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3 Eigene Untersuchungen

3.6 Versuch zur Bestimmung des Scrapie-Status einer Herde mit fraglichem Status

3.6.1 Versuchsanordnung

Im Rahmen des TSE-Überwachungsprogrammes kam es im Frühjahr 2003 zu einer Probenverwechslung. Nachdem ein positives Schnelltestergebnis vom nationalen Referenzzentrum auf der Insel Riems bestätigt werden konnte, stellte sich heraus, dass der Genotyp der untersuchten Stammhirnprobe (ARQ/ARQ) nicht mit dem Genotyp des vermeintlich dazugehörigen Schafkopfes (ARR/ARR) übereinstimmte und somit auch die Ohrmarkenregistrierung für die Stammhirnprobe nicht stimmte. Die Probe konnte keinem Herkunftsbestand eindeutig zugeordnet werden. Aus zehn grundsätzlich in Frage kommenden Herkunftsbeständen wurden nach weiteren Nachforschungen zwei Betriebe ermittelt, die als Herkunftsbetriebe in Frage kamen. Aus dem kleineren dieser beiden Betriebe wurden zur weiteren Abklärung, bzw. zum Ausschluss des Verdachts, alle 41 Schafe der Rasse Bentheimer Landschaf genotypisiert. Im Anschluss wurde bei allen 26 genetisch empfänglichen Tieren eine Tonsillenbiopsie durchgeführt und die Gewebeprobe mit PET blot und IHC auf PrPSc untersucht.

3.6.2 Ergebnisse

Es wurden Tonsillenbioptate von 26 Schafen auf PrPSc Vorkommen sowohl mittels PET blot als auch mittels IHC untersucht. Mit keiner der beiden Methoden konnte eine Akkumulation von PrPSc in den untersuchten Proben nachgewiesen werden. Somit konnte bei keinem Tier ein Hinweis auf das Vorliegen einer Prionerkrankung festgestellt werden. Es konnten jedoch nur Gewebeproben für ein negatives Ergebnis herangezogen werden, bei denen ausreichend follikuläre Strukturen im Bioptat vorhanden waren. Dieses war bei sieben der 26 Proben nicht der Fall.

Tabelle 12: Darstellung der Ergebnisse des Versuches zur Bestimmung des Scrapie-Status einer

Gewebe nicht beurteilbar nicht beurteilbar

175 rot ARQ/VRQ G5 3 negativ negativ

Abbildung 12: Tonsillenbioptat mit 6 Follikeln, HE-Färbung, Objektiv-Vergrößerung 10x.

Abbildung 13: Aufnahme eines positiven PET blot-Befundes. Die dunkelblaue Färbung

kennzeichnet die Akkumulation von PrPSc in Follikeln des Tonsillenbioptates;

80-fache Vergrößerung; Farbreaktion NBT/BCIP; monoklonaler AK 3B5.

Abbildung 14: Aufnahme eines positiven IHC-Befundes. Die braune Färbung kennzeichnet die Akkumulation von PrPSc in Follikeln des Tonsillenbioptates. Objektiv-Vergrößerung 10x; ABC Methode monoklonaler AK L42; Gegenfärbung Hämatoxylin.

Abbildung 15: Aufnahme eines positiven IHC-Befundes. Die braune Färbung kennzeichnet die Akkumulation von PrPSc in Follikeln des Tonsillenbioptates. Objektiv-Vergrößerung 40x; ABC Methode monoklonaler AK L42; Gegenfärbung Hämatoxylin; Nomarski Interferenz-Optik.

4

Diskussion

Scrapie gehört zur Gruppe der tödlich verlaufenden, übertragbaren, neurodegenerativen Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Neben der übertragbaren Komponente, dem pathologischen Prion-Protein, ist beim Schaf ein starker genetischer Einfluss auf die Krankheitsempfänglichkeit bekannt. Die Erregerausbreitung bei natürlich an Scrapie erkrankten Schafen ist neben dem neuronalen Weg auch über das lymphatische System möglich. Die Diagnose am lebenden Tier stellt sich als überaus schwierig dar. Neurologische Störungen, Verhaltensänderungen oder eine progressive Verschlechterung des Allgemeinzustandes im Zusammenhang mit einer Störung des zentralen Nervensystems können nur einen Scrapie-Verdacht begründen. Bei genetisch empfänglichen Schafen kann der positive Erregernachweis in einem Tonsillenbioptat eine Diagnosestellung ermöglichen (SCHREUDER et al. 1998). Ein negatives Ergebnis muss allerdings stets kritisch bewertet werden.

Durchführbarkeit einer Tonsillenbiopsie in der Praxis

Ein Ziel dieser Arbeit war es, die praktische Anwendbarkeit der Tonsillenbiopsie als präklinisches Diagnostikum von Scrapie bei lebenden Schafen zu untersuchen. Es sollte geklärt werden, ob die Tonsillenbiopsie in der Praxis vor Ort durchführbar ist und wie zuverlässig die Gewinnung von aussagekräftigem Probenmaterial ist.

Innerhalb dieser Studie wurde schnell deutlich, dass die eigentliche Durchführung einer Biopsie ohne Schwierigkeiten auf jedem Betrieb möglich ist. Sofern der Tierhalter oder der Schäfer die Tiere fixiert, kann die Entnahme durchaus ohne weiteres Hilfspersonal erfolgen.

Der Vorgang wird von den Tieren ohne sichtbare Komplikationen verkraftet, die Tierhalter berichten außerdem über keinerlei Komplikationen nach der Entnahme der Gewebeprobe.

Vor dem Beginn der eigentlichen, für diese Arbeit relevanten Probenentnahmen hat selbstverständlich eine umfassende Übungsphase stattgefunden. Umso erstaunlicher war die Feststellung, dass trotz sorgfältiger Einarbeitung in die Entnahmetechnik nach den ersten 100

entnommenen Proben immer noch ein signifikanter Trainingseffekt festzustellen war. Dies ist nur so zu interpretieren, dass die erfolgreiche Entnahme eines Tonsillenbioptates letztendlich doch mehr Übung erfordert, als es zunächst scheint. Berücksichtigt man, dass die Untersuchung einer Tonsillenbiopsie in der Praxis dem Bedarf entsprechend nur sehr selten Einsatz finden würde, ist die Bedeutung dieses Trainingseffektes entsprechend groß zu bemessen. Die Ergebnisse der histologischen Bioptatauswertung zeigen, dass viele Bioptate zwar lymphatisches Gewebe enthalten, aber die Anzahl auswertbarer Follikel nicht immer der erforderlichen Menge entspricht. Unter Berücksichtigung des Trainingseffektes ist es im Rahmen dieser Arbeit nur bei 67% der Biopsien gelungen, Gewebeproben, die mindestens drei und mehr Follikel enthalten mit der beschriebenen Entnahmetechnik zu entnehmen. Und dies, obwohl 87% aller Gewebeproben lymphatisches Gewebe enthalten. Eine Ursache hierfür könnte darin liegen, dass die Tonsillen des Öfteren nur im Randbereich tangiert wurden und somit nicht genug Tonsillengewebe im Bioptat vorhanden ist. Eine solche Ursache kann histologisch an den Bioptaten nicht bestätigt werden. Ein bedeutender Faktor für die Gewinnung von Gewebeproben mit ausreichender Follikelzahl ist auch das Alter der Tiere.

So sind die Tonsillen bei Tieren, die deutlich älter als vier Jahre alt sind (beginnender Zahnverlust), kleiner, und der Sinus tonsillaris ist schlechter erkennbar. Weiterhin gestaltet sich das Auffinden des Sinus Tonsillaris besonders schwierig bei Tieren mit schwarzpigmentierter Pharynxschleimhaut. In einem hier nicht näher dargestellten Nebenversuches im Rahmen des Kapitels 3.3.2.3 wurde anhand mehrerer Proben untersucht, ob die Anfertigung von histologischen Stufenschnitten in Bezug auf die Follikelzahl bessere Ergebnisse mit sich bringt. Es zeigte sich aber, dass das Aufschneiden der gesamten Probe kein besseres Ergebnis liefert (Ergebnisse nicht näher dargestellt).

Die von SCHREUDER et al. (1998) genannte Anzahl von mindestens drei auswertbaren Follikeln in der Tonsillengewebeprobe ist in erster Linie gefordert, um sichere negative Ergebnisse zu erhalten. Eine Akkumulation von PrPSc ist entsprechend den Untersuchungen dieser Arbeitsgruppe bei Scrapie-positiven, homozygoten VRQ Tieren, in 80% der Follikel zuverlässig ab einem Lebensalter von 8 Monaten zu finden. Hieraus schlossen die Autoren, dass für ein einen negativen PrPSc-Nachweis mindestens drei Follikel zu untersuchen sind.

Für den Fall einer positiven immunhistochemischen Färbung wäre allerdings ein einziger, positiver Follikel ausreichend, um einen Fall als Scrapie-positiv zu beurteilen.

Dementsprechend könnten die, nach ausreichendem Training zu 12% aufgetretenen Fälle, die nur ein bis zwei Follikel in der Gewebeprobe enthalten, durchaus für die Detektion eines Scrapie-Falles ausreichen. Sicher ausschließen lässt sich Scrapie bei einer negativen immunhistochemischen Färbung allerdings nicht.

Bei der Untersuchung ganzer Tonsillen, von toten, positiven Tieren, wurden auch Fälle gefunden, bei denen sich im PET blot Verfahren nur in jedem vierten bis fünften Follikel eine PrPSc Akkumulation nachweisen lies3. Allerdings handelte es sich bei diesen Tieren, im Gegensatz zu den oben erwähnten Untersuchungen von SCHREUDER et al. (1998) nicht um homozygote VRQ Tiere, sondern um ARQ/ARQ Tiere. Demzufolge sind die Vorgaben bezüglich der Auswertbarkeit eines Bioptates nicht zweifelsfrei auf Tiere der Genotypklasse G3 zu übertragen. Ob sich auch bei den heterozygoten VRQ Tieren in 80% der Follikel eine PrPSc–Akkumulation nachweisen lässt und in wie fern diese Beobachtung für andere Genotypen gilt, wird von SCHREUDER et al. (1997, 1998) nicht näher beschrieben.

Andere Autoren testeten Alternativen zu der von SCHREUDER et al. (1997, 1998) und in dieser Arbeit angewandten Technik der Tonsillenbiopsie. O´ROURKE et al. (1998, 2000) konnte mit Biopsien vom dritten Augenlid im Durchschnitt vier bis sieben Follikel gewinnen, in denen im Falle eines Scrapie-positiven Tieres in 89% der Follikel eine Akkumulation von PrPSc nachweisbar war. Einer geübten Person war es möglich Bioptate von 30 bis 60 Tieren pro Tag zu gewinnen, von denen 80 bis 90% mindestens vier Follikel aufwiesen. Die Ergebnisse dieser Studie beziehen sich auf Tiere der Genotypen ARQ/ARQ sowie VRQ/ARQ. Ob sich diese Daten auch für andere Genotypen bestätigen, wird nicht näher beschrieben. Bezüglich der Gewinnung möglichst vieler auswertbarer Follikel im Bioptat wurden von THURING et al. (2002) Gewebeproben von Tonsillen, Mandibularlymphknoten und dem dritten Augenlid miteinander verglichen. Auch hierbei war hinsichtlich der Follikelgewinnung die Biopsie des dritten Augenlides am erfolgreichsten. Eine weitere Möglichkeit der Gewinnung lymphatischen Gewebes ist die Biopsie von Lymphgewebe der Rektumschleimhaut. Für homozygote VRQ Tiere scheint die Nachweismöglichkeit

3 Laut persönlicher Mitteilung von Dr. W. Schulz-Schäffer, Prion- und Demenzforschung, Institut für Neuropathologie, Georg-August Universität, Göttingen im September 2004

zuverlässig, allerdings finden sich bei heterozygoten VRQ Tieren nur in 20% der Follikel eine PrPSc–Akkumulation. Wie hoch die Möglichkeit einer aussagekräftigen Probengewinnung ist, ist nicht bekannt (GUNNES 2004).

Unabhängig davon ist festzustellen, dass eine Tonsillenbiopsie bei der nur zu 67%

aussagefähiges Material gewonnen wird für eine Routinediagnostik eher ungeeignet ist. Der generelle Einsatz einer Bioptatuntersuchung von lymphatischem Gewebe erscheint nur unter besonderen Bedingungen sinnvoll. Hierzu zählen zum Beispiel die Erhaltung vom Aussterben bedrohter Rassen, die Erhaltung kostbarer Forschungstiere oder die Gewinnung lebender, Scrapie-positiver Tiere für weitere Forschungszwecke, unter Berücksichtigung der jeweiligen Genotypen. Hierfür scheint die Biopsie vom dritten Augenlid, nach den vorangestellten Literaturangaben bessere Erfolge zu versprechen. Vor der Durchführung von Biopsien empfiehlt es sich, den Genotyp bereits bekannter positiver Tiere aus einer Herde zu ermitteln, um den Kreis der weiteren, verdächtigen noch lebenden Tiere näher einzuschränken.

Verbreitung genetisch resistenter Tiere

Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war es, eine Übersicht über die Verbreitung von genetisch resistenten Tieren in der Gruppe der untersuchten Schafe zu gewinnen. Programme zur Züchtung TSE-resistenter Schafe, wie sie von der Europäischen Union beschlossen worden sind, erfordern eine gewisse Anzahl an resistenten Zuchttieren innerhalb einer Population.

Ziel eines solchen Zuchtprogrammes ist die Erhöhung der Prävalenz des ARR-Allels und die Reduzierung von Allelen, die mit hoher genetischer Scrapie-Anfälligkeit einhergehen, wie es vor allem beim VRQ-Allel der Fall ist. Bei der hier untersuchten Gruppe von Schafen, liegen zu 41% resistente Genotypen der Klassen G1 und G2 vor. Dieses Ergebnis spricht deutlich für die Durchführbarkeit einer Resistenzzucht. Insgesamt waren nur 5% der Tiere Träger eines VRQ-Allels, so dass die Eliminierung dieses Allels aus der Population sicherlich möglich ist.

Betrachtet man die Verteilung der Genotypen unter Berücksichtigung der einzelnen Rassen, so ist zu erkennen, dass das ARR-Allel bei den Fleischrassen deutlich weiter verbreitet ist als bei den Landschaftsrassen. Bei vielen Landschafrassen, wie zum Beispiel den untersuchten Finnschafen, Braunen Bergschafen, Bentheimer Landschafen, Rauwolligen Pommerschen

Landschafen, Merinolandschafen, Kamerunschafen sowie den beiden Milchschafrassen ist die Genotypklasse G1 gar nicht vertreten. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Teilnahme an dieser Studie auf freiwilliger Basis der Schafhalter erfolgte, und dass hier gewonnene Ergebnisse nicht repräsentativ für die gesamte Population einer Rasse sind. So stammen z.B. die Ergebnisse für die Rauwolligen Pommerschen Landschafe und die Finnschafe von Tieren aus jeweils einem Bestand. Weiterhin handelt es sich bei den hier untersuchten Schafen zum größten Teil um weibliche Tiere, die beim Zuchteinsatz ihr Potential nicht so rasch vermehren, wie es bei resistenten Böcken der Fall ist. Die hier gewonnenen Ergebnisse unterstreichen bekannte Daten bezüglich der Genotypenverteilung in Niedersachsen. So konnten DRÖGEMÜLLER et al. (2001) anhand 1361 zufällig ausgewählter Schafe, meist Böcke, aus 15 verschiedenen Rassen zeigen, dass bei Fleischschafen im Gegensatz zu anderen Rassen die Frequenz des ARR-Allels am höchsten ist. In der genannten Arbeit fiel die Frequenz an VRQ-Allelen ebenfalls grundsätzlich niedrig aus und es ergab sich, dass Milch- und viele Landschafrassen definitiv zu den „Risikoklassen“

zählen.

In Vorbereitung des nationalen Zuchtprogrammes auf Resistenz gegen Transmissible Spongiforme Enzephalopathien (TSE) bei Schafen und gemäß der Entscheidung 2002/1003/EG (Amtblatt L.349 S. 105) wurde im Jahr 2003 bei allen einheimischen Schafrassen in Form einer repräsentativen Stichprobe untersucht, wie häufig die erwünschten genetischen Resistenz-Anlagen verbreitet sind. Die Ergebnisse dieser Stichprobenuntersuchung wurden an die Europäische Kommission weitergeleitet. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass bei den meisten in Deutschland heimischen Rassen eine Grundlage für ein Zuchtprogramm auf TSE-Resistenz vorhanden ist. Aber auch im Rahmen dieser Untersuchungen zeigte sich, dass unter anderen bei Finnschafen und Bentheimer Landschafen die Frequenz des ARR-Allels unter 10%, und für Ostfriesische Milchschafe, Merinolandschafe, Bergschafe und Graue Gehörnte Heidschnucken unter 20% lag. Unter allen getesteten Kamerunschafen konnte bislang kein einziges ARR-Allel nachgewiesen werden, während für die Rauhwolligen Pommerschen Landschafe eine ARR-Allelfrequenz von über 20% ermittelt wurde (EUROPEAN-COMMISSION 2004).

Die Durchführung eines Zuchtprogrammes auf Scrapie-Resistenz ist daher nicht für alle heimischen Rassen in Niedersachsen ohne weiteres durchführbar. Es existieren Schafrassen, in deren Population die zur Resistenzzucht nötige Anzahl an genetisch geeigneten Tieren nicht vorhanden ist. Viele Landschafrassen und auch die beiden Milchschafrassen gehören dazu. Bricht in einer solchen Herden Scrapie aus, ist es daher nicht sinnvoll, die EU-weit geforderten Bekämpfungsmaßnahmen in ihrer ursprünglichen Form durchzuführen, da dies die Existenz dieser Rasse bedrohen könnte. Für einen Fall, bei dem in einer Herde einer seltenen, vom Aussterben bedrohten heimischen Schafrasse Scrapie detektiert wird, sollten daher Ausnahmeregelungen getroffen werden, wie sie zur Zeit teilweise schon durch die Verordnung (EG) 999/2001, geändert durch die Verordnung (EG) 1915/2003 eingeräumt werden (Amtsblatt L 283 vom 31.10.2003). Obwohl bereits ein schriftlicher Vorschlag für ein Zuchtprogramm vorliegt, sind für Niedersachsen derzeit weder Zuchtprogramme noch entsprechende Ausnahmeregelungen definiert. Dennoch ist in Niedersachsen bereits bei einem konkreten Fall eine denkbare Ausnahmeregelung umgesetzt worden (AZ. 203-42282/7-626(E)). Grundsätzlich gilt natürlich auch für solche Ausnahmefälle, dass der Erfolg und die Nachhaltigkeit der EU-Kontrollprogramme im Rahmen der Scrapie-Bekämpfung nicht gefährdet werden dürfen. Daher ist es auch bei derartigen Ausnahmefällen unumgänglich, einen Großteil der durch die aktuelle Fassung der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (Amtsblatt L147 vom 31.05.2001) geforderten Maßnahmen umzusetzen. Allerdings sollte zum Erhalt bedrohter Rassen und besonders wertvoller Bestände nach Ermittlung aller gefährdeten Tiere, sowie deren eindeutiger Kennzeichnung und Genotypisierung, davon abgesehen werden, grundsätzlich alle Tiere der empfänglichen Genotypklassen G3 bis G5 zu töten und unschädlich zu beseitigen. Derartige Überlegungen sind auch für Schafgruppen innerhalb bedeutender Forschungsprojekte erforderlich, wie zum Beispiel bei wertvollen transgenen Zuchttieren. Hier könnte der Einsatz einer Untersuchung von Bioptaten des lymphatischen Gewebes als präklinisches Diagnostikum unterstützend genutzt werden, um solche Tiere bei einem Scrapie-Verdacht unter genauer Beobachtung zu halten. Der Scrapie-Status der empfänglichen Tiere einer solchen Herde könnte mit Hilfe einer Bioptatuntersuchung näher bestimmt werden, sofern bei dem Scrapie-positiven Tier der Genotyp bekannt ist und eine lymphatische Phase des Erregers nachgewiesen werden konnte. Bei einem derartigen Vorgehen könnten Schafe mit einem negativen Scrapiebefund von den vorgeschriebenen

Tötungsmaßnahmen verschont bleiben und innerhalb eines definierten Zeitrahmens weiterhin zur Zucht genutzt werden. Nur Tiere mit fraglichem oder positivem Ergebnis müssten getötet werden. Die Tiere könnten mittels Kontrollbiopsien in zeitlich definierten Abständen unter strenger Beobachtung bleiben. Die zuständige Behörde könnte beschließen, dass bei allen Tieren, die zur Lebensmittelgewinnung den Betrieb verlassen, ebenso wie bei allen verendeten oder aus anderen Gründen auszusortierenden Tieren die zur TKBA gelangen, ein Schnelltest, der neben dem Hirnstammgewebe z.B. auch auf den retropharyngealen Lymphknoten ausgedehnt wird, zwingend vorgeschrieben ist. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da ein negatives Ergebnis einer Bioptatuntersuchung keinesfalls eine ausreichende Sicherheit geben, oder eine Prionerkrankung des Tieres sicher ausschließen kann. Dies wird besonders vor dem Hintergrund der bekannten unterschiedlichen Ausbreitungswege (neurogen oder lymphogen) des Erregers im Rahmen der Pathogenese verständlich. Findet eine Erregerausbreitung auf rein neuronalem Wege statt, so ist der Einsatz der Bioptatuntersuchung nutzlos. Dies gilt nach bisherigem Kenntnisstand auch für die sogenannten atypischen Scrapie-Fälle. Bislang sind die Zusammenhänge zwischen der Pathogenese, den unterschiedlichen Genotypen und den verschiedenen Scrapie-Stämmen leider nur unzureichend bekannt. Das beschriebene Vorgehen erscheint unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und ist für Herden mit geringeren Tierzahlen auch praktisch durchführbar. Tiere die dem Erhalt einer seltenen Rasse dienen oder unersetzliche Tiere definierter Forschungsprojekte könnten so weiter genutzt werden. Dieses Vorgehen hat den weiteren Vorteil, dass es möglich wird, Scrapie-positive Schafe noch in vivo zu detektieren.

Für die weitere Erforschung der Scrapie-Pathogenese, der unterschiedlichen Ausbreitungsformen und deren genetischer Zusammenhänge, sowie der natürlichen Übertragungswege, der Inkubationszeit und des klinischen Erscheinungsbildes sind solche Tiere unverzichtbar.

Problematisch und praktisch kaum durchführbar ist diese Art der Überwachung allerdings in großen Herden. Hier könnte, unter Berücksichtigung des Genotyps schon bekannter positiver Tiere und der Ausgangsprävalenz, eine Untersuchung von Stichproben in Erwägung gezogen werden. Ob der Einsatz von Bioptatuntersuchungen im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung sinnvoll ist, sollte allerdings von Fall zu Fall sorgfältig geprüft werden. Wie bereits beschrieben, wird immer mit einer beträchtlichen Menge an Proben zu rechnen sein, die nicht

sicher auswertbar sind. Dies würde eine erneute Biopsie erforderlich machen und einen enorm großen Arbeits- und Kostenaufwand verursachen. Des weiteren bleibt unsicher, ob Scrapie-positive Tiere bei denen die Erregerausbreitung nicht über lymphatisches Gewebe stattfindet, durch das Screening-Raster rutschen. Zu Bedenken bleibt auch, dass die Anwendung der Bioptatuntersuchung zum derzeitigen Wissenstand nur bei Tieren der Genotypklassen G3 und G5 sinnvoll ist, worauf später noch näher eingegangen werden soll.

Nachweisbarkeit des Erregers in Tonsillenbioptaten

Als ein weiteres Arbeitsziel sollte untersucht werden, ob in Scrapie-unverdächtigen, niedersächsischen Schafbeständen bei genetisch empfänglichen Tieren der Erreger präklinisch im Bioptat nachweisbar ist. Im Vergleich dazu sollten Bioptatuntersuchungen in Scrapie-positiven Herden durchgeführt werden.

In den Scrapie-unverdächtigen Herden konnte anhand von Bioptatuntersuchungen mit keinem der beiden hier angewandten Verfahren (IHC mit mAK L42 und PET blot mit mAK 3B5) ein Hinweis auf eine Scrapie-Existenz in der Herden gefunden werden. Wichtige Voraussetzungen für eine natürliche Infektion mit dem Scrapie-Erreger sind die genetische Empfänglichkeit des Wirtes und der Kontakt zum übertragbaren Agens. Bei diesem Aspekt wurden Tiere untersucht, die die genetischen Voraussetzungen erfüllten. Seit der Einführung einer systematischen TSE-Überwachung, sind in Niedersachsen bis zum Stand August 2004 vier gefallene Schafe gemeldet worden, bei denen nachweislich eine Prionerkrankung vorlag.

Ausgehend von einem Schafvorkommen von etwa 240.000 Muttern, kann von einer sehr geringen Scrapie-Inzidenz in diesem Bundesland ausgegangen werden. Eine genaue Befragung der Tierhalter ergab, dass in den letzten fünf Jahren bei keinem der hier genannten Bestände Scrapie-typische Symptome bei über zwei Jahre alten Tieren beobachtet worden sind. Somit gibt es keinen Hinweis darauf, dass bei den in dieser Studie untersuchten Schafen aus Scrapie-unverdächtigen Herden Kontakt zum Agens bestanden hat.

Im Gegensatz zu den Untersuchungen in Scrapie-unverdächtigen Herden ist es in drei von vier Scrapie-positiven Herden gelungen PrPSc in Tonsillenbioptaten empfänglicher Schafe nachzuweisen. Die Herden galten als Scrapie-positiv, da aus jeder Herde mindestens ein

verendetes Tier im Rahmen des Scrapie-Überwachungsprogrammes an der TKBA positiv detektiert wurde. Im Bestand A konnte in der Gruppe der zur Biopsie ausgewählten Tiere bei zwei weiteren Schafen des Genotyps ARQ/ARQ PrPSc im Tonsillenbioptat nachgewiesen werden. Der Nachweis gelang sowohl mit der IHC als auch mit dem PET blot Verfahren. Das Ergebnis der Bioptatuntersuchung konnte bei einem der Schafe drei Wochen später, nach wiederholter Biopsie erneut bestätigt werden. Aufgrund einer unauswertbaren Gewebeprobe war dies für das zweite Schaf nicht möglich. Nach dem Verenden der beiden Schafe konnten

verendetes Tier im Rahmen des Scrapie-Überwachungsprogrammes an der TKBA positiv detektiert wurde. Im Bestand A konnte in der Gruppe der zur Biopsie ausgewählten Tiere bei zwei weiteren Schafen des Genotyps ARQ/ARQ PrPSc im Tonsillenbioptat nachgewiesen werden. Der Nachweis gelang sowohl mit der IHC als auch mit dem PET blot Verfahren. Das Ergebnis der Bioptatuntersuchung konnte bei einem der Schafe drei Wochen später, nach wiederholter Biopsie erneut bestätigt werden. Aufgrund einer unauswertbaren Gewebeprobe war dies für das zweite Schaf nicht möglich. Nach dem Verenden der beiden Schafe konnten