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Verschiedene L¨ osungsmittel f¨ ur Polystyrol

Selbst- und Thermodiffusion

9.2 Verschiedene L¨ osungsmittel f¨ ur Polystyrol

T in Gl. 9.1 ist konzentrationsabh¨angig.1 Geht man von der Annahme aus, dass der Thermodiffusionskoeffizient umgekehrt proportional zur lokalen Reibung ist, dann stellt sich die Frage, ob ηeff f¨ur DT und Dss gleich sind. Im Abschnitt 6.1 (Seite 98) wurde die L¨angenskala f¨ur die lokale Reibung mit der Abmessung eines Monomers charakterisiert.

Ber¨ucksichtigt man Literaturergebnisse, dann scheint diese L¨angenskala nur ungef¨ahr fest-legbar zu sein. Vom Standpunkt einer reinen Stokes-Einstein-Betrachtung, in der sich eine große gel¨oste Komponente in einem homogen L¨osungsmittel bewegt, scheint es vern¨unftig, dass Monomer als die richtige L¨angenskala anzunehmen. Es gibt viele Publikationen (z.B.

Ref. [193, 194]), wo kleine Molek¨ule die lokale Reibung austesten. Gisser et al. [61] fanden in Polystyrol/THF-L¨osungen, dass die lokale Mobilit¨at, und damit die lokale Viskosit¨at sol-cher Tracermolek¨ule, sehr stark von deren Gr¨oße und der Art der Dynamik abh¨angt. Die Konzentrationsabh¨angigkeit der Rotationsdiffusion war in THF am geringsten, wovon sich die langsamere Translationsbewegung deutlich unterschied. Zus¨atzlich war die Dynamik von Farbstoffmolek¨ulen unterschiedlicher Gr¨oße in PS/THF langsamer als die Rotation und Translation der THF Molek¨ule. Damit sollte sehr wohl zwischen der Art der Dynamik und der zugeh¨origen L¨angenskala unterschieden werden. Dies k¨onnte eine m¨oglich Ursache f¨ur den Unterschied zwischen DT und Dss in Abb. 9.1 sein, wenn die Thermodiffusion auf einer Wechselwirkung beruht, deren L¨angenskala eine andere ist als die eines L¨osungsmit-telmolek¨uls in einem viskosen Medium.

Die andere M¨oglichkeit besteht darin, die gleiche effektive lokale Viskosit¨at f¨ur die Thermo-und die Selbstdiffusion anzunehmen. Der Unterschied w¨urde jetzt in einer Konzentrati-onsabh¨angigkeit des ∆T-Faktors in Gl. 9.1 liegen. ∆T sollte dann mit der Konzentration ansteigen wie

T = ∆0T

1−0.7w, (9.3)

wobei ∆0T eine Konstante ist, die nur von der Art der gel¨osten Komponente abh¨angt. Dies geht aus den Betrachtungen zum Grenzfall w → 0 hervor (siehe Abb. 9.3 und 9.5). Al-lerdings bleib anzumerken, dass es merkw¨urdig erscheint f¨ur verschiedene Systeme einen einzigen Faktor zu haben, der die Konzentrationsabh¨angigkeit beschreibt. An diesem Punkt kann nicht unterschieden werden, welcher der Faktoren in Gl. 9.1 f¨ur den Unterschied zwi-schen DT und Dss verantwortlich ist. Wechselt man jedoch den Standpunkt und betrachtet nur den Soret-Koeffizienten, wie in Kap. 10 vorgenommen (Abb. 10.6, Seite 186), dann kann man zeigen, dass Gl. 9.3 die Ergebnisse dieses Abschnitts richtig wiedergibt und ηeff

im Thermodiffusionskoeffizienten wie im Selbstdiffusionskoeffizienten gleich sind.

9.2 Verschiedene L¨ osungsmittel f¨ ur Polystyrol

9.2.1 Verd¨ unnte L¨ osungen

Der vorhergehende Teil befasste sich mit L¨osungen verschiedener Komponenten in dem L¨osungsmittel Toluol ¨uber dem gesamten Konzentrationsbereich. Jetzt wird nur das Poly-mer Polystyrol in verschiedenen L¨osungsmitteln betrachtet. Die Spanne der

L¨osungsmittel-1Selbstverst¨andlich ist noch eine dritte M¨oglichkeit vorhanden.ηeff kann f¨ur Dss und DT verschieden sein und ∆T kann konzentrationsabh¨angig sein. In diesem Fall sind m¨ogliche Deutungsversuche ohne eine fundierte theoretische Beschreibung der Thermodiffusion sehr spekulativ.

0 50 100 150 200 250 300 350 400 Dss0 / 10-7 cm2s-1

0 0,5 1 1,5

2

D T

0 / 10-7 cm2 (K s)-1 Cyclohexan Benzol THF MEK

Toluol

Cyclooctan Ethylacetat

Abb. 9.3: Thermodiffusionskoeffizient DT0 als Funktion des Selbstdiffusionskoeffizienten Ds0s des L¨osungsmittels im Grenzfall verd¨unnter L¨osungen w → 0. T = 295 K. Vertikale gestrichelte Linien markieren Ds0s der verschiedenen L¨osungsmittel. Durchgezogen Linie:

Ursprungsgerade als Fitkurve.

qualit¨at umfasst gute (Toluol), marginale (Ethylacetat) und Θ-L¨osungsmittel (Cyclohex-an). In Abb. 9.3 ist der Thermodiffusionskoeffizient DT0 als Funktion des Selbstdiffusionsko-effizientenDss0der L¨osungsmittel im Grenzfall verd¨unnter L¨osungen (w→0) dargestellt. Es wurden Literaturdaten (siehe Zitate in Tab. 9.1) und aktuellen Messdaten in Zusammenar-beit mit M. Hartung und A. Privalov vonDss0der L¨osungsmittel Methylethylketon (MEK), Tetrahydrofuran (THF) und Ethylacetat verwendet. Die Selbstdiffusionskoeffizienten wur-den zu T = 295 K extrapoliert (Stokes-Einstein) und ungewichtete Mittelwerte berechnet.

Ds0s wurde eine pauschale Unsicherheit von 10 Prozent zugeordnet, da die Schwankungen der Literaturwerte in der gleichen Gr¨oßenordnung liegen. Die Werte vonD0T und Dss0 sind in Tab. 9.1 gegeben.

Die Korrelation zwischen D0T und Ds0s in Abb. 9.3 ist zufriedenstellend. Im Grenzfall eines verschwindenden Selbstdiffusionskoeffizienten sollte der Thermodiffusionskoeffizient eben-falls Null werden, wenn die indirekte Proportionalit¨at zwischen DT und der lokalen Rei-bung gilt. Dies scheint erf¨ullt zu sein, in dem die Korrelation in Abb. 9.3 zwischenDT0 und Ds0s zu Dss0 → 0 extrapoliert wird. In der Literatur [21] gibt es Versuche, die Viskosit¨at des L¨osungsmittel mit dem Thermodiffusionskoeffizienten in Verbindung zu bringen. Die Verwendung der reinen L¨osungsmittelviskosit¨at anstatt des Selbstdiffusionskoeffizienten in Abb. 9.3 ergibt eine etwas schw¨achere Korrelation und eine h¨ohere mittlere quadratische Standardabweichung bei linearer Regression. Außerdem ist es bei endlichen Konzentra-tionen nicht mehr die Scherviskosit¨at des L¨osungsmittels bzw. der L¨osung die verwendet

KAPITEL 9. SELBST- UND THERMODIFFUSION 9.2. Verschiedene L¨osungsmittel f¨ur Polystyrol werden darf, um die lokale Reibung auszudr¨ucken. Deshalb wurde anstatt der Viskosit¨at der Selbstdiffusionskoeffizient zur Korrelation mit dem Thermodiffusionskoeffizienten in diesem Kapitel herangezogen.

Tab. 9.1:Daten des Selbstdiffusionskoeffizienten des L¨osungsmittelsDs0s und des Thermodiffusionskoeffizienten DT0 im Grenzfall w→0. T = 295 K.

Ds0s /10−7 cm2s−1 DT0/10−7 cm2(Ks)−1

Benzol 198±10a 0.88±0.04

Cyclooktan 53±5b 0.26±0.01

Cyclohexan 133±13c 0.66±0.05

Ethylacetat 274±27 1.27±0.06

MEK 338±34d 177±0.09

THF 251±25e 1.1±0.1

Toluol 235±23f 1.10±0.02

aMittelwert von [176, 195]; extrapoliert zuT = 295 K

b[195]; extrapoliert zuT = 295 K

cMittelwert von [196, 176, 197, 195]; extrapoliert zuT = 295 K

dMittelwert von [198, 199] undDs0s (298K) = 347×107cm2s1; extrapoliert zuT = 295 K

eMittelwert von [193] undDs0s (298K) = 274×107 cm2s1; extrapoliert zuT = 295 K

fMittelwert von [166, 195]; extrapoliert zuT = 295 K

9.2.2 Konzentrierte L¨ osungen

Die vorhergehenden Teile demonstrieren eine starke Korrelation zwischen dem Selbstdiffu-sionskoeffizienten des L¨osungsmittels und dem ThermodiffuSelbstdiffu-sionskoeffizienten. Dies wurde gezeigt f¨ur Toluol als L¨osungsmittel f¨ur verschieden organische Substanzen von verd¨unnten bis zu hochkonzentrierten L¨osungen. Jetzt wird Polystyrol als gel¨oste Substanz beibehal-ten und verschiedene L¨osungsmittel werden herangezogen. Dazu werden die Dabeibehal-ten von Toluol, Benzol und Cyclohexan verwendet. Die ersten beiden sind gute L¨osungsmittel f¨ur Polystyrol, wohingegen Cyclohexan ein sogenanntes θ-L¨osungsmittel ist. In Abb. 9.4 wird Dss dieser drei L¨osungsmittel zusammen mit DT der Polystyroll¨osungen dargestellt. Von DT und Dss sind die Absolutwerte dargestellt. Zus¨atzlich sind die Selbstdiffusionskoeffizi-enten mit dem empirischen Faktor α = (1−0.7w) hochskaliert. Die Fehlerbalken f¨ur Dss in Abb. 9.4 sind jetzt weggelassen. F¨ur DT im L¨osungsmittel Benzol (f¨ur Toluol siehe [3]) sind die Messunsicherheiten von der Gr¨oße der verwendeten Symbole. Der Fehlerbalken von Cyclohexan als L¨osungsmittel f¨ur Polystyrol in Abb. 9.4 zeigt die maximale Unsicher-heit bei dieser Konzentration sehr nahe der kritischen Temperatur Tc an. Alle anderen Messunsicherheiten sind kleiner.

Die Daten des Thermodiffusionskoeffizienten von Polystyrol in Toluol, Benzol und Cyclohe-xan stimmen relativ gut mit dem Selbstdiffusionskoeffizienten der L¨osungsmittel ¨uberein, wenn der empirische Faktor α = (1−0.7w) verwendet wird. Es ist bemerkenswert, dass der Faktor α scheinbar unabh¨angig ist von verschiedenen Kombinationen L¨osungsmittel und gel¨oster Komponente. Das L¨osungsmittel Benzol ist dem Toluol sehr ¨ahnlich und kein spezieller Unterschied zu den Polystyrol/Toluol-L¨osungen sollte auftreten mit einer

Aus-0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 w / g g-1

10-2 10-1 100

D T / 10-7 cm2 (sK)-1

Toluol Benzol Cyclohexan

101 102

D s

s (1-0.7w)-1 / 10-7 cm2 s-1

Toluol Benzol Cyclohexan

Abb. 9.4:SelbstdiffusionskoeffizientDss (gef¨ullte Symbole) der L¨osungsmittel Toluol, [166], Cyclohexan [176] und Benzol [176] im Vergleich mit dem Thermodiffusionskoeffizienten DT (offene Symbole). Die Daten von Pickup et al. [166] und Kosfeld et al. [176] wurde zu T = 295 K extrapoliert. Eingezeichnete Kurven sind Hilfslinien. Fehlerbalken siehe Text.

nahme: alle Transportkoeffizienten in Abb. 9.4 unterscheiden sich im Grenzfall w→0 um einen Faktor, der proportional zur Viskosit¨at des reinen L¨osungsmittels ist.

Das ist f¨ur das System Polystyrol/Cyclohexan bemerkenswert. In diesen L¨osungen wurde das Molekulargewicht MW = 101 kg/mol vermessen. Der kritische Punkt dieser Poly-merl¨osungen liegt bei einer kritischen Temperatur von Tc = 293.78 K und einer Konzen-tration von w= 0.113 g/g. Die Messtemperatur liegt bei T = 295 K und ist etwas h¨oher alsTc. Im Vergleich zu Literaturwerten des Thermodiffusionskoeffizienten in niedermoleku-laren Mischungen [200] und Schmelzen [131] zeigen die Daten in Abb. 9.4 ebenfalls die Ro-bustheit vonDT in einer Polymerl¨osung gegen¨uber der N¨ahe eines kritischen Punktes. Die Ursache f¨ur die Streuung derDT-Daten in Abb. 9.4 f¨ur Polystyrol/Cyclohexan kommt von der Art wie DT bestimmt wird. Er ist das Produkt aus Diffusions- und Soret-Koeffizient.

Diese beiden Transportkoeffizienten sind kritischem Verhalten (siehe Kap. 7, Seite 129)

un-Tab. 9.2:Transportkoeffizienten und experimentelle Parameter von Polystyrol (MW = 101 kg/mol) gel¨ost in Toluol und Cyclohexan bei einer Konzentration von w= 0.113 g/g.

L¨osungsmittel T D DT ST q2

C 10−7 cm2s−1 10−7 cm2(Ks)−1 10−2K−1 m−2 Toluol 22.0 12.1±0.2 0.92±0.02 7.6±0.1 4.02×1011 Cyclohexan 22.26 0.22±0.02 0.54±0.12 250±50 1.13×1012

KAPITEL 9. SELBST- UND THERMODIFFUSION 9.3. Verschiedene L¨osungsmittel f¨ur Polymere - verd¨unnte L¨osungen terworfen. Der Diffusionskoeffizient zeigt die sogenannte kritische Verlangsamung und der Soret-Koeffizient eine kritische Erh¨ohung ¨uber mehrere Gr¨oßenordnungen. Zum Vergleich sind in Tab. 9.2 Absolutwerte der Transportkoeffizienten von Toluol und Cyclohexan als L¨osungsmittel f¨ur Polystyrol aufgef¨uhrt. Das Produkt aus einer stark ansteigenden und einer stark abfallenden Gr¨oße f¨uhrt zu einer starken Streuung des resultierenden Thermo-diffusionskoeffizienten in Abb. 9.4. Einen Eindruck von dem Anstieg des Soret-Koeffizienten wird auch durch die Amplitude der Konzentrationsmode in Abb. 5.3(a) (Seite 80) vermit-telt. Zum Vergleich ist in der gleichen Abbildung das Messsignal von Polystyrol/Toluol bei etwa der gleichen Konzentration und Temperatur dargestellt.

Tab. 9.2 liefert die Werte der Transportkoeffizienten aus der heterodynen Beugungsef-fizienz ζhet in Abb. 5.3(a). Das Verh¨altnis der Diffusionskoeffizienten in PS/Toluol und PS/Cyclohexan ist unter den gegebenen experimentellen Bedingungen etwa 56. Die Soret-Koeffizienten besitzen das Verh¨altnis von etwa 1/33. Aber der Unterschied in den Ther-modiffusionskoeffizienten ist nur bedingt durch die verschiedenen lokalen Viskosit¨aten in diesen L¨osungen. Unter der Annahme, das die lokale Viskosit¨at bei einer Konzentration von w = 0.113 g/g in etwa dem Wert des reinen L¨osungsmittels entspricht, ist das Verh¨altnis (1.67) der L¨osungsmittelviskosit¨aten von Cyclohexan (η = 0.95×10−3 Pa·s, interpoliert von [168]) und Toluol (η = 0.57×10−3 Pa·s, interpoliert von [168]) das gleiche wie das Verh¨altnis (≈1.7) der entsprechenden Thermodiffusionskoeffizienten von Polystyrol in To-luol und Cyclohexan. Dies wird in Abb. 9.4 wiedergegeben. Der gleiche relative Unterschied innerhalb der Gruppe der Thermodiffusionskoeffizienten entspricht dem in der Gruppe der Selbstdiffusionskoeffizienten. Zus¨atzlich ist die Konzentrationsabh¨angigkeit von DT und Dss fast identische, wenn der empirische Faktor α = (1−0.7w) in Dss eingerechnet wird.

Letztendlich kommt diese ¨Ahnlichkeit der Konzentrationsabh¨angigkeit der drei L¨osungs-mitteln - Toluol, Benzol und Cyclohexan - f¨ur Polystyrol von dem Umstand, dass alle drei L¨osungsmittel zusammen mit dem Polymer bin¨are Glasbildner darstellen. Somit ist die Zunahme der lokalen Reibung mit steigender Konzentration der dominierende Faktor.

Die Konsequenz, der oben beschriebenen Konzentrationsabh¨angigkeit vonDTin PS/Cyclo-hexan, ist die Unempfindlichkeit gegen¨uber einem Phasen¨ubergang zweiter Ordnung. Des-halb tritt der Unterschied zwischen thermodynamischen und kinetischen Eigenschaften im Thermodiffusionskoeffizienten und im Soret-Koeffizienten deutlich hervor. Abgesehen vom Faktor ∆T, ist DT nur empfindlich gegen¨uber der lokalen Reibung und ST wird getrieben vom inversen osmotischen Modul.

9.3 Verschiedene L¨ osungsmittel f¨ ur unterschiedliche