• Keine Ergebnisse gefunden

Teil 2 Ergebnisse der Aktenanalyse

1. Tatverdächtige nach sozio-demographischen Merkmalen Grundgesamtheit

1.9. Vollständigkeit der Familie

Im vorliegenden Aktenmaterial stammten 33 % (N=67) der Tatverdächtigen aus einer unvollständigen Familie. 17,2 % (N=35) der Akten enthielten keine Angaben zur Vollständigkeit der Familie.

Bei der Vollständigkeit der Familie bestanden Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern.

So stammten 42,6 % der deutschen und nur 13,7 % der ausländischen Tatverdächtigen aus unvollständigen Elternhäusern.

Hiervon wohnten 82,1 % (N=55) bei der Mutter, 14,9 % (N=10) beim Vater. Je 1,3 % (N=1) lebten bei Pflegeeltern oder beide Elternteile waren verstorben. Von den bei der Mutter lebenden Jugendlichen und Heranwachsenden waren 76,4 % (N=42) Deutsche und 23,6 % (N=13) Ausländer. Bei denjenigen, die beim Vater lebten, waren die Prozentverhältnisse genau umgekehrt; hier waren 40 % deutsche und 60 % ausländische Tatverdächtige.

Als häufigster Grund für die Unvollständigkeit der Familie wurde der Tod eines Elternteils genannt, 31,3 % (N=21). Danach folgte die Scheidung der Eltern mit 29,9 % (N=20). 7,5 % (N=5) hatten sich getrennt und 14,9 % (N=10) waren allein erziehend.

Bei den restlichen Verfahren (N=11) war kein Grund für die Unvollständigkeit genannt.

Bezüglich des Grundes bestanden Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern.

Bei 31,9 % der deutschen und bei 25 % der ausländischen Tatverdächtigen aus unvoll-ständigen Familien war eine Scheidung Auslöser für die Unvollständigkeit der Familie. 20 % (N=4) der ausländischen und 2,1 % (N=1) der deutschen Eltern lebten getrennt. Bei 34 % (N=16) der deutschen und bei 25 % (N=5) der ausländischen Tatverdächtigen mit

unvollständiger Familie war ein Elternteil verstorben. 17 % (N=8) der Deutschen und 10 %

(N=2) der Ausländer lebten bei einem allein erziehenden Elternteil.

1.10. Vorstrafen

1.10.1. Grundgesamtheit

Insgesamt 43,8 % (N=89) der Tatverdächtigen hatten eine Vorstrafe. Bei den Deutschen betrug die Quote 46,3 % (N=50) und bei den Ausländern 41,1 % (N=39)135.

Nachfolgend wird dargestellt, welche Tatverdächtigen bereits eine Vorstrafe erhalten hatten.

Tabelle 11: Grundgesamtheit Vorstrafenbelastung Vorbestraft

Nichtdeutsche 4 9 25 1 56

Alter 14 1 2 11

Aus obiger Tabelle ist zu entnehmen, dass nur zwei Tatverdächtige einschlägig wegen Einbruch vorbestraft waren. Ein ebenfalls nur geringer Teil war allein wegen eines allgemeinen Delikts vorbestraft. Die meisten Tatverdächtigen waren wegen eines Vermögensdelikts, entweder allein oder in Verbindung mit einer Vorstrafe aus einem allgemeinen Delikt, vorbestraft. Ferner lässt sich erkennen, dass ein großer Teil der vorbestraften Tatverdächtigen Heranwachsende waren.

Die Tatverdächtigen waren wegen folgender Straftatbestände vorbestraft:

Tabelle 12: Straftatbestände der vorbestraften TV nach Nationalität

Vorstrafe Deutsche Ausländer

Allgemeiner Tatbestand § 21 StVG, § 223a, § 267 StGB, § 177, § 223, § 223a StGB, BtmG,

135Die Variable Vorstrafenbelastung korreliert nur sehr schwach mit der Nationalität des Tatverdächtigen. Vgl.

Dittmann/ Wernitznig: Strafverfolgung und Sanktionierung bei deutschen und ausländischen Jugendlichen und Heranwachsenden

136Eine Akte enthielt keine Altersangabe, lediglich den Hinweis „Heranwachsender“.

BtmG AuslG

Einbruch § 243 StGB § 243 StGB

Vermögensdelikt § 242, § 246, § 249, § 255, § 263, § 263a StGB

§ 242, § 246, § 248a, § 249, § 255,

§ 259, § 263 StGB

1.10.2. Tatverdächtige mit Vorstrafe

Abbildung 12 (Deutsche) und Abbildung 12a (Ausländer) zeigen die Altersverteilung der vorbestraften Tatverdächtigen.

Abb. 12: Altersverteilung der deutschen vorbestraften TV

Abb. 12a: Altersverteilung der ausländischen vorbestraften TV

Abb. 12

Wie die Abbildungen 12 und 12a zeigen, lagen Unterschiede bei der Altersverteilung

zwischen deutschen und ausländischen Tatverdächtigen vor. Bei den Deutschen bildeten die Heranwachsenden den weitaus größten Teil. Die Anteile bei den Jugendlichen waren

wesentlich kleiner als bei den Heranwachsenden. Bei den Ausländern war die Verteilung gleichmäßiger. Hier standen sich die Jugendlichen und die Heranwachsenden mit gleich großen Anteilen gegenüber. Den größten Anteil stellten die 16- und die 20-Jährigen. Diese Unterschiede bei der Altersstruktur spiegelten sich auch im Durchschnittsalter wieder. Die deutschen Tatverdächtigen mit Vorstrafe hatten ein Durchschnittsalter von 18,3 Jahren, während das der ausländischen nur 16,8 Jahre betrug.

Abbildung 13 zeigt, mit welchem Alter die Tatverdächtigen ihre erste Vorstrafe erhielten.

Abb. 13: Alter des TV bei der 1. Vorstrafe

Hierbei ließ sich mit zunehmenden Alter eine deutliche Abnahme erkennen. Den höchsten Wert erreichten die 14-Jährigen, gefolgt von den 15-Jährigen. Bei den 16-Jährigen war bei den Ausländern eine Unterbrechung des Abstiegs zu verzeichnen. Keiner der Tatverdächtigen erhielt seine erste Vorstrafe mit einem Alter von 19 oder 20 Jahren.

Die deutschen Tatverdächtigen hatten bei ihrer ersten Vorstrafe ein Durchschnittsalter von 14,7 Jahren. Die ausländischen waren nur geringfügig älter, mit einem Durchschnitt von 15,1 Jahren.

Es bestanden geringe Unterschiede bei der Schichtzugehörigkeit der vorbestraften Tatver-dächtigen.

Abb. 13

0 10 20 30 40 50

14 15 16 17 18 19 20

Alter Anzahl

Anzahl ges. Anzahl Deutsche Anzahl Ausländer

Tabelle 13: Vorbestraftenquote nach Schicht

Deutsche 75% 60% 51,4% 33,3% 0 40,8%

Ausländer 75% 87,5% 38,7% 50% 0 34,7%

Bei den sozial Verachteten waren sowohl bei den Deutschen wie auch bei den Ausländern 75

% vorbestraft. Diese Schicht hatte somit bei beiden Bevölkerungsgruppen den größten Anteil an Tatverdächtigen mit einer Vorstrafe. Jeder zweite Deutsche der oberen Unterschicht war vorbestraft, bei den Ausländern waren es nur 38,7 %. Bei der unteren Unterschicht hob sich dieser Unterschied wieder auf. Hier waren 87,5 % der ausländischen und 60 % der deutschen Tatverdächtigen vorbestraft. Diese Gruppe hatte somit nach den sozial Verachteten die größte Quote an vorbestraften Tatverdächtigen. Die untere Mittelschicht hatte eine geringere

Vorstrafenbelastung. Bei den Deutschen waren es 33,3 % und beiden Ausländern 50 %. Es ließ sich eine deutliche Abnahme der Vorstrafenbelastung mit Anstieg der Schicht fest-stellen137.

1.10.3. Anzahl der Vorstrafen

Tabelle 14 zeigt die Anzahl der Vorstrafen nach Nationalität und Schicht.

Tabelle 14: Anzahl der Vorstrafen nach Schicht und Nationalität138 Schicht→

137Ebenso Ludwig: Mehrfachtäter im Kontext gesellschaftlicher Produktion von Jugendkriminalität, S. 87

138Normal gedruckte Zahlen stellen deutsche TV dar, fett gedruckte ausländische

Bei der oberen Unterschicht waren, mit Ausnahme der Tatverdächtigen deren Schicht nicht bekannt war, die Tatverdächtigen mit den meisten Vorstrafen vertreten. Dies war sowohl bei den Deutschen wie beiden Ausländern der Fall. Danach folgten die Tatverdächtigen der unteren Unterschicht.

Karger/ Sutterer haben in ihrer Studie eine erhöhte Mehrfachtäterschaft der ausländischen Jugendlichen festgestellt139.

Dieser Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern ließ sich hier nicht bestätigen.

Bei Betrachtung der durchschnittlichen Anzahl der Vorstrafen, ergab sich für alle vorbestraften Tatverdächtigen ein Durchschnitt von 3,2 Vorstrafen. Der der deutschen Tatverdächtigen lag mit 3,4 etwas darüber und der der ausländischen mit 2,9 darunter.

1.10.4. Sanktion der Vorstrafe

Bei den Sanktionen wurde die schwerste gewählt.

Die meisten Tatverdächtigen mit einer Vorstrafe waren bereits zu Jugendstrafe verurteilt worden (N=33). Allerdings erhielten 66,7 % eine Aussetzung zur Bewährung. Mit 28 % (N=21) standen die Einstellungen an zweiter Stelle. Hierbei wurde nach den §§ 45 I, II, III, 47 I Nr. 2 und Nr. 3 JGG eingestellt. Bei den Zuchtmitteln (N=9) waren Verwarnung,

Jugendarrest und Auflagen, Arbeitsleistungen und Zahlung eines Geldbetrages verhängt worden. Die Erziehungsmaßregeln (N=8) waren nur in Form von Weisungen vorhanden, meist in Form von Arbeitsleistungen. Oftmals erhielt die Akte keine Angaben über die Art der Weisung. Am seltensten war eine Ermahnung erteilt worden.

139Karger/ Sutterer: Polizeilich registrierte Gewaltkriminalität bei jungen Ausländern, MschrKrim 1990, S. 374

Zusammenfassung

Für die Auswahl der Tatverdächtigen war zum einen das Delikt maßgebend. Zum anderen wurden diese auf männliche Täter, die zum Zeitpunkt der Tat zwischen 14 und 21 Jahren alt waren, begrenzt.

Insgesamt verteilten sich die Verfahren zu 53 % auf deutsche und zu 47 % auf ausländische Tatverdächtige, wobei bei diesen die Jugoslawen und die Türken am stärksten vertreten waren. Bei den Ausländern handelte es sich zu ca. 1/3 um sog. „Inlandsausländer“, d.h. um ausländische Jugendliche und Heranwachsende, die bereits in Deutschland geboren waren und eine deutsche Schulbildung hatten. Die zweitgrößte Gruppe waren die Gastarbeiter und ihre Kinder.

Zur Altersstruktur der ausgewählten Tatverdächtigen konnte festgestellt werden, dass die Anzahl der Tatverdächtigen mit zunehmenden Alter stieg. Aufgrund des Alters waren fast alle Tatverdächtigen ledig.

Deutsche und ausländische Tatverdächtige unterschieden sich bezüglich der Vollständigkeit der Familie. Der Anteil der Tatverdächtigen aus unvollständigen Familien war bei den Deutschen wesentlich größer als bei den Ausländern.

Bezüglich der Schicht des Tatverdächtigen konnte man feststellen, dass die ausländischen Tatverdächtige aus niedereren Schichten stammten als die deutschen.

Die Arbeitslosigkeit spielte bei den erfassten Tatverdächtigen eine große Rolle, wobei der Anteil der arbeitslosen Tatverdächtigen bei den Ausländern größer war als bei den Deutschen.

Fast die Hälfte der Tatverdächtigen war bereits vorbestraft, wobei die Deutschen eine geringfügig höhere Vorstrafenquote aufwiesen.

2. Prozessmerkmale