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Nicht anders verhält es sich im vorliegenden Falle. Mit dem Abschluß der kaufmännischen Lehre im März 1964 war die erstmalige berufliche

Invalidenversicherung Eingliederung

2. Nicht anders verhält es sich im vorliegenden Falle. Mit dem Abschluß der kaufmännischen Lehre im März 1964 war die erstmalige berufliche

Aus-bildung der blinden Versicherten beendigt und die in Art. 16 IVG um-schriebene Leistungspflicht der IV erloschen. Schon damals verfügte die Berufungsklägerin über die für eine junge Korrespondentin genügende Kennt-nis der englischen Sprache und es hätte nicht notwendigerweise eines Fort-bildungskurses in England bedurft, um für die Berufungsklägerin eine ganz-tägige Anstellung zu finden. Schon im Juli 1962 hatte der Leiter eines Blin-denheims bescheinigt, er stelle diesem intelligenten, fleißigen und verträgli-chen Mädverträgli-chen «die günstigste Prognose», und laut dem Lehrabschlußzeugnis vom 26. März 1964 hat die Versicherte sowohl in den Pflichtfächern — wor-unter deutsche Korrespondenz, Französisch und Maschinenschreiben — als auch in den fakultativen Fächern Englisch und französische Stenographie die Note «gut bis sehr gut» erhalten.

Das Blindenheim macht unter anderem geltend, nur sehende Büroange-stellte hätten die Möglichkeit, durch den Besuch von Abendkursen bei den kaufmännischen Berufsschulen sich fachlich fortzubilden. Mit Rücksicht hierauf könnte man sich fragen, ob die IV einer blinden jungen Korrespon-dentin, die auf Wunsch des Arbeitgebers ihre Sprachenkenntnis vertiefen sollte, im Sinne einer erweiterten Berufslehre die Kosten der Anschaffung von Sprachplatten ersetzen dürfte. Allein heute braucht hierüber nicht ent-schieden zu werden.

3. Zum Gesuch der Versicherten vom 23. April 1984 hat die kantonale IV-Kommission am 21. Mai 1964 Stellung genommen. Doch hatte die Ver-sicherte, ohne den Kommissionsbeschluß abzuwarten, ihren Englandauf-enthalt bereits anfangs Mai angetreten. Anscheinend hätte der kantonale Richter das erwähnte Gesuch auch schon auf Grund der Art. 60, Abs. 1, Buchst. b, IVG und Art. 78, Abs. 2, IVV ablehnen dürfen.

Urteil des EVG vom 11. März 1965 i.Sa. W.F.

Art. 17 IVG. Unter Umschulung sind grundsätzlich alle Eingliede-rungsmaßnahmen beruflicher Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, einem Versicherten, der vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig war, eine möglichst gleichwertige Erwerbstätig-keit, nicht aber eine wesentlich höhere Berufsausbildung zu vermit-teln.

Der 1946 geborene Versicherte besuchte die Primarschule und anschließend während zwei Jahren bis zum Frühjahr 1961 die Sekundarschule, womit seine Schulpflicht zu Ende war. Vom Frühjahr 1961 bis anfangs Dezember 1962 arbeitete er im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb. Am 11. Dezember 1962 mußte ihm wegen einer bösartigen Knochengeschwulst (osteogenes Sarkom) des mittleren und oberen Teiles des Schienbeines das linke Bein im unteren Drittel des Oberschenkels amputiert werden. Im Februar 1963 trat der Ver-sicherte in ein Kollegium ein, wo er bis Ostern 1963 die zweite Sekundarschul-klasse wiederholte und nachher die dritte SekundarschulSekundarschul-klasse besuchte. Ge-stützt auf eine Anmeldung zum Leistungsbezug vom Dezember 1962 sprach ihm die IV-Kommission für die Zeit dieses Schulbesuches einen Kostgeldbei-trag zu. Auf Beschwerde hin entschied die kantonale Rekurskommission, daß der Besuch der Sekundarschule im Kollegium für den Versicherten eine Um-schulungsmaßnahme im Sinne von Art. 17 IVG darstelle, da er nach der Ent-lassung aus der Schulpflicht auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb eine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe, die er seiner Invalidität wegen nicht weiter-führen könne; demgemäß verhielt die kantonale Rekurskommission die IV, die gesamten Kosten des Sekundarschulbesuches zu übernehmen (Entscheid vom 1. 8. 63). Dieser Entscheid blieb unangefochten und erwuchs in Rechts-kraft.

Im Herbst 1963 trat der Versicherte — für den die Regionalstelle nach Abschluß der dritten Sekundarschulklasse eine Berufslehre in Aussicht genom-men hatte — im Kollegium in die dritte Klasse der technischen Abteilung über mit dem Ziel, nach fünf Jahren die Maturität Typus C zu bestehen. Nach Ein- 450

holung einer Meinungsäußerung des BSV beschloß die IV-Kommission am 18. Juni 1964, die Schulung in der technischen Abteilung grundsätzlich nicht zu übernehmen, da sie sich eignungsmäßig nicht aufdränge und daher nicht notwendig sei; immerhin erklärte sich die IV-Kommission bereit, für die Kosten der technischen Abteilung (Pflichtfächer) bis Ostern 1964 aufzukom-men, da bis zu diesem Zeitpunkt auch die Sekundarschule gedauert hätte.

Gegen die Kassenverfügung vom 23. Juni 1964, durch die dieser Beschluß eröffnet wurde, beschwerte sich der Versicherte erneut bei der kantonalen Rekurskommission. Er machte geltend, daß die Ausbildung in der technischen Abteilung eine Umschulungsmaßnahme, darstelle, deren Kosten zu Lasten der IV gingen. Durch Entscheid vom 29. Oktober 1964 hieß die kantonale Rekurs-kommission die Beschwerde gut und führte aus, laut einem Bericht der Schul-leitung vom 30. Juni 1964 hätten sich die Leistungen des Versicherten nach anfänglichen Schwierigkeiten eindeutig verbessert, weshalb die Eignung für ein Studium nicht verneint werden könne.

Den kantonalen Rekursentscheid hat das BSV durch Berufung an das EVG weitergezogen. Es beantragt die Wiederherstellung der Kassenverfügung vom 23. Juni 1964 und macht geltend: Wenn auch der Anspruch des Versicher-ten auf Umschulungsmaßnahmen anerkannt werde, so hätVersicher-ten sich diese doch im Rahmen des Notwendigen zu halten. Weder der Gesundheitszustand noch die Eignung des Versicherten ständen einer qualifizierten Berufslehre entge-gen; es bestehe keine ausgesprochene Eignung zum Hochschulstudium, das im Rahmen eines Umschulungsplanes die einzige sinnvolle Fortsetzung der Ausbildung auf die Maturität darstellen würde. Der Versicherte erachtet die Berufung als unbegründet und verweist auf einen weiteren Bericht der Schul-leitung vom 9. Januar 1965. In diesem Bericht wird erklärt, der Versicherte habe sich als solider und zuverlässiger Schüler ausgewiesen; nachdem er vor der Operation als Landwirt tätig gewesen sei, sehe er seinen Lebensweg in landwirtschaftlicher Richtung und beabsichtige, Agronom zu werden.

Das EVG hieß die vom BSV eingereichte Berufung im Sinne folgender Erwägungen gut:

1. Der Versicherte, der im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb arbeitet und diese Tätigkeit wegen der inzwischen eingetretenen Invalidität nicht weiter-führen kann, hat unbestrittenermaßen Anspruch auf Umschulungsmaßnah-men. Die Vorinstanz hat in einem frühern Verfahren entschieden, der Besuch der zweiten und dritten Sekundarschulklasse im Kollegium (an den sich nach der ursprünglichen Auffassung der Regionalstelle eine Berufslehre hätte an-schließen sollen) stelle eine solche Maßnahme dar. Dieser unangefochtene, in Rechtskraft erwachsene Entscheid kann heute weder in tatbeständlicher noch in rechtlicher Hinsicht überprüft werden.

Indessen ist der Versicherte bereits vor dem Abschluß der dritten Se-kundarschulklasse in die technische Abteilung des Kollegiums übergetreten, um nach fünfjährigem Studium die Maturität des Typus C zu bestehen. Es stellt sich daher heute die Frage, ob auch diese Ausbildung als Umschulungs-maßnahme anerkannt werden könne. In diesem Zusammenhang ist zu be-achten, daß die Maturität keinen Abschluß der Ausbildung darstellt; vielmehr ist nach der Maturität ein weiteres Studium erforderlich, das in der Regel an einer Hochschule erfolgen muß. Laut den Angaben der Schulleitung des

Kollegiums beabsichtigt der Versicherte, Agronom zu werden; er will also nach der Maturität an der ETH studieren.

2. Gemäß Art. 17, Abs. 1, IVG hat der Versicherte Anspruch auf Um-schulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die UmUm-schulung infolge In- validität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesentlich verbessert werden kann. Nach dem Sinn dieser Be-stimmung sollen die Umschulungsmaßnahmen die wegen Eintritts einer In-validität ganz oder teilweise verloren gegangene Erwerbsfähigkeit soweit als möglich wieder herstellen. Hiezu ist in der Regel ein dem bisherigen gleich-wertiger Beruf geeignet, der den Fähigkeiten des Versicherten entspricht.

Unter Umschulung ist demnach grundsätzlich die Summe der Eingliederungs-maßnahmen berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, dem vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig gewesenen Ver-sicherten eine seiner früheren möglichst gleichwertige Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln. Demzufolge muß das Umschulungsziel in einem angemessenen und zweckmäßigen Verhältnis zur bisherigen Tätigkeit stehen. Zum gleichen Schluß führt eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens von Art. 21, Abs.

2, IVG, wonach Hilfsmittel in einfacher und zweckmäßiger Ausführung ab-zugeben sind. Denn diese Bestimmung bringt den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck, daß Eingliederungsmaßnahmen einfach und zweckmäßig sein müs-sen. Würde man die Zweckbestimmung der Umschulung grundsätzlich nicht auf eine der früheren annähernd gleichwertigen Erwerbsfähigkeit beschränken, so entstände ein Mißverhältnis zwischen den Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung gemäß Art. 16 IVG einerseits und den Aufwendungen für die Um-schulung gemäß Art. 17 IVG anderseits, da ja beide darauf ausgerichtet sind, dem Versicherten diejenige Erwerbsfähigkeit zu verschaffen oder wiederzu-geben, über die er ohne Invalidität mutmaßlich verfügt hätte. Immerhin kann man sich fragen, ob unter dem Titel Umschulung ausnahmsweise auch Leistun-gen zur Erreichung eines höheren Berufszieles zu gewähren seien, wenn sich erst auf Grund der Abklärungen der IV ergibt, daß der Versicherte über eine Begabung verfügt, die durch den vor der Invalidität ausgeübten oder einen ähnlichen Beruf offensichtlich ungenügend ausgewertet würde. Diese Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Falle nicht, wie noch auszuführen sein wird.

3. Nachdem der Versicherte vor der Invalidität als Landwirt tätig war,