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Untersuchungen zur Arbeitssicherheit

4 Technische und akteursseitige Anforderungen

4.2 Anforderungen der Netzbetreiber an den Einbau von Wärmetauschern in Abwasserkanalisationen

4.2.1 Technische Anforderungen: Vollzug der Entwässerungsaufgabe

4.2.1.2 IKT-Prüfungen an Wärmetauschern

4.2.1.2.5 Untersuchungen zur Arbeitssicherheit

Nahezu jeder fünfte Arbeitsunfall in der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland wird durch Stolpern, Rutschen und Stürzen - so genannte SRS-Unfälle - verursacht. Das sind über 1.000 Arbeitsunfälle am Tag. Mehr als 6.000 dieser Unfälle führen jähr-lich zu schwerwiegenden Verletzungen, dass die Betroffenen eine Unfallrente erhalten. In einem Betrachtungszeitraum von 1998 bis 2002 ergab sich, dass mehr als die Hälfte aller SRS-Unfälle ihren Ursprung im Rutschen, Ab- oder Ausrutschen haben. Unfälle durch Stolpern und Stürzen teilen sich fast gleichmäßig die verbleibenden 48 %.97

Bei der Begehung abwassertechnischer Anlagen kann das Betriebspersonal Gefährdungen durch Stolpern, Rutschen und Stür-zen ausgesetzt sein. Die Gefahr des Rutschens bzw. Ausrutschens im Kanal hängt u.a. damit zusammen, dass die verschiede-nen, im Kanal vorfindbaren Werkstoffe unterschiedliche Oberflächeneigenschaften aufweisen können. Eine physikalische Größe, die mit der Gefahr des Ausrutschens in Verbindung gebracht werden kann, ist die sogenannte Haftreibungszahl bzw.

der Haftreibungskoeffizient µH oder die Gleitreibungszahl bzw. der Gleitreibungskoeffizient µG. Der Haftreibungskoeffizient µH ist in der Regel größer als der Gleitreibungskoeffizient µG.98

Der Einbau von Wärmetauscherelementen in die Kanalisation kann, abhängig vom gewählten WT-System, zur Veränderung der Oberflächeneigenschaften des zu begehenden Kanalabschnittes führen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Edel-stahl direkt mit dem Abwasser in Berührung kommt. Inwieweit mit einer höheren Gefahr des Ausrutschens auf den WT-Elementen gerechnet werden muss, wurde im IKT mit Hilfe von zwei Versuchsreihen durch Bestimmung von Haft- und Gleit-reibungsbeiwerten untersucht. Zusätzlich wurde der in Leverkusen eingebaute und in Betrieb befindlichen Wärmetauscher, System Rabtherm®, begangen, um die Messergebnisse in der Realität subjektiv auf ihre Plausibilität zu überprüfen.

Im Rahmen der ersten Versuchsreihe wurden die Haftreibungs- bzw. Gleitreibungsbeiwerte zwischen Edelstahl mit der Werk-stoffnummer 1.4571 und einem Elastomer an separat hergestellten Probekörpern unter Variation der Oberflächenbeschaffen-heit bestimmt. Als Versuchsstand diente ein modifiziertes Kastenschergerät99 bei dem die Auflast und auch die Scherge-schwindigkeit mit hoher Genauigkeit eingestellt werden konnten.

Im Rahmen der zweiten Versuchsreihe wurde mit Hilfe eines speziell konstruierten Versuchsstandes der Gleitreibungsbeiwert zwischen einer Schuhsohle und einem originalen WT-Element aus Edelstahl bzw. einer Schuhsohle und einer Betonoberfläche ermittelt. Die Untersuchung wurde unter Berücksichtigung der speziellen WT-Elemente-Geometrie und ggfs. bei Zugabe von Gleitmitteln durchgeführt.

97 Homepage der BGFE, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik http://www.bgfe.de/pages/thema/archiv/feb04.htm, Stand 16.12.2004.

98 Vgl. Lindner, H. (1993), S. 61-62.

99 Ein Kastenschergerät, auch Rahmenschergerät genannt, wird zur Bestimmung von Scherparametern von Böden eingesetzt und besteht aus zwei gegenüberliegenden, starren Rahmen mit quadratischem oder kreisförmigem Grundriss (60 bis 100 mm lichte Weite), in die ein Boden eingebracht wird. Durch senkrechte Belastung des Bodenkörpers und weggesteuertes Ziehen des verschieblichen Rahmens wird eine sogenannte Scherlast erzeugt und gemessen. Im Rahmen der hier durchgeführten Versuche wurde der Rahmen so modifiziert, dass statt der Bodenparameter die Haft- bzw. Gleitreibungskoeffizienten einer Edelstahloberfläche gegenüber einer Elastomer-oberfläche bestimmt werden konnten. Vgl. Smoltczyk, Ulrich (1990), S. 163 f.

Ungefähre Haft- bzw. Gleitreibungsbeiwerte für unterschiedliche Kombinationen von Werkstoffen, bspw. Stahl / Stahl, Metall / Holz oder gebremstes Auto / Straßenpflaster können der Literatur entnommen werden und sind beispielhaft in der nachfol-genden dargestellt. Untersuchungen zu den Haft- und Gleitreibungsbeiwerten für Schuhsohlen auf Edelstahl oder Schuhsohlen auf Beton sind in der Literatur bislang nicht behandelt.

Beispiele für Haft- und Gleitreibungsbeiwerte

Material Haftreibung µH Gleitreibung µG

trocken geschmiert mit Wasser

Stahl/Stahl 0,15 0,1 0,009

Metall/Holz 0,6 ... 0,5 0,5 ... 0,2 0,08 ... 0,02 0,25

gebremstes Auto/Asphalt - 0,3 0,15

Vgl. Lindner, H. (1993), S. 62.

In der nachfolgenden Tabelle sind die Kenngrößen Kraft [N] und Fläche [mm²] sowie die resultierende Spannung in der Gleit-flächen, definiert als Kraft/Fläche [N/mm²], der beiden Versuchsstände dargestellt. Es wurden jeweils drei Laststufen derart gewählt, dass die jeweiligen Spannungen in den Gleitflächen der beiden unterschiedlichen Versuchsstände in vergleichbaren Spannungsbereichen lagen.

Vergleich der Spannungen in den Gleitfläche der Versuchsstände

Modifiziertes Kastenschergerät Gleitreibungsprüfgerät

4.2.1.2.5.2 Bestimmung der Haft- und Gleitreibungsbeiwerte mit einem modifizierten Kastenschergerät an separat hergestellten WT-Probekörpern

(1) Versuchsvorbereitungen

Zur Versuchsdurchführung wurden Edelstahlplatten der Qualität 1.4571 mit den Abmessungen 100 x 100 x 2 mm (L x B x H) durch die Fa. Wallstein Ingenieur-Gesellschaft mbH, Recklinghausen, hergestellt. Sie bestehen somit aus dem Edelstahl, der auch bei den in Leverkusen eingebauten WT-Elemente verwendet wurde, so dass die Untersuchungen an dem gleichen Materi-al durchgeführt werden konnten. Für die Probekörper wurden die jeweiligen Haft- und Gleitreibungsbeiwerte in drei unter-schiedlichen Zuständen ermittelt: Nach der Reinigung der Oberflächen wurden die Testreihen zunächst mit trockenen,

an-schließend mit Wasser benetzten und schließlich mit einem Biofilm bestrichenen Probekörpern durchgeführt. Im Rahmen der dritten Testreihe wurde die Bildung einer Sielhaut auf der Edelstahlplatte simuliert. Diese Vorgehensweise wurde gewählt, da Untersuchungen durch das IKT in der Vergangenheit100 gezeigt haben, dass das gezielte Heranziehen von Sielhaut, bspw.

durch Einlagerung der Probekörper im Zulauf einer Kläranlage, auch nach sechs Wochen Einlagerungszeit keine sichtbaren Biofilme erkennen ließ. Die alternative Vorgehensweise bestand darin, Biofilme aus einem Teich von Steinen zu entnehmen und auf die zu untersuchenden Probekörper aufzubringen. Einen Eindruck eines mit Biofilm vorbereiteten Probekörpers ver-mittelt die nachfolgende Abbildung.

Edelstahlprobekörper mit Biofilm

IKT – eigene Darstellung

(2) Versuchsdurchführung

Nach der Vorbehandlung der Probekörper wurden mittels eines modifizierten Kastenschergerätes (siehe nachfolgende Abbil-dungen) Prüfungen zur Bestimmung der Haft- bzw. Gleitreibungskoeffizienten durchgeführt. Es wurden jeweils drei Versuchs-reihen gefahren, die sich in der Ausbildung der Gleitschicht zwischen Elastomer und Edelstahl unterschieden. Die Probekörper wurden mit einer trockenen, nassen oder mit Biofilm bestrichenen Gleitfläche eingebaut.

100 Redmann A. (2002).

Kastenschergerät

Ansicht Belastungseinheit (Draufsicht) Belastungseinheit (Seitenansicht) IKT – eigene Darstellung

In jeder der drei Versuchsreihen wurden jeweils drei unterschiedliche vertikale Belastungen auf die Probekörper aufgebracht und jeder Versuch insgesamt drei Mal durchgeführt. Daraus ergibt sich eine Gesamtanzahl von 27 Einzelversuchen. Der Ver-suchsaufbau ist nachfolgend schematisch dargestellt.

Versuchsaufbau

H N

Edelstahlplatte

Biofilm Elastomer

Versuchsunterbau

IKT – eigene Darstellung

In den Versuchen wurde ein Elastomer mit den Abmessungen 100 mm x 100 mm auf den Versuchsunterbau gelegt und darauf jeweils ein Edelstahlprobekörper im Scherrahmen platziert. Über ein Gestänge und einen Stempel wird die senkrecht zur Gleitfläche wirkende Normalkraft N aufgebracht.

Eine Arbeitsschuhsohle ließ sich als realitätsnaher Probekörper nicht in das Kastenschergerät einbauen. Bei Versuchsdurchfüh-rung gelang es nicht, die Edelstahlplatte reproduzierbar auf der Sohle gleiten zu lassen. Aufgrund der unebenen Oberfläche der Arbeitsschuhsohle stieß die Edelstahlplatte entlang der Gleitfläche wiederholt gegen den Unterbau des Kastenschergeräts.

Dieses hatte eine Unterbrechung des Gleitvorgangs und eine sprunghaften Anstieg der zu ermittelnden Horizontalkraft H zur Normalkraft N [N]

Horizontalkraft H [N]

Folge. Als Ersatz für die Arbeitsschuhsohle wurde eine mit Gewebe verstärkte Teichfolie mit genoppter Oberfläche aus einem elastomeren Material verwendet.

Versuchsaufbau ohne Scherrahmen und Stempel (links), Belastungsstempel (rechts)

IKT – eigene Darstellung

Der Versuchsaufbau lässt sich anhand der nachfolgenden Darstellung skizzieren: Die senkrecht wirkende Normalkraft N wurde mechanisch über einen Hebelarm mit dem Übersetzungsverhältnis 1/10 auf die Edelstahlplatte aufgebracht, so dass z.B.

bei einer Belastung des Probekörpers in Höhe von 1.000 N ein entsprechendes Gewicht von 100 N aufgelegt werden musste.

Die Laststeigerung auf 2.000 N bzw. 3.000 N erfolgte dann jeweils durch Auflegen weiterer 100 N Gewichte. Mit dem in der nachfolgenden Abbildung dargestellten Hydraulikzylinder wurden die auf diese Weise belasteten Edelstahlplatten weggeregelt über das Elastomer bewegt und die aus der Reibung zwischen Edelstahlplatte und Elastomer resultierende Horizontalkraft H gemessen.

Lasteinleitung

IKT – eigene Darstellung

Nach dem Einbau der Probekörper wurden die beiden Gleitflächen mit einer konstanten Geschwindigkeit von 1,0 mm/Minute gegeneinander verschoben und die resultierende Horizontalkraft H kontinuierlich aufgezeichnet. Der Haftreibungskoeffizient µH errechnet sich aus dem Verhältnis des gemessenen Maximus der Horinzontalkraft (H) zur eingestellten Normalkraft (N).

Nachfolgend sind die insgesamt 27 Einzelversuche den jeweiligen Versuchsrandbedingungen zugeordnet dargestellt.

Anzahl und Art der durchgeführten Versuche Normalkraft Gleitmittel

1.000 N 2.000 N 3.000 N

ohne (trocken) 1 4 7

ohne (trocken) 2 5 8

ohne (trocken) 3 6 9

Wasser (nass) 10 13 16

Wasser (nass) 11 14 17

Wasser (nass) 12 15 18

Biofilm (nass) 19 22 25

Biofilm (nass) 20 23 26

Zustand Probekörper

Biofilm (nass) 21 24 27

IKT – eigene Darstellung Hebelarm im Verhältnis 1 / 10 Auflast

100 N

Normalkraft 1000 N

Hydraulik-Zylinder

Bei den Versuchen mit Wasser befand sich ein Wasserfilm zwischen Edelstahlplatte und Elastomer. Dieser Wasserfilm wurde durch das Aufbringen von je 10 ml Wasser auf das Elastomer und anschließendem Auflegen der Edelstahlplatte erzeugt. Nach jedem Versuch wurde der gesamte Versuchsaufbau getrocknet, so dass bei jedem Versuch ausschließlich 10 ml Wasser zur Erzeugung des Wasserfilms verwendet wurden. Die trockenen Versuche wurden ohne jegliches Aufbringen eines zusätzlichen Gleitmittels zwischen Elastomer und Edelstahl durchgeführt. Die Kraft-Weg-Kurven der Versuchsreihe „trocken“, Versuche 1 - 9, lassen sich derart beschreiben, dass zu Beginn des Versuchs ein hoher Kraftanstieg erforderlich ist, um den Haftreibungs-widerstand zu überwinden.

Kraft-Weg-Diagramm bei einer Auflast am Probekörper von 10 x 100 N = 1.000 N und trockenen Gleitflächen

IKT – eigene Darstellung Projekt 0118 / Scherkraft Auflast 100 N - Trocken - Versuch 1

0,00 200,00 400,00 600,00 800,00 1000,00 1200,00 1400,00 1600,00 1800,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00

Weg [mm]

Kraft [N]

Scherkraft Mittelwert

Haften

Gleiten

Ohne Gleitmittel zwischen dem Elastomer und dem Edelstahlprobekörper kommt es bei Erreichen des Haftreibungswider-stands zu einer ruckartigen Bewegung. Anschließend fällt die Horizontalkraft H ab, um dann bis zum erneuten Erreichen des Haftreibungswiderstands wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis es zu einem Gleiten des Edelstahlprobekör-pers auf dem Elastomer kommt. In diesem Gleitzustand ist kein gleichmäßiger Kraftverlauf zu beobachten. Die Kraft alterniert mit einer Amplitude von bis zu 80 N um einen Mittelwert von ca. 390 N. Die Versuche mit Wasser auf der Gleitfläche (Versu-che 10 – 18), zeichnen sich dadurch aus, dass es auch hier zunächst zu einer ruckartigen Überwindung des Haftreibungswider-stands kommt. Je größer die wirkende Normalkraft auf der Fläche der Edelstahlplatte ist, um so eher stellt sich dann aber ein gleichmäßiges Gleiten des Edelstahlprobekörpers auf dem Elastomer ein (siehe nachfolgende Abbildung).

Kraft-Weg-Diagramm bei einer Auflast am Probekörper von 10 x 300 N = 3000 N und nassen Gleitflächen.

IKT – eigene Darstellung

Projekt 0118 / Scherkraft Auflast 300 N - Feucht (H2O) - Versuch 16

0,00 200,00 400,00 600,00 800,00 1000,00 1200,00 1400,00 1600,00 1800,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00

Weg [mm]

Kraft [N]

Scherkraft Mittelwert

Die anschließende Versuchsreihe (Versuche 19 – 27) mit einem Biofilm als Gleitmittel zwischen Edelstahlprobekörper und Elastomer zeigt, dass der Übergang zwischen Haften und Gleiten fließend ist. Nach Erreichen des Haftreibungswiderstands kommt es direkt zu einem Übergang ins Gleiten. Bei Aufbringen einer Normalkraft von 1.000 N bzw. 2.000 N ist kaum ein Unterschied zwischen der Horizontalkraft H zur Überwindung des Haftreibungswiderstands und der Horizontalkraft H zur Überwindung des Gleitreibungswiderstands zu erkennen. Lediglich bei hoher Normalkraft (3.000 N) fällt die Scherkraft nach Überwindung des Haftreibungswiderstands gleichmäßig ab, bis sich eine konstante Horizontalkraft H einstellt, die den Edel-stahlprobekörper zum Gleiten auf dem Elastomer bringt (siehe nachfolgende Abbildung).

Kraft-Weg-Diagramm bei einer Auflast am Probekörper von 10 x 300 N = 3000 N und Biofilm zwischen den Gleitflä-chen.

IKT – eigene Darstellung

(3) Versuchsergebnisse und Interpretation

Die durchgeführten Versuche zeigen, dass bei Verwendung eines Biofilms als Gleitmittel ein mittlerer Haftreibungskoeffizien-ten µH von 0,39 ermittelt werden konnte. Bei zunehmender Auflast nimmt der Haftreibungskoeffizient ab. Dieses war bei allen drei Versuchsreihen zu beobachten. Unter Verwendung von Wasser als Gleitmittel ergibt sich ein mittlerer Haftreibungskoeffi-zient von 0,40. Es ist also festzustellen, dass sich keine signifikanten Unterschiede bei der Verwendung von Wasser bzw. eines Biofilms als Gleitmittel zwischen den jeweiligen Haftreibungskoeffizienten ergeben. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird die Schlussfolgerung gezogen, dass ein mit Biofilm benetztes Edelstahlbauteil kein höheres arbeitssicherheitstechnisches Risiko darstellt als ein mit Wasser benetztes Edelstahlbauteil.

Projekt 0118 / Scherlast Auflast 300 N - Biofilm - Versuch 27

0,00 200,00 400,00 600,00 800,00 1000,00 1200,00 1400,00 1600,00 1800,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00

Weg [mm]

Kraft [N]

Scherkraft

Die Versuche im trockenen Zustand, also ohne Gleitmittel zwischen Edelstahlprobekörper und Elastomer, weisen im Mittel mit µH = 0,50 einen wesentlich höheren Haftreibungskoeffizienten auf. Bei trockener Oberfläche des Wärmetauschers ist die Standsicherheit auf dem Edelstahl höher als bei einer mit Abwasser benetzten Oberfläche (vgl. nachfolgende Abbildung).

Darstellung der ermittelten Haftreibungskoeffizienten

IKT – eigene Darstellung

Die Gleitreibungskoeffizienten µG liegen bei trockener Oberfläche wesentlich unter den Haftreibungskoeffizienten; im Mittel ergibt sich für µG ein Wert von 0,39. Bei Verwendung von Wasser oder eines Biofilms als Gleitmittel fallen die Gleitreibungs-koeffizienten geringfügig niedriger aus als die korrespondierenden HaftreibungsGleitreibungs-koeffizienten. Die Versuchsreihe mit Wasser als Gleitmittel weist im Mittel einen Gleitreibungskoeffizient µG = 0,38 auf. Bei Verwendung eines Biofilms als Gleitmittel stellt sich ein Gleitreibungskoeffizient µ G = 0,36 ein.

Darstellung der ermittelten Gleitreibungskoeffizienten

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600

Haftreibungskraft [N]

Haftreibungskoeffizient

Versuchsreihe Nr. 1 Versuchsreihe Nr. 2 Versuchsreihe Nr. 3 Edelstahlprobekörper trocken

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600

Gleitreibungskraft [N]

Gleittreibungskoeffizient

Versuchsreihe Nr. 1 Versuchsreihe Nr. 2 Versuchsreihe Nr. 3

Edelstahlprobekörper trocken Edelstahlprobekörper mit Wasser Edelstahlprobekörper mit Biofilm

Zur Beurteilung der Gefahr des Rutschens bzw. Ausrutschens auf einer Oberfläche ist der Haftreibungskoeffizient der maßge-bende Faktor, da erst die Haftreibung überwunden werden muss, um ins Rutschen zu kommen. Die Ergebnisse der Einzelver-suche sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.

Darstellung der Versuchsergebnisse

IKT – eigene Darstellung

4.2.1.2.5.3 Bestimmung der Haft- und Gleitreibungsbeiwerte mit einem speziell konstruierten Gleitreibungsprüfge-rätes

(1) Versuchsvorbereitung

Im Rahmen einer zweiten Versuchsreihe wurden die Gleitreibungskoeffizienten an bestehenden Wärmetauscherelementen unter Nutzung eines für diese Zwecke gebauten Gleitreibungsprüfgerätes ermittelt. Während bei der Messung mit dem modifi-zierten Kastenschergerät das Gleiten mit hoher Präzision und mit hoher Wiederholungsgenauigkeit eingestellt werden konnte, dient das im Rahmen dieser Versuche konstruierte Gleitreibungsprüfgerät dazu, die Randbedingungen wie Schuhsohlengeo-metrie (Profilierung), Härte der Schuhsohle, WärmetauschergeoSchuhsohlengeo-metrie etc. nachzustellen.

Das Gleitreibungsprüfgerät besteht aus 3 Baugruppen. Die erste Baugruppe besteht aus einem Gestell mit einer Umlenkrolle über die ein auf einer Stange aufgewickeltes Stahlseil um 90° umgelenkt wird. Am Ende des parallel zum Boden laufenden Stahlseiles befindet sich ein Schlitten mit Kraftmesseinrichtung, der über den Boden gezogen wird. Die Zugbewegung des Schlittens wird über einen Stellmotor sichergestellt.

Versuch Nr. Auflast [N] Normalkraft [N] Horizontalkraft [N] Haftreibungskoeffizient µ Mittelwert µ Horizontalkraft [N] Gleitreibungskoeffizient µ Mittelwert µ

1 100 1000 553 0,55 383 0,38

2 100 1000 501 0,50 397 0,40

3 100 1000 572 0,57 393 0,39

4 200 2000 1087 0,54 716 0,36

5 200 2000 977 0,49 783 0,39

6 200 2000 982 0,49 819 0,41

7 300 3000 1352 0,45 1144 0,38

8 300 3000 1332 0,44 1125 0,38

9 300 3000 1371 0,46 1159 0,39

10 100 1000 451 0,45 409 0,41

11 100 1000 418 0,42 417 0,42

12 100 1000 421 0,42 395 0,40

13 200 2000 775 0,39 766 0,38

14 200 2000 801 0,40 709 0,35

15 200 2000 801 0,40 752 0,38

16 300 3000 1113 0,37 1044 0,35

17 300 3000 1120 0,37 1066 0,36

18 300 3000 1061 0,35 1037 0,35

19 100 1000 397 0,40 400 0,40

20 100 1000 399 0,40 394 0,39

21 100 1000 400 0,40 409 0,41

22 200 2000 697 0,35 742 0,37

23 200 2000 811 0,41 747 0,37

24 200 2000 747 0,37 712 0,36

25 300 3000 1210 0,40 1021 0,34

26 300 3000 1140 0,38 992 0,33

27 300 3000 1116 0,37 878 0,29

Versuchsreihe 1

Auf dem Schlitten befindet sich eine Kraftmessdose, um die bei der Zugbewegung auftretenden Kraft messtechnisch zu erfas-sen. Weiterhin lässt sich das Eigengewicht und somit die senkrecht wirkende Kraftkomponente N des Schlittens durch Aufle-gen von Gewichten schrittweise erhöhen. Auf der Unterseite des Schlittens befinden sich drei Stücke der profilierten Sohle eines Arbeitsschuhs.

Ansicht des Gerätes zur Bestimmung der Haft- bzw. Gleitreibung

IKT – eigene Darstellung

Schlitten in der Detailansicht

Kraftmesseinrichtung und Belastungseinheit Unterseite mit elastomerer Dreipunktlagerung IKT – eigene Darstellung

Als weiterer Bestandteil des Gerätes ist der nachfolgend abgebildete Stellmotor anzuführen. Bei diesem batteriebetriebenen Motor kann die Drehzahl des Antriebes im Bereich zwischen 2,0 und 11,7 U/min stufenlos eingestellt werden. Änderungen des

Gestell

Schlitten Stellmotor

Kraftmessung

Belastungseinheit

Elastomere Dreipunktlagerung

Drehmomentes haben keine Änderung der Drehzahl zur Folge, so dass die Versuche mit unterschiedlichen Normallasten N vergleichbar bleiben.

Stellmotor mit stufenlos einstellbarer Umdrehungszahl

IKT – eigene Darstellung

(2) Versuchsdurchführung

Durch die Versuche zur Bestimmung des Haft- bzw. Gleitreibungskoeffizienten mit Hilfe des modifizierten Kastenschergerä-tes (vgl. Kapitel 4.2.1.4.4.2) konnte nachgewiesen werden, dass sich die Haft- und Gleitreibungskoeffizienten für Edelstahl und Elastomer mit Wasser oder Biofilm als Gleitmittel nur unwesentlich unterscheiden. Aus diesem Grunde wird bei den folgenden Versuchen auf die Verwendung von Biofilmen als Gleitmittel verzichtet. Die Versuche werden lediglich im trocke-nen und im nassen Zustand durchgeführt.

Die Versuchsprinzipien dieser Versuchsreihe sind mit den im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Versuchen identisch.

Auch hier wurde eine senkrecht wirkende Normalkraft N mit Gewichten aufgebracht und die resultierende Horizontalkraft H gemessen, die notwendig ist, um die Reibung zwischen dem Edelstahl und den Schuhsohlsegmenten zu überwinden.

Insgesamt werden 36 Einzelversuche durchgeführt. 18 Einzelversuche mit einem WT-Element aus Edelstahl als Auflagefläche und 18 Einzelversuche mit Beton als Auflagefläche. Die Versuche unterscheiden sich jeweils in der Variation der senkrecht wirkenden Normalkraft N. Folgende drei Laststufen kommen zur Anwendung: Laststufe 1 = 6,55 kg (65,5 N), Laststufe 2 = 10,05 kg (100,5 N) und Laststufe 3 = 15,05 kg (150,5 N). Bei konstanter Schergeschwindigkeit wird die Horizontalkraft H über die Zeit aufgezeichnet.

(3) Versuchsergebnisse und Interpretation

Der Kraftverlauf in den neun Einzelversuchen mit Edelstahl-WT als Auflagefläche bei Verwendung von Wasser als Medium zwischen den Gleitflächen ist beispielhaft in einem Kraft-Zeit-Diagramm in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Abweichend von den mit dem modifizierten Kastenschergerät ermittelten Kraft-Weg-Kurven lässt sich kein Unterschied zwischen Haftreibung und Gleitreibung festgestellt. Ein signifikantes Maximum am Anfang der Kurve (Lastanstieg), aus dem die Haftreibung abgelesen werden kann, kam nicht zur Aufzeichnung.

Kraft-Zeit-Diagramm für eine Schuhsohle auf einem Edelstahl für drei Laststufen

IKT – eigene Darstellung

Zur Auswertung wurde aus den einzelnen Kraft-Zeit-Kurven im Bereich der parallel zur x-Achse laufenden Kurven-Abschnitte ein Bereich ausgewählt, in dem die Kraftlinie einen annähernd konstanten Verlauf aufwies. Aus den Werten dieses Bereiches wurde ein Mittelwert gebildet. Auf diese Weise ergaben sich jeweils drei Mittelwerte für eine Laststufe. Aus den drei Mittel-werten jeder Laststufe wurde wiederum ein gemeinsamer Mittelwert gebildet, so dass am Ende den drei Laststufen 65,5 N, 100,5 N und 150,5 N (Normalkraft N) jeweils eine Horizontalkraft H zugeordnet werden konnte. Diese drei Wertpaare wurden sodann in einem Kraft-Kraft-Diagramm abgebildet. Auf der Abszisse sind die Normalkräfte N dargestellt, auf der Ordinate jeweils die Horizontalkraft H. Die Steigung der Regressionsgeraden, die sich auf der Grundlage der drei abgebildeten Punkte ermitteln lässt, repräsentiert den gemeinsamen Gleitreibungsbeiwert µG.

Edelstahl bei Wasserzugabe

Das Ergebnis für den Lastfall Schuhsohle auf einem Wärmetauscher aus Edelstahl im trockenen Zustand ist nachfolgend dargestellt. Der ermittelte Gleitreibungsbeiwert µG beträgt 0,56.

Kraft-Kraft-Diagramm - Bestimmung des Gleitreibungsbeiwertes für Schuhsohle auf trockenem Edelstahl

IKT – eigene Darstellung

Bei Verwendung von Wasser als Gleitmittel und Edelstahl als Auflagefläche für die Schuhsohle wurde der Gleitreibungs-koeffizient von µG = 0,59 ermittelt. Dieser liegt somit höher als der Gleitreibungskoeffizient des Wärmetauscherelementes ohne Verwendung eines Gleitmittels. Der Gleitreibungsbeiwerte µG für Beton als Auflagefläche wurden im trockenen Zustand mit µG = 0,81 und mit Wasser als Gleitmittel zu 0,78 ermittelt.

Reibung Edelstahl bei Trockenheit

y = 0,5575x

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Auflast N [N]

Scherlast H [N]

Kraft-Kraft-Diagramm - Bestimmung des Gleitreibungsbeiwertes für Schuhsohle auf nassem Edelstahl

IKT – eigene Darstellung

Kraft-Kraft-Diagramm - Bestimmung des Gleitreibungsbeiwertes für Schuhsohle auf trockenem Beton

IKT – eigene Darstellung Reibung Beton bei Trockenheit

y = 0,8074x

0 20 40 60 80 100 120 140

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Auflast N [N]

Scherlast H [N]

Reibung Edelstahl bei Wasserzugabe

y = 0,5897x

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Auflast N [N]

Scherlast H [N]

Kraft-Kraft-Diagramm - Bestimmung des Gleitreibungsbeiwertes für Schuhsohle auf nassem Beton

IKT – eigene Darstellung

Zusammenfassend sind die Ergebnisse der Versuche mit dem modifizierten Kastenschergerät und dem Gleitreibungsprüfgerät in einer vergleichenden Übersicht dargestellt. Ergänzend sind die bereits früher im IKT ermittelten Gleit- und Haftreibungs-koeffizienten für den Leitungswerkstoff Beton angeführt. Diese Untersuchungen wurden unter Verwendung des gleichen Elastomers durchgeführt.

*Versuche ohne Gleitmittel. **Versuche mit Wasser als Gleitmittel IKT – eigene Darstellung

Erkennbar ist, dass die beiden Versuchseinrichtungen unterschiedliche Ergebnisse liefern. Die mit dem modifizierten Kasten-schergerät ermittelten Reibungskoeffizienten sind durchgehend niedriger als die mit dem Gleitreibungsprüfgerät ermittelten Werte. Zudem liefert das Gleitreibungsprüfgerät bei nassen Gleitflächen höhere Koeffizienten. Ein Grund für beide Effekte kann in der Wahl der gewählten Elastomerauflagen gesehen werden. Während bei den Versuchen mit dem modifizierten Kastenschergerät das Elastomer jeweils vollflächig auflag, wurden bei dem Gleitreibungsprüfgerät bewusst das Sohlenprofil eines Arbeitsschuhs verwendet. Diese Punktlagerung führt wahrscheinlich dazu, dass das zwischen den Gleitflächen befindli-che Wasser verdrängt wird und so der Unterschied zwisbefindli-chen trockenen und nassen Oberfläbefindli-chen nicht ins Gewicht fällt. Profi-lierte Sohlen sorgen dafür, die Gefahr des Ausrutschens zu vermindern.

4.2.1.2.5.4 Subjektive Beurteilung der Ausrutschgefahr auf Wärmetauscherelementen aus Edelstahl

Die Versuche mit dem modifizierten Kastenschergerät und dem Gleitreibungsprüfgerät führten zu abweichenden Ergebnissen.

Deshalb wurde die Gefahr des Ausrutschens auf den in Leverkusen eingebauten Wärmetauscherelemente System Rabtherm®

überprüft.

Bei dem in Leverkusen eingebauten und betriebenen Wärmetauschersystem wurde eine Begehung durchgeführt, um die in den Versuchen ermittelten Ergebnisse zur Haftreibung vor Ort einer subjektiven Verplausibilisierung zu unterziehen. Bei der Begehung wurden die Eindrücke der vor Ort auftretenden Zustände aufgenommen und bewertet. Eckpunkte der Begehung

Bei dem in Leverkusen eingebauten und betriebenen Wärmetauschersystem wurde eine Begehung durchgeführt, um die in den Versuchen ermittelten Ergebnisse zur Haftreibung vor Ort einer subjektiven Verplausibilisierung zu unterziehen. Bei der Begehung wurden die Eindrücke der vor Ort auftretenden Zustände aufgenommen und bewertet. Eckpunkte der Begehung