• Keine Ergebnisse gefunden

7   DISKUSSION

7.2.2   In-vitro-Studien zu Morbus Parkinson

Substanz-Versuche zur Inhibition der α-Synuklein-Produktion durch 7.2.2.1

transfizierte N2a-Zellen

Für die In-vitro-Studien zu Morbus Parkinson, wurden murine Neuroblastom Zellen (N2a) mit dem die humane A53T Mutation tragenden SNCA-Gen transfiziert. Die DNA hierzu wurde aus dem Gehirn transgener Parkinson-Mäuse der Linie B6;C3-Tg(Prnp-SNCA*A53T)83Vle/J (Jackson Laboratories) isoliert. Nach erfolgreicher Transfektion und Vermehrung der Zellen erfolgte die Verabreichung der zu testenden Substanzen. Diese wurden entsprechend Kap. 5.3.18 hergestellt und die Zellen dann über das Zellmedium verabreicht. Nach einer Inkubationszeit von 72 h und der anschließenden Zellernte erfolgte die Auswertung der Experimente mittels SDS-Page und Western Blot. Die Wirksamkeit der Substanzen wurde durch Berechnung der mittleren inhibitorischen Konzentration (IC50), die nötig war, um das durch die Zellen produzierte α-Synuklein um die Hälfte zu reduzieren, beurteilt.

Die hemmende Wirkung des Helmkrauttees und seiner natürlichen Wirkstoffe Baicalein und Baicalin auf die Aggregation fehlgefalteter Proteine wurde bereits in mehreren Studien sowohl in vitro als auch in vivo nachgewiesen. Eiden et al. beispielsweise konnten deren Wirksamkeit bei Prion-Erkrankungen sowohl in vitro als auch in vivo nachweisen87. Auch in der vorliegenden Arbeit wurde in vivo eine inhibitorische Wirkung vor allem des Baicalin für die Alzheimer-Krankheit gezeigt.

Morbus Parkinson, einer weiteren wichtigen Proteinaggregationserkrankung, liegt die Ablagerung des fehlgefalteten α-Synuklein und der daraus resultierende Untergang der Dopamin-produzierenden Neurone zu Grunde218. Im Rahmen der in dieser Arbeit durchgeführten In-vitro-Studien an transfizierten N2a-Zellen konnte eine nicht-signifikante

DISKUSSION 87

Hemmung der α-Synuklein Produktion durch Baicalein gezeigt werden. Durch Helmkrauttee, Baicalin, Benzylpiperazin und Diphenylpyrazol wurden keine Effekte erzielt.

Sowohl Zhu et al. wie auch Meng et al. fanden in ihren Aggregations- und Bindungsstudien heraus, dass Baicalein der Gruppe starker Inhibitoren dieses Aggregationsprozesses zuzuordnen ist und es außerdem in der Lage ist, auch anti-aggregatorisch auf bereits bestehende α-Synuklein Ablagerungen zu wirken169,218. Sie wiesen nach, dass eine mögliche Begründung für die inhibitorische Wirkung die Autoxidation des Flavonoides durch Sauerstoff sein könnte169,218. Durch die Oxidation des Baicalein entstehen reaktive organische Verbindungen, die sogenannten Quinone. Diese binden NH2-Gruppen des α-Synuklein und führen so zur Stabilisierung des Proteins. Diese Wirkung ist abhängig von der Präinkubationszeit des Baicalein und der Anwesenheit von Sauerstoff. Eine längere Inkubation des Flavonoides führt zur Entstehung anderer Flavonoid-Derivate und zum Abbau der inhibitorisch wirksamen Quinone169,218.

In den vorliegenden Experimenten könnte die Inhibition der α-Synuklein-Produktion also durch die Bindung der durch Oxidation des Baicalein entstandenen Quinone an das Protein vermittelt worden sein. Dieser Effekt hätte eventuell durch die Wahl einer kürzeren Präinkubationszeit noch verstärkt werden können. Eine inhibitorische und anti-aggregatorische Wirkung des Baicalin wie sie durch Zhu et al169. gezeigt wurde, konnte hier nicht nachgewiesen werden.

Auch bei der Testung des Helmkrauttees, des Diphenylpyrazol (DPP) und des Benzylpiperazin (BZP) ergab sich keine Inhibition der α-Synuklein-Produktion.

88 DISKUSSION

7.3 Chorea Huntington

Zu den neurodegenerativen Erkrankungen gehört auch Chorea Huntington, bei der das Huntingtin-Gen zusätzliche CAG-Triplets besitzt, wodurch aufgrund der erhöhten Polyglutamin-Anteile die Aggregation und intranukleäre Ablagerung des veränderten Huntingtin-Proteins ausgelöst wird. Bei der auch als Veitstanz bekannten erblichen Krankheit führen dann die neurodegenerativen Veränderungen vor allem zu unkontrollierten Bewegungen, den sogenannten choreatischen Hyperkinesien, die sich dann im späteren Verlauf in Bewegungsarmut (Hypokinesie) umwandeln. Auch Wesensveränderungen, psychische Symptome und Gedächtnisstörungen machen das Krankheitsbild der Chorea Huntington aus.

Für die Untersuchungen zu Chorea Huntington wurden transgene Mäuse verwendet, die das humane Huntingtin mit 150 zusätzlichen CAG repeats exprimieren. In Anlehnung an frühere Untersuchungen mit Polyphenolen wie Fisetin und Resveratrol, durch die neuroprotektive Effekte bei der Behandlung von Chorea Huntington gezeigt werden konnten219, erfolgte die orale Behandlung der Mäuse mit polyphenolreichem Helmkrauttee. Ebenso wie bei der Alzheimer-Krankheit und Morbus Parkinson wurde dabei die Wirksamkeit der Behandlung anhand der Zahl der Aggregate des fehlgefalteten Proteins, der sogenannten intranukleären Einschlusskörperchen bestimmt. Diese wurden im Cortex, Zwischen-, Mittel- und Endhirn sowie dem Hirnstamm der Mäuse immunhistochemisch nachgewiesen. Die anschließende Quantifizierung der Aggregate ergab für alle untersuchten Gehirnbereiche eine Reduktion der NII nach Behandlung mit Helmkrauttee im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe.

Aufgrund der hohen individuellen Variation der Aggregatzahl war diese jedoch nicht statistisch signifikant. Mit einer höheren Versuchstierzahl hätte sich hier womöglich eine statistisch signifikante Reduktion der Aggregate zeigen lassen. Von Interesse im Hinblick auf einen repräsentativen Effekt der Substanzen wäre mit Sicherheit auch eine effektivere Darreichungsform gewesen. So hätte vielleicht die intraperitoneale oder intrazerebroventrikuläre Injektion oder die Nutzung osmotischer Pumpen ein anderes Ergebnis erzielt.

Die wirksamen Bestandteile des für diesen Versuch verwendeten Helmkrautes (Scutellaria lateriflora) sind, wie schon früher beschrieben, unter anderem die Flavonoide Baicalein und Baicalin. Für Morbus Alzheimer konnte in dieser Arbeit eine inhibitorische Wirkung des Helmkrautes, Baicalein und auch des Baicalin gezeigt werden. In mehreren In-vitro- und In-vivo-Studien wurden bereits positive Effekte durch die Anwendung verschiedener polyphenolischer Substanzen bei Chorea Huntington erzielt. So testeten beispielsweise Maher et al. die oral verfügbaren Polyphenole Fisetin und Resveratrol in vitro in der Zellkultur sowie in vivo an einem Drosophila-Modell für Chorea Huntington und an transgenen Huntington-Mäusen219. Sie fanden heraus, dass beide Flavonoide in allen drei Krankheitsmodellen die durch das mutierte Huntingtin verursachten Symptome reduzierten.

DISKUSSION 89

Fisetin und Resveratrol sind oral verfügbare Flavonoide, die in der Lage sind, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden219. Maher et al. konnten nachweisen, dass die positive Wirkung der beiden Polyphenole unter anderem auf einer Aktivierung des Extracellular Signal Regulated Kinase-Systems (ERK) beruht. Die ERK sind eine Gruppe von Enzymen, deren Funktion vor allem in der Regulation zellulärer Prozesse wie der Proliferation, Differenzierung und Entwicklung liegt220. Li et al. und Xiong et al. konnten in ihren Studien zeigen, dass Baicalein ebenfalls eine Aktivierung des ERK-Signalweges bewirkt221,222. Die in dem hier durchgeführten Inhibitionsversuch mit Helmkrauttee erreichte Reduktion der Ablagerung des Huntingtin in NII im Gehirn der Huntington-Mäuse ist also möglicherweise durch eine Aktivierung der ERK-Kaskade durch den Wirkstoff Baicalein vermittelt worden.

Die Aktivierung des ERK-Systems hat, wie Apostol et al. in ihren In-vitro-Studien nachweisen konnten, einen schützenden Effekt gegenüber zellschädigen Auswirkungen, verursacht durch mutiertes Huntingtin.

Weitere therapeutische Strategien beschäftigen sich mit der RNA-Interferenz223, der Aktivierung des Proteasom-Systems224 oder dem Einsatz von Histon-Deacetylase-Inhibitoren wie Phenylbuttersäure225, mit der jeweils die toxische Aktivität der Huntingtin-Aggregate reduziert wurde. Bislang gibt es jedoch, genau wie bei der Alzheimer-Krankheit und Morbus Parkinson, keine wirksame Therapie oder Behandlungsmöglichkeiten.

90 ZUSAMMENFASSUNG