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3. 8 Der Briand- Kellogg Pakt 1928

Noch unter der Schirmherrschaft des Völkerbundes wurde das gesamte Kriegsrecht in seinen Grundpfeilern reformiert. Mit dem Briand- Kellogg- Pakt wandte man sich vom ius ad bellum ab, hin zum ius contra bellum (Recht gegen den Krieg)221. Aufgrund seines Inhaltes wird der Briand- Kellogg Pakt auch Kriegsächtungspakt genannt222. Er wurde am 27. August 1928 unterzeichnet und ist zurückzuführen auf den US amerikanischen Außenminister Frank Biling Kellogg und seinen französischen Amtskollegen Aristide Briand223. Briand und Kellogg sahen darin einen Vertrag, der über das Recht des Völkerbundes hinausgehen sollte. Unterzeichnet haben diesen Vertrag die meisten Mitgliedsstaaten des Völkerbundes, aber auch die USA224.

Das partielle Gewaltverbot der VBS wurde durch den Artikel 1 Briand-Kellogg-Pakt reformiert: Die Hohen Vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, dass sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten225. Eingeleitet wurde das Gewaltverbot dadurch, dass die Staaten mit Schrecken den Ersten Weltkrieg

219 vgl. Stephan Hobe /Otto Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 48.

220 vgl. Hans J. Schlochauer / Herbert Krüger / Hermann Mosler / Ulrich Scheuner, Ibero- Amerikanismus bis Quirin- Fall, 421.

221 vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band 1, 351.

222 vgl. Ralph Blessing, Der mögliche Frieden: die Modernisierung der Aussenpolitik und die deutsch- französischen Beziehungen 1923- 1929 (2008) 423.

223 vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band 1, 351.

224 Diese Staaten sind: Deutschland, Vereinigte Staaten, Belgien, Frankreich, Großbritannien mit Irland, Indien und die britischen Dominions, Italien, Japan, Polen und die Tschecheslowakei- siehe Präambel des Kellogg- Paktes.

225 Art 1 Briand- Kellogg Pakt, BGBl 1929/268.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=bgb&datum=19290004&seite=00001047 (Stand: 31. Mai 2011).

- 45 - überstanden hatten226. Die Völkerbundsatzung konnte dem Problem der Aggression nicht entgegentreten, denn nach einer cooling off period durfte ein Krieg legal begonnen werden227. Die Parallelität zwischen der VBS und des Briand- Kellogg Paktes bestand darin, dass Kriege nach der VBS erlaubt, aber mit Sanktionen bedroht, oder aber nach dem Briand- Kellogg- Pakt verboten, aber sanktionslos waren. Der Versuch den Briand-Kellogg-Pakt in die VBS einzuarbeiten scheiterte im Jahre 1930228.

Weitere Parallelen bestanden zwischen der Völkerbundsidee und der Kriegsächtungsidee: Auf der Völkerbundebene nahmen die USA und die Sowjetunion an den Abrüstungsverhandlungen teil, waren aber nicht Teil der Organisation. Des Weiteren waren sie nur an den Erfolgen der Abrüstung interessiert, nicht aber an der gesamteuropäischen Sicherheitspolitik. Dies durfte ein weiterer Grund dafür gewesen sein, dass der Zweite Weltkrieg nicht verhindert werden konnte.

Im Gegensatz dazu nahmen die USA bei den Verhandlungen zum Briand-Kellogg-Pakt eine wichtige Rolle ein229. Die Sowjetunion trat kurz nach Verhandlungsende bei, obwohl diese trotz ihres Wunsches nicht Teilnehmer der Verhandlungen waren. Mit den baltischen Staaten (Estland, Litauen, Lettland), sowie Polen und Rumänien unterzeichnete die Sowjetunion das auf den Briand-Kellogg-Pakt anschließende Litwinow-Protokoll230. Dieses besagte, dass der Pakt ab Unterzeichnung gilt und nicht erst ein Jahr nach dessen Abschluss, wie dies der Vertrag selbst vorsah231. Das bedeutete vor allem, dass die Sowjetunion einen Nichtangriffspakt unterschrieben hatte. Somit war ein Schutz der baltischen Staaten gegeben, weil die Gefahr eines Angriffes durch die Sowjetunion gebannt war. Das Prinzip der kollektiven Sicherheit, wie es der Völkerbund vorsah, und das Verständnis der Kriegsächtung der USA waren nahezu widersprüchlich. Die VBS sah eine Schlichtung vor und im Falle ihres Scheiterns, handelte man mit Vergeltungsschlägen gegen den Zuwiderhandelnden. Die USA verstanden darunter aber eine „Kriegsächtung ieS“, worunter der Ausschluss von allen kriegerischen Mitteln zu verstehen war, selbst solcher, der von einem Organ der kollektiven Sicherheit erlassen wurden232. Deshalb waren die USA federführend bei der Gestaltung des

226 vgl. Stephan Hobe /Otto Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 50.

227 vgl. Jost Delbück /Georg Dahm /Rüdiger Wolfrum, Völkerrecht, Band 1, 2 Auflage (2002) 681.

228 vgl. Hans J. Schlochauer /Herbert Krüger /Hermann Mosler /Ulrich Scheuner, Ibero- Amerikanismus bis Quirin- Fall, 371.

229 vgl. Ralph Blessing, Der mögliche Frieden: Die Modernisierung der Außenpolitik und die deutsch- französischen Beziehungen 1923-1929 (2008) 312.

230 vgl. Claudia Breuer, Die „Russische Sektion“ in Riga (1995) 151.

231 vgl. Thomas Schmidt, Die Außenpolitik der baltischen Staaten- Im Spannungsfeld zwischen Ost und West, 1.

Auflage (2003) 43.

232 vgl. Ralph Blessing, Der mögliche Frieden: Die Modernisierung der Außenpolitik und die deutsch- französischen Beziehungen 1923- 1929, 312f.

- 46 - Paktes, weil dieser ihrem Verständnis des Kriegsrechts entsprach. Jedoch kam bei genauerer Betrachtung ein Problem auf: Mit dem Briand-Kellogg-Pakt gab es keine wirksamen Sanktionen gegen die Missachtung des Gewaltverbotes. Wie sollte ein solches erzwungen werden? Zusätzlich fehlten klare Definitionen bezüglich der Worte „Angriff“ und

„Verteidigung“. Damit konnte nicht festgestellt werden, aus welchen Gegebenheiten zwar ein Angriffskrieg geführt wird, dieser aber zum Zweck der Verteidigung des Territoriums stattfand233.

Artikel 2 des Briand-Kellogg-Paktes besagt, dass die Beilegung oder Lösung von Auseinandersetzungen und Konflikten gleich welcher Art oder welchen Ursprungs ausschließlich mit friedlichen Mitteln versucht werden sollen234. Damit sollten alle militärischen Handlungen verboten und geächtet werden. Japan aber versuchte den Pakt zu umgehen, indem es beim Angriff auf die Mandschurei (1931) nicht vom Krieg sprach und diesen auch nicht formell erklären ließ235. Andererseits nutzten die USA den Briand-Kellogg-Pakt dazu, diesen Übergriff auf Teile Chinas und deren Eroberung nicht anzuerkennen236. Dies wurde im Jahr 1931 als Stimson-Doktrin bekannt. Hiermit erklärten die USA völkerrechtswidrig erlangte Rechte nicht anzuerkennen237.

Der Vorschlag der USA einen multilateralen Vertrag zu kreieren fand in Artikel 3 des Briand-Kellogg-Paktes seinen Platz, welcher besagt, dass alle Staaten eingeladen sind, dem Vertrag beizutreten238. Insgesamt unterzeichneten 62 Staaten den Briand-Kellogg-Pakt.

Rechtsgeschichtlich wichtig ist, dass der Briand-Kellogg-Pakt die Rechtsgrundlage zur Anklage in den Nürnberger Prozessen war239. Als Anklagepunkt konnte man „Verbrechen gegen den Frieden“ heranziehen, welcher der mit dem Begriff des Angriffskrieges im

233 vgl. Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht- Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, 53.

234 Artikel 2 Briand-Kellogg Pakt, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=bgb&datum=19290004&seite=00001047

(Stand: 31. Mai 2011).

235 vgl. Manfred P. Emmes, Die Aussenpolitiken der USA, Japans und Deutschlands im wechselseitigen Einfluss von der Mitte des 19. bis Ende des 20. Jahrhunderts (2000) 126.

236 vgl. Hans J. Gießmann/Bernhard Rinke, Handbuch Frieden (2011) 601.

237 vgl. Mathias Schmoeckel, Auf der Suche nach der verlorenen Ordnung,- 2000 Jahre Recht in Europa (2005) 442.

238 Art 3 Briand- Kellogg Pakt, http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=bgb&datum=19290004&seite=00001047

(Stand: 31. Mai 2011).

239 vgl. Detlef Junker /Manfred Berg /Philipp Gassert, Deutschland und die USA in der internationalen Geschichte des 20. Jahrhunderts (2004) 492.

- 47 - Kellogg-Pakt gleichzusetzen ist240. Die anderen Grundlagen, mit welchen die Hauptverbrecher bestraft wurden, waren Verbrechen, die in den Haager Abkommen schon vor dem Ersten Weltkrieg definiert wurden, wie zum Beispiel Verschleppung zur Zwangsarbeit und die Tötung und Misshandlung von Kriegsgefangenen. Andererseits gab es auch Anklagepunkte wegen

„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“241, unter welche vor allem die grausame Verfolgung und Vernichtung von Juden, Roma und anderen, von Nationalsozialisten „unwerte Lebensformen“ genannten Personen fiel242.

Der verbotene Angriffskrieg des Briand-Kellogg-Paktes ist ein auch heute noch nicht positiviertes Delikt, obwohl Staaten damit bestraft wurden. Die Planung und Vorbereitung des Angriffskrieges waren nur dann zu bestrafen, wenn es tatsächlich zur Durchführung kam. Eine Ausnahme bestand in der „freiwilligen“ Unterwerfung eines Landes unter eine Nation. Die subjektive Seite des Täters musste den Vorsatz erfüllen, was bedeutet, dass er mit einer gewissen Aggressivität gehandelt haben musste, um den Tatbestand zu erfüllen243.

3. 8. 1 Frauenschutz durch den Briand- Kellogg Pakt

Einen generellen Schutz für Zivilisten, oder speziell für Frauen bot der Pakt nicht. Aber es ist bemerkenswert, dass das ius ad bellum beendet wurde und das ius in bello mit diesem Pakt seinen Anfang gefunden hatte. Von diesem Blickwinkel aus, liegt ein Schutz von Frauen nahe.

Es ist bedauernswert, dass Frauen nicht an den Verhandlungen zu dem Pakt teilnehmen und somit nicht über den Ausgang des Paktes mitentscheiden konnten. Fraglich ist somit, ob Frauen den Vertrag nicht „besser“ formuliert hätten und ob es ihnen nicht gelungen wäre, den Krieg generell auszuschließen.

240 vgl. Peter Becker /Reiner Braun /Dieter Deiseroth, Frieden durch Recht (2010) 149.

241 vgl. Stefan Kirsch, Der Begehungszusammenhang der Verbrechen gegen die Menschlichkeit (2009) 46.

242 vgl. Klaus W.Tofahrn, Das Dritte Reich und der Holocaust (2008) 360.

243 vgl. Gerhard Werle /Florian Jessberger, Völkerstrafrecht, 2. Auflage (2007) 536.

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