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4. SCHULEN, ELTERN UND VERTRAUENSKRISEN

4.1 Forschungsdesiderat: Vertrauen in Institutionen der Bildung

4.1.2 Vertrauen in die Schule

95 Kontext und liefert damit nur bedingt Erkenntnisse über das allgemeine Vertrauen von Eltern in die Institution Schule.

Die Fortführung der Forschungsarbeiten von Hoy und seiner ForscherInnengruppe können im europäi-schen Bereich mit Van Maele und Van Houtte aus Belgien markiert werden (z. B. 2009, 2011). Die ForscherInnen interessieren sich sowohl für die Perspektive der Lehrpersonen, die Beziehung zwi-schen Lehrenden und Lernenden als auch für Vertrauen auf der schulinternen Ebene im Kollegium.

Sie untersuchen u. a., welchen Einfluss schulische Merkmale wie die Größe der Schule und die Zu-sammensetzung der SchülerInnen auf das Vertrauen der LehrerInnen haben (Van Maele, Van Houtte 2011). Auch hier weist der sozioökonomische Status eine starke Bedeutung für die in einer Schule zugrundeliegende Vertrauensbeziehung auf.

„When teachers in a school share assumptions about students‘ teachability, or when a homo-geneous staff culture is indicated, a teacher’s trust in colleagues is fostered.” (von Maele, van Houtte 2011: 454)

Herrscht zwischen dem (kollegialen) Status der Lehrerschaft und dem der Schülerschaft eine starke Differenz vor, so wirkt sich das negativ auf das Vertrauen der LehrerInnen in die SchülerInnen aus.

Ein hoher Anteil von sozial schwachen SchülerInnen oder hohe Migrationsanteile führen ebenso zu niedrigen Vertrauenswerten (Van Maele, Van Houtte 2009; Janssen et al. 2012). Das Vertrauen der Lehrerschaft untereinander wird dabei als wichtiger Indikator für die schulische Effektivität z. B. im Hinblick auf den Schulerfolg der Kinder angesehen. Auch den jeweiligen Arbeits- bzw. Rahmen-bedingungen kommt ein Einfluss für das Vertrauen der Lehrpersonen zu. Während positiv wahrge-nommene Bedingungen positive Effekte aufweisen, führen unterschiedliche Wahrnehmungen inner-halb des Kollegiums, z. B. über die Lernfähigkeit der Schülerschaft, zu insgesamt niedrigen Vertrau-enswerten. Als weitere Ergebnisse lassen sich auch festhalten, dass weibliche Lehrkräfte ein höheres Vertrauen in KollegInnen als männliche Lehrpersonen aufweisen und dass das Vertrauen in KollegIn-nen in öffentlichen Schulen geringer als in privaten Schulen ausfällt.

Insgesamt lässt sich hier festhalten, dass Vertrauen zwischen den einzelnen Akteuren einer Organisati-on wie der Schule positive Auswirkungen auf die FunktiOrganisati-onsfähigkeit der OrganisatiOrganisati-on hat. Dabei stellt der sozioökonomische Status der jeweiligen Akteure eine bedeutende Variable hinsichtlich des zu-grundeliegenden Vertrauens dar.

96 Frage nach dem Vertrauen in öffentliche Bildungseinrichtungen wird aber bislang in der deutschspra-chigen Forschung nur wenig nachgekommen. Zwar wird in öffentlichen Diskussionen häufig von ei-ner Vertrauenskrise der Schulen oder des Bildungssystems ausgegangen (Kap. 4.3), eine explizite Analyse dieser angenommenen Vertrauenskrise fand in Deutschland aber bislang nicht statt. Nur we-nige empirische Untersuchungen oder Einstellungsmessungen nehmen das Schul- und Bildungssystem überhaupt in ihre Betrachtung auf. Weiterhin sind die Ergebnisse – dieser teils eher zweifelhaften Stu-dien – sehr unterschiedlich. Auch Fabel-Lamla (2010) stellt fest, dass zwar ein Vertrauensverlust ge-genüber der Bildungsinstitution Schule vermutet werden kann, welcher sich auf die mittelmäßigen Leistungen bei Vergleichsstudien stützt, gleichzeitig wird an der Bedeutung und dem Vertrauen in Bildung festgehalten („Mehr an Bildung“).

Eine der wenigen Untersuchungen, die einen Hinweis auf Vertrauen in Schulen geben können, ist

„Perspektive Deutschland“ (Perspektive Deutschland 2004). Die Online-Umfrage thematisiert allge-mein die Lebensbedingungen in Deutschland. In den jeweiligen Studien von 2002/2003 und 2003/2004 wird neben diversen anderen Themenbereichen auch das Vertrauen in Institutionen erfragt.

Kindergärten, Schulen, Hochschulen, berufliche Schulen werden ebenso wie die Polizei, Kirchen, Versicherungen etc. erfasst. Die Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Institutionen der Bildung seitens der BürgerInnen durchaus (teilweise sogar hohes) Vertrauen geschenkt wird, dass aber beson-ders bei den öffentlichen Schulen ein dringender Verbesserungsbedarf gesehen wird. Ebenfalls im Jahr 2004 haben Schupp und Wagner (2004) im Rahmen einer Sondererhebung des SOEP das Vertrauen in verschiedene Institutionen erfasst. Dabei wurden etwa 850 Personen nach ihrem Vertrauen gegenüber verschiedenen Institutionen und im zwischenmenschlichen Bereich gefragt. Hier gaben 49% der Be-fragten an, sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in Schulen und das Bildungswesen zu haben. Im Jahr 2010 hat das Marktforschungsinstitut IPSOS im Rahmen der „Studie zum Patriotismus 2010“ das Ver-trauen in verschiedene Institutionen oder Systeme erfasst. Hier schneidet das Bildungssystem eher mittelmäßig ab, nur rund ein Viertel der Befragten – die Antworten zwischen Ost- und Westdeutsch-land unterscheiden sich nicht – vertrauen dem Bildungssystem38. Dahingegen misstrauen fast 40% der Personen den Bildungsinstitutionen, wobei der Wert bei den älteren Befragten (50 bis 64 Jahre) am höchsten ist (IPSOS 2010). Hierbei zeigt sich eine Differenz zu den Ergebnissen von Guppy und Da-vies (1999), bei denen das Alter keinen Einfluss auf das Vertrauen gegenüber Schulen hat. Möglich-erweise kann aber die von Schweer und Thies (2003) beschriebene Bereichsspezifik den Alterseffekt in der Untersuchung von IPSOS (2010) erklären: mit steigendem Alter entfernt sich die Institution Schule vom persönlichen Nahraum, weshalb möglicherweise geringere Vertrauenswerte einhergehen.

Ebenfalls im Jahr 2010 stellte das Meinungsforschungsinstituts Emnid fest, dass die deutsche Bevöl-kerung eher wenig Vertrauen in das Bildungssystem hat. 59% der Befragten machen in der Umfrage

38 Bei dieser Untersuchung wurde eine 5-stufige Skala verwendet von 1= „vertraue ich sehr“ bis 5 = „vertraue ich überhaupt nicht“. Insgesamt vertrauen dem Bildungssystem 23% der Befragten, wobei hier die Top 2 Boxes in die Bewertung einbezogen wurden.

97 das deutsche Bildungssystem für das schlechte Abschneiden bei internationalen Vergleichs-untersuchungen verantwortlich. Es ist allerdings nicht ersichtlich, ob in dieser Befragung tatsächlich nach dem Vertrauen gegenüber Bildungsinstitutionen gefragt wird oder andere Formulierungen ge-wählt werden (Reader’s Digest/Emnid 2010).39 Eine Erhebung von GESIS im Jahr 2012 hat das Ver-trauen in das Bildungssystem in Deutschland erhoben und kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich 5,6% der Befragten dem Bildungssystem volles Vertrauen entgegenbringen. Insgesamt 80% haben etwas bis viel Vertrauen (jeweils 40%), 12,7% geben sehr wenig Vertrauen an und ein sehr kleiner Teil der Befragten hat gar kein Vertrauen (1,7%) (Statista 2015). Noch unklarer zeigt sich die Vertrau-enshöhe der Bevölkerung, wenn der Migrationshintergrund einbezogen wird. In einer Studie der Ber-telsmann-Stiftung (2009) werden zugewanderte Personen nach ihrem Vertrauen in diverse Institutio-nen gefragt. Dabei geben über 60% der Befragten an, sehr viel oder viel Vertrauen in die Schulen zu haben, während der Vergleichswert der Gesamtbevölkerung nur bei etwa 30% liegt.

Die Forschung im anglo-amerikanischen Raum ist diesbezüglich schon einige Schritte weiter. So wur-de die Frage nach wur-dem Vertrauen bzw. wur-dem möglichen Rückgang von Vertrauen in öffentliche Schu-len besonders im ausgehenden 20. Jahrhundert aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht.

Guppy und Davies (1999: 266) diskutieren die Frage, ob es tatsächlich einen „“war“ between parents and schools“ gibt, wie mediale Diskussionen vermuten lassen. Dabei untersuchen sie das Vertrauens-verhältnis von BürgerInnen gegenüber öffentlichen Bildungsinstitutionen in Kanada. Anhand ver-schiedener Datensätze (Umfragen und Ergebnissen von Nationalen Einstellungsforschungen) hinter-fragen sie den angenommenen Vertrauensverlust in öffentliche Bildungseinrichtungen. Die Autoren stellen fest, dass sich das angegebene Vertrauen in Schulen im Zeitverlauf verändert hat, vor allem zu Beginn der 1990er Jahre wurden in repräsentativen Umfragen niedrige Vertrauenswerte gemessen (ebd.: 271). Als Erklärungsansätze führen sie gesellschaftliche Veränderungen an, wobei zwei Aspekte interessant erscheinen. Die veränderte Schulpraxis steht im Konflikt zu den eigenen Schulerfahrungen, da Differenzen wahrgenommen und potentiell negativ beurteilt werden. Und es kann ein höheres Bil-dungslevel der Bevölkerung festgestellt werden, was mit ebenfalls gesteigerten Erwartungen an die Schulen und an das professionelle Personal einhergeht.

„Higher expectations create the demand for higher levels of trustworthiness on the part of all citizens. These expectations are especially brought to bear on those who would educate our children. The actions of these professionals influence not only our children’s current welfare but their future potentialities as well.” (Tschannen-Moran; Hoy 2000: 551)

Diese Erwartungen kann die Schule daraufhin nicht zu genüge erfüllen. „Education has not kept pace, in this view, with the rising expectations of an ever-more-educated population.” (Guppy, Davies 1999:

272). Guppy und Davies (1999) untersuchen ihre Annahmen auch hinsichtlich verschiedener

39 Eine ausführliche Beschreibung der Untersuchung ist nicht auffindbar. Lediglich kurze Berichte lassen sich auf verschiedenen Internetportalen oder direkt bei Reader’s Digest finden. Über die Qualität der Untersuchung lassen sich keine Aussagen treffen.

98 mographischer Merkmale wie Bildungsstand, Einkommen, Sprache, Religion, Alter, Geschlecht etc.

Insgesamt lässt sich aber auch bei Kontrolle aller relevanten Variablen ein sinkendes Vertrauen fest-stellen.

Neben diesen Ergebnissen machen Guppy und Davies (1999) aber auch deutlich, welche Problemati-ken und Interpretationsschwierigkeiten sich durch oftmals verwendete, aber unklare Fragenkonstrukte ergeben. Beispielhaft ist folgendes Fragebogenitem zu nennen: „Do you think children today are being better educated or worse than you were?” In dieser Frage wird nicht erkennbar, welche Kinder ge-meint sind, bzw. auf welche Kinder sich die Frage bezieht (die eigenen Kinder der Befragten, alle Kinder des Landes etc.). Unklar bleibt ebenfalls eine genaue Interpretation von der Bewertung „bes-ser/schlechter“ und an welchen Indikatoren diese Bewertung festgemacht werden kann, der genaue Kontext wird offen gelassen. Eine andere Frage lautet: „On the whole, would you say that you are satisfied or dissatisfied with the education children are getting today?” Auch hier bleibt die genaue Zielgruppe unklar, da es sehr allgemein um Kinder geht und keine genauere Differenzierung stattfin-det. Noch schwerwiegender wiegt allerdings, dass in diesem Item nach „education“ gefragt wird an-statt nach Schule (so wie bei der klassischen Frage zum Institutionenvertrauen). Zudem handelt es sich um allgemein angelegte Erhebungen und Einstellungsmessungen, sodass wiederum die Gruppe der Eltern nicht explizit erfasst wird. Zwar kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei Eltern um eine homogene Gruppe handelt, allerdings ist es wahrscheinlich, dass es Unterschiede in der Be-antwortung der Fragen gibt, je nachdem ob man selber betroffen ist (also z. B. gerade schulpflichtige Kinder hat und evtl. direkt von Reformen betroffen ist) oder keine eigene und direkte Betroffenheit vorliegt. Aus den Analysen lässt sich schließen, dass das Alter beispielsweise keinen Effekt auf die Vertrauensgabe hat. Das persönliche Bildungsniveau hat zwar einen Effekt, allerdings widerspricht der Befund der Annahme, dass eine hohe Bildung einen positiven Effekt auf Vertrauen hat. In den Analy-sen von Guppy und Davies tritt gerade der umgekehrte Fall auf, „people with more schooling have less confidence in public schooling“ (S. 272).

Neben Guppy und Davies (1999), die ihre Analysen auf das kanadische Bildungssystem beziehen, kann für Amerika eine Untersuchung von Tom Loveless (1997) angeführt werden. Loveless (1997) führt vier Erklärungsansätze an, die im Kontext des sinkenden Vertrauens in Schulen diskutiert wer-den: demographische Veränderungen, schlechte Ergebnisse bei Leistungsuntersuchungen, eine gene-relle Unzufriedenheit mit führenden gesellschaftlichen und politischen Institutionen und ein negatives öffentlich vermitteltes Bild über das Schulsystem. Loveless macht auf eine unterschiedliche Bewer-tung von lokalen Schulen und dem Schulsystem aufmerksam. Es zeigt sich der bekannte Effekt, dass das Vertrauen in ein Vertrauensobjekt mit steigender Entfernung zur eigenen Person geringer ausfällt (ähnlich Schweer, Thies 2003). Loveless differenziert zwischen Werten in Einstellungserhebungen und der behavioralen Dimension von Vertrauen, zu der er diverse Handlungen, z. B. die Wahl einer Privatschule, zählt. Dennoch gibt er zu bedenken, dass damit noch nicht die jeweiligen Gründe für das

99 Verhalten deutlich werden, womit auch keine klaren Aussagen über den Einfluss auf Vertrauen getä-tigt werden können.

„People say they do not have confidence in schools, but they often act as if they do. This para-dox embodies fundamental contradictions in the public’s relationship with the school system.”

(Loveless 1997: 130)

Insgesamt konstatieren Fabel-Lamla und Fetzer (2014) für den angloamerikanischen Raum einige bedeutsame empirische Vertrauensstudien im schulischen Kontext und pointieren:

„Es wird untersucht, inwieweit zum einen Vertrauen bedeutsam für das Funktionieren des Bil-dungssystems ist und zum anderen welche Auswirkungen vertrauensvoll gestaltete Beziehun-gen in Arbeits-, Kooperations- und Lernprozessen an Schulen auf eine qualitätsvolle Gestal-tung von Schulen und Lernerfolge von Schüler/-innen haben.“ (Fabel-Lamla, Fetzer 2014:

266)

In den letzten Jahren lässt sich allerdings ein deutlicher Schwerpunkt auf der organisationellen schuli-schen Ebene feststellen, während die Frage nach dem institutionellen Vertrauen zumeist am Rande diskutiert und vor allem in repräsentativen Einstellungserhebungen vorzufinden ist. Die Befundlage im deutschsprachigen Raum kann insgesamt als eher dürftig angesehen werden. Zwar wird die Bedeutung von vertrauensvollen interpersonellen Beziehungen betont, die empirische Erfassung beruht aber zu einem großen Teil auf den Arbeiten von Schweer und im Kontext seiner differentiellen Vertrauensthe-orie. Das Vertrauen in die Institution Schule wird lediglich in einigen wenigen demoskopischen Um-fragen erfasst, unterschiedliche Items und fehlende Operationalisierungen von Vertrauen führen aber zu uneinheitlichen Ergebnissen. Die Werte für vorhandenes oder nicht vorhandenes Vertrauen fallen in den bisherigen Untersuchungen teilweise sehr unterschiedlich aus. Wie diese Unterschiede erklärt werden können, wurde bislang weder explizit thematisiert noch geklärt. Die methodische Erfassung zeigt sich sicherlich auch aufgrund der komplexen Struktur von Vertrauen schwierig, aber auch theo-retisch vermag vor allem eine fehlende grundsätzliche Definition, unterschiedliche Ebenen, Modi und Formen, als Ursache für die unbefriedigende Thematisierung im Diskurs genannt werden.

Zudem bleiben Eltern als spezifische Personengruppe auf Seiten des Vertrauensgebers meist unbe-rücksichtigt. Es kann allerdings angenommen werden, dass Eltern ein anderes Vertrauensverhältnis mit der Institution Schule aufzeigen, als bspw. Personen ohne Kinder. Auch wenn Guppy und Davies (1999) diese Annahme in ihrem Datensatz nicht bestätigen können, kann theoretisch doch vermutet werden, dass Eltern schulpflichtiger Kinder in einem eigenen, spezifischen Vertrauensverhältnis mit der Schule stehen. Aufgrund der allgemeinen Schulpflicht stehen die Eltern „gezwungenermaßen“ in einer Beziehung mit Lehrpersonen und den (besuchten) Einzelschulen. Dahingegen stehen bspw. Per-sonen ohne Kinder (oder bereits aus dem Schulalter entwachsenen Kindern) in einer eher losen Bezie-hung zu Schulen und dem Schulsystem, weshalb eher von einer allgemeinen Haltung ausgegangen werden kann. Mit Verweis auf die Bereichsspezifik von Institutionen kann aber angenommen werden,

100 dass mit steigender Nähe zum persönlichen Nahraum auch die Vertrauenshaltung variiert – direkt Be-troffene wie Eltern schulpflichtiger Kinder also ein „anderes“ Vertrauen in die Schule aufweisen als Personen ohne direkte Berührungspunkte. Zwar liegen seit ein paar Jahren einige empirische resp.

repräsentative Erhebungen vor, in denen die elterlichen Einstellungen erhoben werden, hier fehlt aber der Bezug zu Vertrauen. Dem konkreten Vertrauen von Eltern in die Schule bzw. die Institution Schu-le wurde bislang (nach aktuelSchu-lem Erkenntnisstand) nicht nachgekommen.

Es kann daher der Auffassung von Loveless gefolgt werden, dass “(…) a more sophisticated definition of public confidence in education.“ (Loveless 1997: 151) nötig ist.

„(…), it may be that parents who display higher levels of trust for teachers may be sending overt and subtle messages to their children about the value of learning and schooling as well as an evaluation of the child’s educational experiences and opportunities to date. When these messages are less positive, students academic achievement may falter, in part, due to the stu-dent’s lower motivational support for learning (Bempechat, 1998).” (Adams, Christenson 2000: 494)

Auch die Frage nach dem elterlichen Vertrauen in LehrerInnen wurde im deutschsprachigen Raum bislang nicht explizit ausformuliert und analysiert. Fabel-Lamla und Fetzer (2014) verweisen zwar auf Studien, die Unterschiede zwischen (einem relativ hohen) Vertrauen in die Lehrperson und (einem geringen) Vertrauen in die Schule feststellen. Eine systematische Analyse ist bislang aber nicht vor-handen.40 Ähnlich wie in anderen Bereichen, z. B. innerhalb der Politikwissenschaft, kann auch hier davon ausgegangen werden, dass die beiden Vertrauensdimensionen „weitgehend unabhängig vonei-nander variieren können.“ (ebd.: 257), möglich sind aber auch enge Verknüpfungen.

Auch aus einer methodischen Perspektive weisen die bisherigen empirischen Studien zum (elterlichen) Vertrauen in Schulen bzw. dem Schulsystem noch weiteren Forschungsbedarf auf. Das in standardi-sierten Erhebungen erhobene institutionelle Vertrauen mit direkten bzw. expliziten Fragen nach dem Vertrauen in Institutionen deckt lediglich die Dimensionen von Vertrauen als reflexiv verfügbare Ein-stellung ab, während das prä-reflexive Vertrauen ausgeklammert bleibt (auch Fabel-Lamla, Fetzer 2014: 258). Diese Art der Erhebung kann auch in Anlehnung an Offe (2001) und Endreß (2002) kri-tisch gesehen werden, da hierbei verkürzt von einem allgemeinen Verständnis von Vertrauen ausge-gangen wird. Auch der dynamische Charakter von Vertrauen, also die Möglichkeit der Veränderung über den Zeitverlauf hinweg, bleibt hier unberücksichtigt.

„Vertrauen in Bildung ist demnach apersonal – es ist weder das Vertrauen in eine Institution noch in eine Organisation, sondern in eine Idee als Prozess und als Ergebnis, (…).“ (Welter 2014: 92)

40 Fabel-Lamla und Fetzer (2014) verweisen auf Zahlen aus dem Jahrbuch der Schulentwicklung von 2004. Die-se Studien werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt und stellen eine repräDie-sentative Befragung der Bür-gerInnen zu ihren Einstellungen gegenüber dem Schulsystem dar. Bei den konkreten Fragen zur Einstellung gegenüber der Institution Schule bzw. den LehrerInnen zeigen sich aber Verzerrungen aufgrund der formulierten Fragen. Die Frage nach der Bewertung der Schulen wird eher allgemein gehalten, während bezogen auf die Lehrpersonen das Item „Zu den meisten Lehrern meines Kindes habe ich großes Vertrauen“ angeführt wird (vgl.

auch Kanders 2004 in IFS 2004). Hier besteht also der Unterschied zwischen Zufriedenheit und Vertrauen.

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4.2 Relevanz von Bildung und der Institution Schule in der modernen