SPECT-Untersuchungen der Herzmuskeldurchblutung mit dieser Technologie in zwei bis fünf Minuten oder mit einem Viertel bis Fünftel der sonst üblichen Radioisotop-Dosen aufgenommen werden.(12)(13)

Obschon das CZT-Halbleiterkamerasystem grundsätzlich auf die Myocarddiagnostik fokussiert ist, wird es aufgrund seiner innovativen Technologie gleichwohl als flexibler Wegbereiter für eine breitere Anwendung sowohl in der klinischen Nuklearmedizin als auch im präklinischen Bereich gesehen.(12)(13)

- 5 - 1.2 Basisdaten zur Anatomie der Schilddrüse

Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) ist die wohl bekannteste Hormondrüse. Die en-dokrine Drüse besteht aus zwei Seitenlappen (Lobus dexter und Lobus sinister) von regelmäßig unterschiedlicher Größe und einer schmalen Gewebebrücke (Isthmus), wel-che die beiden ventral und lateral der Trawel-chea verorteten Lappen quer in Höhe des 2 - 3 Trachealknorpels miteinander verbindet. Dieser Aufbau gibt ihr die Form eines H bzw.

eines Schmetterlings. Zusätzlich kann ein als entwicklungsgeschichtliches Relikt anzu-sehender Lobus pyramidalis vorhanden sein, der sich kranial vom Isthmus bis zum Zungenbein und höher erstrecken kann. Äußerlich ist die Schilddrüse von einer Capsula fibrosa (Capsula externa) umgeben, die mit der Kehlkopfmuskulatur und den zur Ver-sorgung erforderlichen Gefäßen und Nerven in Verbindung steht. Insbesondere über die Verbindung mit den Eingeweidefaszien von Trachea, Ösophagus und dem Gefäß-Nerven-Strang des Halses folgt die Schilddrüse beim Schlucken den Bewegungen der Trachea und des Kehlkopfes.

Nach innen setzt sich die Capsula fibrosa in Form eines gefäß- und nervenführenden Stützgerüstes (Stroma) als Organkapsel (Capsula interna) fort. Sie untergliedert das Drüsengewebe (Parenchym) in Läppchen (Lobuli). Letztere bestehen aus zystenartigen Follikeln, bei denen zwei unterschiedliche Zelltypen unterschieden werden:

• die Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) herstellen-den einschichtig angeordneten Thyreozyten (Follikelepithelzellen), die im Lumen das Protein Thyreoglobulin enthalten, eine gallertartige Masse (Kol-loid), mittels derer die Schilddrüsenhormonsynthese von Thyroxin und Trijodthyronin stattfindet

und

• den das Hormon Calcitonin produzierenden parafollikulären oder C-Zellen (C für Calcitonin), die in der Follikelwand oder ihr angelagert sind. Calcito-nin beeinflusst den Calciumstoffwechsel und bildet zudem weitere Botenstof-fe <u.a. Serotonin>.(2)

Der Schilddrüse dorsal angelagert sind die Nebenschilddrüsen (Glandulae parathy-roideae). Bei diesen Epithelkörperchen handelt es sich um endokrine Drüsen, die das Parathormon (PTH, Parathyrin) produzieren, welches zusammen mit dem Calcitonin aus den C-Zellen der Schilddrüse - als Antagonist - für die Aufrechterhaltung eines

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siologischen Kalziumspiegels (Kalzium-Homöostase) mitverantwortlich ist. Die zu-meist vier Nebenschilddrüsen haben je die Größe einer Linse und sind gelblich-bräunlich gefärbt. Sie liegen außerhalb der Capsula interna jeweils oben und unten an der Dorsalseite der Schilddrüsenlappen direkt dem Schilddrüsengewebe an und sind benachbart von den Blutgefäßen innerhalb der Capsula fibrosa.(2)

Bei normaler Größe ist die Schilddrüse weder durch Inspektion noch exakt durch Palpation erfassbar. Sie wiegt bei Neugeborenen ca. 2 Gramm, im Einschulalter ca. 6 Gramm, während der Pubertät ca. 8 - 16 Gramm und mit Abschluss des Wachstums bei der Frau bis ca. 18 Gramm und beim Mann bis ca. 25 Gramm. (4) Obwohl die Werte individuell variieren können, ist ein Schilddrüsenlappen bei einer Tiefe (Dicke) von 1 - 2 cm in etwa 3 - 4 cm hoch und 7 - 11 cm breit.(5)

Die Schilddrüse ist eines der am stärksten durchbluteten Organe des menschlichen Körpers(6). Die Gefäßversorgung von Schilddrüse und Nebenschilddrüsen entsprechen einander grundsätzlich. Sie erfolgt arteriell durch die Arteria thyroidea superior und die Arteria thyroidea inferior einschließlich Anastomosen und Kollateralen. Lediglich die Nebenschilddrüsen werden überwiegend über Äste der Arteria thyroidea inferior ver-sorgt. Die venöse Drainage erfolgt über die Vena thyroidea superior, die Vena thyroidea mediae und den Plexus <venosus> thyroideus impar.(2)

1.3 Basisdaten zur Physiologie und zur Bedeutung der Schilddrüse

Abgesehen von der Produktion des Hormons Calcitonin ist es die Hauptaufgabe der Schilddrüse, die Hormone Triiodthyronin - T3 - und Tetraiodthyronin - T4 - zu produzie-ren, zunächst zu speichern und bei Bedarf zu sezernieren.

Die Synthese der T3 und T4 - Hormone geschieht in den Thyreozyten, in deren Lumen das hypophysäre Thyroidea-stimulierende Hormon (TSH) das Thyreoglobulin freige-setzt wird und die darin enthaltenen Thyrosinreste durch Iodierung in die Hormone um-gewandelt werden. Das für die Synthese unabdingbare Iod wird in Form von Iodid-Ionen durch die Nahrung aufgenommen und gelangt mittels eines proteinbasierten Transportes (Natrium-Iodid-Symporter - NIS) durch das Serum zu den Thyreozyten.

Die Hormone bleiben zunächst an das Thyreoglobulin gebunden und werden erst bei Bedarf durch Hydrolyse von diesem Protein gelöst und aus dem extrazellulären Spei-cher in einem Verhältnis von 1:10 (T3:T4) an das Kapillarsystem abgegeben. Das im Körper aktive Hormon ist das - freie - T3, während T4 als Pro-Hormon der Reserve dient

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und erforderlichenfalls peripher am Wirkungsort durch Dejodierung in T3 umgewandelt wird. Beide Hormone sind weit überwiegend, d. h. zu mehr als 99% inaktiv an Trans-portproteine gebunden (insbesondere Thyroxin bindendes Globulin <TBG>), Thyroxin bindendes Präalbumin <Transthyretin>, Albumin). Lediglich ca. 0,3 - 0,4 Prozent liegen als freies T3 (fT3) bzw. freies T4 (fT4) vor und entfalten ihre hormonelle Wirkung.(3)

Die Konzentration der Schilddrüsenhormone im Serum wird durch eine fein abge-stimmte Regulation bestimmt, nämlich durch den thyreotropen Regelkreis. Im Rahmen dieser Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse erfasst der Hypothalamus die Hormonwerte im Serum. Wenn dabei ein Absinken des T3-T4-Hormonspiegels unter den Normwert erfasst wird, schüttet der Hypothalamus Thyrotropin Releasing Hormone - TRH - aus, die wiederum die Hypophyse animieren, das Thyroid Stimulating Hormon - TSH - freizusetzen. Hierdurch wird in der Schilddrüse die Produktion von T3 bzw. T4 angeregt, die dann in das Blut abgegeben werden.

Die Sekretion der Schilddrüsenhormone wird durch negative Rückkopplung gesteu-ert, denn bei einem Anstieg von T3 bzw. T4 wird die hypothalamatische TRH-Freisetzung gedrosselt, was in der Folge zu einer reduzierten TSH-Synthese in der A-deno-Hypophyse (Hypophysenvorderlappen) führt und schlussendlich eine verminderte Ausschüttung der Schilddrüsenhormone bewirkt.(2)

Die Hormone der Schilddrüse kontrollieren den Metabolismus und wirken sich somit auf den gesamten Organismus aus. Dieser Wirkungsmechanismus betrifft auch Drüsen und andere Gewebe, die ihrerseits regulierend auf den Organismus einwirken. Insbe-sondere beeinflussen die Hormone den Sauerstoffverbrauch der Zellen, die Verstoff-wechselung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen (also den gesamten Energie-stoffwechsel), die Funktion des Herz-Kreislaufsystems und des Magen-Darm-Traktes, Wachstums- und Differenzierungsvorgänge sowie die geistige Entwicklung von Unge-borenen und Kindern.(11)

Entfaltet wird die Wirkung der Schilddrüsenhormone, indem sich fT3 bzw. fT4 (siehe oben) an Rezeptoren der zu beeinflussenden Zielzellen anheften und von dort in das Innere der Körperzellen gelangen.(11)

Funktionsstörungen der Schilddrüse wirken sich regelmäßig auf den gesamten Orga-nismus aus und können nahezu jedes Organ in Mitleidenschaft ziehen.(3)(11)

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1.4 Pathologische Veränderungen der Schilddrüse

Pathologische Veränderungen entweder des Funktionszustandes (Hypothyreose bzw.

Hyperthyreose) und/oder der Morphologie (Struma, benigne/maligne) des Organs defi-nieren die Schilddrüsenkrankheiten (Endokrinopathien). Sie können sich auf unter-schiedlichste Weise und abhängig vom Stadium einer pathologischen Störung bemerk-bar machen. So sind z. B. Stoffwechsel- und Befindlichkeitsstörungen typisch für eine Über- bzw. Unterfunktion des Organs. Entzündungen können mit Schmerzen verbunden sein, eine Vergrößerung mit Druck- und Engegefühl.(2)

1.4.1 Kurzübersicht der häufigsten Pathologien

Hyperthyreose: bei dieser Erkrankung produziert die Schilddrüse mehr Schilddrü-senhormone, als der Körper tatsächlich benötigt. Das führt zu einem gesteigerten Stoff-wechsel, von dem der gesamte Organismus betroffen ist. Auffälligste Symptome sind z.

B. verstärktes Schwitzen, Herzklopfen, unregelmäßiger Puls, Nervosität und Unruhe, Rastlosigkeit, innere Anspannung, Gewichtsverlust trotz ausreichender Ernährung, häu-fige und oft durchfällige Stuhlentleerungen, körperliche Leistungsschwäche und Kon-zentrationsstörungen.(4)

Hypothyreose: bei dieser Funktionsstörung werden zu wenige Schilddrüsenhor-mone produziert, so dass der Körper unzureichend damit versorgt ist. Diese Mangelver-sorgung bewirkt eine Verlangsamung der Körperfunktionen. Vor allem Kälteempfind-lichkeit, Müdigkeit, Antriebsschwäche, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkei-ten, verlangsamter Puls und teilweise Wassereinlagerungen sind nur einige Anzeichen dieser Erkrankung.(2)(4)

Morbus Basedow: bei der Basedowschen Krankheit (im englischen Sprachraum Graves‘ disease), die im deutschsprachigen Raum nach dem Arzt Carl von Basedow (Merseburg) als Erstbeschreiber (1840) der endokrinen Orbitopathie mit Schilddrü-senerkrankung benannt wurde, handelt es sich um eine Autoimmunhyperthyreose, da Antikörper (TRAK Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper - auch TSH-Rezeptor-Autoantikörper genannt) des körpereigenen Abwehrsystems die Schilddrüse zur unkon-trollierten Produktion und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen anregen. In Sonder-heit Herzrasen, Struma bzw. Kropf und am auffälligsten hervortretende Augäpfel kenn-zeichnen das Krankheitsbild.(2)(4)

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Hashimoto-Thyreoiditis: auch hier handelt es sich - wie bei der vorbezeichneten Störung - um eine Autoimmunerkrankung, die der japanische Arzt und Pathologe Hashimoto 1912 erstmals beschrieb. Sie stellt sich als chronische Entzündung dar, die letztlich dadurch generiert wird, dass das Immunsystem des Körpers mittels irrtümlich dazu animierter T-Lymphozyten über den TPO-Antikörper (Thyreoidale Peroxidase) Schilddrüsengewebe zerstört und dadurch die Schilddrüsenfunktion mindert (daher auch Bezeichnung als lymphozytäre Thyreoiditis). Als Erstfolge stellt sich selten eine temporäre Überfunktion, später dann eine unumkehrbare Unterfunktion der Schilddrüse ein. Die Symptome entsprechen je nach Stadium der Erkrankung entweder einer Hyper- resp. einer Hypothyreose.(4)

Struma diffusa: bei einer Struma findet sich eine Vergrößerung der Schilddrüse, die nicht unmittelbar mit einer Leistungseinschränkung einhergeht. Die Ursache der Zunahme des Organvolumens wird überwiegend durch eine unzureichende Iodversor-gung (z. B. wohnhaft in Gebieten mit Iodmangel, falsche Ernährung) ausgelöst. Die Schilddrüse ist bestrebt, diesem durch eine Fehlernährung ausgelösten Mangel zunächst mit einer Vergrößerung der Schilddrüsenzellen (Zellhyperplasie) zu begegnen. Ändert sich längerfristig nichts an der nicht ausreichenden Iodzufuhr, reagiert die Schilddrüse letztlich mit einer kompensatorischen Vermehrung der Follikelepithelzellen (Thyreozy-ten). Beide Reaktionen, insbesondere die letztgenannte, führen zur Volumenvergröße-rung der Schilddrüse. Sichtbares Zeichen einer zunehmenden VergrößeVolumenvergröße-rung ist die An-schwellung des Halsumfangs. Außerdem verspüren die Betroffenen u. a. Schluckbe-schwerden, Atemstörungen sowie ein Enge-und Druckgefühl.(4)

1.4.2 Für das Projekt relevante Schilddrüsenknoten

Die Ausbildung von Schilddrüsenknoten zählt zu den häufigsten Krankheiten des Organs. Bei in einer Schilddrüse vorhandenen Knoten - oft mit Organvergrößerung - spricht man dann von einer Struma nodosa. Wenn auch die Gründe für die Entstehung der Schilddrüsenerkrankungen noch nicht vollständig geklärt sind, wird davon ausge-gangen, dass auch hier - wie bei der Struma diffusa - eine chronische Iod-Unterversorgung mit ursächlich ist. Im Gegensatz zur diffusen Schilddrüsenvergröße-rung (Struma diffusa), bei der sich alle Zellen der Schilddrüse gleichmäßig vergrößern, zeigen sich bei den Schilddrüsenknoten krankhafte Areale, die sich vom normalen Schilddrüsengewebe abgrenzen lassen. Diese herdförmigen Veränderungen treten

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wohl solitär als auch multipel einseitig oder beidseitig in den Schilddrüsenlappen auf.

Das Beschwerdebild ist ähnlich dem der Struma diffusa (siehe 1.4.1).(4)

Je nach ihrer hormonellen Aktivität wird regelmäßig in drei Arten von Knoten un-terschieden:

1.4.2.1 Der normofunktionelle Knoten

Der normofunktionelle Knoten ist nicht oder nur kaum vom normalen umlie-genden Schilddrüsengewebe zu unterscheiden und auch die Hormonaktivität ist nahezu gleich dem normalen Gewebe. In Schilddrüsenszintigrammen wird dieser als indifferent bezeichnet.

1.4.2.2 Der hyperfunktionelle Knoten

Bei dieser nodösen Gewebeveränderung wird in den betroffenen Arealen ver-stärkt Iod aufgenommen, unkontrolliert Schildrüsenhormon produziert und sezerniert.

Die Knoten sind losgelöst vom thyreotropen Regelkreis und damit unabhängig vom eigentlichen Bedarf des Körpers an Schilddrüsenhormonen aktiv. Dieses Verhalten wird als Autonomie bezeichnet, der Knoten als autonomes Adenom. Autonome Adenome produzieren oft pulsatil Schilddrüsenhormone und damit die entsprechenden körperli-chen Beschwerden.

Diese im Schilddrüsenszintigramm als „Heiße Knoten“ benannten Verände-rungen sind nahezu ausnahmslos gutartig. Warm oder je nach Stoffwechselaktivität und Ausgleich über den Hypothalamus-Hypophysen-Regelkreis werden sie als kompen-siert/nicht funktionell oder dekompensiert/funktionell bezeichnet.

1.4.2.3 Der hypofunktionelle Knoten

Diese abgegrenzten Organabschnitte zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein Iod aufnehmen und folglich keine Schilddrüsenhormone produzieren können, d. h. inak-tiv sind. Obschon in diesen Bereichen die Hormonproduktion eingeschränkt ist und in-soweit von einer Hypothyreose auszugehen ist, ist eine signifikante Einschränkung der Hormonsezernierung regelmäßig nicht zu befürchten, da das umliegende Gewebe kom-pensierend tätig wird. Diese Knoten werden im Szintigramm als kühl oder kalt bezeich-net.

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Hinter einem „Kalten Knoten“ können sich u. a. Zysten, Fibrosierungen, Ver-kalkungen und Blutungen verbergen, allerdings auch Neoplasien bis hin zu malignen Veränderungen, d. h. einem Schilddrüsenkarzinom.

1.5 Diagnostik der Struma nodosa

Bei jeder nodulären Erscheinung in der Thyroidea handelt es sich um eine pathologi-sche Veränderung eines Teiles derselben. Knoten gehören - wie auch die Struma - zu den häufigsten morphologischen Veränderungen der Schilddrüse. Insbesondere ein hy-pofunktioneller („kalter“) Knoten kann ein Hinweis auf ein malignes Geschehen sein, denn zwischen 3 und 5 v. H. entwickeln sich langfristig bösartig. Eine eingehende diag-nostische Klärung und Kontrolle ist daher unabdingbar angeraten.(7)

1.5.1 Die klassischen Diagnosemöglichkeiten in Kurzübersicht

Für eine suffiziente Diagnose der Schilddrüse steht eine Vielzahl von Untersu-chungsmethoden zur Verfügung. In Form aufsteigend diagnostischer Stufen angeordnet sind diese in Anlehnung an die Leitlinie zur Schilddrüsendiagnostik und der Verfahren-sanweisung für die Schilddrüsenszintigraphie insbesondere: Tabelle 1 (z. B. Palpation, Puls, Blutdruck,

Hautbe-schaffenheit, Tremor, Stimme, Sprache) Sonographie

(strukturelle Organdarstellung) Dopplersonographie

(visuelle und/oder auditive Darstellung des Blutflusses)

Elastographie

(Nachweis von Elastizitätsveränderung des Gewebes)

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Diverse Untersuchungsmethoden werden untrennbar angewandt (z. B. Anamnese, körperliche Untersuchung und Labordiagnostik), höhere diagnostische Stufen jeweils nur bei tieferer Kenntnis beschritten (z. B. Feinnadelbiopsie bei szintigraphisch malig-nomverdächtigen kalten Knoten und/oder pathologischen Laborbefunden).(4)(7)(8)(9)

1.5.2 Die Schilddrüsenszintigraphie nach DGN-Leitlinien im Speziellen

Die Szintigraphie hat in der nuklearmedizinischen In-vivo-Diagnostik einen ganz besonderen Stellenwert. Gerade auch bei der funktionellen Untersuchung der Schilddrü-se kommt sie zur Anwendung. Während die Szintigraphie bei der Beurteilung der Mor-phologie eine regelmäßig vorangegangene Sonographie nur ergänzt, kommt ihr bei der Beurteilung fokaler Raumforderungen/Knotenbildungen große Bedeutung zu. Das gilt vor allem für die Unterscheidung von kalten und heißen Knoten. Dieses hat seinen Nie-derschlag gefunden in den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN), nämlich der Leitlinie zur Schilddrüsendiagnostik und der Verfahrensan-weisung für die Schilddrüsenszintigraphie. Danach ist eine Schilddrüsenszintigraphie mit 99mTc-Pertechnetat indiziert bei tastbaren und/oder sonographisch abgrenzbaren Herdbefunden (Knoten ≥ 1 cm [0,39 Zoll]). Die Dauer der Untersuchung nimmt ein-schließlich Vorbereitung im Regelfall 45 - 60 Minuten in Anspruch.(8)(9)

Das als Tracer verwendete metastabile Technetiumisotop als 99m Tc-Pertechnetat-lösung wird intravenös appliziert und von den Thyreozyten aufgrund der dem natürli-chen Iodid ähnlinatürli-chen chemisnatürli-chen Eigenschaften über den Natrium-Iodid-Symporter aufgenommen. Es wird nicht organisch gebunden, sondern dem anorganischen Teil der Schilddrüse zugeführt und verlässt dieselbe relativ schnell wieder. Somit findet keine Verstoffwechselung statt.(10)

99mTc-Pertechnetat steht als durch den Technetiumgenerator (99Mo/99 Tc)-Generator erzeugbares Radionuklid jederzeit und kostengünstig zur Verfügung und ist hinsichtlich der abgegebenen monoenergetischen Gammastrahlung mit einer Halbwert-zeit von 6 Stunden ideal. Das ist für die Registrierung mit der Gammakamera von gro-ßer Bedeutung.(7)

Auch im Hinblick auf die Strahlenexposition von 99mTc-Pertechnetat ist diese sig-nifikant geringer als bei Verwendung der Radiojodnuklide 123I und früher 131I. Ausge-hend von einer bei einem Erwachsenen verabreichten Aktivität von ca. 50 MBq 99mTc -Pertechnetat wird nur ca. 1 mSv gemessen, die Knochenmark- und Gonadendosis

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trägt ca. 0,1 mSv. Auch die fehlende Betastrahlung verringert insoweit die Exposition im direkten Vergleich mit dem 131I.(7)

Ca. 20 bis 25 Minuten nach der intravenösen Applikation ist die maximale Spei-cherung des 99mTc-Pertechnetats in der Schilddrüse erreicht und beträgt dann bei euthy-reoter Stoffwechsellage in etwa 7% der injizierten Radioaktivitätsmenge. Nach Festle-gung und Markierung einer so genannten Region of Interest (ROI) beginnt die ca. 5-minütige Aktivitätsaufnahme mittels einer hochauflösenden Gammakamera, welche die von den injizierten Radionukliden ausgesandte Gammastrahlung aufzeichnet.

Diese planare Bildgebung zeitigt neben Auskünften über die Lage und Größe der Schilddrüse auch und bei entsprechender Fragestellung insbesondere Antworten über die funktionelle Aktivität durch Palpation und/oder Sonographie morphologisch nach-gewiesener Veränderungen, insbesondere Knotenstrukturen. Schilddrüsenknoten kön-nen kalt, warm oder heiß dargestellt werden (siehe hierzu auch 1.4.2.2 und 1.4.2.3 die-ser Arbeit). Kalte Knoten, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer malignen Entartung bei ca. 3 - 5 v. H. liegt, können regelmäßig - je nach Lage innerhalb der Thyroidea - ab einem Durchmesser von ca. 1 cm (0,39 Zoll) erkannt werden. Kleinere - auch sonogra-phisch nachgewiesene - Parenchymveränderungen dagegen sind z. B. aufgrund einer Superposition von normalem Schilddrüsengewebe bei planarer Bildgebung szintigra-phisch nicht zweifelsfrei nachweisbar. Wenn also eine pathologische Veränderung vent-ral oder dorsal durch funktionstüchtiges nuklidspeicherndes Gewebe überstrahlt wird, kann sich hinter einem warmen Knoten durchaus ein kalter Herdbefund verbergen.

Auch anatomische Besonderheiten der Thyroidea wie z. B. der bildgebend nur schwer darzustellende Lobus pyramidalis oder auch retrosternales Schilddrüsengewebe er-schweren das Erkennen verdächtiger Herdbefunde.(7)(10)

- 15 - 2 Ziel der Arbeit

Insbesondere durch den so genannten Überlagerungseffekt (siehe Ziffer 1.5.2) erfährt die planare Szintigraphie eine entscheidende Limitierung, denn es fehlt im Rahmen die-ser Diagnostik an einer Tiefeninformation, mithin einer dritten räumlichen Dimension.

Diesem Manko kann dadurch begegnet werden, dass auf nuklearmedizinische tomogra-phische Darstellungsweisen zurückgegriffen wird, da bei diesen Untersuchungsmög-lichkeiten die aus unterschiedlichen Winkeln und in verschiedenen Ebenen des Körpers erzeugten Schichtaufnahmen bzw. Schnittbilder zu einem dreidimensionalen Bild um-gerechnet werden (Emissionstomographie).(7)

Das sich auf das Prinzip der Szintigraphie gründende Verfahren der Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) als weitere Variante der nuklearmedizini-schen Diagnostik erfuhr Ende 2013 an der Klinik für Nuklearmedizin an der MHH eine neue Dimension durch die Inbetriebnahme des hochinnovativen Gammakamera-Systems „GE-Discovery NM 530c“. Die hochempfindliche und mit CZT - Cadmium-Zink-Tellurid - Halbleiterdetektoren ausgestattete Kamera ist das erste System seiner Art an

Das sich auf das Prinzip der Szintigraphie gründende Verfahren der Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) als weitere Variante der nuklearmedizini-schen Diagnostik erfuhr Ende 2013 an der Klinik für Nuklearmedizin an der MHH eine neue Dimension durch die Inbetriebnahme des hochinnovativen Gammakamera-Systems „GE-Discovery NM 530c“. Die hochempfindliche und mit CZT - Cadmium-Zink-Tellurid - Halbleiterdetektoren ausgestattete Kamera ist das erste System seiner Art an