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Nachdem der Versicherte vor der Invalidität als Landwirt tätig war, kann eine Ausbildung zum Agronomen mit Maturität und Hochschulstudium,

Invalidenversicherung Eingliederung

3. Nachdem der Versicherte vor der Invalidität als Landwirt tätig war, kann eine Ausbildung zum Agronomen mit Maturität und Hochschulstudium,

die sich über Jahre hinzieht, nicht mehr als einfache und zweckmäßige Maß-nahme im Sinne des Gesetzes bezeichnet werden. Vielmehr wird mit dieser Ausbildung ein wesentlich höheres Berufsziel verfolgt. Der Versicherte, der zwar heute ein rechter Schüler ist, weist auch nicht eine derart außerordent-liche Begabung auf, daß sich ein Hochschulstudium unter dem Titel Umschu-lung aufdrängen würde. Immerhin kann es beim Beschluß der IV-Kommission, von Ostern 1964 an keine Umschulungsmaßnahmen mehr zu gewähren, nicht sein Bewenden haben. Die IV-Kommission hat vielmehr abzuklären, welche Art der Umschulung nach der Eignung und der Invalidität des Versicherten im Hinblick auf den früher ausgeübten Beruf als zweckmäßig und angemessen erscheint. In diesem Umfang sind dem Versicherten Leistungen gemäß Art. 17 IVG zu gewähren, sofern er sich mit einer Umschulung im gewählten Rahmen einverstanden erklärt. Sollte er aber das Studium mit Maturität und Hoch-schulbildung weiterführen, so könnte sich die Frage stellen, ob an diese Aus- 452

bildung nicht Beiträge ausgerichtet werden können. Denkbar wäre eine analo-ge Anwendung der Praxis, wonach an Hilfsmittel, deren Ausführung nicht mehr «einfach» im Sinne von Art. 21, Abs. 2, IVG ist, unter Umständen Bei-träge gewährt werden. Bei der Prüfung dieser Frage könnte zudem von Be-deutung sein, daß — anders als die Beschaffung bestimmter Hilfsmittel über-durchschnittlichen Wertes — die Erreichung des gewählten höheren Ausbil-dungszieles auf derart lange Sicht hin mehr oder weniger ungewiß ist.

Urteil des EVG vom 17. Dezember 1964 i. Sa. W. N.

Art. 21 IVG. Eine Brille ist auch dann nur in Ergänzung medizini-scher Eingliederungsmaßnahmen abzugeben, wenn sie zur Benüt-zung eines von der IV abgegebenen Hilfsmittels, z. B. eines Motor-fahrzeuges, erforderlich ist. (Erwägung 1)

Ein Motorfahrzeug ist in fahrtauglichem und verkehrssicherem Zu-stand abzugeben, was je nach den klimatischen Gegebenheiten die erstmalige Ausrüstung mit Winterpneus oder entsprechenden Vor-richtungen erheischt. (Erwägung 2)

Anfangs 1963 hat die IV dem gehbehinderten Versicherten leihweise einen Personenwagen als Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Nachdem sein Be-gehren um Erhöhung der von der Verwaltung für Privatfahrten bewilligten Kilometerzahl am 3. Februar 1964 im Berufungsverfahren abgewiesen worden war, ersuchte er im April 1964 u. a. um die Abgabe von Winterreifen und einer Brille zum Autofahren. Die IV-Kommission entsprach diesen Begehren jedoch nicht, und die zuständige Rekursbehörde wies die Beschwerde, welche der Versicherte gegen die Verfügung der Ausgleichskasse vom 30. Juni 1964 erhoben hatte, am 22. August 1964 ab.

Das EVG hat die vom Versicherten eingereichte Berufung aus folgenden Erwägungen abgewiesen.

1. Der Versicherte hat im Rahmen von Art. 14 IVV Anspruch auf jene Hilfsmittel, die zu seiner Eingliederung ins Erwerbsleben notwendig sind.

Kosten für Brillen werden aber nur übernommen, wenn diese Hilfsmittel eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmaßnahmen bilden (Art. 21, Abs. 1, IVG). Die IV darf Brillen nur abgeben, wenn diese Voraus-setzungen erfüllt sind.

Der Berufungskläger macht geltend, daß er die Brille lediglich zum Füh-ren des ihm von der IV abgegebenen Motorfahrzeuges benötige. Damit steht der augenärztliche Bericht vom Mai 1964 in übereinstimmung, wonach der Versicherte beim Autofahren unbedingt eine Brille tragen muß. Der Arzt hat eine Myopie leichten Grades diagnostiziert und gelegentliche Augen-kontrollen als erforderlich bezeichnet, dagegen die Notwendigkeit einer ärztli-chen Behandlung verneint. Somit würde also die Brille im vorliegenden Fall nicht dazu dienen, eine medizinische Eingliederungsmaßnahme zu ergänzen, sondern zur Verwendung eines von der IV bewilligten Hilfsmittels. Das Gesetz gestattet aber nicht, zu diesem Zweck eine Brille abzugeben. Daß diese zwar notwendig ist, um das leihweise überlassene Motorfahrzeug zu führen, ändert daran nichts. Auch der Versicherte, welchem die IV z. B. eine Krücke abge-geben hat, bedarf zur Überwindung einer allfälligen Kurzsichtigkeit im Stra-

ßenverkehr möglicherweise einer Brille. Trotzdem erlaubt Art. 21 IVG nicht, ihm eine solche abzugeben, ebenso wenig wie den Erwachsenen, die wegen eines Akkomodationsfehlers ohne Brille überhaupt arbeitsunfähig wären. So-weit die Berufung die Abgabe einer Brille zum Gegenstand hat, ist sie ab-zuweisen.

2. Hinsichtlich des Begehrens um Abgabe von Winterreifen ist vorerst zu bemerken, daß das EVG tatsächlich am 17. Dezember 1963 entschieden hat, dem heutigen Berufungskläger stehe kein Anspruch auf Abgabe zweier Winterpneus durch die IV zu (EVGE 1963, S. 270; ZAK 1964, S. 174). Damals stand aber die Neubereifung eines ältern Autos, das der Versicherte schon mehrere Jahre vor Inkrafttreten der IV angeschafft hatte, in Frage. In-zwischen hat er von der IV leihweise ein neues, mit der üblichen Sommer-bereifung versehenes Motorfahrzeug erhalten. Es fragt sich deshalb, ob dem Berufungskläger ein Anspruch zustehe, daß die erstmalige Ausrüstung dieses Personenwagens von der IV mit Winterpneus ergänzt werde.

Nach Art. 21, Abs. 2, IVG werden die Hilfsmittel u. a. in zweckmäßiger Ausführung abgegeben. Darunter versteht man bei einem als Hilfsmittel abgegebenen Motorfahrzeug, daß es fahrtauglich und verkehrssicher sei.

Nach dem bereits erwähnten Entscheid des EVG vom 17. Dezember 1963 gehört zum Begriff des fahrtauglichen, verkehrssichern Automobils auch eine ordnungsgemäße Bereifung. Diese muß so beschaffen sein oder durch zweckmäßiges Zubehör den üblichen Anforderungen des Arbeitsweges so angepaßt werden können, daß sie diesen Anforderungen in allen Jahreszeiten entspricht; denn der Versicherte muß ja die existenzsichernde Erwerbs-tätigkeit, welcher das Fahrzeug zu dienen hat, dauernd ausüben können (vgl. Art. 15, Abs. 2, IVV) .

Welches die winterlichen Anforderungen an die Bereifung eines als Hilfsmittel abgegebenen Automobils sind, läßt sich nicht allgemein festlegen.

Sie können je nach der Gegend, wo der Versicherte wohnt und arbeitet, ver-schieden sein. Für Fahrten auf ebenen Straßen des südlichen Tessins und auch größerer Städte des Mittellandes mag während des ganzen Jahres eine normale Sommerbereifung genügen, sofern diese Verkehrswege stets schnee-frei gehalten werden. Um aber die Fahrtüchtigkeit eines Personenwagens auf schneebelegten Straßen zu gewährleisten, können für dessen Triebräder entweder Winterreifen oder annähernd den gleichen Zweck erfüllende, ver-hältnismäßig leicht auf den Sommerpneus anzubringende, verkehrstechnisch zuverlässige Vorrichtungen erforderlich sein. Ergäbe es sich, daß das Auto-mobil mit Winterreifen ausgerüstet werden muß, so wäre ferner zu prüfen, ob der IV zugemutet werden kann, dem Versicherten darüber hinaus noch vier Sommerpneus abzugeben. Diese Fragen sind jeweils nach den be-sonderen verkehrstechnischen Anforderungen der einzelnen Arbeitswege zu beantworten.

Im vorliegenden Fall enthalten die Akten keine nähern Angaben über den winterlichen Arbeitsweg des Berufungsklägers. Es obliegt deshalb der IV-Kommission, noch zu prüfen, ob die gegenwärtige Ausrüstung des Per-sonenwagens mit fünf Sommerreifen den Anforderungen des Arbeitsweges des Berufungsklägers auch im Winter genügt oder ob sie im Sinne des Ge-sagten zu ergänzen oder teilweise abzuändern ist (wobei auch der Austausch 4.54

einzelner Stück in Frage kommen könnte), damit das Fahrzeug seinen Zweck in fahrtauglichem und verkehrsicherem Zustand auch im Winter zu erfüllen vermag. Bei der Beurteilung dieser Fragen ist ausschließlich auf die An-forderungen des Arbeitsweges und nicht auf die umfangreichen Privatfahrten des Versicherten abzustellen.

Urteil des EVG vom 17. März 1965 i. Sa K. B.

Art. 21 IVG; Art. 14, Abs. 1, Buchst. g; Art. 15, Abs. 2 und Art. 16, Abs. 2, IVV. Reparaturen an Hilfsmitteln übernimmt die IV nur, wenn die Abgabebedingungen eingehalten werden. Demzufolge hat ein Versicherter keinen Anspruch auf Reparaturkosten-Vergütung, wenn er das Motorfahrzeug über die ihm zugestandenen 4 000 km hinaus für Privatfahrten verwendet und es dadurch vorzeitig ab-nützt.

Zufolge einer im Kindesalter durchgemachten Poliomyelitis ist das linke Bein des heute 55jährigen Versicherten ausgesprochen atrophisch (im Wachstum zurückgeblieben) und um 6 cm verkürzt. Durch diese Anomalie sind deut-liche skoliotische Veränderungen (seitdeut-liche Verbiegung) der Wirbelsäule so-wie eine schwere, seit Januar 1956 zunehmende Spondylarthrosis deformans (deformierende Erkrankung der kleinen Wirbelgelenke) eingetreten. Der Ver-sicherte ist wegen dieser Gebrechen dermaßen gehbehindert, daß er, nach den Feststellungen der IV-Kommission, den Weg zur Arbeit ohne persönliches Motorfahrzeug nicht bewältigen könnte. Die Ausgleichskasse verfügte des-halb am 2. August 1962 die leihweise Abgabe eines Kleinautomobils und machte dabei ausdrücklich darauf aufmerksam, daß «Reparaturkosten und Beiträge an die teilweise Erneuerung ... nur dann von der IV übernommen werden, wenn sie trotz sorgfältigem Gebrauch auf Fahrten an den Arbeitsort notwendig werden».

Mit Schreiben vom 13. August 1962 teilte die IV-Kommission, «um allen Unklarheiten und Irrtümern von allem Anfang an vorzubeugen», dem Ver-sicherten in Ergänzung der Kassenverfügung folgendes mit:

«Das Auto wird leihweise abgegeben und gehört der IV. Nicht desto-weniger muß dem Auto wie einem eigenen Sorge getragen werden, vielleicht sogar eher mehr.

Das Auto wurde Ihnen für den Weg zur Arbeit bewilligt. Privatfahrten sind deshalb auf ein Minimum zu reduzieren, damit das Auto seinen Dienst viele Jahre lang versehen kann.

Für Privatfahrten wird Ihnen eine Marge von 4 000 Fahrkilometern be-willigt. Neben den Fahrten ins Geschäft, können Sie also ohne Nachteile gegenüber der IV weitere 4 000 Fahrkilometer fahren. Wenn das Auto ver-mehrt für Privatfahrten benützt wird, werden wir allf. Reparaturen nicht übernehmen und Ihnen auch später bei notwendigem Ersatz des Autos diese Überbeanspruchung anrechnen.»

Die Bewilligung des zugesprochenen Automobils entsprach durchaus dem Wunsche des Versicherten, welcher sich übrigens nach einer Probefahrt im Juli 1962 dahin geäußert hatte, er sei von der Leistung dieses Fahrzeuges überrascht. Platz sei darin genügend vorhanden. Im September 1962, nach-

dem er damit einige 100 km gefahren war, erklärte er erneut, er sei mit diesem Automobil «sehr gut zufrieden».

Am 7. April 1964 teilte der Versicherte der IV-Kommission mit, es habe sich «leider heute herausgestellt, daß dieser Wagen nicht das richtige Klein-Auto sei» für ihn. Im vergangenen Winter (1963/64) habe sein linkes Bein nämlich angefangen «abzukalten». Da es sich «um das Haben eines Beines oder nicht» handle, denke er an einen Wagenwechsel, und zwar komme für ihn nur ein größerer Wagen in Frage. In der Folge stellte sich heraus, daß das im August 1962 neu abgegebene Automobil einen Bruch der Kardan-Welle er-litten hatte und es — nach den Angaben des Versicherten selbst — bis zum 11. April 1964 22 119 km zurückgelegt hatte. Im Auftrage der IV-Kommis-sion prüfte die IV-Regionalstelle die durch das neue Gesuch aufgeworfenen Fragen und berichtete am 28. Juli 1964 im wesentlichen folgendes: Der Ver-sicherte habe während der zwei Jahre, in denen er im Besitze des Klein-wagens sei, insgesamt 25 300 km (Stand am 28. 7. 64) zurückgelegt. Der zu bewältigende Arbeitsweg betrage durchschnittlich nur 2 080 km im Jahr und dürfte daher «kaum Ausschlag auf die bereits auftretenden Reparaturen ge-habt haben». Für Privatfahrten habe der Versicherte 21 000 km zurückgelegt und damit die jährliche Toleranzgrenze von 4 000 km um durchschnittlich 6 500 km überschritten. Diese Überschreitungen begründe er mit der Angabe, er habe in den letzten zwei Jahren mindestens 20mal nach einem Badekurort fahren müssen. Auch hätten aufgetretene familiäre Schwierigkeiten als mo-ralischen Ausgleich verlangt, daß er größere Ferienreisen und ausgedehnte Sonntagsfahrten unternehme. Trotzdem, so bemerkt die IV-Regionalstelle, befinde sich das Automobil heute noch in ziemlich gutem Zustand, sei fahr-tüchtig und entspreche bei einem normalen Betrieb den Anforderungen voll-auf. Was die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Gebrauchs dieses Wagens betreffe, so sei es eine medizinische Frage, ob solche Nachteile — wenn überhaupt vorhanden — bei normaler Fahrleistung weiterbestehen würden.

Gestützt auf einen entsprechenden Beschluß der IV-Kommission erließ die Ausgleichskasse am 21. September 1964 eine Verfügung, in welcher dem Versicherten im wesentlichen folgendes eröffnet wurde:

a. Das Gesuch um Abgabe eines neuen Automobils zu Lasten der IV wird abgelehnt.

b. Die durch die nicht gestatteten Fahrten entstandenen Reparaturen können durch die IV auf keinen Fall übernommen werden.

c. Die 1V-Kommission beläßt dem Versicherten das Fahrzeug bis auf weiteres, droht ihm aber an, es «wegzunehmen», falls er die Gebrauchsvor-schriften weiterhin mißachten sollte.

d. Sofern durch eine zuständige Stelle nachgewiesen werden kann, daß der Kleinwagen bei normalem Gebrauch die Gesundheit in wesentlichem Maße schädigt, steht es dem Versicherten frei, erneut an die IV-Kommission zu gelangen.

e. Die Lebensdauer des seinerzeit zugesprochenen Autos wird bei norma-ler Beanspruchung (Fahrt zum Arbeitsplatz, max. 4 000 km pro Jahr für 456

Privatfahrten) auf 8 Betriebsjahre geschätzt, das heißt, daß frühestens im August 1970 ein neues Gesuch für ein weiteres Fahrzeug hätte eingereicht werden können, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 15 IVV zu dieser Zeit noch erfüllt worden wären. Wird der Wagen dagegen übermäßig beansprucht, daß er vorzeitig ersetzt werden müßte, hat der Versicherte den Schaden selbst zu tragen, weil nämlich Art. 16, Abs. 2, IVV nicht beachtet wurde.

Die kantonale Rekurskommision wies die gegen diese Kassenverfügung gerichtete Beschwerde des Versicherten am 4. Dezember 1964 als unbegründet ab.

Das EVG wies die vom Versicherten eingereichte Berufung aus folgenden Erwägungen ab:

1. Nach Art. 21, Abs. 1, IVG in Verbindung mit Art. 14, Abs. 1, Buchst. g, IVV hat der Versicherte Anspruch auf ein Kleinautomobil, wenn ein solches Hilfsmittel zu seiner Eingliederung ins Erwerbsleben notwendig ist. Art. 15, Abs. 2, IVV bestimmt ferner, daß Motorfahrzeuge nur abgegeben werden, wenn dauernd eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann und der Versicherte wegen wesentlicher Gehbehinderung den Arbeitsweg ohne persönliches Motorfahrzeug nicht bewältigen kann. Die Kosten der trotz sorg-fältigen Gebrauchs erforderlichen Reparaturen und Erneuerungen eines Mo-torfahrzeuges werden gemäß Art. 16, Abs. 2, IVV von der IV übernommen, soweit die Reparatur- und Erneuerungsbedürftigkeit auf Fahrten an den Arbeitsort zurückzuführen sind. Hieraus ergibt sich, daß das Motorfahrzeug als Hilfsmittel für die berufliche Eingliederung dem Versicherten grundsätz-lich nur zur überwindung des Arbeitsweges zu dienen hat. — Zu diesem Schluß ist das EVG bereits in seinem Urteil vom 3. Februar 1964 gelangt, feststellend, daß die getroffene Regelung auch in ihren verordnungsrechtlichen Teilen gesetzmäßig sei: sie wolle offenbar nach Möglichkeit vermeiden, daß sich die Versorgung einzelner mit einem Motorfahrzeug innerhalb des Kreises der Gehbehinderten rechtsungleich auswirke. Von diesem Anliegen entferne sich die Verwaltungspraxis, wonach die von der IV abgegebenen Automobile jährlich bis zu 4 000 km für Privatfahrten benutzt werden dürfen, beträcht-lich genug, um Bedenken zu erwecken; denn die vielen Gehbehinderten (und Gehunfähigen), denen die IV kein Fahrzeug abgeben könne, dürften für ihre Privatfahrten bekanntlich nichts beanspruchen.

a. Trotz der im erwähnten Urteil geäußerten Bedenken scheint die Ver-waltung an der Toleranzgrenze von 4 000 km für Privatfahrten festhalten zu wollen: So ist dem Versicherten diese Marge zugestanden worden, Der Richter kann sie aus den im zitierten Urteil angeführten Gründen jedenfalls nicht ausdehnen. Das BSV hat jene 4 000 km für «Privatfahrten» zugestanden, worunter grundsätzlich jegliche Benutzung zu verstehen ist, die nicht zur überwindung des Arbeitsweges dient. Ob und, wenn ja, wie weit der gesetz-lichen Zweckbestimmung des Fahrzeuges auch Fahrten entsprechen können, die unter Art. 51 IVG (Marginale: «Reisekosten») fallen, mag offen bleiben.

Jedenfalls aber stellen Fahrten, die nicht durch Eingliederungsmaßnahmen der IV veranlaßt werden, «Privatfahrten» im Sinne der Versicherungspraxis dar, was auch für die häufigen Reisen gilt, die der Berufungskläger nach dem Badeort zu Kurzwecken unternommen zu haben behauptet.

b. Sodann vermag die Toleranzmarge für Privatfahrten der unmißver-

ständlichen Bestimmung des Art. 16, Abs. 2, IVV, laut welcher Reparatur-und Erneuerungskosten nur übernommen werden, «soweit die Reparatur- Reparatur-und Erneuerungsbedürftigkeit» des Fahrzeuges auf Reisen an den Arbeitsort zu-rückzuführen ist, grundsätzlich nicht zu derogieren. Die Toleranzmarge ist aber im Rahmen des Art. 16 IVV auch unter einem andern Titel erheblich, wie aus der nachstehenden Erwägung erhellt:

2. Gemäß Art. 16, Abs. 2, IVV erster Satz, übernimmt die IV die Kosten von Reparatur, Anpassung oder teilweiser Erneuerung, derer ein von ihr abgegebenes Hilfsmittel «trotz sorgfältigem Gebrauch» bedarf. Nach diesem Wortlaut ist sorgfältiger Gebrauch des Hilfsmittels Voraussetzung der Über-nahme der Instandstellungskosten schlechthin. Nach der französischen Fas-sung könnte man den sorgfältigen Gebrauch zwar eher als Maßstab für die Bestimmung eines allfälligen Kostenanteils zu Lasten des Versicherten ver- stehen («frais d6culant de 1'usage normal ...»). Doch läßt sich bei Auto- mobilen selten sagen, ob und wie weit die Instandstellung nach erfolgter Überbeanspruchung auch durch normalen Gebrauch nötig geworden wäre. Es ist deshalb angezeigt, entsprechend dem deutschen Wortlaut, den «sorgfältigen Gebrauch» grundsätzlich, unter Vorbehalt begründeter Ausnahmen, als un-erläßliche Bedingung zu betrachten, ohne deren Erfüllung die Versicherung keine Reparaturkosten übernimmt; dies umso mehr, als es Verwaltungspraxis zu sein scheint, im Einzelfall dem Versicherten diese Bedingung ausdrücklich zu eröffnen.

Bei leihweise abgegebenen Hilfsmitteln, namentlich Automobilen, kann deren unsorgfältiger Gebrauch — in sinngemäßer Anwendung von Art. 309 OR — die IV veranlassen, die Sache früher zurückzufordern, als sie es nor-malerweise tun dürfte: die Abgabe des Hilfsmittels in Gebrauchsleihe wäre sonst kaum sinnvoll.

«Sorgfältig» im Sinne des Art. 16, Abs. 2, IVV kann jedenfalls nicht der-jenige Gebrauch des Hilfsmittels sein, der ausdrückliche, gesetzmäßige Ab-gabebedingungen mißachtet. Bei Automobilen gilt dies auch für die Über-schreitung der erwähnten Toleranzmarge; denn jede darüber hinausgehende Benützung stellt eine bestimmungswidrige und deshalb unzulässige Über-beanspruchung des zweckgebundenen Motorfahrzeuges dar.

3. Der Versicherte hat durch massive Überschreitung des ihm wohlbe-kannten Maßes zulässiger Benutzung des leihweise abgegebenen Automobils seine Sorgfaltspflicht gröblich verletzt. Bei dieser Sachlage war die IV sowohl befugt als verpflichtet, die entstandenen Reparaturkosten abzulehnen, deren Übernahme durch den Versicherten zu verlangen und ihm für den Fall wei-terer Mißachtung der Gebrauchsvorschriften die «Wegnahme» des Fahrzeuges anzudrohen. Damit ist zugleich gesagt, daß die angefochtene Ablehnung der Abgabe eines neuen Automobils an den Versicherten zu Recht erfolgt ist, zumal nichts darauf schließen läßt, daß der «sorgfältige Gebrauch» des noch in seinem Besitze befindlichen Kleinwagens gesundheitsschädlich wäre.

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