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Kooperation zwischen Netzbetreibern und Energieversorgern

3 Wärmerückgewinnung in Abwasserkanälen

3.2 Ökonomie der Wärmerückgewinnung in Abwasserkanalisationen

3.2.3 Freiwillige Kooperation der Akteure

3.2.3.2 Kooperation zwischen Netzbetreibern und Energieversorgern

Wie bereits dargestellt, handelt es sich in der vorliegenden Situation um ein Verhandlungsspiel, da nicht bereits durch Kom-munikation ein kooperatives Ergebnis erzielt werden kann. Allerdings lässt sich die Entscheidungssituation auf die strategi-schen Handlungsalternativen Kooperation und Nicht-Kooperation reduzieren. Im Fall der kooperativen Handlungsstrategie erfolgt der Einbau von Wärmetauschern in die Abwasserkanalisation, die nicht-kooperative Handlungsstrategie lässt dieses nicht zu.

Da sowohl die nicht-kooperative als auch die kooperative Strategie zu einer eindeutigen Verhandlungslösung führen, reduziert sich der Nutzenraum auf den nicht-kooperativen Konfliktpunkt C0 und die Nutzengrenze, d.h. die Verbindung der Auszah-lungspunkte zwischen CA und CB. Führt die Verhandlung zu einem kooperativen Ergebnis, so ist dieses zugleich effizient, da suboptimale Alternativen zwischen Konfliktpunkt und Nutzengrenzen nicht existieren.

Unter der Prämisse, dass die Kooperation zu einem Überschuss führt, ist über die Verteilung des Kooperationsgewinns zu verhandeln. Das Ergebnis dieses Verhandlungsprozesses ist im Prinzip indeterminiert, jedoch kann eine verbindliche Einigung nur dann zustande kommen, wenn die NB mindestens eine Kompensation für den entstehenden Aufwand und die möglichen Risiken erhalten. In der nachfolgenden Abbildung sind die Auswirkungen auf den Verhandlungsraum dargestellt:

69 Eine Population besteht aus Individuen, wobei die Betrachtung der Individuen als Repräsentanten unterschiedlicher Strategien im Vordergrund steht. Innerhalb einer Population weisen Strategien unterschiedlichen Anteile auf.

70 Die zuvor dargestellten Bedingungen für die Entstehung und Verbreitung kollektiver Strategien individuell rational handelnder Akteure lassen sich noch um Kriterien ergänzen, die sich an Strategien richten, um kooperativen Entwicklungen Vorschub zu leisten und in evolutorischen Prozessen eine wachsende Anzahl von Akteuren auf sich zu ziehen: In kleinen Akteursgruppen (gekennzeichnet durch hohe Transparenz und Interdependenz) müssen Strategien freundlich, nachsichtig, verständlich und berechenbar sein. Eine Strategie ist freundlich, wenn die Akteure nicht als Defekteure aktiv werden. Nachsichtigkeit liegt vor, wenn abweichendes Verhalten eines Akteurs nicht zum Kooperationsabbruch führt. Ein solcher erfolgt erst dann, wenn sich ein Akteur als Opfer einer Ausbeutungsstrategie erkennt.

C

Auszahlungsraum

CA

Aufteilung des Kooperationsgewinns zwischen NB und EVU

IKT – eigene Darstellung

Zur Kompensation des Aufwandes und der Risiken verlangt der NB in der obigen Abbildung eine Auszahlung in Höhe von CB1. Damit verbleibt für das EVU eine maximale Auszahlung in Höhe von CA1. Bei einer Auszahlungskombination auf der Nutzengrenze, die für den NB eine geringere Auszahlung als CB1 vorsieht, kommt die Kooperation nicht zustande, da der NB durch die Kooperation wirtschaftlich schlechter gestellt wird als im Fall nicht-kooperativen Handelns.

Zur Vermeidung der kooperationsbedingten Belastungen ist es erforderlich, die Aufwands- und Risiko-Positionen der NB, die mit dem Einbau und dem Betrieb von Wärmetauschern in Abwasserkanalisationen verbunden sind, vollständig zu ermitteln und aus dem Kooperationsgewinn zu kompensieren. Die Erfüllung dieser Bedingung stellt eine conditio sine qua non der NB für ein kooperatives Verhalten dar. Die Aufwands- und Risikopositionen werden im Rahmen dieses Forschungsprojektes näher untersucht.

Die EVU, die die Vermarktung der in der Kanalisation gewonnenen Wärmeenergie übernehmen, befinden sich im Wettbe-werb. Daher spielen bei der Entscheidung über ein Engagement in dem hier betrachteten Marktsegment die strategische Aus-richtung und die Rentabilität des EVU eine wesentliche Rolle. Der von einem EVU vereinnahmte Kooperationserlös muss nach Abzug der Kosten noch eine vom EVU geforderte Mindestrendite auf das eingesetzte Kapital erzielen. In diesem Zu-sammenhang sind sowohl absatz- als auch produktionsbedingte Risiken zu berücksichtigen. Absatzbezogene Risiken sind aufgrund der langfristigen Laufzeit und der Standortgebundenheit der Anlagen einzubeziehen. Produktionsbedingte Risiken treten als Leistungsrisiken auf, können aber auch als Regressionsforderungen Dritter in Erscheinung treten.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass kooperative Strategien zwischen NB und EVU entstehen können, sofern die ökonomi-sche Vorteilhaftigkeit der Kooperation gegeben ist und eine den Mindestanforderungen der Akteure entsprechende Aufteilung

Auszahlung NB

CB1

C0

CB

CA1

Auszahlung EVU

des Kooperationsgewinns gefunden wird. Zur Stabilisierung der Kooperation zur Wärmerückgewinnung in Kanalisationen bedarf es eines langfristigen Vertrages zwischen NB und EVU.

Damit stellt sich ferner die Frage, wie derartige Kooperationen Verbreitung finden bzw. eine wachsende Zahl von Repräsen-tanten auf sich ziehen können. In dem Maße, wie sich einzelne Kooperationen zwischen NB und EVU zum Zweck der Wärme-rückgewinnung aus Abwasser etablieren, ist zu erwarten, dass dieses Verhaltensmuster sichtbar sowie imitiert wird. Zentrales Kriterium für die „Fitness“ der Strategie ist der wirtschaftliche Erfolg der Kooperation zwischen NB und EVU. Vom Koope-rationsgewinn gehen diejenigen Anreize aus, die in langfristigen Selektionsprozessen den Aufstieg oder den Niedergang einer Strategie als Verhaltensstandard innerhalb einer Population bestimmen. Sofern die Wärmerückgewinnung in der Kanalisation o.g. Kriterien erfüllt, ist im Zeitablauf mit selbstverstärkenden Effekten zu rechnen. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass NB, die im Fall nachweislicher Vorteilhaftigkeit der Kooperation nicht-kooperativ verhalten, der Öffentlichkeit die Grün-de für ihr Verhalten offenlegen müssen. Insofern ist langfristig durchaus zu erwarten, dass etwaige BeharrungstenGrün-denzen konservativ ausgerichteter Akteure auf Dauer nicht gegen wirtschaftliche Argumente und den Druck der Öffentlichkeit Auf-recht zu erhalten sein werden. Gleichwohl können Beharrungstendenzen bei innovativen Strategien eine beachtliche Rolle spielen, da die Unsicherheit groß und der öffentliche Druck zunächst gering ist. Daher kommt es bei der Einführung und Um-setzung innovativer Strategien in besonderem Maße darauf an, die wirtschaftlichen Auswirkungen für die betroffenen Akteure sorgfältig aufzuarbeiten.

Vor diesem Hintergrund ist nunmehr zu untersuchen, welche Anforderungen seitens der Netzbetreiber konkret als Mindestan-forderung zu berücksichtigen sind. Dabei wird eine Unterscheidung getroffen in AnMindestan-forderungen,

die sich aus der Bewältigung der Entwässerungsaufgabe ableiten (i.e. technische Anforderungen), die sich aus wirtschaftlicher Perspektive ergeben und

die als vertragsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind.