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2 Literaturübersicht

2.6 Scrapie-Bekämpfung innerhalb der EU

2.6.1 TSE-Überwachung bei Schafen

Um ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit und an Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, findet in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Verordnung (EG) 999/2001 Anwendung (Amtsblatt L147 vom 31.05.2001). Sie umfasst Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalophatien und ist in all ihren Teilen für die Mitgliedsstaaten der EU verbindlich. Zahlreiche Änderungsverordnungen sorgen dafür, dass diese Verordnung dem aktuellen Stand der Wissenschaft stets angepasst und durch weitere europäische und nationale Bestimmungen ergänzt wird.

Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, TSE-Überwachungsprogramme auf der Basis von Schnelltests bei Rind, Schaf und Ziege zu erstellen. Außerdem bestehen Verpflichtungen bezüglich der Entfernung und unschädlichen Beseitigung bestimmter Wiederkäuergewebe als spezifiziertes Risikomaterial, sowie ein Verfütterungsverbot für bestimmtes tierisches Eiweiß an bestimmte Tierkategorien.

Gemäß dem EU-Überwachungsprogramm für kleine Wiederkäuer müssen in allen Mitgliedstaaten repräsentative Stichproben von Schafen und Ziegen die über 18 Monate alt sind, oder bei denen mehr als zwei bleibende Schneidezähne das Zahnfleisch durchbrochen haben, auf TSE-Erreger untersucht werden. Dies betrifft in Deutschland derzeit jeweils 10.000 geschlachtete und verendete Schafe pro Jahr. Durch die nationale TSE-Überwachungsverordnung (BGBl. I S.3631) wurde die Anzahl der zu untersuchenden Schafe und Ziegen dahingehend erweitert, dass alle verendeten Tiere die mindestens 18 Monate alt sind, oder bei denen mindestens zwei bleibende Schneidezähne das Zahnfleisch durchbrochen haben, zu untersuchen sind. Der PrPSc-Nachweis hat mit einem, im Anhang X der Verordnung (EG) 999/2001 aufgeführten Schnelltest zu erfolgen.

Die zu untersuchenden Hirnproben werden den Köpfen gemäß dem Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals (MATTHEWS et al. 2004) mit der sogenannten Löffelmethode entnommen und den dafür zugelassenen staatlichen Untersuchungseinrichtungen übermittelt. Dort erfolgt die Untersuchung der Probe mittels Schnelltest. Positive als auch fragliche Schnelltestergebnisse müssen durch ein nationales Referenzlabor bestätigt werden. In Deutschland ist dieses Referenzlabor für Transmissible Spongiforme Enzephalopathien das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems. Hier werden zur Bestätigung der TSE-Verdachtsdiagnose ein von der O.I.E. als Referenzmethode anerkannter Immunoblot und eine IHC zum PrPSc-Nachweis angewandt.

Seit 2002 wird in Deutschland eine systematische TSE-Überwachung bei kleinen Wiederkäuern durchgeführt. Die Inzidenz der Scrapie-positiven Tiere ist seit dem gestiegen.

So wurden 16 Scrapie-Fälle im Jahre 2002 und 23 im Jahre 2003 entdeckt. Im laufenden Jahr 2004 sind bis Stand Juni 21 positive Scrapie-Fälle entdeckt worden. Davon betrafen 20 Fälle die Untersuchungen verendeter Schafe (BMVEL 2004). Nur ein Tier wurde im Rahmen der Überwachung normal geschlachteter Tiere identifiziert.

In Niedersachsen sind seit der Einführung der TSE-Überwachung insgesamt sechs positive Scrapie-Schafe bestätigt worden 2. Bei diesen Schafen handelt es sich ausschließlich um gefallene (verendete) Tiere. Davon stammen zwei Fälle aus unterschiedlichen Betrieben aus dem Jahre 2003. Im Jahre 2004 sind bis zum Stand August aus zwei unterschiedlichen Betrieben jeweils zwei Tiere detektiert worden.

2.6.2 Programm zur Züchtung TSE-resistenter Schafe

Von der Europäischen Union ist ein Programm zur Züchtung TSE-resistenter Schafe beschlossen worden, das seit Anfang 2004 in allen Mitgliedstaaten für einheimische oder bedeutende Schafpopulationen eingeleitet sein muss (Entscheidung 2003/100/EG, Amtblatt EG L 41 S. 41). Bestände mit hohem genetischen Wert sind zur Teilnahme an diesem

2 Laut persönlicher Mitteilung von Frau Dr. Ursula Gehrdes, Task Force Veterinärwesen, LAVES, Oldenburg am 16. August 2004

Programm nach dem 1. April 2005 verpflichtet. Ziel eines solchen Zuchtprogrammes ist es, Schafpopulationen zu erhalten, die nahezu Scrapie-resistent sind, was in direktem Zusammenhang mit der Erhöhung der Prävalenz des ARR-Allels und der Reduzierung derjenigen Allele steht, die nachweislich zur TSE-Anfälligkeit beitragen. Für bestimmte, in ihrer Existenz bedrohte lokale Rassen, sowie im Falle einer geringen Häufigkeit (<10%) genetisch resistenter Schafe innerhalb einer Population, können Ausnahmeregelungen getroffen werden, bzw. kann eine Befreiung von der Teilnahme am Zuchtprogramm erfolgen.

Von entscheidender Bedeutung für das Zuchtprogramm ist die genaue Datenerfassung eines Bestandes, die die Identität, Rasse und Anzahl der Tiere neben den Genotypisierungsergebnissen einbezieht. Die Genotypisierung kann anhand von Blut- oder Gewebeproben in Laboratorien erfolgen, die für das Programm zugelassen sind. Der Genotyp wird gemäß der Entscheidung 2002/1003/EG definiert als Kombination zweier Allele. Ein Allel wird durch die Aminosäuren bestimmt, für die die Codons 136, 154 und171 des Prion-Protein-Gens kodieren.

Für Deutschland ist zur Zeit für die Umsetzung der Verordnung auf nationaler Ebene noch keine Bundesverordnung beschlossen worden. Ein Entwurf diesbezüglich liegt allerdings vor.

2.6.3 Maßnahmen bei Feststellung eines Scrapie-Falles

Nach amtlicher Bestätigung einer transmissiblen spongiformen Enzephalopathie bei Schafen sind gemäß der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 und im besonderen gemäß Anhang VII geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1915/2003 eine Reihe von Maßnahmen zur Tilgung dieser Erkrankung im Bestand zu treffen. Bis zur Vollendung aller Maßnahmen steht der Betrieb, in dem das positive Tier gehalten wurde, unter amtlicher Überwachung und jeglicher Tiertransport bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Alle gefährdeten Tiere im Bestand müssen ermittelt werden. Dies umfasst alle Wiederkäuer im Haltungsbetrieb des positiven Tieres. Hiernach sind alle identifizierten Tiere zu töten und unschädlich zu beseitigen. Hiervon können männliche Zuchttiere des Genotyps ARR/ARR, weibliche Zuchttiere mit mindestens einem ARR-Allel und keinem VRQ-Allel, und Schafe

ausgenommen werden, die mindestens ein ARR-Allel besitzen und die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind.

Zum Aufstocken der Herde dürfen nur Böcke in den Betrieb aufgenommen werden, die dem Genotyp G1 entsprechen, oder weibliche Tiere, die dem Genotyp G1 oder G2 entsprechen.

Nach der Tötungsaktion unterliegt der Transport von G1 Tieren keinen weiteren Beschränkungen. Tiere mit nur einem ARR-Allel dürfen direkt zur Schlachtung oder zur unschädlichen Beseitigung transportiert werden. Weiterhin dürfen weibliche G2 Tiere in andere Betriebe, die denselben Maßnahmen unterliegen, verbracht werden. Diese Beschränkungen werden für drei Jahre aufrecht erhalten.

Für Rassen, die nur noch auf wenige Zuchtlinien zurückzuführen sind, und bei denen die geringe Verbreitung von resistenten Genotypen innerhalb der Population eine Resistenzzucht nicht ohne Inzucht möglich macht, können Sonderregelungen getroffen werden. So kann die Vernichtung um drei Zuchtjahre hinausgezögert werden und es können Tiere in den Bestand aufgenommen werden, sofern sie kein VRQ-Allel tragen.

Alle im Bestand verendeten Tiere und alle getöteten Tiere, die mindestens 18 Monate alt waren oder bei denen der zweite, bleibende Schneidezahn durchgebrochen ist, sind mittels Schnelltest auf TSE zu untersuchen (TSE-Überwachungsverordnung, BGBl I. S. 4532).

2.6.4 Durchführungsbestimmungen für Niedersachsen

Die Scrapie Überwachung in Niedersachsen erfolgt nach den unter 2.6.1 bis 2.6.3 beschriebenen Maßgaben und Methoden.

Die Durchführung der Vorschriften des Tierseuchengesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen, sowie die Durchführung der unmittelbar geltenden Rechtsakte der EU auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts obliegt den zuständigen Landesbehörden.

Gemäß dem Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz (Nds GVBl. S. 411) ist hier zunächst das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zuständig.

Die Durchführung der Verordnung (EG) 999/2001 und der TSE-Überwachungsverordnung ist in Niedersachsen vom o.g. Ministerium durch zahlreiche Runderlasse geregelt. Neben den Veterinärämtern der Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen ist das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg (LAVES) mit der Tierseuchenbekämpfung betraut. Die (noch existierenden) Bezirksregierungen koordinieren die Maßnahmen der kommunalen Behörden in ihrem Bezirk.

Im Rahmen der Runderlasse ist für die stichprobenartige Untersuchung von Schafen in Niedersachsen, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden, eine Anzahl von 888 Tieren festgelegt worden. Je nach Viehdichte ist diese Anzahl auf die vier Regierungsbezirke Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Weser-Ems aufgeteilt. Dagegen sind alle verendeten Tiere gemäß TSE-Überwachungsverordnung zu untersuchen. Aus gegebenem Anlass ist in Niedersachsen beim Vorliegen eines positiven TSE-Schnelltestergebnisses bei einem geschlachteten Schaf gleichzeitig mit der Absicherung des Ergebnisses durch die FLI auf Riems, auch eine Zusammengehörigkeitsanalyse durch das Tierärztliche Institut der Georg-August-Universität in Göttingen zu veranlassen. Hier wird die genetische Zusammengehörigkeit der Hirnprobe und dem Kopf des verdächtigen Tieres überprüft und mit der eingezogenen Ohrmarke abgeglichen (Rd.erl. ML 14.08.2003).