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3. Material und Methoden

3.1. Antimikrobielle Wirksamkeit organischer Säuren

3.1.2. Untersuchungen in vivo

Die tierexperimentelle Studie wurde in Kooperation mit dem Institut für Tier- und Umwelthygiene der Freien Universität (FU) Berlin durchgeführt und fand in der Versuchsanlage des Zentrums für Infektionsmedizin der FU Berlin statt. Der Tierversuch wurde vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) unter dem Aktenzeichen G0098/18 genehmigt und gemäß den Tierschutzbestimmungen der Freien Universität Berlin durchgeführt.

3.1.2.2. Auswahl und Herstellung des Säurecocktails

Die Kombination CI bestehend aus Sorbinsäure, Benzoesäure, Propionsäure und Essigsäure wurde für den Einsatz im Tierversuch ausgewählt. Alle vier Komponenten sind als Futtermittelzusatzstoffe in der Europäischen Union zugelassen (EUROPEAN

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COMMISSION 2019) und stehen damit unmittelbar für den Einsatz in der Praxis bereit.

Zudem wies die Kombination CI einen niedrigen Gesamt-MHK90-Wert von 4 mmol/L auf und zeigte synergistische Aktivitäten gegenüber der zweithöchsten Anzahl an Campylobacter spp.-Isolaten (fünf C. jejuni- und vier C. coli-Isolate).

Die Stammlösung der Säurekombination wurde in einer Gesamtkonzentration von 480 mmol/L angefertigt. Dazu wurden die vier organischen Säuren entsprechend folgenden Stoffmengenkonzentrationen steril eingewogen: 192 mmol/L Sorbinsäure, 144 mmol/L Benzoesäure, 96 mmol/L Propionsäure, 48 mmol/L Essigsäure. Die organischen Säuren wurden anschließend in autoklaviertem Leitungswasser gelöst und mit 30 mol/L Natriumhydroxid auf einen pH-Wert von 5,8 eingestellt. Um einen Verdünnungseffekt zu vermeiden, wurde das Volumen an Natriumhydroxid vom Volumen des zuzugebenden autoklavierten Leitungswassers subtrahiert.

3.1.2.3. Aufbau des Tierversuchs

Der Tierversuch wurde gemäß dem von SZOTT et al. (2020) beschriebenen Studiendesign durchgeführt. Die Belüftung der klimatisierten Tierställe in der Versuchsanlage des Zentrums für Infektionsmedizin erfolgte mit gefilterter Luft und ein automatisiertes Hell-Dunkel-Lichtregime wurde geschaltet. Vor Beginn des Versuchs wurde die Versuchsanlage gereinigt und mit Wasserstoffperoxiddampf desinfiziert. Es wurden 180 Bruteier von Hühnern der Rasse Ross 308 von einer kommerziellen Brüterei bezogen und für 21 Tage bebrütet. Nach dem Schlupf wurden die Küken nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen á 90 Tiere aufgeteilt. Eine Gruppe fungierte als Kontrollgruppe, die mit dem C. jejuni-Stamm inokuliert wurde und Tränkewasser ohne Zusatz organischer Säuren erhielt. Die zweite Gruppe wurde als Versuchsgruppe definiert, die ebenfalls mit dem C. jejuni-Stamm inokuliert wurde, dabei aber Tränkewasser supplementiert mit der Säurekombination erhielt. Um das natürliche Infektionsgeschehen in Masthähnchenbeständen nachzustellen, erfolgte die Inokulation des C. jejuni-Stamms nach dem sogenannten Seeder-Bird-Modell. Dabei wurde nur ein Teil der Masthähnchen experimentell inokuliert (Seeder, n = 18). Die Kolonisierung der nativen Tiere (Sentinel, n = 36) erfolgte nachfolgend durch Kontakt der Sentinel zu den Seeder. Zur Identifizierung der einzelnen Masthähnchen wurden

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alle Tiere mit einer fortlaufenden Nummer gekennzeichnet. Die Einstallung erfolgte in Bodenhaltung in einer unter konventionellen Bedingungen üblichen Besatzdichte von 39 kg/m2. Die Masthähnchen erhielten kommerzielles Masthähnchenfutter (Tabelle 5) und Tränkewasser ad libitum. Das Tränkewasser wurde über Nippeltränken verabreicht.

Die Inokulation der Seeder mit dem C. jejuni-Kolonisierungsstamm BfR-CA-14430 erfolgte zehn Tage nach der Einstallung. Der Stamm wurde mit einer Dosis von circa 104 KbE direkt in den Kropf gegeben.

Während des Versuchs erfolgte an mehreren Tagen eine Gewichtskontrolle von zehn zufällig ausgewählten Masthähnchen. Die Sektion der Tiere erfolgte 23 Tage nach der Inokulation (days post inoculation, dpi) (Abb. 3). Die Tiere wurden mit einer intramuskulären Injektion eines Gemisches aus Ketamin 10 % (0,375 mL), Xylazin 20 mg/mL (0,075 mL) und Dormicum (5 mg/mL) sediert und mit Hilfe einer Zange zur zervikalen Dislokation (Corstechnology, Neerstedt, Niederlande) getötet.

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Abbildung 3: Versuchsaufbau des In-vivo-Versuchs. Zur Darstellung der zeitlichen Abfolge sind die Tage nach der Einstallung (days post hatch, dph) und Tage nach Inokulation der Seeder mit dem C. jejuni-Stamm (days post inoculation, dpi) aufgeführt.

3.1.2.4. Applikation der Säurekombination

Die Säurekombination wurde 1:30 in Leitungswasser verdünnt und kontinuierlich über den gesamten Tierversuch hinweg über die Nippeltränken verabreicht. Die Endkonzentration der Säurekombination lag bei 16 mmol/L mit folgenden Konzentrationen der einzelnen Komponenten: 6,4 mmol/L Sorbinsäure, 4,8 mmol/L Benzoesäure, 3,2 mmol/L Propionsäure und 1,6 mmol/L Essigsäure. Das supplementierte Tränkewasser wurde auf einen pH-Wert von 6,0 angesäuert. Für diesen pH-Wert war gemäß den Ergebnissen früherer Untersuchungen keine Beeinträchtigung der Leistungsparameter zu erwarten.

3.1.2.5. Probennahme und Untersuchung

Die Bestimmung der Campylobacter-Konzentration erfolgte zu festgelegten Zeitpunkten (Abb. 3). Vier Tage nach der Einstallung wurden Kloakentupfer (Sarstedt, Nümbrecht, Deutschland) von allen Küken genommen und untersucht, um die Campylobacter-Freiheit zu bestätigen. Zwei Tage nach der Inokulation wurden

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Kloakentupfer der 18 Seeder entnommen, um zu kontrollieren, dass die Tiere kolonisiert wurden und Campylobacter über den Kot ausscheiden. Anschließend wurden von Tag 3 bis Tag 18 nach der Inokulation Kloakentupfer der Sentinel entnommen und die Campylobacter-Konzentration bestimmt. In der Sektion der Tiere (23 Tage nach der Inokulation) wurden unter sterilen Bedingungen Proben aus dem Zäkum und dem Kolon der Sentinels entnommen, um ebenfalls die Campylobacter-KonzentrationOzuObestimmen.

Die Bestimmung der Campylobacter-Konzentration erfolgte semiquantitativ in Anlehnung an die DIN EN ISO 10272-3:2011. Abweichungen ergaben sich hinsichtlich der Wahl des Mediums für die Voranreicherung und der Inkubationstemperatur. Die Kloakentupfer wurden in 9 mL Preston-Bouillon überführt und 1 Minute lang gevortext.

Nach dem Anfertigen einer zehnfachen Verdünnungsreihe in Preston-Bouillon wurden die Röhrchen mikroaerob bei 37°C für 24 Stunden inkubiert. Anschließend wurden mit Hilfe einer Impföse jeweils 10 µL der Kultur auf mCCD-Agar (Modifizierter Aktivkohle Cefoperazon Desoxycholat Agar) ausgestrichen. Die Platten wurden für 48 Stunden mikroaerob bei 37°C inkubiert. Zur Auswertung der semiquantitativen Bestimmung wurde nach der Inkubation abgelesen, bis zu welcher Verdünnungsstufe Campylobacter Kolonien vorhanden waren. Um zu bestätigen, dass es sich um Campylobacter Kolonien handelte, wurden stichprobenartig charakteristische Kolonien entnommen und die Spezies mittels MALDI-TOF überprüft.

3.1.2.6. Statistik

Die statistische Auswertung wurde von der FU Berlin durchgeführt und erfolgte mittels der SPSS Software (Version 25.0) für Windows (SPSS, Inc., Chicago, IL, United States). Die Mittelwerte der jeweiligen Campylobacter-Konzentrationen wurden logarithmiert und sowohl mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test als auch mit dem Shapiro-Wilks-Test auf Normalverteilung geprüft. Die Unterschiede zwischen den gebildeten Mittelwerten der Kontrollgruppe und der Versuchsgruppe wurden mittels des nicht-parametrischen Mann-Whitney-U-Tests auf statistische Signifikanz überprüft (p < 0,05).

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3.2. Nachweis möglicher Adaptationen nach Säurebehandlungen von