• Keine Ergebnisse gefunden

Vergleichende Untersuchung von neutrophilen Granulozyten aus Blut und Uterus endometriumgesunder Stuten

5.2 Teilschritte zur Etablierung eines Endometritismodells .1 Einsatz eines in-vitro-Systems zur Untersuchung des

5.2.3 Vergleichende Untersuchung von neutrophilen Granulozyten aus Blut und Uterus endometriumgesunder Stuten

Die Grundkonzeption des Endometritismodells für das Pferd sah vor, die in den Uterus eingewanderten PMN hinsichtlich verschiedener Eigenschaften zu charakterisieren. Um eine repräsentative Aussage bezüglich der funktionellen Kapazität von PMN treffen zu können, ist die parallele Bestimmung mehrerer Parameter notwendig (WINTER und BUSCHMANN 1987).

Für die vorliegenden Untersuchungen wurden die Beurteilung des Immunphänotyps, der Phagozytosefähigkeit sowie der Kapazität zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies herangezogen. Ursprünglich war der Einsatz eines Zytotoxizitätstests vorgesehen. Dieser Test wird derzeit im Rahmen der hiesigen Arbeitsgruppe optimiert und soll für künftige Untersuchungen an equinen PMN Verwendung finden. Mit der Bestimmung der Transmigrationsaktivität steht ein weiterer Funktionstest zur Verfügung, dessen Anwendung zur Untersuchung (bereits migrierter) uteriner PMN als nicht sinnvoll erachtet wurde.

In den entsprechenden Untersuchungen konnten v.a. nach der Phänotypisierung starke interindividuelle Schwankungen beobachtet werden (s. 4.1.2). Um die Untersuchungsergebnisse uteriner PMN interpretieren zu können, wurden die Eigenschaften der Uterus-PMN denen der autologen Blut-PMN gegenübergestellt. Somit dienten die Ergebnisse der Blut-PMN als individuelle Referenz, und es können Aussagen zur Modulation von PMN-Eigenschaften durch deren Wanderung vom peripheren Blut in den Uterus getroffen werden. Die sich ergebende Differenz zwischen Blut- und Uterus-PMN diente wiederum zum interindividuellen Vergleich.

5.2.3.1 Phänotypische Charakterisierung von neutrophilen Granulozyten aus Blut und Uterus

Zur Charakterisierung von PMN aus Blut und Uterus wurden sieben verschiedene monoklonale Antikörper eingesetzt (s. 3.1.7). Es kamen mAk zum Einsatz, denen eine Spezifität für das equine Homolog des CD11a/18 (LFA-1) zugesprochen wird. LFA-1 vermittelt die PMN-Adhäsion z.B. an Endothelzellen über eine Bindung an interzellulläre Adhäsionsmoleküle (ICAM; KLEIN 1991). Außerdem wurden mAk mit Spezifität für CD44 verwendet. Über das equine CD44 ist noch wenig bekannt. Dem humanen CD44 auf PMN wird v.a. eine Beteiligung an Hyaluronsäure-vermittelter zytotoxischer Aktivität gegenüber sogenannten Zielzellen (PERICLE et al. 1996) sowie an der Phagozytose von Bakterien (MOFFAT et al. 1996) zugesprochen.

Der mAk CZ4 besitzt eine Spezifität für equine MHC-Klasse-I-Moleküle. Der mAk CZ11 reagiert spezifisch mit equinen MHC-Klasse-II-Molekülen, die PMN normalerweise zwar nicht exprimieren. Eine Stimulation zur Expression ist aber möglich (GOSSELIN et al. 1993).

Darüber hinaus wurde ein mAk mit einer Spezifität für den equinen Komplementrezeptor 3 (CR3) gesucht. Dieser Rezeptor bindet an Komplementfaktoren und damit an zu phagozytierende opsonisierte Partikel. Für PMN ist er somit von funktioneller Bedeutung. Da ein derartiger mAk für das equine System nicht zur Verfügung stand, wurde in Vorversuchen u.a. die Kreuzreaktivität equiner PMN mit entsprechenden CR3-erkennenden mAk aus dem bovinen und porcinen System getestet. Jedoch konnte für keinen mAk eine Kreuzreaktivität mit equinen Leukozyten gegen CR3 nachgewiesen werden, dafür aber mit einer Reihe anderer mAk, von denen zwei weiterverwendet wurden (mAk 72.87 und 25.32).

Die mittels indirekter Immunfluoreszenz untersuchten PMN aus Blut und Uterus endometriumgesunder Stuten wiesen (mit Ausnahme des MHC-Klasse-II-Rezeptors) z.T.

deutliche Unterschiede in der Expressionsdichte der erkannten Oberflächenstrukturen auf.

Interessanterweise wurden die Expressionsdichten einiger Rezeptoren auf den Uterus-PMN herunterreguliert (mAk 25.32, CZ5.15, CZ4 und CZ3.2) wohingegen andere eine deutlich höhere Expressionsdichte aufwiesen (mAk CZ3.2 und 72.87). Ein ähnliches Muster der

Veränderungen konnte in vitro nach Aktivierung der PMN mit dem Phorbolesther PMA beobachtet werden (s. 4.1.2). Dieser Sachverhalt deutet darauf hin, dass in den Uterus migrierte PMN sich gegenüber Blut-PMN in einem aktivierten Zustand befanden. Auffällig ist die unterschiedliche Reaktivität der mAk CZ3.1 und CZ3.2, denen jeweils eine Spezifität für LFA-1 zugesprochen wird. Während sich die Expression des CZ3.2-bindenden Moleküls verringerte, wurde die des CZ3.1-bindenden Moleküls stark erhöht. Demnach könnten die verwendeten mAk an unterschiedlichen Epitopen des LFA-1 binden. Möglicherweise werden aber auf equinen Leukozyten, wie auch von anderen Untersuchern vermutet (ZHANG et al.

1998), mehrere LFA-1-Typen exprimiert, die auf Aktivierung unterschiedlich reagieren. Ein dritter Erklärungsansatz besteht darin, dass aktivierte equine PMN andere Strukturen exprimieren, mit denen CZ3.1 kreuzreagiert.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung von ZERBE et al. (1996), dass bei ähnlichen modellhaften Studien die Expressionsdichte des LFA-1 auf bovinen Uterus-PMN gegenüber autologen Blut-PMN signifikant verringert war.

Um klären zu können, ob die Veränderungen im Phänotyp der Uterus-PMN allein auf den Einfluss des rhIL-8 zurückzuführen sind, wurde eine in-vitro-Inkubation mit anschließender Charakterisierung des Immunphänotyps durchgeführt (s. 4.4.1). Tatsächlich konnten unter Einfluss von 25 ng rhIL-8/ml tendenziell ähnliche Modulationen erzielt werden. Der Grad der Veränderungen war aber deutlich schwächer als der zwischen Blut- und Uterus-PMN beobachtete. Auch die rhIL-8-induzierte in-vitro-Transmigration bewirkte nicht die bei Uterus-PMN beobachteten Veränderungen im Immunphänotyp (s. 4.4.3).

Über Ursachen und Bedeutung der gezeigten Veränderungen kann derzeit nur spekuliert werden. Möglicherweise haben Kontakte zwischen PMN und endometrialen Strukturen oder aufgrund des initialen rhIL-8-Reizes freigesetzte Gewebsmediatoren Einfluss auf die untersuchten Oberflächenmoleküle genommen. Denkbar ist auch, dass es zu einer Maskierung von Membranstrukturen durch bisher nicht identifizierte Substanzen gekommen ist, die zu einer herabgesetzten Bindung monoklonaler Antikörper führte.

Ob die Modulationen der untersuchten Oberflächenstrukturen von funktioneller Bedeutung für die PMN sind, kann nicht gesagt werden. Die durch den mAk CZ3.1 erkannte Struktur ist

u.U. nicht nur für die transendotheliale Migration wichtig, sondern hat auch eine funktionelle Bedeutung für die Aktion der PMN im Entzündungsgebiet.

5.2.3.2 Funktionelle Eigenschaften neutrophiler Granulozyten aus Blut und Uterus

Um im Rahmen des Endometritismodellsystems die funktionelle Kapazität der in den Uterus migrierten PMN beurteilen zu können, wurden die Phagozytosefähigkeit (s. 3.2.9) und die Kapazität zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS; s. 3.2.10) bei 7 Stuten mit histologisch gesundem Endometrium untersucht.

Wie die Resultate unter 4.3.3 zeigen, konnten bei der vergleichenden Beurteilung der Phagozytosefähigkeit der Uterus-PMN und der autologen Blut-PMN keine statistisch gesicherten Unterschiede gefunden werden. Unabhängig von der Art der vorherigen Opsonisierung der Phagozytoseobjekte traf das sowohl für die Phagozytoseaktivität (prozentualer Anteil phagozytierender PMN) als auch für die Ingestionskapazität (Quantität der aufgenommenen Phagozytoseobjekte) der Neutrophilen zu. Zwar lag die Phagozytosefähigkeit der uterinen PMN in beiden Parametern durchschnittlich geringgradig über der der Blut-PMN; aufgrund relativ großer Schwankungen konnte dieser Unterschied statistisch nicht belegt werden.

Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass in den gesunden Uterus migrierte PMN im vergleichbaren Maße zur Phagozytose bakterieller Erreger befähigt sind wie autologe Blut-PMN. Diese Beobachtung befindet sich in Übereinstimmung mit den Untersuchungen von WATSON et al. (1987b) sowie TROEDSSON et al. (1990). Studien mit Hilfe eines Endometritismodellsystems beim Rind erbrachten, dass durch LTB4 in die gesunde Gebärmutter gelockte PMN eine signifikant verringerte Phagozytoseaktivität aufwiesen (ZERBE et al. 1996). Da die Autoren einen direkten LTB4-Effekt ausschließen, scheinen hier deutliche tierartspezifische Unterschiede zu bestehen.

In wie weit uterine PMN zur Abtötung ingestierter Mikroorganismen fähig sind, sollte mit einem Test zur Bildung mikrobizider Sauerstoffmetaboliten beurteilt werden. Dabei fiel auf, dass die aus dem Uterus isolierten PMN bereits ohne PMA-Stimulation eine geringfügig höhere Aktivität aufwiesen als die Blut-PMN (s. 4.3.3). Auch nach der Stimulation der PMN mit 30 und 100 nmol PMA/l zeigten die Uterus-PMN eine deutlich stärkere ROS-Bildung.

Vergleichbare Untersuchungen aus dem equinen System liegen nicht vor. Ähnliche Beobachtungen konnten jedoch ZERBE et al. (1996) bei in den bovinen Uterus gelockten PMN machen. Für eine Veränderung des Aktivierungszustandes sprechen auch die morphologischen Umgestaltungen der uterinen PMN (s. 4.3.1), wie sie auch in anderen Studien beobachtet wurden (MOFFAT et al. 1996).

Entsprechend den Untersuchungen zum Phänotyp wurde auch bezüglich der ROS-Bildung der in-vitro-Einfluss von rhIL-8 und der rhIL-8-stimulierten Transmigration bestimmt, um Aufschlüsse über die Ursachen der nachgewiesenen Unterschiede zu erhalten. Ein direkter Effekt (Verstärkung der ROS-Bildung) mit den im Uterus eingesetzten rhIL-8-Konzentrationen konnte nicht erzielt werden. Dagegen wiesen in-vitro-transmigrierte wie uterine PMN ebenfalls eine erhöhte Stimulierbarkeit auf (s. 4.4.4). Diese ist als möglicher Synergie-Effekt von rhIL-8, welches prinzipiell eine ROS-Bildung induzieren kann (JANEWAY und TRAVERS 1997), mit der anschließenden Migration und damit verbundenen Zell-Zell-Kontakten zu bewerten (GOODMAN et al. 1995). Außerdem wurde bei der Untersuchung der Migrationsfähigkeit von aus dem peripheren Blut isolierten PMN festgestellt, dass sich maximal 90% der PMN zur einer in-vitro-Transmigration anregen ließen (s. 4.1.4). Es ist somit nicht auszuschließen, dass es durch die Transmigration auch zu einer Selektion leistungsfähiger PMN kommt, die eine durchschnittlich bessere Funktionalität aufweisen als die gesamte PMN-Population im Blut.

Aufgrund der beschriebenen Beobachtungen kann folgender Mechanismus vermutet werden:

Nach einem initialen rhIL-8-Reiz im Uterus werden selektiv neutrophile Granulozyten im peripheren Blutstrom angeregt, von denen der Großteil, aber nicht die Gesamtheit, zur Extravasation befähigt ist. Durch eine Hochregulierung von Adhäsionsmolekülen wird die Anheftung an Endothelzellen vermittelt und die transendotheliale Migration ermöglicht.

Durch Rezeptor-vermittelte Kontakte zu anderen Zellen sowie durch rhIL-8 (und

möglicherweise auch weitere Mediatoren) kommt es zu einer Vorstimulation der PMN. Diese äußert sich in einer verstärkten ROS-Bildung nach PMA-Stimulation (ROBERTS et al. 1995).

Die Phagozytosefähigkeit wird nicht beeinträchtigt; in einigen Fällen kann sie sogar deutlich erhöht sein. Insgesamt können die gefundenen Unterschiede jedoch nur hypothetisch bewertet werden. Die Resultate dienen v.a. als Basis für weitergehende Untersuchungen bezüglich der funktionellen und phänotypischen Modulation equiner PMN.

5.3 Auswirkungen degenerativer endometrialer Veränderungen auf uterine