• Keine Ergebnisse gefunden

2.5 Einflussfaktoren

2.5.9 Instrumente

2.5.9.3 Vertiefung: Communities of Practice

Aufgrund der empirischen Erkenntnisse in Bezug auf die verbandliche Wissens-dienstleistung „Austausch“ wird das Instrument der „Communities of Practice“

im Folgenden vertiefend eingeführt.

Begriffsdefinition

Communities of Practice (CoP) werden auch Erfahrungskreise oder Wissensge-meinschaften genannt (vgl. Hasler Roumois 2007: 204 und Schreyögg/Geiger 2007: 86). Hasler Roumois bezeichnet sie als die Keimzelle des Wissensmana-gements (vgl. Hasler Roumois 2007: 204).

“Communities of Practice sind über einen längeren Zeitraum bestehende Personen-gruppen, die Interesse an einem gemeinsamen Thema haben und Wissen gemeinsam aufbauen und austauschen wollen. Die Teilnahme ist freiwillig und persönlich. Commu-nities of Practice sind um spezifische Inhalte gruppiert“ (North/Franz/Lembke 2004: 41).

Bedeutung von Communites of Practice

Die Bedeutung des Wissensaustausches im Rahmen von Wissensgemein-schaften/Communities of Practice wird auf Grund verschiedener Faktoren im-mer größer. North/Franz/Lembke nennen in diesem Zusammenhang

„ähnliche Probleme an unterschiedlichen Orten, Wissensintransparenz, vermutete Sy-nergien durch Erfahrungsaustausch und das menschliche Grundbedürfnis nach Wis-sensteilung, Kreativität und Gemeinschaft“ (North/Franz/Lembke 2004: 12).

Zielsetzung von Communites of Practice

Die Ziele von CoP beziehen sich auf das Lösen von Problemen, das wechsel-seitige Lernen (partizipatives, kooperatives und kollektives Lernen), die De-ckung des Informationsbedürfnisses, den gemeinsamen Austausch von Erfah-rungswissen und Erkenntnissen, die Generierung von neuem Wissen im Rah-men dieses Austausches, die Schaffung von Innovationen sowie die Verände-rung der Kultur (vgl. Schneider 2004: 137;146 und Reinmann-Rothmeier 2001a : 28-31 und Schreyögg/Geiger 2007: 86 und Bettoni/Clases/Wehner 2004: 321 und Hasler Roumois 2007: 204).

Merkmale von Communites of Practice

CoP zeichnen unterschiedliche Merkmale aus. Hierzu gehören im Hinblick auf die Struktur die Hierarchie- und Weisungsunabhängigkeit und die Beteiligung verschiedener hierarchischer Ebenen mit unterschiedlichen Stufen der Partizi-pation. CoP sind offene, evolutionär gestaltete Gruppen beziehungsweise Ver-bindungen von Menschen. Sie sind eine eigene Form von Interaktion und munikation. Reinmann-Rothmeier bezeichnet CoP als „Knotenpunkt der Kom-munikation“. Sie verfügen über einen eigenen Lebenszyklus, Rhythmus und eine eigene Geschwindigkeit. CoP organisieren und steuern sich im theoreti-schen Idealfall selbst. In der Praxis sind CoP unter Umständen auf Unterstüt-zung und damit indirekter Fremdsteuerung durch das Organisations- und Wis-sensmanagement angewiesen (vgl. Kapitel 2.6.5). Hasler-Roumois bezeichnet CoP als eine eigene Mikrokultur. Kulturelle Aspekte sind die Freiwilligkeit im Hinblick auf die Teilnahme der Akteure an der Community, die Zwanglosigkeit, Offenheit und Aufrichtigkeit im inneren Dialog und nach außen. Bettoni/Cla-ses/Wehner nennen die Leidenschaftlichkeit und Lebendigkeit. Communities of Practice sind von Eigenverantwortung geprägt. Sie erfordern Kooperationsbe-reitschaft, sind beziehungsorientiert und bieten neben informellen auch private Begegnungsräume. Communities of Practice sind darüber hinaus lernorientiert.

Sie ermöglichen partizipatives Lernen durch Beobachtung, Nachahmung und Identifikation, ein kooperatives Lernen durch Diskussion sowie kollektives Ler-nen durch bewusste gemeinsame Wissensgenerierung (vgl. Schneider 2004:

135; 145-146 und Reinmann-Rothmeier 2001a: 28-32 und Schreyögg/Geiger 2007: 86 und Bettoni/Clases/Wehner 2004: 321-322 und Hasler Roumois 2007:

125-129; 204).

Voraussetzungen für die Arbeit in Communites of Practice

Voraussetzungen für die Arbeit von CoP sind eine gemeinsame Identität, überschneidende, von unten generierte Interessens- und Problemlagen sowie

eine gemeinsame Verständigungsbasis und Wissensgrundlage (vgl. Reinmann-Rothmeier 2001a: 28 und Schneider 2004: 137 und Hasler Roumois 2007:

199).

Gestaltungsdimensionen von Communities of Practice

North/Franz/Lembke (2004) beschreiben vier Gestaltungsdimensionen: Die

„Mitglieder“ der Community of Practice, die „interaktive Gemeinschaft“, das „Er-gebnis/der Nutzen“ der Interaktion und die „organisatorische Unterstützung“ der Interaktion.

Die Gestaltungsdimension „Mitglieder“ umfasst die gemeinsame Definition des Themas und Interesses, die Festlegung der Zugehörigkeit zur Kerngruppe und die Einbindung unterstützender Externer. Weitere Aspekte sind das Feststellen des Expertenniveaus bezogen auf den Erfahrungshintergrund und die Qualifika-tion der ExpertInnen, die Wissensdiversität im Hinblick auf die Ausprägung des vorhandenen Wissens zum Themenschwerpunkt sowie die Mitgliedergewin-nung (vgl. North/Franz/Lembke 2004: 52-60). Zur Gestaltungsdimension „inter-aktive Gemeinschaft“ gehören der Vertrauensaufbau und die Werteentwicklung, die Festlegung des Rhythmus der Interaktion, die Gestaltung „erlebnisreicher Ereignisse“, die Vorbereitung, das bekannte Setting, ein gewohnter Ablauf, gute Beiträge und Inhalte, die Gruppenarbeit, Pausen, die Moderation durch ge-schulte Moderatorinnen und Moderatoren und informelle Abendveranstaltun-gen. Weitere Faktoren sind die Sicherstellung des kontinuierlichen Austausches im Rahmen von regelmäßigen Treffen, eine angemessene Dauer und die Aus-wahl geeigneter Kommunikationsformen sowie die Organisation von Untergrup-pen und Projekten (vgl. North/Franz/Lembke 2004: 60-68). Die Gestaltungsdi-mension „Ergebnisse/Nutzen“ bezieht sich auf die Sicherstellung des Nutzens für die Mitglieder. Im Hinblick auf den beruflichen Nutzen wird dies durch die ge-genseitige Vernetzung, die Ideengewinnung und Problemlösungen erreicht. Pri-vater Nutzen entsteht durch die Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwick-lung und Anerkennung. Der Nutzen für die Organisation wird durch die Unter-stützung der Strategie, die Weiterentwicklung von Qualität, Innovationsfähigkeit,

die Personalentwicklung, die Lernfähigkeit sowie durch die Identifikation von ExpertInnen erzielt. Nutzen sichert darüber hinaus der Austausch von implizi-tem Erfahrungswissen – als „verbindendes Element in Communities“ – und die damit verbundene Generierung von neuem Wissen (vgl. North/Franz/Lembke 2004: 68-77). Die Gestaltungsdimension „organisatorische Unterstützung“ um-fasst die Aufgabe der Administration und Unterstützung der Mitglieder, hierzu gehören die Begrüßung, die Vermittlung der Normen und Regeln, die Einladung zu den Aktivitäten, die Pflege der Mitgliederlisten und die Organisation der Lo-gistik. Eine weitere Gestaltungsaufgabe ist die Pflege der Informations- und Kommunikationsplattform mit entsprechendem Dokumentenmanagementsys-tem, Terminplanung und Best-Practice-Datenbank. Der organisatorischen Un-terstützung lässt sich die Bereitstellung der Infrastruktur, des Versammlungsor-tes, der Arbeitsräume mit entsprechender Atmosphäre und geeigneter Medien zuordnen. Notwendig ist die inhaltliche Koordination mit den Aufgaben Wissen zu dokumentieren, codieren, aktualisieren, zu suchen, zu transferieren, auszu-tauschen und zu löschen sowie externe ExpertInnen zu vermitteln. Aufgaben sind darüber hinaus das Sponsoring, die Beschaffung von funktionsrelevanten Ressourcen und die Bereitstellung von Strukturen (vgl. North/Franz/Lembke 2004: 77-85).