5 Potenzial der Abwasserwärmenutzung in NRW
5.3 Abschätzung des theoretischen Wärmepotenzials – Darstellung eines evolutorischen Ansatzes am Beispiel der
5.3.1 Vorgehensweise
5.3.2.4 Vertiefende Betrachtung des Gewinnungspotenzials in Stauraumkanälen
Wie bereits dargestellt wurde, ist im Fall des nachträglichen Einbaus von Wärmetauschern in Misch- und Schmutzwasserkanä-le zu berücksichtigen, dass während der Dauer des Einbaus die Fortführung der Entwässerung zu gewährSchmutzwasserkanä-leisten ist. Bei großen Schmutzwasserkanalisationen, die unabhängig von Niederschlagsereignissen eine hohe Auslastung erwarten lassen, treten Probleme bei der Abwasserhaltung bzw. der alternativen Ableitung deutlicher zutage als in der Mischkanalisation. So erfüllen in der Mischkanalisation v.a. die Stauraumkanäle (SRK) die Mindestanforderungen hinsichtlich des Kanalquerschnitts und weisen darüber hinaus in Trockenperioden weniger gravierende Probleme hinsichtlich der Vorflutsicherung auf. Zudem sind Stauraumkanäle als Alternative zur Niederschlagswasserbehandlung mittels Regenbecken v.a. in dicht besiedelten Gebieten anzutreffen. Somit besteht ein weiterer Vorteil der Stauraumkanäle im Hinblick auf die Nähe zu potenziellen Abnehmern der im Kanal gewonnenen Wärmeenergie. Nicht zuletzt wird auch die in Leverkusen befindliche Wärmetauscheranlage in einem zentrumsnahen Stauraumkanal betrieben.
Vor dem Hintergrund der Überlegung, dass bei den Stauraumkanälen am ehesten solche Kanäle zu finden sind, die den Anfor-derungen für den nachträglichen Einbau von Wärmetausch-Elementen entsprechen, hat das IKT – Institut für Unterirdische
Kanalisationsneubau p.a. 700,0 km
./. Regenwasserkanalisation 22,3% -156,1 km
= Misch-/Schmutzwasserkanäle 543,9 km
./. Kanäle < DN 800 88,2% -479,7 km
= geeignete Kanäle 9,2% 64,2 km
160.000 kW
Gewinnungspotenzial im Kanalisationsneubau
bei mittlerer Wärmeleistung (2,5 kW / m)
Infrastruktur den Bestand an Stauraumkanälen in den nordrhein-westfälischen Kommunen ermittelt.218 Um darüber hinaus eine Vorstellung von der räumlichen Verteilung des Gewinnungspotenzials in NRW zu gewinnen, hat das IKT – Institut für Unter-irdische Infrastruktur eine landesweite Erhebung über den Bestand an Stauraumkanälen durchgeführt.
Die nachfolgenden Darstellungen vermitteln einen Überblick über die Anzahl, Verteilung und Lage der Stauraumkanäle in Nordrhein-Westfalen.
Auf der Grundlage der Angaben von 362 kommunalen Netzbetreibern (91,4 % der Kommunen) mit 15,6 Mio. Einwohnern (86,9%) lässt sich für Nordrhein-Westfalen ein Bestand an Stauraumkanälen in Höhe von 1.167 ermitteln. Die Einteilung der Kommunen nach Einwohnerzahl und Anzahl der Stauraumkanäle weist die nachfolgende Verteilung auf:
Stauraumkanäle in Nordrhein-Westfalen
Gesamt-Anzahl
Komm. Einwohner Anzahl Einwohner SRK Anzahl Einwohner SRK
178 bis 20.000 92 1.147.167 0 64 810.630 123
141 20.000-50.000 65 1.957.852 0 41 1.260.581 82
47 50.000-100.000 19 1.317.722 0 20 1.309.840 52
30 über 100.000 6 1.280.842 0 14 3.462.136 31
396 Summe 182 5.703.583 0 139 6.843.187 288
Kommunen
Komm. Anzahl Einwohner SRK Anzahl Einwohner SRK
178 bis 20.000 EW 17 230.675 115 5 67.318 73
141 20.000-50.000 EW 20 622.436 134 15 521.495 231
47 50.000-100.000 EW 7 503.175 47 1 64.849 18
30 über 100.000 EW 4 916.929 26 6 2.606.039 235
396 Summe 48 2.273.215 322 27 3.259.701 557
Kommunen
mit einigen SRK (5-10 SRK)
Kommunen
mit vielen SRK (über 10 SRK)
Umfrage des IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur bei nordrhein-westfälischen Netzbetreibern im Juli / August 2004
182 Kommunen mit rd. 5,7 Mio. Einwohnern verfügen nicht über Stauraumkanäle, 139 Kommunen mit 6,8 Mio. Einwohnern verfügen jeweils über maximal vier Stauraumkanäle. Aufgrund der geringen Anzahl der Stauraumkanäle werden diese Kom-munen aus der weiteren Betrachtung ausgeblendet. Zwar sind auch dort möglicherweise technisch geeignete Kanalabschnitte
218 Die Daten basieren auf einer Befragung der Netzbetreiber durch das IKT im Juli / August 2004. Von 362 kommunalen Netzbetreibern (91,4 % der Kommunen) mit 15,7 Mio. Einwohnern (86,9 %) liegen Informationen zum Stauraumkanalbestand vor. Auf der Grundlage
vorzufinden, jedoch dürfte das größte Potenzial für die Wärmenutzung vor allem dort anzutreffen sein, wo eine Auswahl aus einer größeren Anzahl von Stauraumkanälen getroffen werden kann. Die weitere Einteilung sieht daher eine Unterteilung der Kommunen in solche mit fünf bis zehn und mit mehr als zehn Stauraumkanälen vor.
Insgesamt verfügen 75 Kommunen in NRW über einige (fünf bis zehn) oder viele (mehr als zehn) Stauraumkanäle. Diese Kommunen repräsentieren rd. 5,5 Mio. Einwohner und 879 Stauraumkanäle. Mit anderen Worten sind 75 % der Stauraumka-näle in 19 % der Kommunen mit 31 % der Einwohner zu finden. Bei einer derartigen Konzentration auf eine relativ kleine Anzahl von Kommunen ist nun von Interesse, wo sich diese Kommunen im Land befinden, d.h. es stellt sich die Frage, ob auch eine geographische Konzentration der Stauraumkanäle auf eine bestimmte Region Nordrhein-Westfalens vorzufinden ist.
Zur Darstellung der räumlichen Verteilung der Stauraumkanäle dient die nachfolgende Abbildung. Hier wird gezeigt, wo sich die Kommunen ohne, mit wenigen (1-4), mit einigen (5 – 10) und mit vielen (über 10) Stauraumkanälen befinden.
Verteilung der Stauraumkanäle in Nordrhein-Westfalen
Darstellung auf der Grundlage der Umfrage des IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur bei nordrhein-westfälischen Netzbetreibern im Juli / August 2004
Auf der Grundlage dieser Bestandsdaten (1.167 Stauraumkanäle) kann eine weitere Abschätzung des Gewinnungspotenzials unter den Annahmen vorgenommen werden, dass
die 1.167 SRK die Anforderung des Mindestquerschnitts zu 100 % erfüllen, rd. 2 % der 1.167 SRK p.a. saniert werden,
hinsichtlich der Wärmerückgewinnung keine weiteren Restriktionen greifen und
in jedem SRK eine AWN-Anlage mit einer Wärmeentnahme-Leistung in Höhe von 500 kW betrieben werden kann.219
Damit weisen alljährlich nur etwa 23 SRK günstige Ausgangsbedingungen hinsichtlich der Gewinnungsanforderungen auf.
Sofern in diesen SRK AWN-Anlagen mit einer Leistung von 500 kW betrieben werden, beläuft sich das in NRW jährlich erschließbare Wärmerückgewinnungspotenzial aus bestehenden Stauraumkanälen auf 11.500 kW. Zur Abschätzung des reali-sierbaren Potenzials sind jedoch noch weitergehende Vermarktungs- und Realisierungsrestriktionen zu berücksichtigen.
Auch im Bereich der Neuerrichtungen soll den Stauraumkanälen ein besonderes Augenmerk zukommen. Im Anschluss an die vom IKT im Juli/August 2004 durchgeführte Befragung der nordrhein-westfälischen Netzbetreiber ist in Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren (der Planungshorizont beträgt fünf Jahre) mit der Errichtung von etwa 110 Stauraumkanälen zu rech-nen.220
Auf der Grundlage dieser Angaben ist im Durchschnitt mit der Errichtung von 22 Stauraumkanälen im Jahr zu rechnen. Die weitere Abschätzung des Gewinnungspotenzials kann nun unter den Annahmen vorgenommen werden, dass
die 22 SRK die Anforderung des Mindestquerschnitts zu 100 % erfüllen, keine weiteren Restriktionen greifen221 und
in jedem SRK eine AWN-Anlage mit einer Leistung von 500 kW betrieben werden kann.
Damit weisen alljährlich etwa 22 SRK günstige Ausgangsbedingungen hinsichtlich der Gewinnungsanforderungen auf. Sofern in diesen SRK AWN-Anlagen mit einer Leistung von 500 kW betrieben werden, beläuft sich das in NRW jährlich erschließba-re Wärmerückgewinnungspotenzial in neu errichteten Stauraumkanälen auf 11.000 kW. Zur Abschätzung des erschließba-realisierbaerschließba-ren Potenzials sind jedoch noch weitergehende Vermarktungs- und Realisierungsrestriktionen zu berücksichtigen.
219 Bei einer mittleren Wärmeentnahme-Leistung von 2,5 kW je Meter WT bedarf es zur Hervorbringung einer Leistung von 500 kW einer 200 m langen Anlage. Längere Anlangen werden i.d.R. nicht realisiert, da dem Abwasser nach 200 m durch zusätzlichen WT-Elemente keine weitere Wärme entnommen werden kann.
220 Die Datenbasis für die Hochrechnung der geplanten Stauraumkanäle entspricht derjenigen für die Bestandsermittlung.
221 Stauraumkanäle sind in Mischkanalisationen zu finden, daher kommt die Restriktion „Regenwasserkanalisation“ nicht zum Tragen.