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Bezug nehmend auf das Kriegs(verhütungs)recht ist auch auf die Bildung der Vereinten Nationen zu achten. Nach dem Scheitern des Völkerbundes wurde durch die Zusammenarbeit von vielen Staaten schließlich die Satzung der Vereinten Nationen (SVN) 1945 auf der Konferenz von Jalta fertiggestellt278. Sie wurde am 26. Juni 1945 in San Francisco von 50

275 vgl. Art 76 GK ZP 1.

276 vgl. Art 76 Abs 3 GK ZP 1.

277 BGBl 527/1982.

278 Hans J. Münk, Die Vereinten Nationen sechs Jahrzehnte nach ihrer Gründung: Bilanz und Reformperspektiven (2008) 12.

- 55 - Staaten unterzeichnet279. Die wichtigsten Ziele der Vereinten Nationen sind die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts und die Entwicklungszusammenarbeit280.

Wichtig im Zusammenhang mit der Vermeidung des internationalen bewaffneten Konfliktes ist insbesondere der Artikel 1 Ziffer 1 SVN. Dieser befiehlt die Grundsätze des friedlichen Zusammenlebens: (…) den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen , die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen. Damit wird die Gleichstellung von Frauen und Männern auch in der SVN gefordert. Fraglich ist aber, warum, wenn dies schon gefordert wird, bei der Gündungskonferenz der VN insgesamt nur drei Frauen zur Teilnahme eingeladen wurden281.

4. 5. 1 Das allgemeine Gewaltverbot

Noch wichtiger ist aber Artikel 2 Ziffer 4 SVN, wenn man an das friedliche Zusammenleben aller Menschen denkt. Dieser besagt: Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.

Dieses so genannte allgemeine Gewaltverbot welches zumeist als ius cogens282 wahrgenommen wird, ist ein revolutionärer Schritt hin zum Friedensgebot, welches eines der Ziele der VN ist.

Zumindest aber wird es als Völkergewohnheitsrecht wahrgenommen und gilt damit als für Staaten verbindlich. Sein Fortschritt zeigte sich gegenüber vorangegangener Regelungen darin, dass damit Gewalt insgesamt verboten wurde- nicht nur den Krieg, welcher die schlimmste Ausübung von Gewalt ist283.

279vgl. Albert Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht (1975) 156.

280vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Handbuch des Österreichischen Völkerrechts, Band 1, 177.

281vgl. Feministische Theorieansätze in der Friedes und Sicherheitspolitik- Perspektiven der Einflussnahme auf den UN-Sicherheitsrat, Feministisches Institut der Heinrich- Böll- Stiftung (2003) 62., gefunden unter:

http://www.glow-boell.de/media/de/txt_rubrik_1/DokuFriedensundSicherheitspolitik.pdf (letzter Stand:

02.05.2011).

282 vgl. Simma, NATO, the UN and the Use of Force: Legal Aspects, in: 10 European Journal of International Law (1999) 1ff.

283 vgl. Jost Delbrück /Georg Dahm/Rüdiger Wolfrum, Völkerrecht, 823.

- 56 - Damit wurde bewusst, dass der so genannte animus belligerendi als Rechtszustand verhindert wurde: Dieser ist der Wille eines Staates mit anderen Staaten alle friedlichen Beziehungen abzubrechen und das Kriegs- und Friedensvölkerrecht einzuführen284. Nebensächlich war dabei aber die effektiv ausgeübte Gewalt. Dieser Zustand versetzte zu früheren Zeiten Staaten in Ahnungslosigkeit über ihre zwischenstaatlichen Beziehungen, die Außenpolitik und über das Geschehen in naher Zukunft. Dieses Gefühl der Ohnmacht führte schon des Öfteren zu Kriegen und kriegsähnlichen Zuständen. Somit wurde die Möglichkeit des animus belligerendi verhindert, weil Artikel 2 Z 4 SVN auch die Gewaltanwendung verbietet. Offensichtlich galt seit Einführung des allgemeinen Gewaltverbotes die Waffengewalt als geächtet. Der Begriff der Gewaltanwendung ist für Simma aber ein sehr weiter285. Daher ist fraglich, ob dieser Artikel auch das Verbot des wirtschaftlichen und politischen Druckes beinhaltet, aber ein Großteil der Lehre verneint diesen Ansatz286.

Als zweiten wichtigen Punkt wird mit Artikel 2 Z 4 SVN beschlossen, dass sich das Verbot der Gewalt nicht nur auf die tatsächliche Gewalt bezieht, sondern davon auch die Gewaltandrohung gegen vor allem kleinere Staaten betroffen ist287.

Ein problematischer Punkt ist, dass Artikel 2 Z 4 SVN sowohl zwischen Unterzeichnern der SVN als auch zwischen Nicht-Unterzeichnern dieses multilateralen Vertrages gilt. Diese werden damit zur Einhaltung der (zum Teil ungeschriebenen) Grundsätze der Charta und somit auch zur Einhaltung des Waffenverbotes gezwungen. Das Problem dabei ist, dass laut Artikel 34 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge solche Verträge zu Lasten Dritter verbietet288. Fraglich ist somit, ob die Einhaltung des Art 2 Z 4 SVN für Nicht-Unterzeichner der Charta wirklich gelten sollte. Dies wäre für alle Staaten von Vorteil, aber der Eingriff in die Souveränität eines Staates, indem man diesem die Verpflichtung dieses Artikels aufzwingt, ist damit sicherlich gegeben. Damit gibt die SVN vor, dass Gewaltanwendung entweder als rechtswidrig zu qualifizieren ist, oder aber zur individuellen oder kollektiven

284 vgl. Markus Krottmayer, Die Neutralitätsfalle: Österreichs Sicherheitspolitik in der Sackgasse? (2009) 6, Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band 1, 350.

285 vgl. Simma, NATO, the UN and the Use of Force: Legal Aspects, in: 10 European Journal of International Law, 3.

286 vgl. Fischer, Völkerrecht (1999) 936.

287 vgl. Ulrich Beyerlin, Humanitarian Intervention, in Encyclopedia of Public International Law, Band 2, 927.

288 BGBl. 1980/40, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1980_40_0/1980_40_0.pdf (Stand: 05.Juli 2011)

für Kadelbach ist die Anwendung des Artikel 3 WVK auf die SVN herrschende Lehre, vgl. Stefan Kadelbach, zwingendes Völkerrecht (1992) 30.

- 57 - Selbstverteidigung nach Artikel 51 SVN erlaubt ist. Eventuell könnte die Gewaltanwendung auch noch von einem zentralen Organ (Sicherheitsrat) beschlossen werden289, was dann das System der kollektiven Sicherheit der VN genannt wird. Besonders ist, dass das Gewaltverbot von einem stetigen Wandel betroffen ist. Gerade wegen des problematischen Punktes, dass mE damit ein Vertrag zu Lasten Dritter vorliegt, gilt andererseits aber auch, dass das Gewaltverbot der VN bis zur heutigen Zeit als universell gilt290. Dies bedeutet besonderen Schutz, da auch nicht-unterzeichnende und rechtsbrechende Staaten mit Konsequenzen rechnen müssen291. Insbesondere trägt die Universalität des Artikel 2 Z 4 SVN erheblich zur Bildung des Weltfriedens bei. Des Weiteren schützt das Gewaltverbot nicht nur vor Übergriffen über die Staatsgrenze hinweg, sondern es umfasst auch Waffen- und Demarkationsgrenzen292. Durch diesen Artikel wird nicht nur die direkte Streitführung geächtet, sondern auch eine solche, die mittels der Entsendung von Guerilleros (non state actors) vorbereitet und durchgeführt wird.

Aus demselben Grund werden bewaffnete Repressalien verboten293.

Fraglich ist, wieweit das absolute Gewaltverbot in Hinblick auf die humanitäre Intervention gelten kann. Seit Verankerung des Gewaltverbotes in Art 2 Z 4 SVN wird eine solche (auch wenn sie als notwendig erachtet wird) als Verletzung der SVN angesehen294. Da seit der Zeit des Kalten Krieges aber des Öfteren versucht wurde die Kompetenzen des SR der VN zu lähmen, sieht ein Teil der Völkerrechtsexperten die Möglichkeit darin, das Verbot des Art 2 Z 4 SVN aufzulockern und eine humanitäre Intervention zu ermöglichen295. Dies sei aber nur unter strengen Voraussetzungen, wie etwa einer opinio necessitas möglich296.

289 vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrecht, Band 1, 352.

290 vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrecht, Band 1, 175, 352.

291 vgl. Dominik A.Faust, Effektive Sicherheit (2002), 143f.

292 vgl. Ulrich Beyerlin, Die humanitäre Aktion zur Gewährleistung der Mindeststandards in nicht- interkontinentalen Konflikten (1975) 45.

293 vgl. Ulrich Beyerlin, Die humanitäre Aktion zur Gewährleistung der Mindeststandards in nicht-

interkontinentalen Konflikten, 48, Das Special Committee on Friendly Relations hat sich bei seinen Diskussionen einhellig für eine umfassende Geltung des Gewaltverbotes ausgesprochen.

294 vgl. ICJ, Military and Paramilitary Acivities in and against Nicaragua (Nicaragua vs. United States of America), 1986 ICJ Reports.

295 vgl. Peter Hilpold, Sezession und humanitäre Intervention- völkerrechtliche Instrumente zur Bewältigung innerstaatlicher Konflikte?, in 54. Zeitschrift für öffentliches Recht (1999)529ff.

296 vgl. Ulrich Beyerlin, Die humanitäre Aktion zur Gewährleistung der Mindeststandards in nicht- interkontinentalen Konflikten, 53.

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4. 5. 2 Die definition of aggression

Weitere Bestimmungen zur geächteten Gewalt enthält die definition of aggression aus dem Jahre 1974 der GV VN297. Erlassen wurde die Agresssionsresolution, um den Sicherheitsrat (SR) der VN bei Sanktionen nach Art 39 SVN zu unterstützen. Nach Einsetzung eines Sonderausschusses aus 35 Mitgliedstaaten durch die GV, wurde die Definition in den Annex der Resolution 3314 aufgenommen298. Aggression ist aufgrund der Definition auf Waffengewalt beschränkt299. Als Indiz für Aggression liegt ein Angriff durch einen Staat vor, jedoch besagt Absatz 3 der Resolution, dass der SR nicht an die Tatbestandsaufzählung gebunden ist: So können auch bewaffnete Söldner auf Befehl eines Staates Aggression gegenüber einem anderen Staat ausüben300. Aus den Definitionen des Art 3 lässt sich zumindest erkennen, unter welchen Voraussetzungen in Art 51 SVN ein „bewaffneter Angriff“

angenommen werden kann301.

4. 5. 3 Die Kommission für die Rechtsstellung der Frau

Im Jahr 1946 wurde die Kommission für die Rechtsstellung der Frau (CSW) gegründet. Diese wurde vom Wirtschafts- und Sozialrat der VN ins Leben gerufen302. Der Sitz der CSW ist in Wien. Sie ist zuständig für die Gleichberechtigung der Geschlechter und bereitet Berichte über die Rechtsstellung der Frau vor und deckt Diskriminierungen auf. Durch diese Kommission werden frauenpolitische Ziele vorformuliert und Maßnahmen zu deren Verwirklichung vorgeschlagen. Sie bereitet die Weltfrauenkonferenzen nach303.

Zu den Zielen der Arbeit dieser Kommission gehört, dass die Verabschiedung der Erklärung über die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen auf der UN Menschenrechtskonferenz 1993 erlassen wurde. Ihr Artikel 1 besagt: (...) jede gegen Frauen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete Gewalthandlung, durch die Frauen körperlicher, sexueller oder psychologischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder werden kann, einschließlich der

297 vgl. GA Resolution 3314 (XXIX), vom 14.12.1974.

298 vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band 1, 357.

299 vgl. Art 1 A/RES/3314 (XXIX).

300 vgl. Art 3 lit g A/RES/3314 (XXIX), Art 4 A/RES/3314 (XXIX) spricht von einer demonstrativen Tatbestandsaufzählung im Artikel 3.

301 vgl. Manfred Hechtl, Die offensive Defensive: Das Recht der präventiven Selbstverteidigung? (2011) 73.

302 vgl. Paul M. Kennedy, Parlament der Menschheit: die Vereinten Nationen und der Weg zur Weltregierung, (2006) 175.

303 vgl. Valentin Tischler, Menschenbilder und Menschenrechte (2010) 141.

- 59 - Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der willkürlichen Freiheitsberaubung, gleichviel ob im öffentlichen oder privaten Bereich304. Bei dieser Konferenz wurde erstmals gesagt, dass Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung gilt305.

1985 organisierte die CSW dritte Weltfrauenkonferenz in Nairobi, welche als Thema Gewalt gegen Frauen behandelte306.Verabschiedet wurden Zukunftsstrategien, welche u.a. Maßnahmen gegen die Zwangsprostitution setzten307. Bei der Weltfrauenkonferenz von Bejing 1995308 wurde ein umfangreicher Maßnahmenkatalog zum Abbau weltweiter Diskriminierung der Frau vorgestellt, welcher sich Aktionsplattform nennt. Diese Aktionsplattform behandelt unter anderem das Thema „Gewalt gegen Frauen“ und „Frauen und bewaffnete Konflikte“309. Darin wurden einige Ziele formuliert, welche bei diesem Thema vorrangige Stellung haben: Als erster Punkt wurde die Mitwirkung von Frauen an allen Formen der Konfliktregelung auf allen Ebenen gefordert. Unerlässlich war auch die Anerkennung der Friedensbewegung der Frauen in allen Regierungen. Dazu sollten Frauen auf leitender Ebene an den Lösungen der Probleme mitarbeiten. Alle mit friedlicher Konfliktregulierung befassten Organe sollten befähigt werden, sich mit allen Fällen geschlechtsbedingter Gewalt gegen Frauen in kriegerischen Konflikten angemessen zu befassen, vor allem dadurch, dass in den entsprechenden Institutionen Frauen gleichberechtigt vertreten sind310.

304 Art 1 Erklärung über die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.

305 vgl. Karl Peter Fritzschem, Menschenrechte: Eine Einführung mit Dokumenten (2004) 117.

306 vgl. Ilse Lenz / Michiko Mae / Karin Klose, Frauenbewegungen weltweit: Aufbrüche, Kontinuitäten, Veränderungen (2000) 37.

307 vgl. Ilse Lenz, Die neue Frauenbewegung in Deutschland: Abschied vom kleinen Unterschied, 2. Auflage (2010) 918.

308 vgl. Bericht der vierten Weltfrauenkonferenz, Anlage 2 Aktionsplattform, gefunden unter:

http://www.un.org/Depts/german/conf/beijing/anh_2.html (letzter Stand 05.Mai.2011).

309 vgl. Regina-Maria Dackweiler /Reinhild Schäfer, Gewalt-Verhältnisse: feministische Perspektiven auf Geschlecht und Gewalt (2002) 235.

310 vgl. Gesine Fuchs, Die Zivilgesellschaft mitgestalten: Frauenorganisation im polnischen Demokratisierungsprozess (2003) 129.

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