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Urteil des EVG vom 22. Januar 1965 I. Sa. E. K.

Art. 22, Abs. 1, IVG. Bei Eingliederung geht der Taggeldanspruch grundsätzlich nicht nur dann der Rente vor, wenn noch keine solche zugesprochen worden ist, sondern unterbricht auch einen bereits entstandenen oder im Entstehen begriffenen Rentenanspruch.

Der 1934 geborene Versicherte, verheiratet und Vater von zwei Kindern, ist gelernter Maler. Im Jahre 1955 erkrankte er an Lungentuberkulose, konnte dann aber später wieder auf seinem Beruf arbeiten, zuletzt als Leiter der Filiale eines Malergeschäftes. Im Herbst 1962 erlitt er einen Rückfall und mußte sich bis Ende Februar 1964 einer Kur unterziehen. Vom 1. September 1963 an erhielt er gemäß Art. 29, Abs. 1, IVG eine ganze Invalidenrente, da er 360 Tage ununterbrochen voll arbeitsunfähig war. Seit dem Frühjahr 1964 ist der Versicherte klinisch wieder hergestellt. Er darf aber auf ärztliche Weisung hin seinen früheren Beruf nicht wieder ausüben, da er sich körper-lichen Anstrengungen und Witterungseinflüssen aussetzen würde, die ihm gesundheitlich nicht mehr zumutbar sind. Aus diesem Grunde vermittelte ihm die IV-Regionalstelle eine Lehrstelle, in welcher er sich innerhalb eines Zeit-raumes von 2 Jahren ab 15. April 1964 zum Hochbauzeichner umschulen las-sen kann. Von dieser Umschulung, die keine besonderen Kosten verursacht, nahm die IV-Kommission Kenntnis. Sie wollte zunächst die Rente sistieren und ein Taggeld ausrichten lassen. Nach Kenntnisnahme der Ausführungen in EVGE 1963, S. 279 (ZAK 1965, S. 43) wies sie aber die Ausgleichskasse an, während der Dauer der Umschulung weiterhin die Rente auszuzahlen. Am 15. Juni 1964 erließ die Ausgleichskasse dem Versicherten gegenüber eine entsprechende Verfügung. Der Versicherte beschwerte sich bei der kantona-len Rekurskommission mit dem Begehren um ein Taggeld für die Dauer der

Umschulung: Es könne nicht der Sinn des IVG sein, daß er während der Umschulung die notwendigen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes seiner Familie über Fürsorgeinstitutionen beschaffen müsse. Durch Entscheid vom 14. September 1964 wies die kantonale Rekurskommission die Beschwerde ab. Sie verwies ebenfalls auf das obgenannte Urteil des EVG und erklärte, als Rentenbezüger könnte der Versicherte nur dann ein Taggeld beanspruchen, wenn er unmittelbar vor der Eingliederung eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte und durch die Eingliederung an dieser Tätigkeit gehindert würde. Diese Voraussetzungen seien aber nicht gegeben.

Den kantonalen Rekursentscheid hat der Versicherte durch Berufung an das EVG weitergezogen. Er stellt den Antrag, ihm während der Um-schulung anstelle der Rente ein Taggeld auszurichten, das nach dem Erwerbs-einkommen während der zuletzt voll ausgeübten Tätigkeit zu berechnen sei.

Das EVG hieß die Berufung aus folgenden Erwägungen gut:

1. Das Gericht hat in EVGE 1963, S. 279 (ZAK 1965, S. 43) gefunden, daß eine zugesprochene Rente grundsätzlich weiterlaufe, wenn nachträglich Eingliederungsmaßnahmen angeordnet werden, daß eine Kumulation von Rente und Taggeld nicht ausgeschlossen sei und daß dem Rentenbezüger nur dann ein Taggeld zustehe, wenn er unmittelbar vor Durchführung der

Eingliederungsmaßnahme eine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe (Art. 21, Abs. 4, IVV), die durch die Eingliederung wenigstens vermutungsweise .ge-stört werde. In EVGE 1964, S. 107 (ZAK 1965, S. 42), wurde erneut auf jenes Präjudiz hingewiesen und immerhin die Frage aufgeworfen, ob seine Tragweite nicht einzuschränken sei und der Verwaltung in gewissen Fällen nicht die Befugnis zustehen müsse, die Rente durch das Taggeld oder die Rente mit Taggeld durch ein nach abweichenden Grundsätzen berechnetes Taggeld zu ersetzen. Heute drängt sich — auch im Hinblick auf die Vor-bringen des Versicherten und des BSV — eine erneute Prüfung des gesamten Problemkreises auf.

2. Nach dem System des Gesetzes geht die Eingliederung der Rente vor, was klar aus Art. 28, Abs. 2, und Art. 31, Abs. 1, IVG hervorgeht (EVGE 1962, S. 41; ZAK 1963, S. 37). Gemäß Art. 28, Abs. 2, IVG wird für die Be-messung der Invalidität das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität «und nach Durchführung allfälliger Eingliederungs-maßnahmen» durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Ar-beitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkom-men, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre. Und nach Art. 31, Abs. 1, IVG wird die Rente vorübergehend oder dauernd verweigert, wenn sich der Versicherte einer zumutbaren Eingliederungsmaßnahme ent-zieht oder widersetzt.

Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß der Rentenanspruch entsteht, bevor Eingliederungsmaßnahmen durchgeführt werden können, was na-mentlich in Fällen langdauernder Krankheit zutrifft (zweite Variante des Art. 29, Abs. 1, IVG). Geht aber die Eingliederung der Rente vor, dann besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Rente mehr, sobald Eingliederungs-maßnahmen beginnen, die einen Taggeldanspruch im Sinne von Art. 22 IVG auszulösen vermögen. Vielmehr hat hier mit dem Beginn der Eingliederungs-maßnahmen eine Neuprüfung hinsichtlich der Geldleistungen zu erfolgen; für Maßnahmen, die einen Anspruch gemäß Art. 22 IVG begründen können, bildet nämlich das Taggeld einen Bestandteil der Eingliederung, soll es doch wesentlich mit dazu beitragen, deren Erfolg zu gewährleisten. Dem-zufolge fällt die Rente nach dem System des Gesetzes grundsätzlich dahin, wenn solche Eingliederungsmaßnahmen in Frage stehen, die mit Taggeld-anspruch verbunden sind. Es handelt sich hiebei — entgegen der Ansicht des BSV — nicht um eine Rentenrevision gemäß Art. 41 IVG. Denn die Tat-sache allein, daß Eingliederungsmaßnahmen erfolgen, ändert den Invalidi-tätsgrad des Rentenbezügers nicht in einer für den Rentenanspruch erhebli-chen Weise. Umgekehrt muß nach Durchführung der Eingliederung die Frage des Rentenanspruches grundsätzlich neu, d. h. unabhängig von der Voraus-setzung von Art. 41 IVG überprüfbar sein. Im Prinzip geht also der Taggeld-anspruch gemäß Art. 22 IVG nicht nur dann der Rente vor, wenn noch keine solche zu laufen begonnen hat, sondern er unterbricht auch den bereits entstandenen oder in Realisierung begriffenen Rentenanspruch. Nachdem das Taggeld während eines bestimmten Zeitraumes in der Regel wesentlich mehr als die Rente beträgt, ist nicht einzusehen, weshalb Versicherte, die erst nach Beginn des Rentenanspruches eingliederungsfähig geworden sind, gegenüber andern einzugliedernden Versicherten erheblich benachteiligt werden sollen.

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Immerhin muß der Grundsatz, daß das Taggeld der Rente vorgeht, Ausnah-men erleiden, so vor allem dann, wenn die Eingliederung nur zu sporadischen Taggeldansprüchen führt oder wenn das Taggeld kleiner ist als die Rente, was bei Nichterwerbstätigen nicht ausgeschlossen sein dürfte. Indessen braucht heute die Frage, für welche Fälle Ausnahmen notwendig sind, nicht abschließend erörtert zu werden, ebensowenig wie die Frage, welche Bedeu-tung im Lichte der grundsätzlichen Priorität von Art. 22 gegenüber Art. 28 IVG dem Art. 21, Abs. 4, IVV zukommt, der vom Taggeldanspruch des Ren-tenbezügers handelt.

3. Im vorliegenden Fall bezog der Versicherte vom 1. September 1963 an eine Rente nach langdauernder Krankheit, weil er noch nicht eingliede-rungsfähig war. Am 15. April 1964 konnte er dann eine Lehrstelle zur Um-schulung auf einen neuen Beruf antreten. Da diese Eingliederungsmaßnahme

einen Taggeldanspruch gemäß Art. 22 IVG auszulösen vermag und das Taggeld — wie die Berechnungen des BSV zeigen — wesentlich höher ist als die Rente, ist diese im April 1964 dahingefallen. Dem Versicherten steht während der Dauer der Umschulung das Taggeld zu, das von der Aus-gleichskasse durch Verfügung festzusetzen ist.

Urteil des EVG vom 10. Februar 1965 1. Sa. M. A.

Art. 29, Abs. 1, IVG. Bei einem voraussichtlich rasch und unauf-haltsam zum Tode führenden Krebsleiden kann nicht ein weit-gehend stabilisierter Zustand und damit eine bleibende Erwerbs-unfähigkeit im Sinne des IVG angenommen werden.

Der 1901 geborene, an Lungenkrebs leidende Versicherte konnte vom 5. März 1964 an wegen seiner Krankheit keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen und meldete sich am 25. März 1964 zum Leistungsbezug bei der IV. Durch Verfügung vom 24. Juli 1964 brachte ihm die Ausgleichskasse zur Kenntnis, daß gemäß Beschluß der IV-Kommission zur Zeit kein Anspruch auf Rente bestehe, da noch keine volle Arbeitsunfähigkeit während 360 Tagen gegeben sei und auch nicht von bleibender Erwerbsunfähigkeit gesprochen werden könne.

Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde hieß die kantonale Rekurskommission gut: sie sprach dem Versicherten vom 1. Mai 1964 an eine ganze Invalidenrente zu. Die Begründung des Rekursentscheides vom 4. Dezember 1964 läßt sich wie folgt zusammenfassen: Nach der neuesten Gerichtspraxis könne sich auch bei labilem Geschehen der Gesundheitszustand bald derart stabilisieren, daß von bleibender Erwerbsunfähigkeit gesprochen werden dürfe. In solchen Ausnahmefällen sei die Rente vom Zeitpunkt der Stabilisierung an, d. h. schon vor Ablauf der 360tägigen ununterbrochenen vollen Arbeitsunfähigkeit zu gewähren. Bisher habe man bei Krebsleiden die Rente erst nach vollständiger Arbeitsunfähigkeit während 360 Tagen ausgerichtet. Die neueste Gerichtspraxis, die auch auf Krebsleiden ange-wendet werden könne, führe jedoch im vorliegenden Fall zur Annahme, daß seit dem 1. Mai 1964 eine bleibende Erwerbsunfähigkeit bestehe: Ende April 1964 habe man den Versicherten mit inoperablem Krebs aus dem Spital ent-lassen, weshalb die Erwerbsunfähigkeit irreversibel geworden sei.

Die hiergegen erhobene Berufung des BSV hat das EVG mit folgender Begründung gutgeheißen:

Der Rentenanspruch entsteht sobald der Versicherte mindestens zur Hälfte bleibend erwerbsunfähig geworden ist (erste Variante), oder während 360 Tagen ununterbrochen voll arbeitsunfähig war und weiterhin minde-stens zur Hälfte erwerbsunfähig ist (zweite Variante von Art. 29, Abs. 1, IVG). Wie in EVGE 1964, S. 173; (ZAK 1964), S. 553 näher ausgeführt wird, entsteht ein Rentenanspruch wegen bleibender Invalidität nicht, ehe über-wiegend wahrscheinlich geworden ist, daß ein weitgehend stabilisierter (und daher nicht unabwendbar letaler) im wesentlichen irreversibler Gesund-heitsschaden vorliegt, der trotz allfälliger Eingliederungsmaßnahmen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in rentenbegründendem Ausmaß dauernd beeinträchtigen wird. Gleichzeitig wird in jenem Entscheid gesagt, daß eine Erwerbsunfähigkeit, die zunächst unter dem Gesichtspunkt der zweiten Variante betrachtet werden muß, schon vor Ablauf der 360 Tage bleibenden Charakter annehmen könne. In solchen Fällen, die z. B. Myokardinfarkte oder Hirnschläge (EVGE 1964, S. 108; ZAK 1964, S. 430) betreffen können, darf die Rente schon vor Ablauf der 360 Tage ausgerichtet werden, weil anstelle des Kriteriums der zweiten Variante die Betrachtungsweise der ersten Variante Platz greift.

Bei einem voraussichtlich rasch und unaufhaltsam zum Tode führenden Krebsleiden muß die Frage nach der Entstehung des Rentenanspruches unter dem Gesichtspunkt der zweiten Variante beurteilt werden (EVGE 1962, S. 246; ZAK 1963, S. 88), und es geht nicht an, nach einiger Zeit auf eine bleibende Erwerbsunfähigkeit im Sinne der ersten Variante zu schließen.

Denn die bleibende Erwerbsunfähigkeit setzt — wie bereits ausgeführt — voraus, daß der Gesundheitsschaden nicht nur im wesentlichen irreversiblen, sondern auch weitgehend stabilisierten Charakter aufweise; letzteres trifft nicht zu, wenn vorauszusehen ist, daß das Leiden seiner Natur und Schwere nach bald den Tod herbeiführen wird.

Im vorliegenden Fall ist der Versicherte Ende April 1964 todkrank aus dem Spital entlassen worden: sein Leiden wies keine Tendenz zur Stabilisie-rung auf. Die IV-Kommission hat daher die Entstehung eines Rentenan-spruches wegen bleibender Erwerbsunfähigkeit (erste Variante) mit Recht verneint. Als die IV-Kommission im Juni 1964 ihren Beschluß faßte, fehlte es auch an einer Erwerbsunfähigkeit nach voller Arbeitsunfähigkeit während 360 Tagen (der Versicherte mußte seine Arbeit erst am 4. März 1964 gänzlich einstellen), so daß kein Rentenanspruch im Sinne der zweiten Variante ent-standen war. Ein solcher Rentenanspruch konnte auch in der Folgezeit nicht entstehen, da der Versicherte vor Ablauf einer 360tägigen vollen Arbeits-unfähigkeit gestorben ist.

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Verfahren

Urteil des EVG vom 18. Februar 1965 I. Sa. M. M.

Art. 60, Abs. 1, IVG. Die IV hat keine Kosten für Abklärungsmaß-nahmen zu übernehmen, die sie weder angeordnet noch bewilligt hat. Eine Ausnahme ist auf jeden Fall dann ausgeschlossen, wenn eine unter diesen Voraussetzungen durchgeführte ärztliche Unter-suchung zur Abklärung des Falles nicht nötig war.

Die 1948 geborene Versicherte leidet an schmerzhaften Ermüdungserschei-nungen der Wirbelsäule mit fortschreitender Deformation der Brustwirbel-säule und Trichterbrust. Sie wurde bei der IV am 15. Februar 1963 angemel-det, wobei namentlich medizinische Maßnahmen und Hilfsmittel verlangt wurden. Im Laufe des Monats April 1963 ersuchte die 1V-Kommission den kantonalen Gesundheitsdienst, allfällige Akten der Versicherten einzusenden.

Später wurde die Versicherte einer Berufsberatung unterzogen und der Regionalstelle überwiesen. Deren Bericht unterbreitete die IV-Kommission einem Kardiologen, der die Versicherte bereits am 25. Mai 1963 auf Veran-lassung des kantonalen Gesundheitsdienstes untersucht hatte, mit dem Er-suchen um Mitteilung, ob hinsichtlich der vorgeschlagenen Eingliederungs-maßnahmen allfällige medizinische Kontraindikationen bestünden.

In der Folge bewilligte die Kommission der Versicherten die gewünsch-ten Hilfsmittel.

Gegen diese Kassenverfügung erhob die Versicherte Beschwerde, worin sie insbesondere die Übernahme der Honorarkosten des Kardiologen für den Untersuch vom 25. Mai 1963 durch die IV verlangte. Dieses Begehren wurde durch die kantonale Rekurskommission geschützt.

Das EVG hat die von der Ausgleichskasse in diesem Punkt eingelegte Berufung aus folgenden Erwägungen gutgeheißen:

Im vorliegenden Fall ist einzig die Frage zu klären, ob die IV die Kosten des Kardiologen für seinen Untersuchungsbericht vom 25. Mai 1963 zu über-nehmen habe.

Art. 60 IVG und Art. 69 IVV ist zu entehmen, daß die kantonalen IV-Kommissionen und ihre Sekretariate u. a. allein zuständig sind, die Ein-gliederungsfähigkeit eines Versicherten abzuklären, die Eingliederungsmaß-nahmen zu bestimmen und nötigenfalls einen Gesamtplan für die Eingliede-rung aufzustellen (Art. 60, Abs. 1, Buchst. a und b IVG); logischerweise ist daraus die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die IV nicht verpflichtet ist, die Kosten für Maßnahmen zu übernehmen, die sie weder angeordnet noch be-willigt hat.

Aus Art. 78, Abs. 2, IVV, der sich auf den allgemeinen Vollzugsauftrag von Art. 86, Abs. 2, IVG stützt und dessen Gesetzmäßigkeit vom EVG wieder-holt bestätigt worden ist (vgl. z. B. EVGE 1962, 249, ZAK 1962, 442) ergibt sich im übrigen, daß die Versicherung im Rahmen der Verfügung der Aus-gleichskasse nur Eingliederungsmaßnahmen vergütet, die vor der Durch-führung durch die IV-Kommission bestimmt wurden, wobei immerhin ge-wisse Ausnahmen von diesem Grundsatz vorgesehen sind. Eine ähnliche Re-gelung fehlt allerdings für Abklärungsmaßnahmen, die die IV-Kommission in Stand setzen sollen, in Kenntnis aller Tatsachen des Falles zu entscheiden.

Es kann aber kein Zweifel bestehen, daß die IV grundsätzlich auch nicht zur Übernahme von Abklärungsmaßnahmen, die sie weder angeordnet noch bewilligt hat, verpflichtet ist. Das EVG hat sich in einem Fall gleichwohl die Frage gestellt, ob die IV die Kosten solcher Maßnahmen nicht trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Bestimmung dann zu tragen hätte, wenn diese zur Abklärung des Falles notwendig waren, mindestens aber dann, wenn sie zudem aus wichtigen Gründen vor der Beschlußfassung der IV-Kommis-sion durchgeführt werden mußten. Diese Frage, die in früheren Urteilen offengelassen worden war, braucht im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, da sich nicht sagen läßt, daß der durch den Kardiologen aus-geführte Untersuch vom 25. Mai 1963 zur Abklärung der Ansprüche des Versicherten auf Leistungen der IV notwendig gewesen sei. Tatsächlich ist weder bewiesen noch glaubhaft gemacht worden, daß die IV-Kommission — hätte der Arzt die Untersuchung nicht bereits auf Grund eines Auftrages des kantonalen Gesundheitsdienstes vorgenommen — selbst eine solche Maß-nahme angeordnet hätte. Anderseits war es naheliegend, daß die IV-Kom-mission, nachdem sie von der Durchführung eines Untersuchs Kenntnis hatte, vor der Beschlußfassung die Meinungsäußerung des betreffenden Arztes ein-holte.

Es ist auch offensichtlich, daß im vorliegenden Fall kein Zusammenhang bestand zwischen der fraglichen Maßnahme und der Anfrage, welche die IV-Kommission im April 1963 an den kantonalen Gesundheitsdienst gerichtet hatte, da diese Stelle weder den kardiologischen Bericht noch die Honorar-note des Arztes an die IV-Kommission übermittelte.

Die Begleichung dieser Rechnung obliegt daher nicht der IV, sondern dem kantonalen Gesundheitsdienst, der den strittigen Bericht veranlaßt hat, oder allfälligen Dritten (die Eltern der Versicherten eingeschlossen), die auf Grund des kantonal-öffentlichen Rechts oder des eidgenössischen Zivilrechts hiefür belangt werden können.

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